| Titel: | Ueber die fabrikmäßige Darstellung von Krappextracten für den Zeugdruck; von E. Kopp in Zabern. | 
| Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LXXIX., S. 329 | 
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                        LXXIX.
                        Ueber die fabrikmäßige Darstellung von
                           Krappextracten für den Zeugdruck; von E. Kopp in Zabern.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 Mulhouse, t. XXXVII p. 437; October 1867.
                        Mit einer Abbildung.
                        Kopp, über Darstellung von Krappextracten für den
                           Zeugdruck.
                        
                     
                        
                           Da der Krappfarben-Tafeldruck nur mittelst der Krappextracte möglich ist,Mittelst des Pernod'schen Krappextractes erzeugt
                                    man jetzt – durch Aufdrucken desselben in Vermischung mit essigsaurer
                                    Thonerde oder essigsaurem Eisen, und nachheriges Dämpfen der Baumwollzeuge
                                    – alle Nüancen vom dunkelsten Roth bis zum Rosenroth, und
                                    vom Schwarz bis zum Violett; diese Tafelfarben kommen nicht nur hinsichtlich
                                    der Lebhaftigkeit, sondern auch hinsichtlich der Aechtheit den durch das
                                    Färbeverfahren erzielten nahezu gleich. Man sehe die betreffenden
                                    Mittheilungen im polytechn. Journal Bd.
                                       CLXXXV S. 304 und 306.A. d. Red. so wird voraussichtlich die Fabrication dieser Extracte eine immer größere Wichtigkeit und
                              Ausdehnung erlangen, dagegen die Anwendung des Garancins und der Krappblumen sich in
                              entsprechendem Verhältniß vermindern.
                           Diese Erwägung veranlaßte mich zur Wiederaufnahme meiner Untersuchungen über den
                              Krapp, hauptsächlich in Bezug auf die Darstellung der Extracte. Das erste Ergebniß
                              dieser Versuche war die Vervollständigung meiner Arbeit über den elsasser Krapp
                              (polytechn. Journal, 1864, Bd. CLXXII S. 296). Das in dieser Arbeit von mir
                              angegebene Verfahren, welches auf der Behandlung des Krapps mit wässeriger
                              Schwefligsäurelösung basirt und mittelst dessen sich die Abscheidung des Purpurins
                              (wie es im Handel vorkommt) und des grünen Alizarins in
                              isolirtem Zustande leicht bewerkstelligen läßt, bot hinsichtlich der neuen Anwendung
                              der Extracte im Zeugdruck einen Uebelstand dar, der sich immer fühlbarer machte und
                              darin bestand, daß die mittelst schwefligsäurehaltigen Wassers erschöpften
                              Rückstände eine Quantität von (als schwaches Garancin) verwerthbarem Farbstoff
                              enthalten, welche nicht vernachlässigt werden darf.
                           Jetzt wird diesen Rückständen durch das weiter unten beschriebene Verfahren der
                              Farbstoff vollständig entzogen und letzterer in einem sehr reinen Zustande
                              dargestellt, so daß er für den Krappfarben-Tafeldruck, namentlich von rothen,
                              rosenrothen und braunen Nüancen, mit Vortheil verwendet werden kann.
                           Demnach sind wir jetzt im Besitz eines wohlfeilen Verfahrens zur fabrikmäßigen
                              Verarbeitung des elsasser und des holländischen Krapps, mittelst dessen sich deren
                              Farbstoffgehalt in Form von Purpurin, von grünem Alizarin – von dem das gelbe
                              Alizarin ein Abkömmling ist – und von gereinigtem Extracte gewinnen läßt.
                              Dieses gereinigte Extract, welches viel Alizarin, etwas
                              Purpurin, Xanthopurpurin und einen orangegelben Farbstoff enthält, ist besonders zur
                              Erzeugung eines lebhaften, satten, in Ponceau ziehenden Roths geeignet, während das
                              gelbe Alizarin mit Vortheil zu Lila oder Violett
                              verwendet wird. Im Folgenden beschäftige ich mich nur mit dem elsasser und dem
                              holländischen Krapp und behalte mir die Veröffentlichung meiner mit avignoner Krapp
                              erzielten Resultate für eine spätere Abhandlung vor. Bei dieser Gelegenheit will ich
                              jedoch darauf aufmerksam machen, daß die Ansicht, der Krapp von Avignon enthalte gar kein oder
                              beinahe kein Purpurin, durchaus irrig ist. Auch bei dieser Krappsorte läßt sich die
                              Behandlung mit schwefligsäurehaltigem Wasser, wenn auch mit einer geringen
                              Abänderung, anwenden; man erhält dadurch sehr leicht Purpurin und grünes Alizarin;
                              indessen ist in dem aus avignoner Krapp dargestellten Purpurin des Handels
                              verhältnißmäßig mehr eigentliches Purpurin und weniger Pseudopurpurin enthalten, als
                              in dem aus elsasser und holländischem Krapp gewonnenen Producte.
                           Die verschiedenen, zur Darstellung von Krappextracten bereits angewendeten Methoden,
                              lassen sich in folgende vier Kategorien eintheilen:
                           1) Extraction der Farbstoffe durch spirituöse Flüssigkeiten, wie Alkohol, Holzgeist,
                              Aceton;
                           2) Extraction durch flüssige Hydrocarbüre (Kohlenwasserstoffe) oder
                              Schwefelkohlenstoff;
                           3) Extraction durch eine kochende Alaunlösung;
                           4) Extraction durch ätzende oder kohlensaure Alkalien, oder durch Lösungen von
                              alkalisch reagirenden Salzen, z.B. von phosphorsaurem, pyrophosphorsaurem,
                              borsaurem, kieselsaurem Natron oder Kali.
                           Dazu kommt noch die Extraction durch ziemlich concentrirte Schwefelsäure, durch
                              Essigsäure, fette Oele, Glycerin etc.
                           Wir wollen diese verschiedenen Methoden einer kurzen Prüfung unterwerfen, nur um auf
                              die erwiesenen Uebelstände derselben aufmerksam zu machen.
