| Titel: | Ueber eine hydrostatische Prüfungsmethode des Bienenwachses auf Paraffin; von Prof. Dr. Rudolph Wagner in Würzburg. | 
| Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XXII., S. 72 | 
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                        XXII.
                        Ueber eine hydrostatische Prüfungsmethode des
                           Bienenwachses auf Paraffin; von Prof. Dr. Rudolph Wagner in Würzburg.Vom Verf. aus Fresenius' Zeitschrift für analytische Chemie
                                 mitgetheilt.
                           
                        Wagner, über eine hydrostatische Prüfungsmethode des Bienenwachses
                           auf Paraffin.
                        
                     
                        
                           Die seit dem Aufblühen der Paraffinindustrie häufig vorkommende Verfälschung des
                              Bienenwachses mit Paraffin hat in den letzten Jahren von Seiten verschiedener
                              Chemiker zu Untersuchungen über die Ermittelung einer derartigen Verfälschung
                              Veranlassung gegeben; so hat u.a. (wenn wir von der Arbeit der Herren Marx und v. Fehling,Polytechn. Journal Bd. CXLVII S. 227;
                                    Wagner's Jahresbericht, 1858 S. 553. die bei der Wachsuntersuchung das Paraffin nicht in Betracht zogen, absehen)
                              Landolt
                              Polytechn. Journal Bd. CLX S.
                                       224. die Eigenschaft rauchender Schwefelsäure, Wachs zu verkohlen, Paraffin
                              dagegen unangegriffen zu lassen, zur Ermittelung der Paraffinmenge im Wachse
                              vorgeschlagen. Die Untersuchungen Dullo's
                              Wagner's Jahresbericht, 1863 S. 670. und Breitenlohner's
                              Polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 59;
                                    Wagner's Jahresbericht. 1864 S. 662. haben jedoch gezeigt, daß Landolt's
                              Probe nur in höchst
                              seltenen Fällen anwendbar ist, da zur Verfälschung des Wachses nicht das
                              Kerzenparaffin, sondern die sogenannte Paraffinbutter benutzt wird, welche letztere
                              durch concentrirte Schwefelsäure mit derselben Leichtigkeit zerstört wird wie das
                              Wachs. Das neuerdings vorgeschlagene Verfahren der Wachsprüfung von Liès-Bodart,Comptes rendus, t. LXII p. 749; polytechn. Journal Bd.
                                       CLXXX S. 389. das auf eine Ermittelung des im Wachse enthaltenen Kohlenwasserstoffes
                              C⁵⁴H⁵⁴ hinausläuft, scheint mir bei der wechselnden
                              Zusammensetzung des Bienenwachses und bei der trotz Brodie's Arbeit immer noch unvollkommenen Kenntniß der Constitution des
                              Wachses auf höchst unsicherer Grundlage zu ruhen, ganz abgesehen von der sehr
                              complexen Natur des ganzen Verfahrens. Die in jüngster Zeit endlich von Payen
                              Zeitschrift für analytische Chemie, 1865 S. 490. empfohlene Prüfungsmethode, sich auf die Bestimmung des Schmelzpunktes des
                              zu prüfenden Wachses gründend, ist wohl brauchbar, wenn es sich um die Constatirung
