| Titel: | Die Schußverhältnisse, welche zur Zerstörung der Panzerschiffe neuerer Constructionen durch Artillerie erforderlich sind. | 
| Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XXXVII., S. 115 | 
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                        XXXVII.
                        Die Schußverhältnisse, welche zur Zerstörung der
                           Panzerschiffe neuerer Constructionen durch Artillerie erforderlich sind.
                        Bearbeitet nach den Daten in einem Berichte des
                           kgl. englischen Hauptmanns W. H.
                              Noble über Schießversuche, welche unter Leitung der Ordnance-Select-Committee gegen Panzerplatten ausgeführt
                              wurden.
                        Ueber die zur Zerstörung der Panzerschiffe durch Artillerie
                           erforderlichen Schußverhältnisse.
                        
                     
                        
                           Von dem Special Committee on Iron wurden bereits im Jahre
                              1862 Schießversuche zur Beantwortung der Frage angestellt, ob
                                 die Durchschlagskraft von gegen Eisenplatten Verwendung findenden Projectilen
                                 etwa deren lebendiger Kraft (vis viva) proportional
                                 sey, welche letztere bekanntlich im vorliegenden Falle jedesmal dadurch zum
                              mathematischen Ausdrucke gebracht werden kann, daß man die Gewichtszahl
                              W des Geschosses mit der Maaßzahl v²/2g des Weges, den es zur Erlangung
                              seiner Anfangsgeschwindigkeit v im freien Falle
                              zurückzulegen haben würde, d.h. also mit seiner Geschwindigkeitshöhe multiplicirt und dieses Product dann durch die zweifache Beschleunigung der Schwere
                              pro Zeitsecunde, g = 32,1908
                              Fuß englisch, dividirt, so daß die lebendige Kraft, der
                              Total-Effect, oder die Wirkungsgröße (vis viva, work,
                                 energy, quantité d'action) des gegen den Panzer anschlagenden
                              Geschosses sich dann als
                           Wv²/2g
                              
