| Titel: | Ueber Linard's Verfahren zum unterirdischen Transporte des Rübensaftes; von Dureau. | 
| Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. XXVI., S. 142 | 
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                        XXVI.
                        Ueber Linard's Verfahren zum unterirdischen Transporte des
                           Rübensaftes; von Dureau.
                        Im Auszuge aus dem Journal des Fabricants de sucre; durch Les Mondes, t. XV p.
                              521, November 1867.
                        Linard's Verfahren zum unterirdischen Transporte des
                           Rübensaftes.
                        
                     
                        
                           Wir waren kürzlich Augenzeuge eines Versuches, welcher in der Zuckerindustrie Epoche
                              machen wird, in der Fabrik zu Saint-Acquaire, zwischen Boncourt und
                              Ville-au-Bois, acht Kilometer von Montcornet (Aisne-Departement).
                              Diese Strecke mußte überwunden werden, ungeachtet einer Steigung von 35 Metern,
                              welche die Niveau-Differenz zwischen dem höchsten Punkt des vom Rübensaft
                              zurückzulegenden Weges und dem Punkte, von welchem aus derselbe fortgeschafft werden
                              muß, repräsentirt. Letzterer Punkt ist 600 Meter von der eigentlichen oder
                              Centralfabrik entfernt, welche 5 Meter tiefer als die Reibanstalt liegt. Die 80
                              Centimeter unter der Erdoberfläche befindliche Röhrenleitung geht durch die
                              herrlichen Rübenfelder des thonig-kalkigen, mit Sand gemengten
                              Zuckerrübenbodens der Hochebenen dieses Theiles vom Aisne-Departement.
                           Die Reibanstalt zu Saint-Acquaire ist ein einfaches Gebäude, mit welchem ein
                              Rübenmagazin und eine Brückenwaage zum Abwägen der Rüben und des Rübenbreies
                              verbunden sind. Die Einrichtung besteht in einem durch eine Hebungsmaschine
                              gespeisten Wasserreservoir, einer Reibe, einem Zubereitungstische, vier Pressen,
                              einer Anzahl kleiner Pumpen, einem Dampfkessel und einer Maschine von 16
                              Pferdekräften, welche außer den Pressen (sie würde für acht hinreichen) eine große
                              Wasserpumpe und eine zum Heben des Saftes dienende Druckpumpe betreibt. Der Saft
                              tritt, sobald er die Pressen verläßt, abwechselnd in drei Behälter von je 20
                              Hektoliter Inhalt und wird in denselben mit 1 Proc. Kalk, also einer geringeren
                              Quantität versetzt als er zu lösen vermag, die aber hinreicht, ihn vor jeder
                              Veränderung zu schützen, ohne daß man die geringste Bildung eines Niederschlages in
                              den Röhren zu befürchten hat. Nachdem der Saft so gekalkt und filtrirt worden ist,
                              wird er von einer großen Druckpumpe mit massivem Kolben angesogen, welche in der
                              Secunde 8 Liter ansaugt und bei einer Geschwindigkeit von 20 Hüben per Minute binnen 24 Stunden 1800 Hektoliter Saft zu
                              heben vermag. Ihre effective Leistung ist jedoch, da ihr nicht genug Saft zugeführt
                              werden kann, weit geringer; sie braucht per Minute nur
                              10 Hübe zu machen, um die von der Reibanstalt innerhalb 24 Stunden gelieferten 600
                              bis 700 Hektoliter Saft nach Montcornet zu schaffen.
