| Titel: | H. Fischer's patentirte elektromagnetische Uhr. | 
| Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. LXXVIII., S. 279 | 
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                        LXXVIII.
                        H. Fischer's patentirte elektromagnetische
                           Uhr.
                        Vorgetragen in der Versammlung des
                              nieder-österreichischen Gewerbevereins am 9. November 1866. – Aus der
                           Wochenschrift dieses
                                 Vereins, 1866, Nr. 49.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Fischer's elektromagnetische Uhr.
                        
                     
                        
                           Meine elektromagnetische Uhr macht nicht Anspruch, für eine solche zu gelten, welche
                              praktisch für jedes Haus anwendbar, d.h. mit Vortheil als gewöhnliche Zimmeruhr zu
                              benutzen wäre, sondern sie ist ein Zeitmesser, welcher, da er die größte Genauigkeit
                              verbürgt, mit Vortheil hauptsächlich da Anwendung finden wird, wo eben besondere
                              Verläßlichkeit und genaueste Zeitmessung erforderlich sind, wie dieß z.B. bei
                              Observatorien der Fall ist.
                           Der in Fig. 13
                              dargestellte Mechanismus der Uhr besteht aus folgenden Theilen:
                           A, A die beiden Elektromagnete; a, a die Pole derselben.
                           B, B die Armatur, welche in der Entfernung von 1/3 Linie
                              (um ihren Drehungspunkt C über den Polen a, a oscillirt.
                           D, D' Stellschrauben, welche die Bewegung der Armatur
                              und damit die Dauer des Impulses, welchen das Pendel empfängt, reguliren.
                           E ein isolirter Winkel, mittelst welchem der Strom, wie
                              später gezeigt werden wird, nach der Kugel b geleitet
                              wird.
                           F Aufhängepunkt des Pendels.
                           G Pendelstange.
                           c Stellschraube, durch welche die Länge des Fadens, der
                              die Kugel b trägt, regulirt wird.
                           d, d ein dünner Draht, welcher im Winkel E bei e befestigt ist und
                              den elektrischen Strom vom Winkel E nach der kleinen
                              Kugel b leitet.
                           f, f Aufhängungsfedern des Pendels; g, g ein an der Pendelstange befestigter messingener
                              Arm, welcher an seinem Ende die kleine Platinplatte i
                              trägt.
                           h Befestigungspunkt des Drahtes, welcher den
                              elektrischen Strom von der Batterie in den Mechanismus leitet.
                           K Gewicht in Kugelform, welches auf einer Schraube
                              beweglich ist und mittelst dessen man die Kraft genau reguliren kann, welche nöthig
                              ist, um die kleine Kugel b aufzuziehen.
                           Der elektrische Strom gelangt nun von der Batterie mittelst eines Kupferdrahtes nach
                              h, von hier aus gelangt er durch den
                              Aufhängungspunkt 
                              F und durch die Aufhängfedern f,
                                 f, ferner durch die Fassung der Pendelstange und durch den Arm g, g nach der kleinen Platinschale i. Dieß ist das eine Ende der Leitung.
                           Von dem anderen Pole der Batterie gelangt der Strom, nachdem er einen oder mehrere
                              Zeigerapparate (Zeit-Indicatoren) passirt hat, durch die Windungen der beiden
                              Rollen des Elektromagnetes A, A nach dem Winkel E, und von da, wie bereits erwähnt, durch den Draht d, d nach der entweder ganz aus Platin gefertigten, oder
                              unten mit einer Platinspitze versehenen messingenen Kugel b. Die Platinspitze, in welche diese Kugel nach unten ausläuft, ist das
                              andere Ende der Leitung.
                           Findet also durch die Schwingung des Pendels nach links eine Berührung der Kugel mit
                              der Platinplatte i statt, so ist die Kette geschlossen
                              und der elektrische Strom äußert seine Wirkung dadurch, daß die beiden Pole a, a magnetisch werden.
                           Die Armatur B, B, welche im Zustande der Ruhe, wie ihn
                              die Zeichnung zeigt, die Oberfläche der Pole nur zum dritten Theile bedeckt, wird
                              nun in mehr horizontale Lage gezogen, da die magnetischen Pole mit der Armatur
                              möglichst viele Berührungspunkte herzustellen suchen; dadurch wird nun bewirkt, daß
                              das Gewicht K aufgezogen und der Faden, an welchem die
                              kleine Kugel b hängt, nachgelassen wird, und zwar gerade
                              so viel, daß die Platte i der Kugel in dem Momente
                              entweicht, in dem das Pendel seine Schwingung nach rechts vollendet hat.
                           In demselben Momente jedoch, in welchem die Kugel die kleine Platte verläßt, ist auch
                              der Contact der beiden Endpunkte des elektrischen Stromes unterbrochen, und das
                              Uebergewicht der Kugel K zieht die kleine Impulskugel
                              b wieder in die Höhe, so daß das Pendel seine
                              Rückschwingung nach links ohne alle Beeinträchtigung von Seite des Mechanismus
                              vollenden kann.
                           Sowie die Schwingung nach links aber ihre Grenze erreicht hat, tritt i wieder in Berührung mit b,
                              der Contact ist hergestellt, K wird aufgezogen, und b drückt vermöge seiner Schwere auf das Pendel und
                              ersetzt ihm hierdurch den geringen Kraftverlust, welchen es während der
                              Rückschwingung erlitten hatte.
                           Ich habe nun noch die Einrichtung des sehr einfachen Zeigerapparates (Indicators) zu
                              beschreiben, welcher bei Betrachtung der Figur 14 sehr leicht
                              verstanden werden dürfte.
                           Er besteht aus einer Armatur, ähnlich der im Gangmechanismus beschriebenen.
                           a, a sind die Pole des Elektromagnetes; B ist die Armatur, welche in k, wie früher, das kleine verstellbare Gewicht trägt.
                           