                           darstellt. – Es mußten diese mit einem glatten 68
                              Pfünder und einem gezogenen 7 zölligen Hinterladungsgeschütze, deren Geschosse aus
                              gewöhnlichem Gußeisen bestanden, unternommenen Versuche, an welchen sich auch das
                              Ordnance Select Committee durch Bestimmung der den
                              verschiedenen Geschützladungen entsprechenden Geschoß-Anfangs- und
                              beziehungsweise Anschlagsgeschwindigkeiten vermittelst des Navez'schen elektroballistischen Apparates betheiligte, jedoch, als
                              vollständig unbefriedigt lassend, gar bald wieder aufgegeben worden, da die zu
                              denselben verwendeten Gußeisen-Geschosse schon beim Anschlage an die
                              Panzerwand zersplitterten und so zu deren Durchbohrung sich ganz untauglich
                              zeigten.
                           Im Jahre 1864 nahm dann das Ordnance Select Committee
                              selbst diese Versuche, aber nunmehr mit Stahl- und
                              beziehungsweise Schalenguß-Geschossen, wieder auf,
                              welche letzteren bekanntlich, nach Major Palliser's Methode
                              aus durch den Guß in eisernen Formen äußerlich sehr rasch abgekühltem Eisen (chilled iron) bestehen, dessen auf diese Weise glashart
                              werdende Oberflächenkruste sich dabei dann in der Art krystallinisch gestaltet, daß
                              die großen Achsen ihrer Krystalle sämmtlich senkrecht zur Geschoßoberfläche, also in
                              der kürzesten Richtung stehen, nach welcher die Ausströmung ihrer Wärme stattfinden
                              konnte. – Als durch diese Versuche zu lösende Probleme wurden
                              aufgestellt:
                           1) Bestimmung der relativen Durchschlagsfähigkeiten solcher
                                 Geschosse, welche bei gleichen Kaliber-Durchmessern und derselben Kopf-Form gleichgroße Producte ihrer
                                 Gewichts-Zahlen mit denen der Quadrate ihrer
                                 Anschlagsgeschwindigkeiten liefern, gleichviel ob sie dieses Maaß ihrer
                              Geschoßthätigkeit der, einem leichter construirten
                              Geschosse gegebenen größeren Anfangsgeschwindigkeit oder ihrer größeren Schwere bei geringerer
                              Geschoß-Anfangsgeschwindigkeit verdanken.
                           2) Feststellung der relativen
                                 Eisenplatten-Widerstände gegen solche
                                 Geschosse verschiedener Kaliber, welche bei ähnlicher
                                 Form mit ihren Kaliberdurchmessern proportionalen
                                 Wirkungsgrößen an die Platten anschlagen.
                           Nach ersterer Richtung hin wurde in der Weise
                              experimentirt, daß man z.B. fragte: Wird dieselbe
                              Eisenplatte durchbohrt werden, wenn an derselben, auf 200
                              Yards Distanz, einmal das 168 1/4 Pfd. schwere sphärische
                              Stahlgeschoß des 12 Tonnen (à 20 Ctr. = 2240
                              Pfd.) schweren 10,5 zölligen schmiedeeisernen (glatten) Geschützes mit, bei 50 Pfd.
                              Ladung 1576 Fuß betragender Anschlagsgeschwindigkeit oder 2898 Fuß-Tonnen Totaleffect (der also 2898 Tonnen = 2898 . 2240 =
                              6491520 Pfund einen Fuß hoch heben würde) und ein zweites Mal, anstatt dessen ein 300,16 Pfd. schweres,
                              vorn halbkugelförmig gestaltetes Stahl-Langgeschoß desselben Kalibers mit, bei 40
                              Pfd. Ladung ihm zu gebender 1180 Fuß großen Anschlagsgeschwindigkeit, also einem Totaleffect von ebenfalls 2898 Fußtonnen zur Wirkung
                              kommen?
                           Die zweite Versuchsrichtung aber cultivirte man in der
                              Weise, daß z.B. festgestellt wurde, ob dieselbe
                              Eisenplatte durchschlagen wurde, wenn man einmal das bei
                              8,87 Zoll Durchmesser 104,13 Pfd. schwere sphärische
                              Stahlgeschoß des glatten 100 Pfünders von 6 1/4 Tonnen (=125 engl. Ctr.) Gewicht,
                              welcher ihm mit 15,4 Pfd. Ladung auf 100 Yards Abstand 1254 Fuß Geschwindigkeit oder
                              1135 Fußtonnen Wirkungsgröße verlieh, und zweitens auch das 100,3 Pfd. schwere, vorn halbrunde, 6,92 Zoll kalibrige
                              Stahl-Langgeschoß des gezogenen 7 zölligen Vorderladungsgeschützes von 130 engl. Ctr., welches ihm
                              mit 13,5 Pfd. Ladung auf 100 Yards Abstand 1129 Fuß Geschwindigkeit oder 886
                              Fußtonnen Wirkungsgröße zu geben vermochte, beide Geschosse
                                 also mit Totaleffecten an die Panzerplatte anschlagen ließ, welche, weil
                                 sich
                              
                           1135 : 886 = 8,87 : 6,92
                           verhält, den Kaliberradien dieser mit
                                 gleicher Kopfform ausgestatteten Geschosse proportional waren?
                              
