| Titel: | Beschreibung des Zuppinger'schen Wasserrades; von G. Delabar. | 
| Autor: | Gangolf Delabar [GND] | 
| Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. LXX., S. 249 | 
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                        LXX.
                        Beschreibung des Zuppinger'schen Wasserrades; von G. Delabar.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Zuppinger'schen Wasserrades.
                        
                     
                        
                           Nachdem ich in meinen beiden letzten ArtikelnPolytechn. Journal Bd. CLXXXIV S. 81
                                    und 189. zwei ganz neue Wassermotoren zur Kenntniß der Leser dieses Journals gebracht
                              habe, darf ich wohl hoffen, daß auch die vorliegende Mittheilung über das von dem
                              rühmlichst bekannten Maschineningenieur Zuppinger
                              (Director der Abtheilung hydraulischer Motoren, Getriebe und Mühlwerke in der
                              Maschinenfabrik von Escher Wyß und Comp. in Zürich) erfundene und nach ihm benannte Wasserrad nicht ohne
                              Interesse werde entgegen genommen werden. Zwar ist dieses Rad nicht mehr ganz neu,
                              indem sich der Erfinder dasselbe schon im Jahr 1849 patentiren ließ, und es nach
                              abgelaufenem Patent im württembergischen Gewerbeblatt von 1855 (daraus entnommen im
                              polytechnischen Centralblatt ebenfalls von 1855) kurz beschrieben und nach dieser
                              Quelle auch eine kurze Notiz in der 3. Auflage des Lehrbuches der Ingenieur-
                              und Maschinenmechanik von Weisbach vom Jahr 1857 (II.
                              Thl., S. 490) aufgenommen worden ist. Allein, wie es scheint, sind diese
                              Veröffentlichungen nicht genugsam bekannt geworden, und zudem sind die Angaben und
                              die Abbildung derselben etwas undeutlich, und was den Einlauf des Wassers betrifft,
                              theilweise unrichtig, so daß eine nochmalige genaue Beschreibung und Darstellung
                              dieses Rades gewiß manchem Leser dieses Journals erwünscht seyn dürfte.
                           Vor einiger Zeit hatte ich nun Gelegenheit ein solches Rad in der Maschinenfabrik zu
                              Ravensburg, einer ebenfalls von Zuppinger geleiteten
                              Filiale des Escher'schen Etablissements, in Thätigkeit zu
                              sehen und genau besichtigen zu können, und ich muß gestehen, daß dasselbe durch die
                              Wirkungsweise, wie durch die ganze Anlage, einen sehr günstigen Eindruck bei mir
                              hinterlassen hat. Dadurch zur vorliegenden Mittheilung veranlaßt, war ich bemüht, dieselbe mit einer
                              genauen und vollständigen Abbildung versehen zu können. In den Figuren 1 und 2, welche ich
                              nach einer Skizze anfertigte, die mir Hr. Zuppinger
                              selbst zustellen ließ, ist das Rad im Verticalschnitt und im Grundriß mit
                              theilweisem Horizontalschnitt dargestellt.
                           Aus diesen Figuren ersieht man, daß dieses Rad aus einem Kranz A, B, C, D aus Gußeisen und einer entsprechenden Anzahl langgestreckter
                              Blechschaufeln S, S besteht, die zu beiden Seiten (oder
                              auch nur auf einer Seite) des Kranzes aufsitzen. Ebenso bemerkt man, daß das Rad mit
                              einem gußeisernen Mantel E, G, H, J, K und gegen das
                              Aufschlagwasser hin mit dem Blechmantel p, q umgeben
                              ist, und daß in Folge dieser Anordnung das Wasser nicht von vorn, sondern nur auf
                              beiden Seiten durch die in den Seitenwänden r¹
                              und r² des Mantels angebrachten Oeffnungen in die
                              Radschaufeln gelangt und darin einzig durch sein Gewicht wirkt. Zur Vertheilung des
                              Auflagwassers nach beiden Seiten des Rades ist unmittelbar vor diesem eine
                              keilförmig dreiseitige Kröpfung u, t, v in den
                              Zuflußcanal eingebaut. Das Zuflußwasser spaltet sich dadurch in zwei Arme und tritt
                              durch die erwähnten Seitenöffnungen in das Rad ein, füllt die Schaufelräume der
                              einen, dem Zuflußcanal zugewendeten Hälfte des Rades fast bis zum oberen
                              Wasserspiegel L, M ganz, tritt erst wieder unter dem
                              Mantel bei H, J im Unterwasser N,
                                 O aus demselben aus und gibt, während es durch sein Gewicht auf die
                              Radschaufeln vom oberen bis unteren Wasserspiegel herabdrückt, dem Rade sein ganzes
                              Arbeitsvermögen ab. – Den besten Effect gibt das Rad, wenn es sich nur sehr
                              langsam umdreht; indessen arbeitet es bei einer Umfangsgeschwindigkeit von 3 Fuß
                              noch ganz gut. Ebenso ist, wie bei jedem Wasserrade, eine große Schaufelanzahl für
                              den Nutzeffect günstig; doch genügen auch schon 12 bis 24 Schaufeln. Endlich fällt
                              der Nutzeffect um so günstiger aus, je kleiner die Breite und Tiefe der Schaufeln
                              und je passender der dreiseitige Kropf u, t, v ist.
                           Zur Uebertragung und Fortleitung der dem Rade auf diese Weise mitgetheilten
                              mechanischen Arbeit ist dasselbe einerseits mit einem Radkranz versehen, der in ein
                              kleineres Stirnrad eingreift, wodurch die Bewegung auf die Transmissionswelle
                              übertragen und weiter fortgeleitet wird. In Fig. 1 ist der Theilriß
                              des Radkranzes durch den Hülfskreis vom Durchmesser xy und der des Kolbens oder kleinen Stirnrades ebenso durch den Hülfskreis
                              vom Durchmesser xZ angedeutet.
                           Aus Fig. 2 und
                              der Skizze Fig.
                                 3 ist endlich noch besonders zu entnehmen, wie die Radwelle w beiderseits zur Verminderung der Achsen- und
                              Zapfenreibung auf Frictionsrollen ruht und in dieser Lage festgehalten wird.
                           
