| Titel: | Ueber die fabrikmäßige Darstellung der schwefelsauren Magnesia; von J. H. Swindells. | 
| Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. LXII., S. 219 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXII.
                        Ueber die fabrikmäßige Darstellung der
                           schwefelsauren Magnesia; von J. H.
                              Swindells.
                        Aus der Chemical News, vol. XV p. 178; April
                              1867.
                        Swindells, über fabrikmäßige Darstellung der schwefelsauren
                           Magnesia.
                        
                     
                        
                           Es ist nicht allgemein bekannt, daß gegenwärtig (in England) Bittersalz zur
                              Verwendung beim Schlichten der Kette mittelst der Stärkemaschine in sehr großem
                              Maaßstabe fabricirt wird. In Manchester werden wöchentlich beiläufig 150 Tonnen von
                              diesem Salze zu dem gedachten Zwecke abgesetzt.
                           Eine kurze Mittheilung über das jetzt übliche Verfahren zur fabrikmäßigen Gewinnung
                              der schwefelsauren Magnesia dürfte demnach für manchen Leser von Interesse seyn.
                           Für diese Fabrication sind folgende Apparate erforderlich:
                           1) Ein Digestor; ein quadratischer, mit starkem Bleiblech
                              ausgefütterter Kasten. Am Boden und bis etwa drei Fuß darüber an den Seiten desselben sind
                              Stein- oder Schieferplatten angebracht, um das Bleifutter gegen die
                              Einwirkung des Dolomits oder dolomitischen Kalksteines zu schützen, welcher in Folge
                              der Einwirkung der Säure oft sehr stark aufschäumt. Die Dimensionen dieses Digestors
                              sind verschieden.
                           2) Ein Abklärgefäß, aus Bleiblech oder durch Cement gut
                              mit einander verbundenen Steinplatten angefertigt.
                           3) Eine eiserne, mittelst Dampf oder unmittelbar durch Feuer geheizte Abdampf- oder
                                 Siedpfanne.
                           4) Kühlgefäße, die meist aus Holz bestehen; ich empfehle
                              indessen dieselben aus Stein- oder Schieferplatten zusammenzusetzen, oder
                              noch besser aus einem einzigen Stein- oder Schieferblock anfertigen zu
                              lassen.
                           5) Ein hölzernes Abtropfgefäß, in welchem von dem
                              ausgekrückten Bittersalze die Mutterlauge abtropft; dasselbe kann von beliebiger,
                              wenn nur zweckentsprechender Form und Größe seyn.
                           6) Ein Trockenraum zum Trocknen des Salzes; derselbe kann
                              aus Bretern und von jeder beliebigen Größe construirt werden, muß aber einen hohlen,
                              etwa achtzehn Zoll hohen Boden haben, durch welchen mittelst Röhren zum Heizen des
                              über ihm befindlichen Trockenraumes Dampf geleitet wird.
                           7) Ein Aussüß- oder Waschgefäß zum Auswaschen der aus dem Klärgefäße ausgetragenen
                              Bodensätze.
                           8) Ein Dampfkessel.
                           Das Verfahren selbst ist das folgende. Zunächst wird der Digestor, dessen Dimensionen
                              wir beispielshalber zu 6 Fuß im Quadrat bei 7 Fuß Tiefe annehmen wollen, mit 3
                              Tonnen Dolomit oder dolomitischem Kalkstein beschickt. Dann wird die Schwefelsäure
                              – in dem vorliegenden, als Beispiel gewählten Falle, die Quantität von 12
                              gewöhnlichen Ballons – aufgegossen und darauf soviel Wasser zugesetzt, daß
                              die Flüssigkeit ein specifisches Gewicht von 1,125 bis 1,130 zeigt. Man läßt nun
                              Säure und Wasser ungefähr eine Stunde lang auf die Beschickung einwirken und leitet
                              dann durch ein ungefähr 3/4 Zoll im Lichten weites, etwa bis in die Mitte des
                              Digestors hineinreichendes Bleirohr Dampf aus dem Kessel in das Digestionsgefäß.