                           Eine erschöpfende Behandlung der wissenschaftlich
                              allerdings sehr interessanten Frage nach den Gesetzen, wodurch sich die Eindringungstiefen von unter verschiedenen
                                 Schießverhältnissen gegen Eisenplatten zur Verwendung kommenden Geschossen
                              bestimmen lassen, wurde hierbei aber durchaus nicht
                              beabsichtigt; es sollten diese Versuche vielmehr nur ganz einfach zur praktischen Feststellung solcher Fälle dienen, unter
                              denen sich mit Sicherheit auf das vollständige
                                 Durchbohrtwerden eiserner Panzerplatten von gegebener Art und Stärke rechnen
                                 läßt, in welcher letzteren Beziehung, neben anderen analogen
                              Versuchsergebnissen, dann z.B. gefunden wurde, daß
                           1) eine freistehende 5,5 zöllige Schmiedeeisenplatte vermittelst 6,22 Zoll kalibriger
                              Geschosse eines 6,3zölligen gezogenen Vorderladungsgeschützes von 7 Tonnen Gewicht
                              und 124 Zoll Bohrungslänge des Rohres – welches denselben, als 35,9 Pfund
                              schwere sphärische Stahlgeschosse, mit 15,848 Pfd. Ladung auf 100 Yards Entfernung
                              eine Anschlagsgeschwindigkeit von 1920 Fuß und, als vorn halbkugelförmig gestaltete
                              106,6 Pfd. schwere Langgeschosse, auf dieselbe Distanz mit 11,219 Pfd. Ladung 1110
                              Fuß Anschlagsgeschwindigkeit, in beiden Fällen also Anschlags-Totaleffecte
                              von 917 und beziehungsweise 911 Fußtonnen gab, – mit mehr als genügender
                              Kraft durchbohrt wurde, indem den Geschossen nach dieser gethanen Arbeit noch Kraft
                              genug zum 3 Fuß tiefen Eindringen in hinter der Platte stehendes Erdreich übrig
                              blieb. – Daß ferner
                           2) dieselbe 5,5 zöllige Schmiedeeisenplatte von einem eben solchen 6,22 Zoll
                              kalibrigen 35,6 Pfd. schweren Rundgeschosse von Stahl mit fast völliger Verwendung
                              von dessen Anschlagskraft eben nur noch durchdrungen wurde, als man dieses Geschoß
                              mit nur 1829 Fuß Anschlagsgeschwindigkeit, die ihm lediglich 824,9 Fußtonnen
                              lebendiger Kraft gab, gegen die Platte wirken ließ, nach deren Durchbohrung es dann
                              kaum noch 1 1/2 Fuß in lose Erde einzudringen vermochte.
                              – Weiter zeigte sich, daß
                           
                           3) eine, angenähert im geraden Verhältnisse der Geschoß-Kaliberdurchmesser
                              stehende Vergrößerung des Geschoß-Anschlageffectes eintreten mußte, als man
                              ebenerwähntes mit sphärischen 6,22 kalibrigen Stahlgeschossen erlangtes
                              Plattendurchbohrungs-Resultat auch mit dem 110 Pfd. schweren, vorn halbrunden
                              und 6,88 Zoll kalibrigen Stahl-Langgeschosse eines 7zölligen gezogenen
                              Hinterladungsgeschützes erreichen wollte, welches diesem Geschosse mit 12 Pfund
                              Pulverladung 1090 Fuß Anschlagsgeschwindigkeit oder 906,2 Fußtonnen Anschlagseffect
                              verlieh, womit es nach Durchbohrung der 5,5zölligen Platte dann freilich noch 2 Fuß
                              tief in Erde eindrang, während ihm nach der Proportion
                           6,22 : 6,88 = 824,9 : x
                              
                           zur Uebereinstimmung mit Pos. 2 allerdings
                           x = 910,8 Fußtonnen
                           schon zum nachträglichen, 1 1/2 Fuß tiefen Eindringen in lose
                              Erde hätten gegeben werden müssen. Endlich ließ sich auch noch feststellen, daß
                           5) dieser zur Durchbohrung 5,5zölliger schmiedeeiserner Platten hiernach vollständig
                              genügende Anschlagseffect von 825 Fußtonnen 6,22 Zoll kalibriger und vorn halbrund
                              gestalteter Stahlgeschosse, zur Durchbohrung 4,5zölliger Panzerplatten gleicher Güte
                              vermittelst derselben Geschosse ohne jedes Bedenken im quadratischen Verhältnisse
                              der Plattenstärken-Maaßzahlen herabgesetzt werden kann, indem dieser
                              Anschlagseffect nach der Proportion:
                           
                              
                                 5,5² : 4,52
                                 =
                                 825 : x
                                 
                              
                                 zu diesem Zwecke auf x
                                 =
                                 552 Fußtonnen
                                 