                           Man ist sehr bald davon abgekommen, mit dem Krapp selbst
                              zu operiren, und zwar wegen seines großen Gehaltes an fremdartigen Beimengungen, an
                              Zucker, Gummi, fahlem Farbstoff etc.
                           Gewöhnlich verwendet man zur Extraction das Garancin, die
                              Schwefelsäurekohle (Krappkohle) und die Krappblumen, d.h. ein bereits gereinigtes Krappproduct,
                              in welchem die nutzbaren Farbstoffe schon in gewissem Grade concentrirt sind.
                           Die Umwandlung des Krapps in diese Producte ist indessen mit Kosten verknüpft, zumal
                              da sie zur Vorbereitung für gewisse Behandlungsmethoden erst getrocknet und gemahlen
                              werden müssen. Die Behandlung mit einer wässerigen Lösung von Schwefligsäure ist,
                              abgesehen von einer geringen Vermehrung der Handarbeit, nicht viel
                              kostspieliger.
                           1. Gegen die Extraction durch spirituöse Flüssigkeiten
                              spricht nicht allein der hohe Preis des Lösungsmittels, sondern auch die poröse
                              Beschaffenheit der zu extrahirenden Substanz. Da eine gänzliche Vermeidung des
                              Luftzutrittes unmöglich ist, so findet eine theilweise Umwandlung des Alkohols in
                              Essigsäure, des Holzgeistes in Ameisensäure statt, und man erhält sehr saure Extracte. Ueberdieß
                              vermögen die spirituösen Flüssigkeiten nur wenig mehr als die Hälfte des vorhandenen
                              Farbstoffes zu lösen; zur Gewinnung des übrigen Antheiles muß man den Aether oder
                              den Methylalkohol von dem Krapprückstand verjagen, letzteren mit angesäuertem Wasser
                              kochen, dann auswaschen und trocknen, und darauf nochmals mit alkoholischen
                              Lösungsmitteln behandeln; oder man versetzt auch wohl den Alkohol selbst mit der
                              Säure, wodurch Nachtheile anderer Art und Verluste verursacht werden, indem die zum
                              Ansäuren benutzte Schwefelsäure, Salzsäure oder Essigsäure auf den Alkohol
                              reagirt.
                           Wegen dieser Schwierigkeiten haben Gerber und Köchlin die Fabrication des Azaleïns aufgegeben. Wir wollen überdieß bemerken, daß ein auf
                              diese Weise erhaltenes alkoholisches Extract, abgesehen von seinem sauren Zustande
                              und von seinem zu hohen Gestehungspreise, noch zu unrein ist, um zum Zeugdruck
                              verwendet werden zu können. Es enthält nämlich noch harzige, fette und mißfarbige
                              Extractivstoffe, welche die Reinheit der zu erzeugenden Nüancen beeinträchtigen,
                              daher es einer nachträglichen Reinigung bedürfen würde.
                           2. Die Extraction durch flüssige Kohlenwasserstoffe (deren
                              Anwendung zur Darstellung des gelben Alizarins aus dem grünen von uns zuerst
                              empfohlen wurde) ist ebenfalls mit bedeutenden Uebelständen verknüpft, wenn man sie
                              zur Behandlung der Krappblumen oder des Garancins benutzen will. Zahlreiche nach
                              dieser Richtung hin abgeführte Versuche haben den Beweis geliefert, daß durch die
                              Hydrocarbüre bei weitem nicht der ganze Gehalt an nutzbarem Farbstoff ausgezogen
                              wird. Außerdem besitzt die zu extrahirende Substanz so bedeutende Porosität und hält
                              den benutzten Kohlenwasserstoff mit solcher Hartnäckigkeit zurück, daß seine
                              Entfernung mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden ist.
                           Und doch ist die Beseitigung des Lösungsmittels unerläßlich, nicht allein um dasselbe
                              wiederzugewinnen, sondern auch um den Rückstand mit einer sauren Flüssigkeit
                              behandeln und auf diefe Weise die noch vorhandenen Farbstoffe frei und der
                              Einwirkung des Lösungsmittels zugänglich machen zu können. Bei diesen Operationen
                              sind bedeutende Verluste nur schwierig zu vermeiden.
                           Diese Methode ist aber noch mit einem anderen sehr bedeutenden Uebelstande behaftet.
                              Das angewendete Hydrocarbür (z.B. Schieferöl) nimmt beim Kochen mit dem Garancin
                              etc. nicht allein Farbstoff, sondern auch fette und harzige Stoffe auf; behandelt
                              man es dann, um ihm die färbenden Substanzen zu entziehen, mit Aetznatronlauge, so
                              verbindet sich diese mit den harzigen und fetten Stoffen zu einer Seife, so daß die
                              Flüssigkeiten eine
                              emulsionsartige Consistenz annehmen, wodurch ein unüberwindliches Hinderniß für die
                              Trennung des Kohlenwasserstoffes von der wässerigen alkalischen Flüssigkeit
                              erwächst, denn ein beträchtlicher Antheil des Gemisches bleibt im Zustande eines
                              ziemlich dicken gallertartigen Magmas.
                           Diese Erscheinung ist zugleich ein sicheres Anzeichen, daß das auf die angegebene
                              Weise dargestellte Extract den für seine Anwendung zum Zeugdruck erforderlichen Grad
                              von Reinheit nicht besitzt.
                           3. Die Extraction durch eine kochende Alaunlösung ist mit
                              Schwierigkeiten verknüpft, welche ganz anderer Art wie die im Vorstehenden angegeben
                              sind, die aber ebenso schwer in's Gewicht fallen. Der in Lösung gegangene Farbstoff
                              ist allerdings sehr rein, frei von harzigen, fetten und Pektinsubstanzen; da er sich
                              aber durch bloßes Erkaltenlassen in zu geringer Quantität ausscheidet (das Purpurin
                              bleibt sogar zum größeren Theile in Lösung), so wurde empfohlen, die Lösung mit
                              Schwefelsäure in solcher Menge zu versetzen, daß sich der Farbstoff in schön
                              orangegelb gefärbten Flocken absetzt.