                              der Echtheit einer Bienenwachssorte handelt, nicht aber zur Ermittelung der Menge
                              des zugesetzten Paraffins, da die verschiedenen Paraffine sehr verschiedene
                              Schmelzpunkte besitzen und der Einfluß der einzelnen Paraffinsorten auf die
                              Erniedrigung des Schmelzpunktes von einem Gemenge von Wachs mit Paraffin nicht
                              bekannt ist. Von weit größerem Werthe scheint mir die Bestimmung des specifischen
                              Gewichtes eines derartigen Gemisches zu seyn, da normales Wachs ein constantes spec.
                              Gewicht hat, die specifischen Gewichte der Paraffinsorten verschiedenen Ursprungs
                              nur innerhalb sehr enger Grenzen Schwankungen zeigen, endlich die Dichten von Wachs
                              und Paraffin ziemlich weit auseinander liegen.
                           Die im Folgenden beschriebenen Ergebnisse meiner Versuche über die Bestimmung der
                              Dichten von Wachs, Paraffin und Gemengen beider Substanzen bilden ohne Zweifel die
                              Basis zu einer hydrostatischen Wachsprobe, die mehr Beachtung verdient und bessere
                              Resultate liefert, als alle anderen bislang vorgeschlagenen
                              Wachsprüfungsmethoden.
                           Es waren zunächst die specifischen Gewichte des reinen (gelben und gebleichten)
                              Wachses und der im Handel vorkommenden Paraffinsorten zu bestimmen. Die Bestimmung
                              wurde mit Substanzen ausgeführt, die durch längere Zeit fortgesetztes Schmelzen von
                              allem anhängenden Wasser und nach dem Erkalten durch Kneten und Pressen von jeder
                              Luftblase befreit worden waren. Als Flüssigkeit, in welcher das Wachs oder das
                              Paraffin gewogen wurde, diente ein Gemisch von Alkohol und Wasser da Versuche gezeigt hatten, daß
                              ein derartiges Gemisch während der Dauer eines Versuches selbst auf Paraffin so gut
                              wie nicht lösend wird. Die zuerst von Fresenius und Schulze
                              Journal für praktische Chemie, Bd. LI S. 436; polytechn. Journal Bd. CXIX S. 308. im Jahre 1851 zur Ermittelung des Stärkemehlgehaltes der Kartoffeln in
                              Vorschlag gebrachte, sehr sinnreiche Schwimmmethode, nach welcher man die Kartoffeln
                              in einer gleichdichten Kochsalzlösung schwimmen läßt und die Dichte der letzteren
                              mittelst eines Aräometers ermittelt, wurde ihrem Principe nach auch bei der in Rede
                              stehenden Wachs- und Paraffinprüfung angewendet und die Dichte der
                              alkoholischen Flüssigkeit mit Hülfe des Alkoholometers und Pyknometers bestimmt. Die
                              erhaltenen Resultate waren indessen so wenig befriedigend, daß ich von der genannten
                              Methode absehen mußte. Die Bestimmungen der Dichten von Bienenwachs (unzweifelhaft echter Sorten und von mir theils selbst aus den
                              Waben genommen, theils aus guter Quelle bezogen) führten zu folgenden Zahlen:
                           