                              
                           heruntergehen müßte, und eine ganze Reihe von mit derartigen
                              Geschossen angestellten Schießversuchen, welche diesen Anschlags-Effect in
                              angenäherter Weise
                           
                              
                                 bei  35,56 Pfd.
                                 Schwere durch
                                 8 Pfd.
                                   Ladung mit
                                 1496,5
                                 Fuß Anschlagsgeschwindigkeit
                                 
                              
                                   „  
                                    63,87    „
                                       „          „
                                 6 Pfd.
                                 10 Unzen „
                                 1116,6
                                   „                    
                                    „
                                 
                              
                                   „  
                                    71,00    „
                                       „          „
                                 6    „
                                 10      „    „
                                 1059,0
                                   „                    
                                    „
                                 
                              
                                   „
                                    106,62    „
                                       „          „
                                 6    „
                                 1
                                    1/2  „    „
                                   864,2
                                   „                    
                                    „
                                 
                              
                           erreichen ließen, darthat, daß für Geschosse solchen
                              Durchmessers und solcher Anschlagsflächen-Form sogar 542
                              Fußtonnen-Anschlagseffect genügend sind, um sie bei voller Verwendung ihrer
                              Anschlagskraft 4,5 zöllige schmiedeeiserne Platten gerade noch durchdringen zu
                              lassen.
                           Als Gesammtresultat dieser Versuche aber wurde in Bezug
                              auf die oben gestellten Fragen das auf praktischem Wege
                                 festgestellte Resultat gewonnen, daß beim directen Schusse gegen Panzerplatten und innerhalb der
                              Geschoßlängen-Grenze von 2,25 Kaliberdurchmessern:
                           
                           1) die Durchschlagskräfte massiver Stahlgeschosse gleichen
                                 Kalibers und gleicher Kopfform mit deren Gewichten in einem geraden einfachen,
                                 mit deren Anschlagsgeschwindigkeiten aber im geraden quadratischen Verhältnisse
                                 stehen, und
                           2) die Widerstandskräfte, welche schmiedeeiserne Panzerplatten ihrer Durchbohrung entgegensetzen, sowohl mit den
                                 Durchmessern der an sie anschlagenden Geschosse, als auch mit den Quadratzahlen
                                 der Plattenstärkemaaße wachsen und beziehungsweise abnehmen, so daß, wenn
                              das Geschoßgewicht mit W und die Beschleunigung der
                              Schwere am Versuchsorte mit g, sowie die
                              Geschoßaufschlagsgeschwindigkeit mit v bezeichnet
                              werden, der Geschoß-Effect, welcher in Durchbohrung
                                 einer Panzerplatte sich zu äußern hat (weil die Quadrate der
                              Geschoßanfangsgeschwindigkeiten den Geschoßgewichten umgekehrt und diese wieder den
                              Schwerebeschleunigungen der Versuchsorte direct proportional sind) durch die Function:
                           Wv²/2g,
                           also durch das Maaß von dessen lebendiger Kraft, und der Panzerplatten-Widerstand gegen Durchbohrung einer
                                 Plattendicke gleich
                              v mit Geschossen vom Kaliberradius R, wenn die Größe k einen
                              von der Form des Geschoßkopfes, dem Materiale von Platte und Geschoß etc. abhängigen
                              Erfahrungs-Coefficienten repräsentirt, durch die
                                 Function:
                           2Rπb² k
                              
                           algebraisch aufgefaßt werden können, was
                                 für den Gleichgewichtsfall (also das „gerade eben Durchdrungenwerden
                                    der Platte“) zu der Bestimmungsgleichung
                              
                           Wv²/2g = 2Rπb² k
                              
                           führt, deren Gebrauch für jede besondere Art von Platten und
                              Geschossen etc. natürlich immer von der vorherigen Bestimmung des
                              Erfahrungs-Coefficienten k abhängig ist, die
                              vermittelst einer Reihe von Versuchen geschehen kann, deren Daten in Gleichungen von
                              der Form
                           4R₁ πb² k g – W₁ v₁²
                              = 0
                           4R₂ πb² k g – W₂ v₂²
                              = 0
                           4R₃ πb² k g – W₃ v₃³
                              = 0
                           u.s.w.
                           
