| Titel: | Ueber die Niederschläge in den Weinen, von L. Pasteur. | 
| Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. CXXXI., S. 472 | 
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                        CXXXI.
                        Ueber die Niederschläge in den Weinen, von
                           L. Pasteur.
                        Pasteur, über die Niederschläge in den Weinen.
                        
                     
                        
                           Im Verlauf seiner weiteren Studien über die Weine hat Pasteur (Comptes rendus, t. LX p. 1109) auch die Niederschläge untersucht, welche in
                              dem auf Flaschen gefüllten Wein sich zu bilden pflegen.
                           Dieselben bestehen theils aus krystallinischen Theilen, nämlich weinsauren Salzen des
                              Kalis und Kalks, theils aus amorphen. Erstere sind in der Regel schwer, haften
                              niemals an der Glaswand und setzen sich leicht zu Boden mit Ausnahme des nur selten,
                              doch bisweilen in seidenglänzenden Nadeln abgeschiedenen Weinsteins. Ihr Einfluß auf
                              die Qualität des Weines ist so gut wie Null, eben so wenig beeinträchtigen sie die
                              Klarheit desselben wesentlich.
                           
                           Die amorphen Niederschläge dagegen gehören dem Farbstoff des Weines an und zeigen
                              sich unter dreierlei Formen:
                           1) in durchscheinenden gelbraunen, bisweilen violetten Blättchen;
                           2) in rothbraunen oder violetten, dicht an einander liegenden Granulationen;
                           3) in Körnern von solcher Regelmäßigkeit, daß man sie für Zellen zu halten geneigt
                              ist.
                           Alle drei Arten sind oft vereint und haften so fest an der Glaswand, daß man den Wein
                              ganz klar abziehen kann. Sie beeinträchtigen daher die Klarheit nicht, und wenn auch
                              der Wein in Folge ihrer Bildung etwas an Farbe verliert, so verbessert er sich doch
                              dadurch an Güte. Es wäre sehr wünschenswerth und steht nach Pasteur's neuer Methode auch in Aussicht, daß man diese Niederschläge
                              schon auf dem Faß hervorrufen kann.
                           Die Ursache für die Entstehung der weinsauren Niederschläge liegt theils in
                              Temperaturveränderungen, theils in Modificationen der Zusammensetzung. Die amorphen
                              dagegen verdanken ihre Bildung der Einwirkung des Sauerstoffs. Dieß letztere hat Pasteur durch Versuche erhärtet, in denen er verschiedene
                              Weine ohne oder mit Luft in Röhren einschmolz, vorausgesetzt, daß sie von Ferment
                              oder dessen Keimen frei waren. Die Röhren ohne Luft enthielten nie einen
                              Niederschlag, die mit Luft stets und zwar entsprechend der Menge der letzteren und
                              der gleichzeitigen Einwirkung des Lichtes, aber auch im Dunkeln bilden sie sich,
                              wiewohl langsam. Der Zutritt der Luft in die Tonnen oder Flaschen, die mit Wein
                              gefüllt sind, geschieht entweder durch die Poren des Holzes oder durch die Pfropfen
                              oder beim Umfüllen.
                           Bei dieser Farbstoffabscheidung blaßt die Farbe des Weines ab und er bekommt einen
                              eigenthümlichen Geruch und Geschmack, wie der gekochte oder auf Reisen, gewesene.
                              Pasteur erklärt sich die schnellere und stärkere
                              Veränderung des weit über's Meer transportirten Weines aus der stärkeren Berührung
                              mit Sauerstoff in Folge des Durchschüttelns im Faß, wobei häufige schroffe Wechsel
                              des inneren Druckes stattfinden und darum schneller Austausch des Stickstoffs und
                              der Kohlensäure gegen Luft. In Flaschen müßte sich also der Wein unversehrter
                              erhalten. Weine, die auf 60–70° C. erhitzt wurden, setzen nichts ab
                              und nehmen nicht den Geschmack des gekochten an.
                           Eine dritte Art Niederschlag, und zwar die gefährlichste, besteht aus kryptogamischen
                              Vegetationen, welche alle jene früher beschriebenen KrankheitenPolytechn. Journal Bd. CLXXIII S.
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                              hervorrufen. Diese
                              Ausscheidungen haften nicht an der Gefäßwand, wenn sie nicht von den vorher
                              beschriebenen überlagert sind, sondern sie verursachen bei der geringsten Bewegung
                              des Gefäßes eine Trübung von beträchtlichem Umfang, da sie außerordentlich leicht
                              sind. Sie sind gefährlich, sowohl wegen der chemischen Zersetzung, die sie
                              hervorrufen, als wegen der Neubildung gewisser Substanzen, und der Schade, den sie
                              veranlassen können, ist unberechenbar. Die meisten Weine sind von ihnen behaftet und
                              sie sind die indirecte Ursache von den hohen Preisen feiner Weine. In einer früheren
                              Mittheilung hat Pasteur Mittel angegeben sich gegen den
                              Nachtheil dieser Fermente zu schützen.Polytechn. Journal Bd. CLXXXII S.
                                       475. Man braucht nämlich den Wein nur einige Minuten lang auf 60 bis
                                    70° C. zu erhitzen, um ihm eine außerordentliche Widerstandsfähigkeit
                                    gegen alle Krankheiten zu ertheilen, denen er sonst unterworfen ist. (Schweizerische
                                    polytechnische Zeitschrift, 1867, Bd. XII S. 29.)