| Titel: | Weitere Bemerkungen über den Richardson'schen Puddelproceß; von V. Day. | 
| Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LIII., S. 233 | 
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                        LIII.
                        Weitere Bemerkungen über den Richardson'schen Puddelproceß; von
                           V. Day.
                        Aus dem Practical Mechanic's Journal, December 1867, S.
                              271.
                        Day, über den Richardson'schen Pudelproceß.
                        
                     
                        
                           Der Richardson'sche Proceß hat nunmehr eine Probe von weit
                              größerer Bedeutung bestanden, als bei den ersten auf den Werken der Glasgow
                              Eisen-Compagnie abgeführten Versuchen. Während des ganzen letzten Novembers (1867) wurde
                              nämlich in mehreren Oefen zu Parkhead-Frischhütte mittelst des Richardson'schen Processes ununterbrochen Eisen
                              fabricirt.
                           Vorn Standpunkte des Praktikers aus lassen sich die zu Parkhead erlangten Resultate
                              in nachstehenden Angaben zusammenfassen:
                           Ersparung eines vollen Drittheils von der zur Ausführung
                              des gewöhnlichen Puddelprocesses erforderlichen Zeit, weit
                                 bessere Qualität des erzeugten Eisens, und höheres
                                 Ausbringen.
                           Auf den genannten Werken, deren Besitzer die größte Mühe verwenden, um Platten von
                              der besten Qualität zu erzeugen und dazu die besten Sorten von sehr grauem Roheisen
                              (No. 1 foundry pig) mit
                              Zusatz von 1/8 an höher steigenden Mengen von Hämatit-Roheisen benutzen,
                              nimmt das Puddeln einer Charge von 4 Centn. gewöhnlich 1 3/4, sehr häufig selbst 2
                              Stunden in Anspruch. Dieser bedeutende Zeitaufwand wird hauptsächlich durch die
                              lange, zwischen fünfunddreißig und fünfundvierzig Minuten schwankende Dauer des
                              Einschmelzens dieser Roheisensorten bedingt, welche wesentlich Folge des größeren
                              Siliciumgehaltes der letzteren ist, während weißere Roheisensorten eine
                              verhältnißmäßig geringere Zeit zum Einschmelzen erfordern.
                           Wir selbst waren mehrfach Augenzeugen von Biegungs- und Bruchversuchen, welche
                              mit Rohschienen abgeführt wurden; die letzteren wurden nicht besonders ausgewählt,
                              und man nahm dazu solche Schienen, zu deren Production die common mixture, d.h. das auf den Werken übliche Gemenge von ordinären
                              Roheisensorten verwendet worden war. Diese mittelst des gewöhnlichen Puddelprocesses
                              erzeugten Rohschienen wurden auf den Probirklotz gelegt und wenige Hammerschläge
                              reichten hin, ihre Kaltbrüchigkeit darzuthun; sie brachen leicht mitten durch und
                              zeigten auf dem Bruch eine lose, nicht geschlossene, grobkrystallinische und sehr
                              ungleichförmige Textur. Darauf wurden Rohschienen von denselben Dimensionen, welche
                              mittelst des Richardson'schen Processes dargestellt
                              worden waren, einer gleichen Behandlung unterworfen; jede derselben ließ sich
                              vollständig zu einem rechten Winkel biegen, wobei manche nicht einmal an der
                              Oberfläche einen Riß zeigten; kurz, das nach dem Richardson'schen Verfahren dargestellte Eisen erwies sich ebenso zähe und
                              rein, als das aus dem auf diesen Werken angewendeten besten Roheisengemenge
                              erzeugte, und als es wieder so zurückgebogen wurde, daß es zerbrach, erschien es auf
                              dem Bruche so fein krystallinisch wie Stahl. Bei Untersuchung mit bewaffnetem Auge
                              zeigte es ein sehr gleichmäßiges Gefüge und Korn. Es ist nicht zu bezweifeln, daß
                              dieser Proceß in allen Eisenfabricationsdistricten sehr rasch Aufnahme finden wird,
                              womit in Schottland und
                              auf mehreren Eisenwerken Englands bereits der Anfang gemacht worden ist.
                           Eine eigenthümliche Erscheinung ist die, daß das Ballmachen bei diesem Verfahren mehr
                              Zeit in Anspruch nimmt, als bei dem älteren Processe; jedoch scheint derselben eine
                              sehr wichtige und auch sehr werthvolle Ursache zu Grunde zu liegen. In Folge der
                              Injection von Sauerstoff mittelst der röhrenförmigen Kratze geräth das Metall binnen
                              wenigen Minuten „in's Kochen,“ indem durch die Einwirkung jenes
                              Gases auf den Kohlenstoff und das Silicium eine sehr intensive Temperatur erzeugt
                              wird, welche jedenfalls bedeutend höher ist als die bei dem älteren Verfahren
                              hervorgebrachte Hitze. Da alsdann die Temperatur des Ofens bis auf den bei der
                              gewöhnlichen Methode erforderlichen Hitzegrad erniedrigt werden muß, bevor die
                              Eisenkörnchen sich miteinander vereinigen und zusammenschweißen, so ist offenbar
                              eine längere Zeit dazu nöthig, um den Ofen in einen für das Zusammenballen der
                              vereinzelten Eisenklumpen geeigneten Zustand zu bringen. Da somit die Periode des
                              Ballmachens längere Zeit beansprucht, so liegt sehr wahrscheinlich hierin der Grund
                              davon, daß das Eisen, wie bereits erwähnt, weit reiner und fester ist. Gleichzeitig
                              spricht dieß zu Gunsten von Percy's Aussaigerungs- oder
                                 Ausschwitzungstheorie, mittelst welcher dieser Metallurg die Ausscheidung
                              des Phosphors erklärt.Dr. Percy nimmt an,
                                    daß während des eigentlichen Puddelns, d. i. bevor das Eisen „in
                                       die Gaare tritt,“ kein Phosphor abgeschieden wird, sondern
                                    mit dem Eisen verbunden bleibt, bis letzteres die Form von teigigen Massen
                                    oder Flocken annimmt und in dieser Form in den flüssigen Schlacken zerstreut
                                    liegt, bevor es zu Balls vereinigt wird. Sobald indessen Letzteres
                                    stattfindet, breiten sich die oberen Theile der Balls über die Oberfläche
                                    der flüssigen Schlacken aus, und dieser Zustand bietet, wie Dr. Percy glaubt,
                                    Gelegenheit dar zur Verflüssigung oder zum Ausschwitzen etwa vorhandener
                                    Phosphoreisen-Verbindungen (Phosphide).
                              
                           Außer den im Vorstehenden angedeuteten Vorzügen des Richardson'schen Processes dürfte auch der Vortheil nicht gering
                              anzuschlagen seyn, daß die harte und schwere Arbeit des Puddlers um ein Bedeutendes
                              vermindert und erleichtert wird. Er ist nunmehr im Stande, seine Arbeitsschicht von
                              sechs Hitzen in acht Stunden, anstatt wie bei der älteren Methode, in zwölf bis
                              vierzehn Stunden durchzumachen, oder, wenn er dieselbe Anzahl von Stunden hindurch
                              arbeiten will, neun Hitzen per Schicht zu machen und auf
                              diese Weise mehr Lohn bei geringerer Anstrengung zu verdienen.