                           Da die auf diese Weise sauer gemachte Alaunlösung zu einer zweiten Operation nicht
                              wieder verwendet werden kann, so mußte man sie, um sie nochmals benutzen zu können,
                              in Bleigefäßen stark eindampfen, um beim Erkalten Alaunkrystalle zu erhalten,
                              während Schwefelsäure zurückblieb, worauf man den Alaun mit wenig kaltem Wasser
                              abwusch und von Neuem anwendete. Auch die stark sauren Mutterlaugen konnten zu einer
                              neuen Fällung des Farbstoffes aus der kochenden Alaunlösung verwerthet werden.
                              Insofern würde die mit dem Verfahren verbundene Schwierigkeit nicht unüberwindlich
                              und die Extraction des Farbstoffes mittelst kochender Alaunlösung würde sogar
                              ökonomisch seyn; allein es steht dieser Methode noch ein anderes, weit bedeutenderes
                              Hinderniß entgegen.
                           In Folge der Einwirkung der fetten und harzigen Substanzen beizt sich nämlich die
                              Holzfaser und zieht den nutzbaren Farbstoff an, indem sie mit demselben eine
                              Verbindung von außerordentlicher Stabilität bildet, welche der auflösenden Wirkung
                              des Alauns widersteht.
                           Auf diese Weise geht ein bedeutender Antheil des Farbstoffes in die Rückstände und
                              bleibt in denselben. Die eben erwähnte unlösliche Verbindung ist, wie schon bemerkt,
                              so stabil, daß wiederholtes und längere Zeit fortgesetztes Auskochen der Rückstände
                              mit schwefelsäure- oder salzsäurehaltigem Wasser erforderlich ist, um den
                              Farbstoff wieder frei zu machen. Wir haben übrigens die Beobachtung gemacht, daß
                              eine dem Kochen mit saurem Wasser vorhergehende Behandlung mit einer schwachen, heißen Alkalilauge die
                              Zersetzung der in Rede stehenden Verbindung sehr erleichtert.
                           Das mit Alaun dargestellte Extract hält trotz seiner Fällung aus einer sehr sauren
                              Flüssigkeit eine gewisse Menge Thonerde zurück, die sich selbst durch wiederholtes
                              Auskochen mit schwefelsäurehaltigem Wasser nur schwierig entfernen läßt.
                           Bei dem zur Erzeugung von Roth, Rosenroth und Braun bestimmten Extracte ist ein
                              geringer Thonerdegehalt nicht schädlich; soll aber dieses Extract zum Drucken von
                              Lila dienen, so übt die Gegenwart einer nur geringen Thonerdemenge einen
                              nachtheiligen Einfluß auf die bei Krappviolett so beliebte bläuliche Nüance aus.
                           Die Behandlung mit Alaun liefert somit ein Extract von genügender Reinheit; ihr
                              Ertrag ist aber viel zu gering, wenn man nicht zu langwierigen und wiederholten,
                              somit kostspieligen Hülfsoperationen seine Zuflucht nimmt.
                           4. Die Extraction durch ätzende oder kohlensaure Alkalien oder durch alkalische
                                 Salze ist das einfachste und billigste Verfahren, besonders bei Anwendung
                              von Aetznatron oder Soda. Schon in der Kälte, besonders aber durch Erhitzen bis zum
                              Kochen, erhält man stark gefärbte und sehr farbstoffreiche Flüssigkeiten, deren
                              Filtration, namentlich bei höherer Temperatur, einige Schwierigkeiten darbietet. Auf
                              Zusatz einer Säure zu diesen Flüssigkeiten entsteht ein reichlicher, leicht zu
                              sammelnder, aber etwas weniger leicht auszuwaschender Niederschlag. Zwar läßt das
                              Alkali ebenfalls eine beträchtliche Quantität Farbstoff in dem Rückstande zurück;
                              allein dieselbe wird, wenn man letzteren mit angesäuertem kochendem Wasser
                              behandelt, vom Alkali wieder aufnehmbar. Daher wird der Rückstand nach seiner
                              Behandlung mit Säure gewaschen und dann nochmals der Einwirkung des alkalischen
                              Lösungsmittels unterworfen; dieses nimmt wiederum Farbstoff auf und gibt beim
                              Uebersättigen mit einer Säure einen zweiten Niederschlag von Extract. Dieselbe
                              Behandlung kann noch zum drittenmale nöthig werden, um den gesammten nutzbaren
                              Gehalt an Farbstoff gewinnen und den Rückstand wegwerfen zu können.
                           Wenn man indessen ganz klare und heiße alkalische Lösungen anwendet, ferner nach dem
                              Auswaschen stark auspreßt und wenn man bei der Behandlung mit Säure mit der
                              gehörigen Sorgfalt verfährt, so wird es mit einmaliger Wiederholung des Verfahrens
                              gelingen, den Rückstand so zu extrahiren, daß derselbe nur eine fast unmerkliche
                              Menge Farbstoff zurückhält. Dieses Verfahren ist an sich wenig kostspielig, da die
                              Substanz nicht getrocknet und nicht gemahlen zu werden braucht, und weil man nur verdünnter Alkalilaugen
                              und Säuren bedarf. Bei rationellen, Handarbeit ersparenden Einrichtungen ist diese
                              Extractionsmethode wirklich praktisch und zur Anwendung im großen Maaßstabe
                              geeignet.
                           Das mittelst dieses Verfahrens erhaltene Extract, welches wir als pektinöses oder pektinhaltiges
                              bezeichnen wollen, ist aber für den Zeugdruck ganz ungeeignet, obgleich es, bei
                              Beobachtung gewisser Vorsichtsmaßregeln (z.B. mit Zusatz einer passenden Quantität
                              von Kreide), zum Färben sehr
                              wohl angewendet werden kann. Gut dargestellt und getrocknet, bildet es eine nicht
                              schwierig zu pulverisirende schmutziggelbe Masse, welche sich in einer heißen,
                              verdünnten Aetznatronlauge beinahe vollständig zu einer sehr dunkelgefärbten,
                              bräunlich roth-violetten Flüssigkeit lösen muß.
