| Titel: | Ueber das amerikanische Vulcan-Oel; von Adolph Ott in New-York. | 
| Autor: | Adolph Ott | 
| Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. XXXVI., S. 171 | 
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                        XXXVI.
                        Ueber das amerikanische Vulcan-Oel; von
                           Adolph Ott in
                           New-York.
                        Ott, über das amerikanische Vulcan-Oel.
                        
                     
                        
                           Aus einem vom Bureau des Vereines deutscher Ingenieure zu Paris in Nr. 71 der
                              „Deutschen Ausstellungs-Zeitung“ (vom 24. September
                              1867) veröffentlichten Aufsatz über Anwendung der Mineralöle,
                                 insbesondere des sog. Vulcan-Oeles zum Schmieren von Maschinen,
                              ersehe ich, daß die Verwendung des hier seit ungefähr zwei Jahren bekannten
                              Vulcan-Oeles nun auch in Europa angebahnt worden ist. Obwohl daselbst über
                              die Eigenschaften dieses Lubricators nur eine Stimme, nämlich die des unbedingten
                              Lobes vorherrschend scheint, so scheint man doch über dessen Natur noch völlig
                              unklar zu seyn. Es wundert mich dieß namentlich deßhalb, als eine einfache
                              Vergleichung der Eigenschaften desselben mit denen des von mir in diesem Journal in
                              meinem Aufsatz „das Petroleum als
                                    Schmiermaterial“ beschriebenen Oeles die Identität des
                              ersteren mit dem letzteren hätte herausstellen müssen. Indem ich hiermit auf diesen
                              Aufsatz (Bd. CLXXXIII S. 246) verweise, will ich zugleich einige Erfahrungen über
                              das Vulcan-Oel folgen lassen, wie ich sie im Laufe der Zeit zu sammeln
                              Gelegenheit hatte.
                           Zunächst sey bemerkt, daß das Vulcan-Oel hier nicht unter diesem Namen,
                              sondern unter der einfachen Benennung „Lubricating
                                    oil“ vorkommt. Wie aus Allem hervorgeht, was mir in letzter
                              Zeit bekannt wurde, hat sich in Europa über die schweren Destillate der Theeröle und
                              selbst gewisser
                              Sorten Petroleums eine nichts weniger wie günstige Meinung, ihre Brauchbarkeit als
                              Schmiermaterial betreffend, gebildetMan schreibt mir aus Galizien betreffs des aus Petroleum durch Destillation
                                    erhaltenen Schmieröles das Folgende: „Die Verwerthung der schweren
                                       Oele von der Destillation stößt noch immer auf Schwierigkeiten, da noch
                                       keine reelle Verwendung für dieselben gefunden worden ist; sie können
                                       daher nur zu niedrigen Preisen verschleudert werden. Diese schweren Oele
                                       besitzen keine Adhäsion, wie dieß bei thierischen oder Vegetabilischen
                                       Fetten der Fall ist; es sind daher jene als Schmiermaterial nicht
                                       verwendbar, da sie von den Wellen und Zapfen der Maschinen gänzlich
                                       weggedrückt werden. Wenn nun diese schweren Oele dennoch als
                                       Schmiermaterial verwendet werden, so betrügen sich die Betreffenden
                                       selbst, und eine Verwendung auf Betrug kann nicht von Dauer
                                       seyn.“
                                     und da dieselben dort noch viel allgemeiner gebraucht werden, wie in diesem
                              Lande, wo mehr thierische Fette zur Verwendung kommen, so hat man wahrscheinlich,
                              indem man dem neuen Mineralöl den Namen „Vulcan-Oel“
                              gab, kein Vorurtheil gegen dasselbe wach rufen wollen.
                           Das Vulcan-Oel nun ist kein destillirtes, sondern einfach eine spec. schwere
                              Sorte von durch Kohle entfärbtem Petroleum, wie es aus der Erde hervorquillt, aus
                              welchem außerdem die Naphta abgeblasen worden ist; zuweilen ist es mit einem
                              geringen Procentsatz thierischer oder pflanzlicher Fette vermischt. (Im Uebrigen
                              sehe man meinen früheren Aufsatz.)
                           Zunächst muß Hervorgehoben werden, daß das Vulcan-Oel weder von zu
                              dünn- noch zu dickflüssiger Beschaffenheit ist, sondern daß es eine mittlere
                              Consistenz besitzt und ungleich den destillirten Oelen sehr adhäsiv ist.
                           Dünnflüssige Oele laufen bekanntlich zu schnell ab, wovon die Folge ist, daß die
                              Maschinentheile sich erhitzen, und dickflüssige Oele dringen, namentlich wo starker
                              Druck herrscht, nicht zwischen die zu schmierenden Theile ein. Nichtadhäsive
                              Schmiermittel bringen den Nachtheil dünnflüssiger Antifrictionsmittel mit sich.
                           Das Vulcan-Oel jedoch läßt die Zapfenlager niemals trocken; es ist nicht wie
                              die paraffinhaltigen Oele ein bloß verdichteter Dampf. Vor den gewöhnlichen durch
                              Säure gereinigten Oelen hat es den Vorzug, daß es eine gewisse natürliche Weichheit
                              (Smoothness) besitzt, welche Eigenschaft man sofort
                              gewahr wird, wenn man eine Probe zwischen die Finger nimmt. Vor den pflanzlichen und
                              thierischen Fetten hat es ebenfalls zwei, von mir früher nicht erwähnte, allerdings
                              sämmtlichen Mineralölen innewohnende Vorzüge.
                           Man weiß nämlich, daß Fette animalischen oder vegetabilischen Ursprungs (Glyceride),
                              wenn sie auf eine große Oberfläche vertheilt sind, unter Erhitzung Sauerstoff
                              absorbiren; ist nun das mit dem Fett imprägnirte Material leichtentzündlicher Natur,
                              wie dieß bei der pflanzlichen Faser der Fall ist, so ist jedenfalls die Ursache von
                              Selbstentzündung nahe. Wie oft aber werden in Maschinenwerkstätten mit Oel getränkte
                              Putzlappen in irgend eine Ecke geworfen und wie leicht kann hierdurch freiwillige
                              Entzündung hervorgerufen werden?Wir erinnern an den Brand der Baumwollspinnerei der HHrn. Annens und Minop in
                                    Elbeuf (Frankreich), welcher im Jahre 1867 erfolgte, und von dem mit
                                    Sicherheit constatirt ist, daß die obige Ursache Schuld daran war.
                              