                           Damit das Rad in seiner Kröpfung auf die Dauer genau läuft, erfordert es in der
                              Ausführung freilich große Genauigkeit, weßhalb es nicht wohl aus Holz gefertigt
                              werden kann, sondern am besten aus einem Stück (aus Gußeisen) gegossen wird, was bis
                              zu einem Durchmesser von circa 15 Fuß leicht geschehen
                              kann.
                           Beim Bau des Rades ist überdieß darauf zu achten, daß der innere Durchmesser des
                              Rades genau gleich dem Gefälle vom Oberwasserspiegel bis zum Unterwasserspiegel
                              gemacht wird, daß die Tiefe der Schaufeln der zufließenden Wassermenge entspreche,
                              jedoch nie mehr als der Halbmesser des inneren Radringes betrage, und daß die Breite
                              der Schaufeln, also die halbe Breite des zweiseitigen Rades, so gering sey, als es
                              die per Secunde zufließende Wassermenge erlaubt, und
                              andererseits 3 Fuß nicht übersteige.
                           Für Localitäten, wo wenig Gefälle, dagegen viel Wasser verfügbar ist, und wo zugleich
                              der Nutzeffect möglichst groß seyn soll, müssen, im Verhältniß des anzuwendenden
                              Wassers, mehrere Räder gebaut und nebeneinander aufgestellt werden, weil bei einem
                              einzigen Rade die Tiefe und Breite unverhältnißmäßig groß gemacht werden müßte,
                              wodurch der Nutzeffect bedeutend kleiner aussiele. Dieser Umstand hat aber auch
                              wieder das Gute, daß bei kleinem Wasser einzelne Räder abgestellt werden können und
                              die übrigen alsdann mit dem wenigen Wasser einen verhältnißmäßig günstigeren
                              Nutzeffect geben.
                           Bei Localitäten wo das Wasser sehr veränderlich ist, kann überdieß durch Auswechseln
                              der den Effect übertragenden Getriebe (Stirn- und Winkelräder) die
                              Geschwindigkeit des Rades der Wassermenge noch mehr angepaßt werden, wodurch man den
                              weiteren Vortheil erreicht, daß die Leistung des Rades um so günstiger ausfällt, je
                              kleiner das arbeitende Wasser ist.
                           Hr. Ingenieur Heinrich Muralt, der früher mit dem
                              Zuppingerrad-Modell, auf welches sich unsere Abbildungen beziehen, mittelst
                              des Prony'schen Zaumes Bremsversuche vorgenommen hat,
                              fand den Nutzeffect desselben zu 74 bis 80 Procent des absoluten Effectes. Die
                              Wassermenge wurde hierbei durch einen schmalen Ueberfall von circa 1 1/2 Fuß engl. Maaß gemessen und bei der Berechnung der Coefficient
                              0,405 angenommen. Wenn man bedenkt, daß bei dem Modelle der Wasserverlust zwischen
                              Rad und Kropf jedenfalls bedeutend größer ist als bei einem größeren Rade, welches
                              im Verhältniß zur Wassermenge keinen so großen Spielraum erhält, so darf man wohl
                              annehmen, daß der Nutzeffect bei einem solchen eher noch höher befunden würde.
                           Den anderen bekannten Wasserrädern gegenüber unterscheidet sich das Zuppingerrad vorzüglich
                              dadurch, daß es nur durch sein Gewicht wirkt, daß damit noch Gefälle von bloß 1/2
                              Fuß vortheilhaft benutzt werden können, daß das Wasser in den Schaufeln beinahe so
                              hoch ist als der obere Wasserspiegel, und daß sowohl der obere wie der untere
                              Wasserspiegel, selbst ganz nahe am Rad, ziemlich ruhig und das Wasser ohne wirbelnde
                              Bewegung bleibt; daß ferner bei diesem Rade die vollkommenste Ventilirung, d.h.
