| Titel: | Kritische Bemerkungen über Girardoni's Doppel-Carde; von Friedlich Kick. | 
| Autor: | Friedrich Kick [GND] | 
| Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. XLII., S. 196 | 
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                        XLII.
                        Kritische Bemerkungen über Girardoni's Doppel-Carde;
                           von Friedlich Kick.
                        Kick, über Girardoni's Doppel-Carde.
                        
                     
                        
                           Dem Aufsatze des Herrn Theodor Engel über Girardoni's Doppel-Carde – welcher aus der
                              Zeitschrift des österreichischen Ingenieurvereins, 1867 S. 189, im polytechnischen
                              Journal Bd. CLXXXVI S. 447 mitgetheilt wurde
                              – ist eine so gute Zeichnung beigegeben, daß die Kürze und Unvollständigkeit
                              der Besprechung dieser Maschine überrascht. Es wäre sehr wünschenswerth, daß Hr. Engel seine Bemerkungen erweitern und angeben wollte: 1)
                              für welche Baumwolle und nach welchen Vorarbeiten der Abfall bei dieser Carde nur
                              3–4 Proc. betrug; 2) wie viel bei gleicher Wolle und gleichen Vorarbeiten der
                              Abfall bei gewöhnlichen Rollercarden, mit Rost oder Sieb unter der großen Trommel,
                              beträgt; 3) ob das in beiden Fällen gewonnene Product, sonst gleiche Umstände
                              vorausgesetzt, von gleicher Güte war und zu welchen Garnnummern es versponnen
                              wurde.
                           Würde die Construction der Maschine nicht schon an sich manche Bedenken erregen, wie
                              wir gleich näher erörtern wollen, so mußte schon die bei der letzten Ausstellung in
                              Paris gemachte Wahrnehmung befremden, daß gerade diese Carde allein nicht in
                              Thätigkeit gesetzt war. Die Güte der Leistung einer Maschine, wenn dieselbe nicht
                              arbeitend gezeigt wird, kann aber offenbar nur durch Schlüsse aus deren
                              Construction, gestützt auf Erfahrungen mit ähnlichen Maschinen, beurtheilt
                              werden.
                           Die Idee der Doppel-Carden ist nun ziemlich alt, hier aber in dem Sinne
                              abgeändert, daß die beiden Trommeln nicht neben, sondern über einander liegen. Allerdings wird hierdurch Raum
                                 erspart, aber dafür werden die oberen Rollers sehr schwer zugänglich und
                              hierdurch ist sowohl die so wichtige Einstellung als das
                              Putzen und Schleifen sehr
                              erschwert. Auf die möglichste Vereinfachung und Erleichterung dieser Arbeiten ist
                              fast bei allen neueren Carden Rücksicht genommen, darauf zielen fast alle
                              Verbesserungen ab, und man muß sich wohl wundern, daß hierauf bei Girardoni's Carde kein Gewicht gelegt wurde. Gerade die
                              ungewöhnliche Höhe der Maschine scheint uns daher ein Nachtheil zu seyn, welcher durch den ersparten Raum nicht
                              aufgewogen wird.
                           Während Girardoni's Doppel-Carde als zwei übereinander gebaute Rollercarden aufgefaßt werden kann,
                              waren die ersten Doppel-Carden, welche man anwendete, aus zwei hintereinander stehendem Roller-Carden
                              zusammengesetzt. Die von der ersten Trommel kommende, halbcardirte Wolle wurde durch
                              einen „Uebertrager“ der zweiten Trommel zugeführt, bearbeitet
                              und endlich als Band in einem Topfe aufgefangen. Mit diesen Carden konnte man
                              allerdings sehr viel liefern, dieselben waren aber nur für gut gereinigte und ganz
                              reife Baumwolle anwendbar, da weder Deckel- noch Trommelputzer vorhanden
                              waren und nur ein kleiner Theil der Unreinigkeiten mit dem Fluge sich lostrennen
                              konnte. Da nun vorzüglich reine Baumwolle, welche für Prima- und feinere Garne verwendet wird,
                              ziemlich hoch im Preise steht, so war die Anwendung jener
                              Doppel-Roller-Carden nicht empfehlenswerth, indem damit ein dem Werthe
                              des Materiales entsprechendes Garn nicht erhalten wurde.
                           Schlumberger hatte in Paris eine Doppel-Carde
                              ausgestellt, bei welcher diese Mängel beseitigt waren; bei Girardoni's Kratze dürften sich aber die alten Uebelstände ebenfalls
                              einstellen, sie dürfte ebenfalls ein rauheres Garn liefern. Es ist a priori nicht zu begreifen, daß die Anbringung der
                              sechs Putzwalzen unter der großen Trommel ein besseres Resultat bedinge, ja es steht
                              zu erwarten, daß selbe den Flug und mit diesem die Absonderung der Unreinigkeiten
                              eher verringere. Es ist Aufgabe einer guten Carde, ein reines Band zu liefern; es kann aber nur auf Kosten dieser Reinheit
                              gelingen, den Abfall unter ein gewisses Minimum zu bringen.
                           Hr. Engel behauptet, „daß die Vortheile dieser
                                 Carde vorzüglich in der großen Krempelfläche, welche durch die eigenthümliche
                                 Zusammenstellung zweier Cylinder erzielt wird, bestehen.“ Wenn wir
                              aber die Dimensionen dieser Carde betrachten, so finden wir die Durchmesser der
                              Trommeln nahe gleich 25 Zoll, während gewöhnlich 40zöllige Trommeln in Verwendung
                              stehen; in Bezug auf diese dürfte sich die Krempelfläche eher kleiner herausstellen. Hätte aber Hr. Girardoni
                              gleichfalls 40zöllige Trommeln verwendet, so würde seine Maschine statt gegen 8 Fuß,
                              gegen 11 Fuß Höhe erhalten, was wohl auffällig unpraktisch wäre.
                           Es wird nach dem Gesagten wohl gerechtfertigt erscheinen, wenn wir gelinde Zweifel in
                              die Vorzüglichkeit der Leistung dieser Maschine hinsichtlich der Qualität des
                              gelieferten Bandes äußern; hinsichtlich des Gebrauches von Girardoni's Carde glauben wir aber behaupten zu können, daß durch die
                              bedeutende Höhe derselben sowohl die Einstellung als das Putzen der oberen Rollers
                              wesentlich erschwert ist.