| Titel: | Ueber den Nutzeffect der Giffard'schen Dampfstrahlpumpe. | 
| Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. CXIX., S. 429 | 
| Download: | XML | 
                     
                        CXIX.
                        Ueber den Nutzeffect der Giffard'schen
                           Dampfstrahlpumpe.
                        Ueber den Nutzeffect der Giffard'schen
                           Dampfstrahlpumpe.
                        
                     
                        
                           Die Giffard'sche Dampfstrahlpumpe (Injector) erfreut sich
                              einer ausgedehnten Anwendung, da sie eine einfache und in der Anlage billige
                              Speisevorrichtung ist. Andererseits ist man aber ziemlich einstimmig der Ansicht,
                              daß ihr Betrieb durch großen Dampfverbrauch ein kostspieliger wird. Ein Beitrag zur
                              Aufklärung der Leistungsfähigkeit der Dampfstrahlpumpe wurde kürzlich von Hrn. Oscar
                                 Schrader in Altenhunden a. d. Lenne in der Zeitschrift des Vereines
                                    deutscher Ingenieure, Bd. XI S. 481, geliefert, woraus wir
                              die folgenden Mittheilungen entnehmen.
                           Bei den Versuchen wurde ein Injector neuerer Construction von 
                              Schäffer und Budenberg in
                              Buckau bei MagdeburgBeschrieben im polytechn. Journal Bd.
                                       CLXXXII S. 257. benutzt. Dieselben ergaben zunächst, daß 1 Pfd. Dampf 14 Pfd. Wasser
                              vorwärmte und in den Kessel schaffte, wobei die Dampfspannung, innerhalb der Grenzen
                              von 21,0 und 33,0 Pfd. per Quadratzoll preuß., nur
                              insofern einwirkte, als die nöthige Förderzeit mit abnehmender Dampfspannung zunahm.
                              Die auf Vorwärmen des geförderten Wassers einschließlich des Condensationswassers,
                              verwendete, also in den Kessel zurückgeführte Wärme betrug durchschnittlich 81,6
                              Proc. der gesammten im verbrauchten Dampf enthaltenen Wärme; in Arbeit wurden
                              umgesetzt 18,4 Proc. von dieser Gesammtwärme; von dem Wärmeverluste durch
                              Ausstrahlung konnte in dem vorliegenden Falle abgesehen werden. Da 1 Pfd. Dampf circa 14 Pfd. Speisewasser erwärmte und in den Kessel
                              schaffte, von den 640 Calorien aber, welche der gebundenen und freien Wärme von 1
                              Pfd. Dampf entsprechen, nur 18,4 Proc. auf Arbeit verwendet wurden, so verrichten
                              also im Injector 117,76 Calorien, welche durch 0,184 Pfd. Dampf vertreten werden,
                              diejenige Arbeit, welche nöthig ist, um 14 Pfd. Speisewasser in den Kessel, bei
                              21–33, durchschnittlich 25,4 Pfd. Dampfdruck per
                              Quadratzoll, zu schaffen; somit kommen auf 1 Pfd. Dampf 76,0 Pfd. Speisewasser und
                              dieses Verhältniß drückt den Nutzeffect aus.
                           Um einen Vergleich des Injectors in Bezug auf den Nutzeffect mit einer gut gehenden
                              Dampfspeisepumpe zu bieten, berechnet Schrader die
                              Leistungen einer von Prof. Wiebe in Berlin construirten
                              einfachwirkenden Dampfspeisepumpe und findet, daß bei dieser per Kubikfuß Wasser 6,58 Kubikfuß Dampf verbraucht werden. Der Wasserdampf
                              hat bei der oben angenommenen Durchschnittsspannung von 25,4 Pfd. Ueberdruck ein
                              specif. Gewicht von 0,0015; 1 Kubikfuß desselben wiegt also 0,0926 Pfd. und 6,58
                              Kubikfuß Dampf wiegen 0,619 Pfd. und schaffen 61 Pfd. Speisewasser in den Kessel.