                              Wegschaffung der Luft aus den Schaufeln vor oder während dem Eintritt des Wassers
                              ohne Störung und Kraftverlust erreicht wird; daß ebenso die Geschwindigkeit des
                              abfließenden Wassers, bei ganzer Eintauchung der Schaufeltiefe im Ablaufwasser,
                              bedeutend kleiner seyn kann als die äußerste Umfangsgeschwindigkeit des Rades, ohne
                              im Geringsten nachtheilig auf den Gang oder Nutzeffect zu wirken, und daß endlich
                              der Austritt des Wassers ganz unter dem unteren Wasserspiegel stattfindet, ohne daß
                              auch nur der kleinste Theil des Gefälles dabei verloren geht.
                           Läßt sich auch nicht verkennen, daß dieses Rad genau construirt seyn muß, so bietet
                              es den Turbinen und Tangentialrädern gegenüber dennoch den Vortheil größerer
                              Einfachheit und leichterer Ueberwachung und Unterhaltung, sowie der billigeren
                              Herstellung, und ist es auch wie diese an eine bestimmte Wassermenge gebunden, so
                              ist es doch gegen Veränderungen und Verunreinigungen des Wassers bei weitem nicht so
                              empfindlich wie die genannten hydraulischen Motoren.
                           Mit dem oberschlächtigen Wasserrad verglichen, hat das Zuppingerrad den Vortheil, daß
                              es bei bedeutend geringeren Gefällen in Anwendung kommen kann; auch theilt es mit
                              demselben die Eigenschaft der für den höchsten Effect nothwendigen geringen
                              Geschwindigkeit, und steht nur darin gegen dasselbe zurück, daß es wie die Turbinen
                              nur für eine constante Wassermenge vortheilhaft und nur bis zu einer geringeren Höhe
                              (bis circa 15') und Breite (circa 3 bis 6') ausgeführt werden kann, so daß man bezüglich der
                              Gefällshöhen sagen kann, daß da, wo das oberschlächtige Rad nach unten aufhört, das
                              Zuppingerrad von oben anfängt, während bezüglich der Breite eine Beschränkung in der
                              Art eintritt, daß man da, wo man bedeutende Wasserkräfte benutzen will, mehrere
                              durch Transmissionen verbundene Räder nebeneinander anwenden muß.
                           Vor den unterschlächtigen Rädern (mit ebenen Schaufeln) hat das Zuppinger'sche Rad endlich den Vortheil bedeutend besserer Kraftausnutzung
                              voraus, und ist nur bezüglich der beliebigen Vergrößerung dagegen im Nachtheil.
                           Aus allem dem dürfte der Schluß gezogen werden, daß das Zuppingerrad namentlich für die zahllosen
                              kleineren Wasserwerke mit geringem Zufluß und kleineren Gefällen mit Vortheil
                              anwendbar ist und manchem kleineren Werke das Doppelte seiner bisherigen Triebkraft
                              und unter Umständen selbst noch mehr verschaffen könnte. Die Herstellungskosten
                              kommen etwa denen der übrigen aus Eisen gebauten Räder gleich, sind aber jedenfalls
                              höher als für die einfacheren aus Holz gebauten Wasserräder. Gerade diesen größeren
                              Anlagekosten, den übrigen allerdings weniger vollkommenen Wasserrädern gegenüber,
                              und auch dem Umstande, daß bisher noch keine richtige Beschreibung desselben bekannt
                              war, mag es zuzuschreiben seyn, daß dieses für die angegebenen Fälle sehr
                              empfehlenswerthe Rad bis jetzt nicht häufiger ausgeführt worden und in bessere
                              Aufnahme gekommen ist. Kann vorliegende Mittheilung etwas hierzu beitragen, so ist
                              der Zweck derselben erreicht.
                           
                        
                     
                  
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