                              
                                 Gelbes
                                 Wachs,
                                 Sorte
                                 1        
                                 0,968
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 2
                                 0,965
                                 
                              
                                 Weißes
                                 „
                                 „
                                 1
                                 0,968
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 2
                                 0,966
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 3
                                 0,969
                                 
                              
                           Zu den unten zu beschreibenden Versuchen diente das mit Sorte 3 bezeichnete weiße
                              Wachs.
                           Die Ermittelung des spec. Gewichts der mir zur Verfügung stehenden Paraffinsorten gaben folgende Resultate:
                           1. Paraffin aus sächsischer Braunkohle:
                           a) harte Varietät 0,875
                           b) weiche   
                              „     0,871.
                           2. Paraffin aus Boghead-Kohle 0,873.
                           3. Paraffin aus Petroleum (sogenanntes Belmontin aus einer Londoner Paraffinfabrik)
                              0,873.
                           4. Paraffin aus Rangoontheer:
                           a) 0,869
                           b) 0,870
                           5. Paraffin aus rheinischem Blätterschiefer (von P. Wagenmann):
                           
                              
                                 1.
                                    Sorte        
                                 0,877
                                 
                              
                                 2.    „
                                 0,853
                                 
                              
                                 3.    „
                                 0,876
                                 
                              
                           6. Paraffin aus Rothbuchenholztheer (aus dem Jahr 1832, wahrscheinlich von dem Entdecker des Paraffins
                              Freiherrn von Reichenbach in Blansko selbst dargestellt)
                              0,874.
                           Paraffinsorten aus Torf, aus galizischem Ozokerit,Vergl. polytechn. Journal Bd. CLXXIX S.
                                       88. aus NeftgilVergl. Journal für praktische Chemie, Bd. LXXIII S. 321. und aus dem sogenannten Devil'sdung in DerbyshireA. W. Hofmann, Reports by
                                       the Juries, London 1863, p. 144. standen mir nicht zu Gebote, auch finde ich über die Dichten der beiden
                              letztgenannten Sorten keine Angaben in der einschlägigen Literatur. Nach Malaguti's, der Controle jedoch sehr bedürftigen Angabe
                              soll der Ozokerit ein Gemenge seyn zweier paraffinähnlicher Körper, von denen der
                              eine mit dem spec. Gewicht von 0,957 bei 90° schmilzt, während der
                              Schmelzpunkt des anderen, mit dem spec. Gew. von 1,845 (?) bei etwa 75° C.
                              liegt.Annales de chimie et de physique, t. LXIII p. 390, oder in Hausmann, Handbuch der Mineralogie 1847, Bd. II S. 1491.
                              
                           Vorstehende Bestimmungen zeigen, daß die specifischen Gewichte des Wachses (= 0,965
                              – 0,969) und der Paraffine des Handels (= 0,869 bis 0,877) weit genug
                              auseinander liegen, um durch Ermittelung der Dichte einer homogenen Mischung von
                              Wachs und Paraffin Schlüsse auf die quantitativen Verhältnisse ziehen zu können. Der
                              Versuch hat gelehrt, daß diese Voraussetzung ziemlich richtig war.
                           1. Versuch. Eine Mischung von 50 Th. Wachs und 50 Th. Paraffin, im Wasserbade
                              geschmolzen, während des Erkaltens gerührt und nach völligem Erkalten ausgewalzt,
                              zeigte ein spec. Gew. von 0,920. Die berechnete mittlere Dichte beträgt 0,925.
                           2. Versuch. Eine Mischung von 75 Th. Wachs und 25 Th. Paraffin gab 0,942. Berechnung
                              0,945.
                           3. Versuch. Ein Gemenge von 80 Th. Wachs und 20 Th. Paraffin zeigte eine Dichte von
                              0,948. Die Berechnung verlangt 0,949.
                           4. Versuch. Eine Mischung von 25 Th. Wachs und 75 Th. Paraffin ergab 0,893 spec. Gew.
                              Die berechnete Dichte beträgt 0,895.
                           Die Ergebnisse vorstehender Versuche, die stets mit der nämlichen Wachssorte von
                              0,969 spec. Gew. und derselben Paraffinsorte von 0,871 spec. Gew. angestellt und
                              ausgeführt wurden, die an anderen Orten mit den übrigen, mir nicht zugänglichen
                              Paraffinsorten auf ihre praktische Brauchbarkeit geprüft werden müssen, sind in
                              nachstehender Tabelle übersichtlich zusammengestellt:
                           
                           
                              
                                 Wachs.
                                 Paraffin.
                                 Spec. Gewicht der Mischung.
                                 
                              
                                 In 100 Gewichtstheilen.
                                 Gefunden.
                                 Berechnet
                                 
                              
                                 –
                                 100  
                                 0,871
                                 –
                                 
                              
                                 25
                                 75
                                 0,893
                                 0,895
                                 
                              
                                 50
                                 50
                                 0,920
                                 0,925
                                 
                              
                                 75
                                 25
                                 0,942
                                 0,945
                                 
                              
                                 80
                                 20
                                 0,948
                                 0,949
                                 
                              
                                 100  
                                 –
                                 0,969
                                 –
                                 