                           Das pektinöse Extract gibt beim Drucken nur matte und unreine Farbentöne, weil der
                              Farbstoff darin von einer Masse schleimiger, pektinöser, fetter und harziger
                              Substanzen nebst falben Pigmenten begleitet ist.
                           Wenn man aber dieses pektinhaltige Extract als ein Zwischenproduct, gewissermaßen als
                              das Rohmaterial betrachtet, welches noch einer zweiten Reihe von Operationen zum
                              Behufe seiner Concentration und Reinigung unterworfen werden muß, dann gelangt man
                              zu sehr befriedigenden Resultaten. Denn dieses von Holzfaser freie und in Folge
                              davon keine poröse Structur zeigende pektinöse Extract, in welchem die benutzbaren
                              Farbstoffe bereits in sehr concentrirtem Zustande und von zuckerigen, sowie von
                              gummigen Substanzen und löslichen Extractivstoffen befreit sind, läßt sich mittelst
                              Verfahrungsweisen behandeln und extrahiren, welche bisher im Großen weder bei dem
                              Krapp selbst anwendbar waren, noch bei den Abkömmlingen desselben, welche zur
                              Darstellung dieses pektinhaltigen Extractes dienten.
                           In Folge des Krappfarben-Tafeldrucks ist die Krapp-Industrie in ein
                              neues Stadium getreten. Eine rationelle Behandlung des Krapps wird heutzutage
                              nachstehenden Bedingungen entsprechen müssen. Zunächst muß sie eine wohlfeile und
                              fabriksmäßige Darstellung aller benutzbaren Farbstoffe gestatten, so daß von
                              letzteren in den Rückständen nichts zurückbleibt; dann muß sie diese Farbstoffe in
                              einer Form liefern, welche deren Umwandlung in direct zum Zeugdrucke anwendbare
                              Krappextracte gestattet, und dieselben nicht zu sehr vertheuert; endlich muß diese
                              Behandlung eine möglichst vortheilhafte Verwerthung der die Farbstoffe in der
                              Krappwurzel begleitenden fremden Substanzen ermöglichen.
                           Diesen Bedingungen entspricht nach unserer Ansicht eine Behandlungsweise, durch
                              welche der Krapp zersetzt wird:
                           1) Zu Purpurin des Handels (purpurine commerciale), welches schon jetzt in der Seiden- und
                              Wollenfärberei, sowie zur Darstellung von rothen und rosenrothen Krapplacken benutzt
                              wird.
                           Wir glauben übrigens, daß es bald gelingen wird, nicht allein das Pseudopurpurin in eigentliches
                                 Purpurin, welches auf Baumwolle schöne, reine, der Einwirkung der Seife und
                              des Lichtes hinreichend widerstehende Farben liefert, sondern sogar das Purpurin in Alizarin
                              umzuwandeln.
                           Denn aus den neueren Untersuchungen von Schützenberger und
                              Schiffert
                              Polytechn. Journal Bd. CLXXVI S.
                                       48. über das Purpurin des Handels ergibt sich, daß das Purpurin = C²⁰H¹²O⁷,
                           Oxyalizarin oder durch Aufnahme von 1 Aequiv. Sauerstoff
                              oxydirtes Alizarin =
                              C²⁰H¹²O⁶ + O, ist,
                           und daß das Pseudopurpurin =
                              C²⁰H¹²O⁹, Oxypurpurin
                              oder Trioxyalizarin =
                              C²⁰H¹²O⁶ + O³ ist.
                           Dem Alizarin selbst kommt die Formel C²⁰H¹²O⁶
                              zu.
                           2) Zu grünem Alizarin, welches als Rohmaterial für die
                              Darstellung eines reinen Alizarinextractes für violette und
                                 lila Druckfarben dienen wird. Dieses Extract wird so zu sagen nur reines, von allen fremdartigen Substanzen freies Alizarin enthalten.
                           3) Zu pektinhaltigem Extract, welches das Rohmaterial zur
                              Darstellung eines zusammengesetzten Alizarinextractes für
                                 rothe, rosenrothe und braune Druckfarben bildet.
                              Dieses Extract wird außer dem in ihm vorwaltenden reinen Alizarin eine gewisse Menge Purpurin,
                                 Xanthopurpurin und orangegelben Farbstoff
                              enthalten.
                           4) Außerdem muß man erforderlichen Falles den größeren Theil des in der Krappwurzel
                              vorhandenen Zuckers mit Hülfe des Gährungsprocesses und
                              der Destillation der gegohrenen Flüssigkeiten zur Verwerthung bringen können.
                           Die Unterscheidung der zum Zeugdrucke bestimmten Krappextracte in Extracte für
                              violette und lila und in solche für rothe, rosenrothe und braune Farben ist sehr
                              wichtig.
                           Camille Köchlin hat nämlich nachgewiesen, daß die rothen
                              Krappfarben, um lebhaft und satt zu erscheinen, vielmehr eine Beimischung von Gelb haben müssen, wodurch ihnen ein Stich in's
                              Ponceau- oder Scharlachrothe ertheilt wird, als daß sie in's Bläuliche
                              stechen, wodurch sie einen violetten oder weinrothen Ton erhalten. Dagegen übt
                              andererseits die geringste gelbliche Nüance einen nachtheiligen Einfluß auf die Reinheit der lila
                              und violetten Farben aus, so daß dieselben bräunlich und matt erscheinen.
                           Es ist ferner erwiesene Thatsache, daß sich mit grünem Alizarin, wenn dasselbe gut
                              dargestellt, d.h. wenn es frei von Purpurin (des Handels) ist und wenn ihm durch
                              sorgfältiges Auswaschen jede Spur von Säure und von gelbem und fahlem Farbstoffe
                              entzogen worden ist, der Kattun mittelst besonderer Eisenbeizen (gehörig verdünntem
                              phosphorsaurem, arsen-, kiesel-, borsaurem etc. Eisen) schön lila und
                              violett färben läßt, und daß die Reinheit und Dauerhaftigkeit dieser Farben nichts
                              zu wünschen übrig läßt.
                           Damit ist aber die Anwendung des grünen Alizarins zur Darstellung der für lila
                              Druckfarben bestimmten Extracte klar angezeigt.