                           eingetragen werden, wornach dann jede der vier Größen R, b, W und v sich durch die
                              drei anderen bestimmen läßt, also z.B. für eine gegebene Plattenstärke und einen
                              gegebenen Geschoß-Durchmesser die zum Durchbohrtwerden der Platte
                              erforderliche lebendige Kraft des Geschosses; wenn letztere und der
                              Geschoßdurchmesser gegeben sind, aber die Plattenstärke, auf deren Durchbohrtwerden
                              dadurch dann mit Sicherheit zu rechnen ist, schon im Voraus festgestellt werden
                              können.
                           Für Stahlgeschosse mit halbkugelförmiger Gestalt ihrer vorderen
                                 Fläche und für von ihnen durchbohrt werdende schmiede- oder walzeiserne Platten wurde der
                              Erfahrungs-Coefficient k auf diese Weise als
                           k = 5357200
                           gefunden, wornach zur Zuverlässigkeits-Prüfung der obigen Bestimmungsgleichung dann noch
                              eine weitere Reihe von Schießversuchen angestellt wurde,
                              welche die Resultate der Rechnung neben die der Praxis zu halten gestatteten, und
                              denen beispielsweise folgende Parallelen entnommen werden mögen:
                           1) Zur Durchbohrung freistehender 5,5zölliger Schmiedeeisenplatten vermittelst
                              6,88zölliger massiver Stahlgeschosse des 7zölligen gezogenen Hinterladungsgeschützes
                              bedarf ein solches Geschoß nach der Gleichung:
                           Wv²/2g = 2Rπb² k
                           einer lebendigen Kraft von
                           Wv²/2g = 905 Fußtonnen.
                           Der betreffende Versuch ergab als zu diesem Zwecke erforderlichen
                              Geschoß-Effect: 906 Fußtonnen.
                           2) Die Plattenstärke b, welche durch 344,4 Pfd. schwere
                              Rundgeschosse von Stahl und von 13,24 Zoll Durchmesser mit 1574 Fuß
                              Anschlagsgeschwindigkeit ausgerüstet, gerade noch durchbohrt werden kann, stellt
                              sich nach der Formel
                           b = v√(W/4Rπkg)
                           als
                           b = 10,14 Zoll
                           heraus. – Aus dem 13,3zölligen, 22 Tonnen schweren
                              Vorderladungsgeschütze abgeschossen, drang diese Kugel mit der genannten
                              Anschlagsgeschwindigkeit (welche ihr bei 200 Yards Zielabstand durch 90 Pfund
                              Pulverladung ertheilt wurde) über 4,9 Zoll tief in eine freistehende 11 zöllige
                              Schmiedeeisen-Platte ein und zerbrach dieselbe.
                           