                           Die an ihrem Anfangspunkte mit einem gußeisernen Recipienten in Verbindung stehende
                              Röhrenleitung besteht aus Gußeisen und hat 1 Decimeter lichte Weite. Das Manometer
                              gibt im Recipienten einen Druck von 8 1/2 Atmosphären an, doch wird dieser Druck
                              allmählich immer geringer und ist in der unmittelbaren Nähe der Centralfabrik gleich
                              Null. Die einzelnen Röhren, welche 2 1/2 bis 3 Meter lang sind, wurden durch 3000
                              Stück Bleimuffe wie bei städtischen Wasserleitungen mit einander verbunden. Sie
                              enthalten von Saint-Acquaire bis Montcornet 400 Hektoliter Saft und wurden
                              vor dem Einziehen drei Wochen lang über Tage probirt, wobei sich nicht eine einzige undichte Stelle
                              zeigte. Ein Gefrieren ist bei der Tiefe in der sie liegen und bei der beständigen
                              Bewegung des Saftes nicht zu befürchten. Die Controle über die in der Reibanstalt
                              abgesendeten und in der Centralfabrik eingegangenen Säftemengen ist leicht. Die
                              Einrichtungskosten der ganzen Leitung betrugen 6000 Frcs. per Kilometer, für die ganze Linie demnach ungefähr 50,000 Frcs. Rechnet
                              man die Kosten für den Transport der Rüben nur zu 3 Frcs. per 1000 Kilogr., und nimmt man 10 bis 12 Millionen Kilogr. Ruben zur
                              Basis, so ergibt sich, wenn man die Kosten für Erhaltung der Wege, die Ausgaben für
                              das Herbeischaffen, das Auf- und Abladen der Ruben, den Vortheil, daß der
                              Brei an Ort und Stelle bleiben kann, sowie den Vortheil der besseren Conservirung
                              der Ruben mit in Rechnung zieht – daß eine solche, beim ersten Anblick
                              ziemlich bedeutend erscheinende Ausgabe sich im Laufe eines einzigen Jahres
                              vollständig ausgleichen dürfte.
                           Die zur Bewegung der Pumpe erforderliche Kraft beträgt nur 1 1/4 Pferdestärke und
                              könnte gleich Null werden, wenn die Reibanstalt ungefähr 20 Meter höher läge als die
                              Fabrik. Die Bewegung des Saftes findet geräuschlos, ohne jede Erschütterung statt;
                              zwei oder drei an den höchst gelegenen Punkten der Leitung angebrachte Luftlöcher
                              oder Luftfänge genügen zur Vermeidung von Stoßen, welche durch zufällig in die
                              Röhren eingedrungene Luft verursacht werden könnten. Der Saft, welcher einen Weg von
                              acht Kilometer zurückgelegt hat, fließt in der Fabrik in einem ununterbrochenen
                              Strahl, ohne alles Geräusch, ohne Schaum und ohne Brausen, in den zu seiner Aufnahme
                              bestimmten Behälter. Solcher Behälter sind in der Fabrik zu Montcornet zwei
                              vorhanden; jeder derselben faßt 40 Hektoliter. Sie stehen unmittelbar über der Sohle
                              und entleeren sich wechselweise in einen Monte-jus; ihr Inhalt wird mit dem
                              in der Centralfabrik selbst gewonnenen Safte vereinigt und denselben Operationen
                              unterworfen, wie dieser. Eine mit Cement gemauerte Cisterne von 3000 Hektoliter
                              Inhalt dient als Vorrathsbehälter; ist die Fabrik nicht im Stande, den zufließenden
                              Saft sogleich weiter zu verarbeiten, so läßt man ihn in die Cisterne fließen, um ihn
                              später nach Bedürfnis zu verbrauchen; auf diese Weise wird der Betrieb der
                              Reibanstalt niemals gestört.
                           Diese Cisterne, in welcher der Saft nach Maumené's
                              Verfahren mit einem für eine Periode von kurzer Dauer hinreichenden Zusatze von 3
                              Proc. Kalk aufbewahrt wird, kann auch im Nothfalle zur Magazinirung des in der
                              Centralfabrik selbst erzeugten Saftes dienen; sie macht somit die Anwendung eines
                              elektrischen Telegraphen unnöthig, dessen Herstellungskosten sich für die acht
                              Kilometer lange Wegstrecke von Saint-Acquaire bis Montcornet auf beiläufig
                              3000 Frcs. belaufen würden. Die nächste Zukunft wird lehren, ob diese Ausgabe doch
                              nöthig ist; ein Telegraph könnte als Mittel zur Controlirung des Betriebes und zur
                              raschen und leichten Communication der Centralfabrik mit der Reibanstalt jedenfalls
                              nützliche Dienste leisten.