                           Ferner wird man das, all' die vorzüglicheren Eigenschaften der besten thierischen
                              Fette besitzende Vulcan-Oel ohne jede Bedenklichkeit als Lubricator für
                              Dampfmaschinen, wo das Speisewasser dem Condensationsraum entnommen wird, verwenden
                              können. Man wird sich nämlich erinnern, daß Prof. Bolley
                              vor mehreren Jahren bewies, daß durch einen sehr geringelt Fettgehalt des
                              Speisewassers, Ausscheidung der kohlensauren Salze als staubig trockenes Pulver
                              stattfindet, und daß dieses Deformationen des Kessels hervorruft, und schließlich
                              Veranlassung zu Explosionen geben kann.Bolley, über die Gefahren, welche durch gewisse
                                    Speisewässer für Dampfkessel entstehen, im polytechn. Journal Bd. CLXII S. 164. Natürlich kann dieß, wie es aus anderweitigen Gründen hervorgeht, nur mit
                              Glyceriden, aber nicht mit Kohlenwasserstoffen, wie mit dem Vulcan-Oel,
                              stattfinden.
                           Von dem Grundsatz ausgehend, daß der bleibende flüssige Zustand die beste Eigenschaft
                              der Maschinenöle sey, ließ ich gleiche Quanta verschiedener Oele über eine schiefe
                              Ebene herablaufen und fand, daß sie nach 10, 23 und 26 Stunden die folgenden Wege
                              zurücklegten:
                           
                              
                                 Schweres Paraffinöl
                                 38     Zoll  
                                 42 1/2 Zoll  
                                 44 Zoll
                                 
                              
                                 Filtrirtes, mit 7 Proc. Knochenöl versetztes Petroleum
                                 39       „
                                 52        „
                                 58   „
                                 
                              
                                 rohes Petroleum aus Westvirginien
                                 41       „
                                 55 1/2  „
                                 63   „
                                 
                              
                                 lichtes pennsylvanisches, filtrirt
                                 47 1/2 „
                                 59        „
                                 65   „
                                 
                              
                                 filtrirtes und auf dem Wasserbade erhitztes
                                    pennsylvanisches      Petroleum
                                 45       „
                                 60        „
                                 67   „
                                 
                              
                                 Olivenöl
                                 52       „
                                 77        „
                                 84   „
                                 
                              
                           Somit würde hieraus hervorgehen, daß unter den Petroleumölen das filtrirte
                              pennsylvanische, von seiner Naphta befreite, den Vorzug verdient.
                           „Wir stehen,“ sagt Otto Buchner
                              nicht mit Unrecht, „erst am Beginn der Verwendung des Petroleums. Kaum
                                 irgend ein in neuerer Zeit in die Technik eingeführter Körper vereinigt in sich
                                 so vorzügliche Eigenschaften, wie gerade das Erdöl, ihm steht daher die ganze
                                 Welt offen und ihm gehört die Zukunft.“