                              Nach Verlauf von acht bis zwölf Stunden prüft man die Flüssigkeit auf ihre
                              Sättigung.
                           Wenn sich die Säure in genügendem Grade neutralisirt hat, so muß die Flüssigkeit
                              26° bis 30° Baumé zeigen; sie wird dann mittelst eines Hahnes
                              in das Abklärgefäß abgelassen. Zeigt sie noch eine Spur von überschüssiger Säure, so
                              wird diese neutralisirt und ein etwa vorhandener Eisengehalt wird durch eines der
                              bekannten Mittel abgeschieden. Die Lösung gebraucht etwa drei Stunden, um sich zu klären.
                              Dann wird sie mittelst eines Hebers in die Siedpfanne übergehoben.
                           Dieses Verfahren wird so oft wiederholt, bis man die zu einem Sude genügende Menge
                              von Lösung erhalten hat, wobei stets dafür gesorgt werden muß, daß dieselbe ganz
                              säurefrei ist, also eine alkalische Reaction zeigt. Dann wird der Inhalt der
                              Siedpfanne durch Abdampfen concentrirt bis er eine Dichtigkeit von etwa 38°
                              Baumé zeigt; sobald dieser Punkt erreicht ist, sperrt man den Dampf –
                              wenn solcher zum Heizen benutzt wurde – ab und überläßt die Flüssigkeit
                              mehrere Stunden lang sich selbst, damit die in ihr suspendirten Theilchen sich
                              absetzen können. Stets muß Sorge getragen werden, daß die Lösung sich möglichst
                              vollständig abklärt; ist dieß geschehen, so wird sie in die Kühlgefäße abgelassen
                              und in denselben in bestimmten Zwischenräumen umgerührt, damit das Salz in kleinen
                              Krystallen anschießt. Sobald die Abscheidung der Bittersalzkrystalle aufgehört hat,
                              wird die Mutterlauge abgelassen und in die Siedpfanne zurückgepumpt; dann wird
                              frische Lösung aus dem Digestor hinzugefügt und wieder in der beschriebenen Weise
                              versotten u.s.f. Das ausgeschiedene Salz wird aus den Kühlgefäßen auf die
                              Trockenbreter in den Trockenraum gebracht und hier getrocknet; die Temperatur des
                              letzteren darf 27° C. nicht übersteigen. Nachdem es hinlänglich abgetrocknet
                              ist, wird es gesiebt, zuweilen auch gemahlen und dann in Fässer verpackt. Die in den
                              Klärgefäßen enthaltenen Bodensätze werden in das Waschgefäß gebracht und in
                              demselben ausgewaschen; das abgelaufene und filtrirte Waschwasser wird mit der
                              Mutterlauge in der Siedpfanne vereinigt.
                           Es kommt selbstverständlich sehr wesentlich darauf an, das Bittersalz möglichst rein
                              und frei von Eisenoxyd etc. zu erhalten. Das Vorhandenseyn von Eisen läßt sich
                              mittelst Schwefelammonium, Kaliumeisencyanür, Kaliumeisencyanid etc. leicht
                              erkennen.
                           Der Zusatz von Bittersalz kann nur den Zweck haben das Gewicht der Kettenschlichte zu
                              vermehren, und in der Folge dürfte dieses Salz durch Chlorbaryum ersetzt werden,
                              welches ihm zu dem gedachten Zwecke weit vorzuziehen ist, indem dann der gewebte
                              Stoff weit weniger dem Stockigwerden unterworfen ist. Selbstverständlich werden
                              Gewebe, bei deren Fabrication man Chlorbaryum verwendet, weit schwerer. Die
                              nachtheilige Wirkung auf die Gewebe wird hauptsächlich durch die bedeutende Menge
                              des mit den verschiedenen Salzen zugeführten Wassers bedingt. Das Bittersalz enthält
                              51,21 Proc., Chlorbaryum dagegen nur 14,77 Proc. Wasser, letzteres bei einem
                              specifischen Gewichte von 3,049.
                           
                           Die jährliche Production von schwefelsaurer Magnesia nach diesem Verfahren läßt sich
                              auf mehr als 12000 Tonnen veranschlagen.