                           3) Zum vollständigen Durchdringen freistehender Schmiedeeisen-Platten von 8
                              Zoll Dicke bedarf das 250 Pfund schwere, vorn halbkugelförmig gestaltete, 8,92 Zoll
                              kalibrige Stahlgeschoß des 12 Tonnen schweren 9zölligen gezogenen
                              Vorderladungsgeschützes nach der, obiger Gleichung entsprechenden Formel
                           v = b√(4Rπkg/W)
                           einer Anschlagsgeschwindigkeit von
                           v = 1197 Fuß.
                           Bei mit ogivalköpfigen Stahl- oder Schalengußeisen-Geschossen dieses
                              Kalibers und Gewichtes gegen eine mit der Schiffspanzer-Hinterfüllung des
                              „Warrior“ ausgestattete 8zöllige Schmiedeeisenplatte
                              durchbohrte das mit 1323 Fuß Anschlagsgeschwindigkeit ausgestattete Geschoß nicht
                              nur die 8zöllige Schmiedeeisenplatte dieser
                              „Warrior-Scheibe“ vollständig, sondern zerbrach auch
                              noch eine Rippe von deren Packung, in welcher letzteren es vermöge der ihm gegebenen
                              Sprengladung von 2,37 Pfund Pulver dann schließlich krepirte.
                           Zur Feststellung der Geschoßkopf-Form, welche sich am meisten zur
                                 Zerstörung von Panzerschiffen vermittelst Durchbohrens ihrer Wände eignet,
                              angestellte Parallel-Versuche mit Stahl-Geschossen verschiedener Formen ihrer stets massiv gehaltenen
                                 Köpfe ergaben unter Anderem, daß vorn halbrunde
                              oder abgeflachte Geschosse dieser Art bei Durchlochung der Panzerplatten stets das ihrem Querschnitt
                                 entsprechende Stück dieser Platte vor sich her treiben und so weniger leicht im Stande sind, auf noch hinter derselben liegende Packungen von Holz etc. durchdringen zu können, als mit ogivaler Spitze versehene Stahl- oder auch
                                 Schalenguß-Eisengeschosse dieser Art, welche alle ihnen beim
                                 Plattendurchbohren entgegenstehenden Eisentheilchen zertrümmert zur Seite
                                 schieben, und so bei Hinterlassung einer mit zackigen Rändern versehenen Oeffnung (während diese bei der
                              Platten-Durchstanzung mit flachköpfigen Geschossen immer scharf nach dem
                              Geschoßquerschnitte ausgeschnitten ausfällt) mit der
                                 ihnen dann noch verbleibenden Kraft in einem solchen
                                 Grade ungehindert in die Plattenzackung
                                 eindringen können, daß unter denselben Umständen, wo
                                 rundköpfige Stahlgeschosse etwa mit aufgebauchten Köpfen in einer
                              Panzerplattung stecken bleiben, ogivalköpfige
                                 Stahlgeschosse ohne jede Formveränderung durch dieselbe hindurchgehen und für solche Geschosse deren massiver ogivaler
                                 Kopf mit dem Radius
                                 von einem Kaliberdurchmesser construirt worden ist, deßhalb auch, den
                              Versuchsergebnissen entsprechend, wohl anzunehmen steht,
                              es werde zur Hervorbringung derselben Durchbohrungs-Wirkung in solchen Fällen
                              bei ihnen nur 8/10 des Anschlagseffectes erforderlich seyn,
                                 der den gleichschweren und gleichkalibrigen, aber vorn halbrund gestalteten
                                 Stahlgeschossen gegeben werden muß, was bei dahin einschlagenden Rechnungen
                              den Erfahrungs-Coefficienten k obiger Gleichung für massivogivalköpfige Stahl- oder
                                 Schalenguß-Geschosse aus k in
                              
                           
                              
                                 k₁
                                 = 9/10  k
                                 
                              
                                 
                                 = 9/10 5357200
                                 
                              
                                 
                                 = 4821480
                                 
                              
                           überzugehen lassen würde.
                           Hinsichtlich der Geschoß-Effecte, welche bei
                                 Schrägschüssen zur Durchbohrung von Panzerplatten erforderlich sind,
                              ergaben mit flach- und ogivalköpfigen Stahl-, sowie mit ogival- und ellipsoidalköpfigen Schalenguß-Geschossen
                              angestellte Schießversuche (mit Geschoßanschlagswinkeln
                                 von 10, 20, 30, 38, 45 und 60 Grad gegen die
                              Verticale gerechnet) Panzerplatten-Durchbohrungen,
                              welche den Beweis lieferten, daß ebenso, wie die Dicke b einer
                              parallelopipedischen Platte nach einer unter dem Winkel α schräg durch sie hindurchgehenden Richtung in b/sin α übergeht, so auch der Widerstand, den die Platten dabei ihrer
                                 Durchbohrung entgegenstellen, mit dem Quadrate der Sinus-Reciproke des
                                 Geschoßanschlagswinkels zunimmt, nämlich im Verhältnisse von
                           b² : (b/sin α)²
                           wächst, wornach für das Schrägfeuern unter irgend einem Winkel α gegen Panzerplatten die obige Grundgleichung also in
                           Wv²/2g = 2Rπkb² sin²
                              α
                              