                           Ebenso wahr ist es jedoch, daß das zur Erzeugung von rothen, rosenrothen und braunen
                              Farben (das aus reinem Alizarin dargestellte Braun zeigt gern einen Stich in's
                              Carmoisinrothe) bestimmte Extract, sofern es alle wünschenswerthen Vortheile
                              besitzen soll, gewissermaßen der Inbegriff der verschiedenen, im Krapp enthaltenen
                              ächten Farbstoffe seyn muß, und da dieser Bedingung das pektinhaltige Extract entspricht, so dient letzteres natürlich als
                              Ausgangspunkt für die Darstellung des reinen, für rothe, rosenrothe und braune
                              Druckfarben bestimmten Extractes.
                           
                        
                           Behandlung des elsasser und
                                 holländischen Krapps.
                           Im Nachstehenden geben wir eine kurze Darstellung der für die Praxis wichtigen
                              Abänderungen des in unserer früheren Arbeit über den elsasser und holländischen
                              KrappPolytechn. Journal Bd. CLXXII S.
                                       296. beschriebenen Verfahrens.
                           Der gemahlene Krapp wird mit der 3 1/2 bis 4 fachen Gewichtsmenge einer starken
                              wässerigen Lösung von Schwefligsäure, welche etwa 1/400 ihres Volums an
                              Schwefelsäure enthält, in einen Holzbottich gebracht, welcher mit einem mechanischen
                              Rührer versehen ist, ähnlich dem in den Brennereien zum Mengen der gekeimten Gerste
                              mit den gekochten und zerquetschten Kartoffeln gebräuchlichen. Auf 200 Kilogr. Krapp
                              nimmt man 7 bis 8 Hektoliter wässerige Schwefligsäure, die mit 1,75 bis 2 Liter
                              concentrirter Schwefelsäure versetzt ist.
                           Zunächst läßt man die Schwefligsäure durch ein bis zum Boden des Bottichs
                              hinabreichendes Rohr in diesen eintreten, damit die Säure auf ihrem Wege durch die
                              Luft, beim Fallen von einer gewissen Höhe herab, nicht schwächer wird. Dann wird das Krapppulver in
                              einzelnen Portionen eingerührt, worauf man das Ganze mindestens zwölf Stunden lang
                              sich selbst überläßt, nachdem man den Bottich mit einem Deckel verschlossen hat. Der
                              Geruch nach Schwefligsäure muß immer deutlich wahrzunehmen, darf aber nicht zu stark
                              seyn. Nach Verlauf von zwölf bis achtzehn Stunden öffnet man die Hähne zweier, am
                              tiefsten Theile des Bottichs angebrachter Abflußröhren und läßt die Flüssigkeit
                              durch wollene Filter laufen, welche, die mitgerissenen Krapptheilchen zurückhalten.
                              Nachdem das Abtropfen aufgehört hat, macht man eine ziemlich große, im Niveau des
                              Bottichbodens angebrachte Oeffnung frei, zieht den Rückstand aus und füllt denselben
                              in Preßsäcke, welche mittelst einer hydraulischen Presse einem sehr starken Drucke
                              unterworfen werden.
                           Die auf diese Weise erhaltene saure Flüssigkeit enthält den größeren Theil vom
                              Zuckergehalte des Krapps; wir wollen dieselbe zuckerhaltige
                                 Einweichflüssigkeit nennen und werden später angeben, in welcher Art
                              dieselbe weiter behandelt werden muß.
                           Der stark ausgepreßte Rückstand wird zerkleinert, in einen zweiten, mit einem
                              mechanischen Rührer versehenen Einweichbottich gebracht und in diesem mit einer
                              schwachen, lauwarmen wässerigen Lösung von Schwefligsäure übergossen. Das möglichst
                              gleichmäßige und halbflüssige Gemisch läßt man in einen zum methodischen Auslaugen
                              bestimmten Apparat treten, welcher nach denselben Principien construirt ist, wie der
                              zum Auslaugen der Rohsoda gebräuchliche Apparat.
                           Einer der geeignetsten Apparate zum Auslaugen des Krapps ist in der untenstehenden
                              Zeichnung abgebildet. Er besteht entweder aus einem einzigen, sehr großen, mit Blei
                              ausgefütterten und durch vertical stehende, steife Scheidewände in sechs
                              Abtheilungen (Kammern) getheilten Holzkasten, oder aus sechs einzelnen, in derselben
                              Horizontaleben neben einander oder in zwei Reihen zu je drei aufgestellten hölzernen
                              Bottichen. In jeder Abtheilung oder jedem Bottich befindet sich ein in 10 Centimeter
                              Höhe über dem eigentlichen Boden liegender, mit zahlreichen Löchern versehener
                              falscher Boden, welcher mit einem aus Wolle, Matten etc. angefertigten Seihetuche
                              bedeckt ist. Ein aus Holz, Steinzeug, Kupfer oder Blei bestehendes, auf dem Boden
                              ruhendes, aber behufs Zulassung der Flüssigkeit an seiner Basis ausgeschweiftes Rohr
                              geht durch den falschen Boden hindurch, steigt dann an der verticalen Wand des
                              Bottichs auf, bildet, etwa 20 Centim. unterhalb des oberen Randes vom letzterem,
                              einen rechten Winkel, tritt durch die Bottichwand hindurch, und leitet die
                              Flüssigkeit in die zunächststehende Kufe, in welche das Rohr durch eine ähnliche, in
                              derselben Höhe der Wand angebrachte Oeffnung mündet.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 187, S. 339
                              
                           Auf diese Weise stehen die einzelnen Bottiche so mit einander in Verbindung, daß
                              jeder derselben zum ersten, zweiten, dritten etc. und sechsten, darnach aber von
                              Neuem zum ersten werden und somit seinen Inhalt successiv an alle übrigen Bottiche
                              oder Kammern abgeben kann.
