| Titel: | Ueber Citronensäure; von Guido Schnitzer. | 
| Autor: | Guido Schnitzer | 
| Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XVIII., S. 43 | 
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                        XVIII.
                        Ueber Citronensäure; von Guido Schnitzer.
                        Schnitzer, über Citronensäure.
                        
                     
                        
                           In Wagner's neuestem Jahresbericht über die Leistungen der
                              chemischen Technologie (für 1866) sind einige werthvolle Notizen zur Fabrication der
                              Citronensäure aufgeführt, zu deren Ergänzung die praktische Erfahrung noch mehrere
                              Anhaltspunkte bieten kann.
                           Daß die Verarbeitung von eingedicktem Citronensaft (gewöhnlich von 23–25°
                              Baumé) ungleich mehr Schwierigkeiten bietet als diejenige von citronsaurem
                              Kalk, der an Ort und Stelle aus frischem Saft bereitet wurde, ist unbestreitbar.
                              Ebenso wenig ist aber zu läugnen, daß häufig halbzersetzter citronensaurer Kalk im
                              Handel vorkommt, besonders bei der Waare, die aus Sicilien bezogen wurde. Die Schuld
                              dieser Zersetzung dürfte hauptsächlich in der mangelhaften Darstellungsweise des
                              citronsauren Kalkes zu suchen seyn. Wenigstens habe ich von anderer Seite vielfach
                              sehr reinen unzersetzten citronsauren Kalk erhalten, namentlich aus Spanien durch
                              das Haus Dörr in Malaga, von welchem ich Jahre lang Waare
                              in Kisten liegen hatte, ohne daß eine Zersetzung wahrnehmbar gewesen wäre. Bei der
                              Darstellung des citronsauren Kalks aus frischem Saft dürfte vorzugsweise zu
                              berücksichtigen seyn, daß der erwärmte Saft nur bis zu schwach saurer Reaction mit
                              Kalk oder Kreide neutralisirt werde, weil durch einen Ueberschuß an Kalk auch die
                              gährungserregenden Bestandtheile des Saftes mit niedergeschlagen werden. Der
                              abgesetzte citronsaure Kalk, nach Entfernung der darüberstehenden Flüssigkeit noch
                              einmal mit warmem Wasser durchgerührt und dann, wenn möglich, centrifugirt und rasch
                              an der Sonne oder in luftigen Räumen gut getrocknet, gibt eine Waare, die lange
                              unzersetzt aufbewahrt werden kann, falls nicht während des Transportes oder in den
                              Lagerräumen von Neuem Feuchtigkeit dazu tritt.
                           Der Vorschlag von Perret,Polytechn. Journal Bd. CLXXX S.
                                       247. aus dem frischen Saft citronsaure Magnesia darzustellen und diese an die
                              Citronsäurefabriken zu liefern, macht die Darstellung der Citronensäure
                              umständlicher und schwieriger. Es wäre dann der Rohstoff vorher in ein anderes
                              citronsaures Salz zu verwandeln, welches durch Schwefelsäure zersetzt einen
                              unlöslichen Rückstand neben freier Citronensäure hinterlassen müßte. Wendet man
                              hierzu Chlorcalcium oder wie Wagner vorschlägt
                              Chlorbaryum an, so erhält man neben dem citronsauren Kalk- oder Barytsalz
                              Chlormagnesium, welches bis jetzt noch wenig Verwendung hat, und deßhalb sich schwer
                              verwerthen ließe. Um nun zugleich nutzbare Nebenproducte zu erhalten, dürfte sich
                              vielleicht eine Methode empfehlen, nach welcher die Fabrication von Citronensäure
                              mit der von Essigsäure und Bittersalz verbunden würde. Man könnte nämlich die
                              citronsaure Magnesia durch essigsauren Kalk zersetzen und den gefällten citronsauren
                              Kalk wie gewöhnlich weiter auf Citronensäure verarbeiten. Die gebildete essigsaure
                              Magnesia dient dann, durch Schwefelsäure zersetzt, zur Darstellung von Essigsäure
                              und der Rückstand von der Destillation der Essigsäure, die schwefelsaure Magnesia, liefert durch
                              Umkrystallisiren reines Bittersalz. Natürlich wird es immer von localen
                              Verhältnissen abhängen, ob dieser Gang mit Vortheil gewählt werden kann.
                           Der citronsaure Kalk des Handels enthält gewöhnlich zwischen 80 und 90 Proc. reinen
                              dreibasischen citronsauren Kalk und erfordert nach Verhältniß 60 bis 70 Pfund
                              Schwefelsäure von 60° Baumé auf den Centner zur Zersetzung. Die vom
                              Gyps abfiltrirte Lösung der Citronensäure wird je nach der Krystallisation, welche
                              man zu erzielen wünscht, auf 35–37° Baumé eingedampft und dann
                              der Krystallisation überlassen. Die Krystalle müssen bei gelinder Wärme getrocknet
                              werden, da sie sonst leicht verwittern, d.h. durch Wasserverlust trübe werden.