                           übergeht.
                           Die Differenz der
                                 Panzerplatten-Durchbohrungswirkungen von aus gewöhnlichem Gußeisen und aus Stahl geformten
                              Geschossen stellte sich – des von ersteren auf ihre eigene Zertrümmerung und
                              auf das Umherschleudern der dadurch entstehenden Stücke verwendeten Kraftantheiles
                              wegen – so bedeutend heraus, daß, diejenigen Fälle ausgenommen, in denen man
                              den Gußeisengeschossen
                               eine ganz besonders
                              große Anschlagsgeschwindigkeit geben konnte, die Projectile
                                 dieses Materiales im Allgemeinen des 2,5fachen
                                 Anschlagseffectes der Stahlgeschosse bedurften, um, unter sonst gleichen
                              Umständen, eine mit denselben gleiche
                                 Plattendurchbohrungs-Wirkung hervorbringen zu können.
                           Vergleichs-Schießversuche gegen durch Verbolzung zusammengesetzte Lamellen und
                              gegen aus einem Stücke bestehende Platten ergaben, daß erstere ihrer Durchbohrung einen weit geringeren Widerstand entgegenstellen als die aus
                              einem massiven Ganzen bestehenden Platten gleicher
                              Dicke.
                           Das Durchschießen von 4,5; 5,5; 6; 8 und 9zölligen Panzerplatten, welche genau mit
                              den Packungen der Schiffswände von beziehungsweise dem
                              „Warrior,“ dem „Minotaur,“ dem
                              „Bellerophon“ und dem „Hercules“
                              versehen waren, brachte endlich noch folgende Aufklärungen:
                           1) Einfache Holz-Packungen erhöhen den von schmiedeeisernen Panzerplatten ihrer Durchbohrung entgegengesetzten Widerstand, wenn
                                 überhaupt, jedenfalls nur in einem sehr geringen Grade;
                                 starre, aus Eichen- oder Teakholz und Eisen,
                                 oder auch aus Granit, Eisen und Backstein etc.
                                 zusammengesetzte Platten-Hinterfüllungen vergrößeren aber den Widerstand
                                 der Panzerwände sehr bedeutend. Die beste Form solcher Packungen ist Eichen- oder Teakholz,
                              mit horizontal liegenden Eisenplatten combinirt, wie sie
                              beim Bau des „Chalmer,“ des „Bellerophon“
                              und des „Hercules“ zur Anwendung gekommen ist; ferner
                              sollte
                           2) kein Panzerschiff ohne innere Eisenhaut construirt
                              'werden, welche letztere nicht nur die Wand desselben mehr compact macht, sondern auch manchen Splitter
                              derselben vom Eindringen in das Schiffs-Innere abhält.
                           3) Sogenannte „Palliser-Bolzen,“ deren Schaft mit ihrem Schraubentheile
                              gleichen Durchmesser hat, sind zur Panzerplattenbefestigung am besten geeignet.
                           4) Aus schalenhart gegossenem Eisen bester Qualität verfertigte
                                 Geschosse mit massiven, ogival gestalteten Köpfen geben bei größerer
                              Billigkeit den entsprechenden Stahlgeschossen an Fähigkeit zum
                                 Durchbohren schmiedeeiserner Platten durchaus nichts nach, und besitzen
                              außerdem noch den. Vortheil, mit der ihnen nach vollendeter Durchbohrung noch verbleibenden Kraft im
                              zerbrochenen Zustande gewissermaßen als Traubenschuß zu
                              wirken.
                           