                              Auf 1 Pfd. Dampf kommen somit 98,5 Pfd. Speisewasser. Daraus geht hervor, daß selbst
                              bei einer einfachwirkenden Speisepumpe, welche viel ungünstiger arbeitet als eine
                              doppeltwirkende, eine gewisse Dampfmenge 1,3 mal so viel leistet, als eine gleiche
                              im Injector auf Arbeit verwendete Dampfmenge. Wenn man nun berücksichtigt, daß im
                              Injector das Speisewasser mit frischem Dampf angewärmt wird, so leuchtet sofort ein,
                              daß man das Anwärmen viel billiger durch verlorenen Dampf besorgen lassen kann. Die
                              im Injector auf Vorwärmen verwendeten 81,6 Proc. Dampf sind ein absoluter Verlust,
                              indem sie den Arbeitsmaschinen unnöthiger Weise entzogen werden. Der Giffard'sche Apparat verbraucht also in Wirklichkeit 1
                              Pfd. Dampf, um 14 Pfd. Speisewasser in den Kessel zu schaffen; dagegen kann eine
                              einfachwirkende Speisepumpe mit einem Pfd. Dampf 98,5 Pfd. durch verlorenen Dampf
                              bis zu derselben Temperatur vorgewärmtes Wasser in den Kessel fördern; sie leistet
                              mithin circa 7mal so viel, und eine doppeltwirkende
                              Pumpe arbeitet noch günstiger. Hieraus geht hervor, daß Werke, welche keinen Dampf
                              überflüssig haben, keine Injectore anlegen dürfen. – Endlich ist noch zu
                              erwähnen, daß das durch das Schlabberrohr abfließende vorgewärmte Wasser, wenn es
                              vom Sauggefäß nicht wieder aufgefangen wird, eine nicht zu vernachlässigende
                              Verlustquelle bildet, und leider sündigen die Kesselwärter oft sehr hart in dieser
                              Richtung.
                           Nach Mittheilung dieser Versuche im Ingenieur-Verein an der Lenne machte Hr.
                              Heinemann darauf aufmerksam, daß man aus den
                              Versuchsresultaten den Nutzeffect auch direct ohne Vergleichung mit einer
                              gewöhnlichen Dampfpumpe durch Gegenüberstellung der theoretischen und wirklich
                              geleisteten Arbeit in Zahlen ausdrücken könne. Nach den Versuchen hatte sich als
                              Durchschnittsresultat ergeben, daß 10,8 Kubikfuß Dampf von 25,4 Pfd. Spannung 76
                              Pfd. Speisewasser und sich selbst, d.h. 2,82 Pfd. condensirten Dampf gegen dieselbe
                              Spannung in den Kessel drücken, und daß dieselben nach Ueberwindung der
                              entgegenstehenden Spannung noch einen Ueberdruck von 13 Pfd. der Geschwindigkeit des
                              austretenden Wasserstrahles entsprechend behalten hätten. 10,8 Kubikfuß Dampf von
                              der Spannung 25,4 Pfd. per Quadratzoll müssen
                              theoretisch einen Kolben von 144 Quadratzoll Fläche 10,8' weit mit einem Druck von
                              144 . 25,4 Pfd. bewegen können. Es berechnet sich daher die theoretische Arbeit
                              desselben auf 10,8 . 144 . 25,4 = 39,502 Fußpfd. Wenn 76 + 2,82 = 78,82 Pfd. Wasser
                              gegen eine Spannung von 25,4 Pfd. durch das Speiseventil gegangen sind und noch 13
                              Pfd. Ueberdruck behalten haben, so haben dieselben – 1 Atmosphäre Druck = 32'
                              Wasserdruck gesetzt – dieselbe Arbeit verrichtet, als wenn sie (25,4 + 13)/14
                              . 32 = 87,8' gehoben wären. Von der Saughöhe abgesehen, berechnet sich mithin die
                              von dem Injector bei dem in Rede stehenden Versuche wirklich verrichtete mechanische
                              Arbeit auf 78,82 . 87,8 = 6921 Fußpfd., während sich die theoretische Arbeit auf
                              39,502 Fußpfund ergab. Hieraus folgt das auffallend niedrige Verhältniß von 17,5
                              Proc. für den Nutzeffect des Injectors. Für die dem letzteren vergleichsweise
                              gegenübergestellte Dampfpumpe würde sich hiernach unter der Voraussetzung, daß
                              dieselbe ohne Expansion arbeitet, ohne bei dem Kolbenhube Saugarbeit zu verrichten
                              – wie dieß wohl bei Locomotivpumpen zutreffen möchte, in welchem Fall etwa
                              42/111 des gesammten Dampfverbrauches beim Kolbenaufgang als verloren betrachtet
                              werden müssen – ein Nutzeffect von circa 22 Proc.