                           Nehmen wir an, der Auslaugapparat stehe in regelmäßigem Betriebe. Der gehörig
                              beschickte Bottich Nr. 1 enthält Krapp, welcher an Wasser nichts mehr abgibt; der
                              Inhalt des zum zweiten Male beschickten Bottichs Nr. 2 ist nahezu erschöpft; der des
                              Gefäßes Nr. 3 ist dieß in geringerem Grade u.s.f.; der Bottich Nr. 6 endlich wurde
                              so eben mit Krapp beschickt, welcher ausgepreßt und dann mit lauwarmem,
                              schwefligsäurehaltigem Wasser von Neuem angerührt worden ist.
                           In sämmtlichen Gefäßen darf der Inhalt nur bis zu zwei Dritteln ihrer Höhe stehen.
                              Ueber den Bottichen circuliren zwei Röhrensysteme; das eine, ziemlich weite, leitet
                              kochendes Wasser, das andere, engere hingegen Schwefligsäurelösung von mittlerem
                              Concentrationsgrade zu. Von den weiteren Röhren aus führen kleinere, je mit einem
                              Hahne versehene Röhren bis beinahe zum oberen Niveau jedes Bottichs, so daß man in
                              letztere nach Belieben heißes Wasser oder Schwefligsäurelösung eintreten lassen
                              kann. Bei diesem Auslaugverfahren braucht man dem heißen Wasser nur 1/15, gegen Ende
                              des Processes sogar nur 1/20 Schwefligsäurelösung zuzusetzen. Dieses Verhältniß läßt
                              sich durch entsprechendes Oeffnen oder Schließen der betreffenden Hähne leicht
                              reguliren; selbstverständlich müssen die das heiße Wasser zuführenden Hähne und
                              Röhren mehr davon
                              liefern als die für den Zufluß der Schwefligsäure bestimmten.
                           Sobald (in dem hier als Beispiel gewählten Falle) der Zufluß von Wasser und der
                              geringsten zur Anwendung kommenden Schwefligsäuremenge bei dem Bottiche Nr. 1
                              abgesperrt worden, läßt man beide Flüssigkeiten in Nr. 2 eintreten und dann aus Nr.
                              1 durch das Abflußrohr die sehr schwache Flüssigkeit von dem in diesem Gefäße
                              enthaltenen Krapp ablaufen und abtropfen, läßt sie aber nicht weglaufen, sondern
                              fängt sie in einem besonderen kleineren Bottiche auf, aus dem sie mittelst einer
                              Pumpe in das Gefäß Nr. 2 übergehoben wird. Den Krapprückstand in Nr. 1 krückt man
                              nach gehörigem Abtropfen aus dem Gefäße heraus, und füllt letzteres mit ausgepreßtem
                              und im zweiten Bottich wieder mit der säurehaltigen Flüssigkeit angerührtem Krapp;
                              dann gießt man die aus Nr. 6 kommende Flüssigkeit, welche successive die Gefäße Nr.
                              2, 3, 4, 5 und 6 durchlaufen hat, in Nr. 1 auf.
                           Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß bei Anwendung dieses Verfahrens der Krapp,
                              obgleich eine vollständige Auslaugung desselben stattfindet, doch sehr reiche und
                              concentrirte Flüssigkeiten liefert. Je weiter der Auslaugproceß vorschreitet, desto
                              heißer muß die zu demselben verwendete Säure seyn, so daß in den Bottichen von Nr. 6
                              bis zu Nr. 1 die Temperatur von 40° auf 50°, von 50° auf
                              60°, von 60° auf 70°, von 70° auf 80° und von
                              80° auf 90° C. gesteigert wird.
                           Diese Extractionsmethode ist sehr einfach und regelmäßig; sie erfordert weniger
                              Handarbeit als alle übrigen Methoden und liefert an Farbstoff sehr reiche
                              Flüssigkeiten. Das aus letzteren dargestellte Purpurin fällt um so schöner und das
                              mit ihnen erhaltene grüne Alizarin fällt um so reicher aus, je vollständiger die
                              Flüssigkeiten von Zucker, Gummi und falben Extractivstoffen befreit sind.
                           Außerdem ist der physikalische Zustand des auf die beschriebene Weise ausgelaugten
                              Krapprückstandes ein sehr günstiger für die folgenden, zur Extraction der in ihm
                              vorhandenen verwerthbaren Substanzen erforderlichen Operationen.
                           Die mittelst dieses methodischen Auslaugens erhaltenen Flüssigkeiten werden mit 3 1/2
                              bis 4 Proc. concentrirter Schwefelsäure versetzt und falls sie bei ihrem Austritt
                              aus dem Auslaugapparate diese Temperatur noch nicht besitzen – auf 35°
                              bis 40° C. erhitzt, um das in ihnen enthaltene Purpurin niederzuschlagen;
                              dann werden sie, behufs der Gewinnung des grünen Alizarins, stärker erhitzt und eine
                              Zeit lang im Kochen erhalten.
                           Die von der Fällung des grünen Alizarins herrührenden Mutterlaugen läßt man keineswegs weglaufen,
                              sondern dieselben werden als Zusatz bei der Darstellung der pektinhaltigen Extracte
                              verwerthet.
                           Der durch sehr schwache Schwefligsäurelösung erschöpfte Krapprückstand wird, nachdem
                              er gehörig abgetropft ist, in einem zweiten, dem beschriebenen ganz gleich
                              eingerichteten Apparat zum methodischen Auslaugen gebracht und in demselben mittelst
                              einer sehr schwachen, aber ganz klaren, vorher auf 50° bis 60° C.,
                              gegen Ende des Processes aber zum Kochen erhitzten Sodalösung (die nur 1 bis 1 1/2
                              Proc. kohlensaures Natron zu enthalten braucht) ausgezogen. Zuletzt wäscht man, um
                              alles Natronsalz zu entfernen, mit kochendem Wasser allein aus. Der zu dieser
                              Operation erforderliche Apparat braucht in nur vier Stück hölzernen oder auch aus
                              Eisenblech angefertigten Bottichen zu bestehen.