                           D, D' sind die beiden Stellschrauben, wodurch der
                              Bewegungswinkel der Armatur festgestellt und geregelt wird.
                           g ist ein Sperrrad mit 30 Zähnen, dessen Trieb mit 10
                              Stöcken in das Rad h eingreift, welches 75 Zähne hat und
                              von einem Triebe mit 10 Stöcken getragen wird, welche in das Rad i greifen, das 80 Zähne hat.
                           Da das Pendel Secunden schwingt und das Rad g nach jeder
                              zweiten Schwingung um einen Zahn vorgeschoben wird, so muß sich dasselbe in einer Minute einmal um seine
                              Achse drehen, und sich daher eignen, den Secundenzeiger zu tragen.
                           Das Rad i aber wird sich bei den oben angegebenen
                              Verhältnissen der Zähnezahlen in einer Stunde einmal um seine Achse drehen, daher geeignet seyn, den
                              Minutenzeiger, und bei Anbringung eines gewöhnlichen Zeigerwerkes concentrisch auch
                              den Stundenzeiger zu führen.
                           b ist ein Sperrhaken, welcher vermöge seiner Form immer
                              die Neigung hat, leicht gegen die Zähne des Rades g zu
                              drücken.
                           d ist ein in zwei Zapfen beweglicher Arm, welcher an
                              seinem Ende eine kleine Frictionsrolle trägt, die durch die Feder f gegen die Zähne des Rades g gedrückt wird, und somit dasselbe festhält.
                           Da nun dieser oder mehrere solche Zeigerapparate zwischen Pendel und Batterie in eine Kette eingeschaltet sind, so ist es natürlich, daß
                              die Armatur, da die Pole a, a aller eingeschalteten
                              Elektromagnete zu gleicher Zeit magnetisch werden, zur selben Zeit dieselben
                              Bewegungen machen, so daß die Armatur des Zeigerapparates gegen D' anschlagen wird, sobald der Contact i wie in Fig. 13 hergestellt wird;
                              dadurch gleitet die Kugel b um einen Zahn des Rades g hinauf und letzteres wird, sobald der Contact
                              unterbrochen und die Armatur durch das Gewicht k in ihre
                              frühere Lage zurückkehrt, um einen Zahn vorgeschoben.
                           Dieß wiederholt sich natürlich bei jeder Doppelschwingung des Pendels und die den
                              Secundenzeiger tragende Treibwelle des Rades g überträgt
                              auf schon früher angegebene Weise die Bewegung auf das Rad i, welches die Stunden- und Minutenzeiger trägt. Gegen die Rose des
                              Minutenrades i drückt eine mit Elfenbein belegte Feder,
                              um den nachtheiligen Einfluß aufzuheben, den die nothwendige Zahnluft des sonst
                              losen Räderwerkes auf das genaue Zeigen ausüben würde.
                           Sowie es bei dem in Figur 13 dargestellten Mechanismus ohne Einfluß auf den Gang des Pendels
                              ist, ob der Strom stärker oder schwächer wird, wenn die Stärke desselben nur nicht
                              unter das nöthige Minimum sinkt, so kann auch bei meinem Zeigerapparate durch einen
                              starken Strom kein Vorschnellen des Rades g eintreten,
                              da das letztere immer
                              mit gleicher Kraft, d. i. durch das mittelst Schraube zu regulirende Gewicht k, vorgeschoben wird.
                           Bei genauer Betrachtung und Prüfung des beschriebenen Mechanismus, der das Pendel in
                              Bewegung erhält, wird man zugeben müssen, daß der Kraftverlust, welchen das Pendel
                              durch bekannte Einflüsse während seiner Schwingungen erleidet, hier auf eine so
                              gleichmäßige Weise ersetzt wird, wie es auch den strengsten Anforderungen des
                              Theoretikers entsprechen muß. Sowohl die Last der Auslösung, wenn man es eine solche
                              nennen darf, als auch die Kraft bleiben unveränderlich
                                 gleich. Die Kraft wird ganz sanft geübt, und ist auch nicht von dem
                              mindesten Stoße begleitet.
                           Die Anwendung der Elektricität gestattet, das Pendel entfernt von dem Zeigerapparate
                              aufzustellen, was in vielen Fällen von sehr großem Vortheile ist, z.B. in dem Falle,
                              wo ein Observatorium in Mitte einer Stadt sich befindet, wo es also unmöglich ist,
                              den Wagenverkehr in der Nähe desselben gänzlich abzusperren; in der Höhe aber, in
                              der die Observatorien dann angebracht seyn müssen, vibrirt das Mauerwerk durch jeden
                              vorüberfahrenden Wagen, was auf die Genauigkeit des Ganges einer Pendeluhr von dem
                              nachtheiligsten Einflusse ist. Durch die Möglichkeit, das Pendel im untersten
                              Stockwerke anzubringen, wird diesem Uebel vollständig abgeholfen und zugleich
                              erreicht, daß das Pendel keinem so bedeutenden Temperaturwechsel ausgesetzt ist wie
                              oben. Endlich ist der Anschlag der Armatur ein viel mehr vernehmlicher, als dieß bei
                              anderen Hemmungen möglich ist, wenn es nicht wieder auf Kosten der Genauigkeit der
                              Uhr erreicht werden soll.
                           Heinrich Fischer.
                           