                           5) Zum wirksamen Angriffe auf gutgebaute Panzerschiffe muß man
                                 wo möglich nicht unter 12 Tonnen schwere Geschütze haben, die bei mindestens 9
                                 Zoll Kaliberdurchmesser etwa 250 Pfd. schwere Langgeschosse mit
                              circa 40 Pfd. Pulverladung
                                 schießen, – wie dergleichen mit ogivaler
                                 Spitze versehene Geschosse des in England dienstlich eingeführten
                              betreffenden gezogenen Vorderladungsgeschützes, bei 43 Pfund
                                 Pulverladung z.B. die mit 4,5zölligen Panzerplatten
                                 armirte Warrior-Scheibe (18 Zoll kreuzweise gelegter
                              Teakholz-Packung und 5/8zölliger innerer Schiffshaut von Eisen) auf 3000 Yards und, bis zu etwa 750 Fuß
                              Anschlagsgeschwindigkeit herabgehend, auch auf weitere
                                 Entfernungen; dieselbe Scheibe, mit 8zölliger Schmiedeeisen-Panzerplatte
                                 aber auf 200 Yards mit 1325 Fuß Anschlagsgeschwindigkeit zu durchbohren vermögen, während die mit 50 Pfd. Ladung
                              abgefeuerten 484 Pfd. schweren Stahlkugeln des 15zölligen glatten amerikanischen Vorderladungsgeschützes
                              diese Scheibe im ersteren Falle zwar auf 500 Yards
                                 Abstand mit 969 Fuß Anschlagsgeschwindigkeit, im
                                 letzteren Falle aber überhaupt gar nicht zu durchbohren vermögen, da die 8
                              zöllige Platte ihnen nach der Proportion
                           4,5 : 8 = 969 : x
                              
                           nur bei 1720 Fuß Anschlagsgeschwindigkeit zu weichen braucht,
                              während sie durch oben genannte Ladung bloß 1070 Fuß Anfangsgeschwindigkeit
                              erhalten.
                           Die amerikanische Methode der
                                 Panzerschiff-Zerstörung besteht der englischen (einem Durchlochen (punching) der Panzerwände
                              durch mit möglichst großer Anfangsgeschwindigkeit abgefeuerte massive oder hohle
                              Langgeschosse 6–12 Tonnen schwerer gezogener Rohre) gegenüber, deßhalb auch
                              mehr in einem durch wiederholtes Anschlagen großkalibriger,
                                 schwerer und mit geringeren
                                 Anfangsgeschwindigkeiten aus 12 bis 50 Tonnen
                                 schweren glatten Rohren abgeschossener, massiv aus Stahl geformter wirklicher Kugeln an der
                              Schiffswand zu bewirkenden Ausrenken, Wandelbarmachen
                              oder sogenannten Foltern (racking) der Panzerplatten, welches letztere zwar schließlich zur vollständigen Auflösung des ganzen
                                 Schiffswand-Verbandes führt, bei größerer Unbehülflichkeit des
                              Materiales aber offenbar auch mehr Zeit als das englische
                                 System erfordert. Vermittelst des englischen
                                 Systems kann ein zum Angriffe ausersehenes Schiff möglicherweise mit einem einzigen gutangebrachten
                                 Treffer
                               seiner, bei flächerer
                              Flugbahn noch auf weite Entfernungen hin mit großer Treffsicherheit ausgestatteten
                              Langgeschosse durch Zerstörung der Maschine dieses
                              Schiffes, Auffliegenlassen seines Pulvermagazines oder Leckmachen an der Wasserlinie
                              desselben, zur Gefechtsuntüchtigkeit gebracht werden,
                              während das amerikanische System zur Erreichung dieses
                              Zweckes einer Aufeinanderfolge von mehreren Treffern
                              bedarf. Demgemäß ist z.B. ein Panzerschiff, das bei ungefähr 10 See-Meilen
                              (circa 2 1/2 geographischen) Fahrgeschwindigkeit pro Stunde eine Hafen- etc. Batterie zu passiren
                              hat, wegen der wenigen Lagen die letztere dann auf es abgeben kann, zwar vermittelst
                              der englischen Manier des Durchbohrens (punching) seiner
                              Wände zum Untergange, beziehungsweise zum „sich ergeben“ zu
                              zwingen, wogegen es durch die amerikanische Manier des allmählichen Lockermachens
                              seiner Wandverbände oder des Folterns (racking)
                              derselben, welche das Schiff in diesem Falle nur bis zu einer im nächsten Hafen
                              auszubessernden Havarie bringen dürfte, schwerlich bis zur Vernichtung gebracht
                              werden könnte.
                           Berlin, im Mai 1867.
                           Darapsky,      Major im
                              Generalstabe.