                              
                           Reines (d.h. paraffinfreies) Bienenwachs muß in Weingeist von 0,961 spec. Gewicht (=
                              33 Volumenprocenten nach Tralles oder 15,8° Baumé oder 27,27
                              Gewichtsprocenten) untersinken. Schwimmt es darauf, so ist eine Verfälschung der
                              Wachse mit Paraffin zu vermuthen und eine weitere Untersuchung der verdächtigen
                              Wachse angezeigt.
                           ––––––––––
                           Anknüpfend an vorstehende Untersuchung füge ich einige Beobachtungen über die
                              Ermittelung der sogenannten Stearinsäure im Paraffin und vice
                                 versa bei, die ich zu machen Gelegenheit hatte.
                           Dem mit der gewerblichen Praxis der Kerzenfabrikation vertrauten Chemiker ist es
                              bekannt, daß in den Stearinkerzenfabriken die starre Fettsäuremasse mit Paraffin
                              (bis zu 20 Proc.) versetzt wird. Ebenso geben die Paraffinkerzenfabriken ihren
                              Kerzen durch Zusatz von Stearinsäure werthvollere Eigenschaften. Da nach den
                              vorhandenen Angaben in den Lehr- und Handbüchern der organischen Chemie das
                              spec. Gew. der reinen Stearinsäure = 0,956 ist, so lag die Idee nahe, auch zur
                              Prüfung der Masse der Stearin- und Paraffinkerzen den hydrostatischen Weg zu
                              betreten. Der Versuch hat jedoch gezeigt, daß dem nicht
                              so ist. Der Grund liegt wohl zumeist darin, daß man unter
                              „Stearinsäure“ im technischen Sinne nicht die von Chevreul und W. Heintz mit
                              diesem Namen bezeichnete Substanz, sondern ein Gemenge verschiedener Körper zu
                              verstehen hat, dessen Zusammensetzung und dessen physikalische Eigenschaften von der
                              Darstellung der starren Fettsäure abhängig sind. Die Untersuchung dieser
                              verschiedenen „Stearinsäuren,“ von denen einige, wie ich
                              gefunden habe, zum Theil aus neutralen Körpern bestehen, ist noch anzustellen. Die
                              von v. Fehling vorgeschlagene Methode des Nachweises von
                              Stearinsäure, auf der nicht haltbaren Voraussetzung beruhend, daß die starre
                              Fettsäuremasse nur aus Stearin- oder Palmitinsäure bestehe, ist daher nur
                              bedingt zu empfehlen.
                           Bestimmungen des spec. Gew. der zur Stearinkerzenfabrication dienenden Masse gaben
                              folgende Zahlen:
                           1. Sogenannte Stearinsäure aus Talg durch Kalkverseifung erhalten:
                           
                              
                                 a)
                                 in Mögeldorf bei Nürnberg
                                 =
                                 0,954
                                 
                              
                                 b)
                                 in München
                                 =
                                 0,962
                                 
                              
                                 c)
                                 in Wien
                                 =
                                 0,958
                                 
                              
                           2. Starre Fettsäure durch Schwefelsäureverseifung und nachherige Destillation =
                              0,892.
                           Das niedrige spec. Gew. der durch Verseifung der Fettkörper mit Schwefelsäure und
                              nachfolgende Destillation erhaltenen Kerzenmasse ist wohl nur dadurch zu erklären,
                              daß wir mit Bolley und Borgmann
                              Polytechn. Journal Bd. CLXXIX S.
                                       470. die Bildung fester paraffinähnlicher Kohlenwasserstoffe bei der Destillation
                              ölsäurehaltiger Fettsubstanzen annehmen. Da nun bei weitem der größte Theil der
                              Stearinkerzenmasse gegenwärtig nicht mehr durch Kalkverseifung, sondern nach dem
                              Schwefelsäure- und Destillationsverfahren gewonnen wird, eine solche
                              Fettmasse aber im genuinen Zustande unverseifbare und neutrale Stoffe enthält, so
                              bietet die Ermittelung eines mäßigen Zusatzes von Paraffin zur
                              „Stearinsäure“ Schwierigkeiten der erheblichsten Art dar.
                              Handelt es sich aber um den Nachweis von Stearinsäure im Paraffin, so ist die
                              Anwendung einer alkoholischen Lösung von neutralem Bleiacetat sehr zu empfehlen.
                              Eine siedende Lösung von Paraffin in Alkohol gibt nämlich mit vorgenannter
                              Flüssigkeit keinen Niederschlag, dagegen sofort Trübung oder flockigen Niederschlag,
                              falls dem Paraffin Stearinsäure (auch durch Destillation erhaltene) beigemengt
                              war.