                              ergeben, was unter so ungünstigen Voraussetzungen nicht gerade unwahrscheinlich ist.
                              – Das ungünstige Resultat, welches sich bei den Versuchen in Betreff des
                              Nutzeffectes der Injectoren ergeben habe, könne wohl kaum überraschen, wenn man die
                              Art, wie der Injector seine mechanische Arbeit verrichtet, einer näheren Betrachtung
                              unterzieht. Eine solche müsse sehr bald zu der Einsicht führen, daß sich wohl kaum
                              eine unvortheilhaftere und weniger rationelle Kraftübertragung auffinden lasse.
                              Abgesehen von den enormen Verlusten, welche bei dem Stoße tropfbarer
                              Flüssigkeitsmassen auf einander die denselben ertheilte lebendige Kraft durch innere
                              Wirbel und sonstige der Richtung der nützlichen Fortbewegung theils
                              entgegengesetzte, theils für dieselbe verlorene Bewegungen erleidet, und die unter
                              Umständen den bei weitem größten Theil derselben absorbiren, darf die enorme
                              Geschwindigkeit nicht außer Acht gelassen werden, mit welcher der Injector den
                              Wasserstrahl durch das Speiseventil und das mitunter noch vielfach gewundene
                              Speiserohr gegen das Kesselwasser schleudert. Die Kraftverluste für Ueberwindung des
                              Luftdruckes, der Reibungswiderstände und Stöße an Wandungen und Krümmungen der
                              Rohrleitung, wachsen bekanntlich mit dem Quadrate der Geschwindigkeit. Um z.B. einen
                              Wasserstrahl mit 70' Geschwindigkeit per Secunde durch
                              ein 8' langes, 1'' dickes Rohr zu treiben, würden nahezu 2/3 der gesammten Kraft für
                              Ueberwindung der schädlichen Widerstände in Anspruch genommen. Die Geschwindigkeit
                              des Wasserstrahles vor der Mündung des Injectors wird jedoch meist noch eine
                              erheblich größere. In dem vorliegenden Falle sind in 14 Minuten Versuchszeit 370
                              Pfd. Wasser = 6,16 Kbkfß., also per Secunde 12,35
                              Kubikzoll dem Kessel zugeführt worden. Bei der wohl nicht unwahrscheinlichen
                              Annahme, daß die Dicke des Wasserstrahles 3/8'' nicht überstiegen habe, ergibt sich
                              hieraus eine Wassergeschwindigkeit von 136' per Secunde.
                              Verfolgt man nun den Durchgang des von dem Injector mit so enormer Geschwindigkeit
                              geschleuderten Wasserstrahles durch das im vorliegenden Fall angewendete
                              Speiseventil, so lehrt schon die praktische Anschauung, daß nahezu 2/3 der gesammten
                              lebendigen Kraft des Wasserstrahles durch den Stoß gegen die Ventilwandung
                              vernichtet werden müssen. Es wird hiernach aber auch nicht zweifelhaft bleiben, daß
                              der Grund so außergewöhnlich nachtheiliger Ergebnisse, wie des vorliegenden über den
                              Nutzeffect der Injectoren, einestheils in der mangelhaften Construction der
                              Speiseleitung und der Speiseventile gesucht werden muß, und es möchte nicht überflüssig
                              seyn, hier die Hauptbedingungen in Kürze zusammenzufassen, welche sich aus den
                              Gesetzen der Hydromechanik für Construction der Speiseleitung und der Ventile
                              ergeben:
                           1) das Speiseventil muß in unmittelbarer Nähe des Injectors und in der Längenachse
                              desselben angebracht werden;
                           2) durch die Form und Construction desselben muß jeder Stoß des Wasserstrahles gegen
                              die Ventil- oder Rohrwandung vermieden werden;
                           3) die Länge der Speiseleitung und die Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser in den
                              Kessel tritt, müssen zu einem Minimum werden;
                           4) der Uebergang des Wasserstrahles aus der großen in die geringere Geschwindigkeit
                              muß ein allmählicher und möglichst stetiger seyn, was durch zweckmäßige Erweiterung
                              der Speiseleitung nach dem Kessel hin erreicht wird;
                           5) unvermeidliche Krümmungen oder Verengungen in der Rohrleitung müssen nach
                              Möglichkeit dahin verlegt werden, wo die Geschwindigkeit des Wasserstrahles ein
                              Minimum geworden ist.