                           Zur Ersparung von Kosten und Handarbeit dürfte es vorzuziehen seyn, den
                              Krapprückstand in tragbare, oben offene und am Boden, sowie an den Seitenwänden (an
                              letzteren nur bis zu einer gewissen Höhe) mit feinen Löchern durchbrochene, aus
                              Eisenblech bestehende Kästen zu füllen. Ein solcher Kasten kommt auf den, mit einem
                              aus Hanf, Flachs, Mattengeflecht oder auch nur aus Stroh bestehenden Seihetuche
                              bedeckten falschen Boden des Bottichs, beziehungsweise der Kammer, zu stehen. Gibt
                              der Krapprückstand an die Alkalilösung und an das kochende Wasser nichts mehr ab, so
                              hebt man den Kasten mittelst einer mechanischen Vorrichtung aus dem Bottiche heraus,
                              und läßt ihn über dem folgenden Gefäße oder der folgenden Kammer abtropfen. Nach dem
                              Abtropfen wird der Kasten auf die Kufe geführt, in welcher nun der Krapp mit der von
                              der Bereitung des grünen Alizarins herrührenden Mutterlauge zum Sieden erhitzt
                              werden muß, um sich in schwaches Garancin zu verwandeln; dadurch, daß man den Kasten
                              umkehrt, fällt sein ganzer Inhalt sofort in das Gefäß oder die Kammer hinab.
                           Die alkalische, mit pektinhaltigen, harzigen etc. Farbstoffen beladene Flüssigkeit
                              wird in große hölzerne Kufen abgelassen, welche sie nur bis zur Hälfte, höchstens zu
                              3/5, anfüllen darf; in denselben wird sie mit noch heißer Mutterlauge des grünen
                              Alizarins versetzt, bis deutlich saure Reaction eintritt.
                           Es entsteht alsdann ein sehr reichlicher, anfänglich außerordentlich voluminöser
                              Niederschlag, welcher sich in Folge der gleichzeitigen Entwicklung von Kohlensäure
                              zunächst an der Oberfläche der Flüssigkeit ansammelt, und zum größeren Theile
                              mittelst eines Schaumlöffels abgenommen werden kann. Nach und nach wird dieser
                              Niederschlag aber dichter und sinkt zu Boden, worauf man die Flüssigkeit vollständig
                              erkalten läßt. Man rührt dann recht oft um, damit der Niederschlag sich wieder suspendirt; in Folge
                              davon vereinigen sich in demselben alle flockigen Farbstofftheilchen, sowie die aus
                              der alkalischen Flüssigkeit, als auch die aus der vom grünen Alizarin abstammenden
                              Mutterlauge herrührenden.
                           Endlich überläßt man das Ganze mehrere Stunden lang ruhig sich selbst; dann decantirt
                              man die klare fahlgelbe Flüssigkeit und sammelt den gelblichbraunen Niederschlag auf
                              einem Filter mit den gleich Anfangs abgeschöpften Antheilen des ausgeschiedenen
                              Farbstoffes.
                           Die mittelst dieses Verfahrens dargestellte Substanz, welche außer den nutzbaren
                              Farbstoffen des Krapps eine Menge von fremdartigen, pektinösen, schleimigen,
                              harzigen und fetten Materien und unächten Farbstoffen enthält, bildet das pektinöse oder pektinhaltige
                                 Extract (A). Man kann es austrocknen lassen und
                              pulverisiren; in diesem Zustande stellt es ein mattes gelbes, etwas bräunliches
                              Pulver dar, welches sich wie ein extrastarkes Garancin verhält und beim Färben mit
                              Zusatz einer geeigneten Menge Kreide sehr satte und ziemlich ächte Nüancen
                              liefert.
                           Der mit der Alkalilösung erschöpfte Krapprückstand enthält noch eine ziemlich
                              beträchtliche Menge von nutzbarem Farbstoff, aber in Form einer Verbindung, auf
                              welche das kohlensaure Natron nicht wirkt. Ein Theil dieses Farbstoffes könnte zwar
                              in Lösung gebracht und gewonnen werden, wenn man anstatt des Kohlensäuresalzes eine
                              heiße Lösung von Aetznatron nähme; diese veranlaßt aber, wenn sie von vorn herein
                              angewendet wird, eine so starke Anschwellung des Krapps und versetzt ihn in einen so
                              gelatinösen Zustand, daß das Auswaschen fast unmöglich wird. Aus diesem Grunde,
                              sowie auch deßhalb, weil selbst die Aetznatronlauge nicht allen Farbstoff
                              auszuziehen vermag, ist es vorzuziehen, im Anfange mit kohlensaurem Natron zu
                              arbeiten und das Aetznatron erst zuletzt zu benutzen.
                           Damit der Krapprückstand einen weiteren Antheil des in ihm enthaltenen Farbstoffes
                              abgeben kann, muß er durch Behandlung mit Säure in einen anderen Zustand versetzt
                              werden; man verwandelt ihn daher durch Kochen mit der vom grünen Alizarin
                              herrührenden Mutterlauge in schwaches Garancin.
                           Man verfährt zu diesem Zwecke genau so, wie wenn es sich um die Darstellung des
                              gewöhnlichen Garancins handelte; nur braucht das Kochen nicht so lang fortgesetzt zu
                              werden und die Extractionsflüssigkeit braucht nicht so sauer zu seyn.
                           Das so erhaltene schwache Garancin wird sorgfältig ausgewaschen. Zu diesem Behufe
                              übergießt man es mit einem gleichen Volum kalten Wassers, um es abzukühlen; hierauf
                              bringt man es in einen dritten Apparat zum methodischen Auslaugen.
                           
                           Bei der Darstellung des käuflichen Garancins würde die
                              Anwendung eines zum methodischen Auslaugen dienenden Apparates einen bedeutenden
                              Fortschritt bilden und ein solcher sollte überall eingeführt werden. Dadurch würde
                              man sich zwei höchst beachtenswerthe Vortheile sichern, nämlich:
                           1) würde man das erhaltene Garancin weit vollständiger auswaschen und sorgfältiger
                              von Säure befreien können; hierdurch würde man, ohne Vermehrung der Handarbeit, ein
                              Garancin darzustellen im Stande seyn, welches den Krappblumen näher stände und
                              schönere, namentlich ächtere Farben liefern würde;
                           2) wenn man bei dem gewöhnlichen Fabricationsverfahren das Auswaschen nicht länger
                              fortsetzt, so geschieht dieß, um merkliche Verluste an nutzbarem Farbstoff zu
                              verhüten. Denn während säurehaltiges Wasser nur Spuren von Purpurin und Alizarin zu
                              lösen vermag, löst reines Wasser merkliche Mengen von denselben. Setzt man demnach
                              das Auswaschen bis zum Verschwinden jeder sauren Reaction fort, so entzieht man dem
                              Garancin eine ziemlich beträchtliche Quantität Farbstoff, so daß es mit zunehmender
                              Reinheit auch schwächer wird.