                        
                           Nachschrift.
                           Bezüglich der im Vorstehenden beschriebenen Einrichtung der elektromagnetischen Uhr
                              von Fischer muß bemerkt werden, daß bei der Construction
                              des elektromagnetischen Pendels nichts Neues beigebracht worden ist, was nicht schon
                              mindestens dem Principe nach vor mehr als einem Decennium von anderen Constructeuren
                              benutzt worden wäre; die vermittelnde Einwirkung einer constanten Kraft, welche
                              unabhängig von der Stromstärke dem Pendel nach jeder Schwingung einen bestimmten
                              Impuls beizubringen hat, finden wir schon bei den elektromagnetischen Pendeln von
                              Lamont und Jacobi und
                              außerdem bei mehreren anderen elektromagnetischen Uhren der späteren Zeit mehrfach
                              angewendet; ebenso finden wir ähnliche, wenn auch nicht ganz gleiche Anordnungen für
                              die Herstellung des Contactes bei den elektromagnetischen Regulatoren von Berité u.a., welche es möglich machen sollen, die Stromherstellung
                              und Unterbrechung so zu bewirken, daß der Gang der Uhr dabei nicht gestört
                              werde.Allgemeine Encyklopädie der Physik. Bd. XX S. 1139.
                              
                           Als neu erscheint uns hingegen bei der vorliegenden Construction die Anordnung des
                              Ankerhebels, sowie namentlich der Umstand, daß die Schließung des Stromes und die
                              Unterbrechung desselben gleich lang, jene nämlich während der ganzen Schwingung des
                              Pendels von links nach rechts, diese aber so lange andauert, bis wieder das Pendel
                              nach. entgegengesetztem Sinne eine Schwingung vollendet hat. Wenn daher der Apparat
                              so rectificirt und mit einer solchen Präcision ausgeführt werden kann, daß die Zeit,
                              welche das Pendel für seine Schwingung von links nach rechts braucht, derjenigen
                              genau gleich ist, welche es für seine Bewegung von rechts nach links erfordert, so
                              mag allerdings die von Fischer gewählte Anordnung von
                              Vortheil seyn, um die bei elektromagnetischen Uhrsystemen anzuwendende Hauptuhr
                              ersetzen und vielleicht auch ihre Benutzung für astronomische Zwecke zu ermöglichen.
                              Die bei der Unterhaltung der Pendelbewegung auftretenden Störungen dürften hier um
                              so mehr auf die geringste Zahl zurückgeführt werden können, als es sich bei dieser
                              neuen Anordnung lediglich darum handelt, das elektromagnetische Pendel in geregelter
                              Thätigkeit zu unterhalten, während keine anderen Organe durch den Motor dabei in
                              Bewegung zu versetzen sind. Ob die ab- und aufwärts gehende Bewegung der
                              kleinen Contactkugel so sicher dabei geregelt werden kann, daß nicht etwa dennoch
                              kleine Störungen in dem Gange des Pendels auftreten können, welche nach längerer
                              Zeit die Angaben des letzteren fehlerhaft machen, kann erst dann sicher beurtheilt
                              werden, wenn die elektromagnetische Uhr durch eine hinreichend lange Zeit der
                              Untersuchung unterworfen worden ist. Eine sichere und solide Aufstellung des in Rede
                              stehenden Werkes in einem solchen Raume, in welchem die Aenderungen der Temperatur
                              und der Feuchtigkeit im Laufe des ganzen Jahres nur sehr gering sind, dürfte als
                              unerläßliche Bedingung anzusehen seyn.
                           
                              C. K.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