                           Bei Anwendung des Apparates zum methodischen Auslaugen ist dieser Uebelstand nicht zu
                              fürchten. Zwar gibt das Garancin zuletzt an das reine Wasser gleichfalls eine
                              gewisse Menge Farbstoffe ab, welche in Lösung gehen; allein diese Lösung muß
                              hierbei, bevor sie abfließt, stets frisch bereitetes und noch sehr saures Garancin
                              durchdringen; bei Gegenwart von Säure aber schlagen sich die Farbstoffe auf das
                              saure Garancin nieder und reichern dasselbe an. Mit anderen Worten: da die aus dem
                              Apparate austretende Flüssigkeit immer saurer ist (und zwar saurer als die meisten
                              Waschwässer, welche man bei dem gewöhnlichen Auswaschen des Garancins weglaufen
                              läßt), so erleidet man keinen merkbaren Verlust an Farbstoff und das methodisch
                              ausgewaschene Garancin muß zuletzt nicht allein besser ausgewaschen und weniger
                              sauer, sondern auch gehaltreicher seyn, als das auf die bisher übliche Weise
                              ausgewaschene Product.
                           Dieselben Betrachtungen gelten bis zu einem gewissen Punkte auch für die Fabrication
                              der Krappblumen. Ein methodisches Auswaschen dieses
                              Productes, mit nachfolgendem starken Auspressen verbunden, würde einerseits
                              zuckerhaltige, zur Gewinnung von Krappspiritus mit größerem Vortheile anzuwendende
                              Flüssigkeiten, andererseits fast vollkommen neutrale Krappblumen liefern.
                           Wir kommen nun auf das schwache Garancin zurück. Dasselbe wird gut ausgewaschen und
                              hernach wie beim ersten Male extrahirt, zunächst mit einer heißen, aber sehr
                              schwachen Lösung von kohlensaurem Natron, dann mit einer gleichfalls heißen und ganz
                              schwachen Lösung von Aetznatron, zuletzt mit kochendem Wasser. Dazu wird wiederum
                              der Apparat zum methodischen Auslaugen benutzt.
                           Die bei diesem Auslaugen erhaltenen, noch ziemlich stark gefärbten alkalischen
                              Flüssigkeiten werden durch Mutterlauge von der Darstellung des grünen Alizarins
                              gefällt. Der entstandene, an schleimigen Theilen reichere, dagegen an Farbstoff
                              ärmere Niederschlag wird auf einem Filter gesammelt, und nach dem Abtropfen ein oder
                              zweimal mit reinem Wasser gewaschen; er bildet dann das pektinöse oder pektinhaltige Extract (B) und kann gleichfalls getrocknet und pulverisirt
                              werden.
                           Hinsichtlich seiner Natur stimmt dieses Extract mit dem pektinhaltigen Extracte (A) überein; nur ist es noch unreiner und enthält
                              verhältnißmäßig weniger von nutzbaren Farbstoffen. Bei sorgfältiger Leitung des
                              Processes ist der Krapprückstand nun beinahe vollständig erschöpft und man kann ihn
                              (selbst ohne ihn vorher auszupressen) wegwerfen.
                           Es ist indessen immer räthlich, sich zu überzeugen, ob dieser Rückstand nicht noch
                              eine merkliche Quantität von Farbstoffen enthält. Zu diesem Zwecke kocht man ihn mit
                              Wasser, welches mit Schwefelsäure angesäuert worden ist und wäscht ihn dann aus;
                              kurz, man behandelt ihn als ob man ihn in schwaches Garancin umwandeln wollte. Das
                              Product dieses Verfahrens probirt man, indem man mit demselben einen gebeizten
                              Kattun färbt.
                           Sollten die Beizen sich noch ziemlich kräftig färben, so muß man die Behandlung mit
                              Mutterlauge vom grünen Alizarin, mit darauf folgendem Auswaschen wiederholen und
                              schließlich ein neues Auslaugen – dießmal aber nur mit einer sehr schwachen,
                              kochenden Aetznatronlauge – vornehmen.
                           Die dadurch erhaltenen gefärbten alkalischen Flüssigkeiten werden wiederum mit
                              Mutterlauge vom grünen Alizarin niedergeschlagen, wodurch man eine geringe Menge
                              eines dritten pektinösen Extractes (C) erhält. Der Krapprückstand wäre nun gänzlich
                              erschöpft.
                           Beim Auslaugen mit einer alkalischen Flüssigkeit muß man stets besorgt seyn, nur mit
                              vollkommen klaren und durchsichtigen Lösungen zu arbeiten.
                           Hat man über kalkfreies Wasser zu verfügen, so gewährt dieß einen großen Vortheil.
                              Ist man indessen genöthigt, zur Darstellung der alkalischen Flüssigkeiten ein
                              kalk- und magnesiahaltiges Wasser zu verwenden, so muß man zunächst das
                              Kalkbicarbonat und die Magnesia mittelst einer geeigneten Menge Kalkmilch fällen und
                              dann erst das kohlensaure und das Aetznatron in dem so theilweise gereinigten Wasser lösen. Man
                              rührt darauf gut um, läßt die Lauge vierundzwanzig Stunden absetzen und benutzt nur
                              den von dem gefällten Kalk etc. decantirten klaren Antheil der Alkalilösung.
                           Auch zum Auswaschen mit bloßem Wasser, welches auf das Auslaugen folgt, muß man
                              jedesmal ein von Kalk- und Magnesiasalzen auf die angegebene Weise befreites
                              Wasser benutzen.
                           
                              
                                 (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)