| Titel: | Ueber Ringöfen und andere continuirliche Ziegelbrennöfen neuerer Construction; von F. Michell, technischem Director der Actien-Biegelei München. | 
| Autor: | F. Michell | 
| Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. XIV., S. 30 | 
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                        XIV.
                        Ueber Ringöfen und andere continuirliche
                           								Ziegelbrennöfen neuerer Construction; von F. Michell, technischem Director der Actien-Biegelei
                           									München.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									I.
                        Michell, über Ringöfen und andere continuirliche
                           								Ziegelbrennöfen.
                        
                     
                        
                           Seit etwa dreißig Jahren hat die Anwendung des continuirlichen Heizungsprincipes bei
                              									der Construction von Ziegelöfen immer steigende Aufnahme gefunden, so daß heutzutage
                              									der intelligente Theil der Ziegeleibesitzer überall gut construirte Oefen mit
                              									ununterbrochenem Betriebe für eine vortheilhafte Fabrication unentbehrlich hält. Wie
                              									in allen Industriezweigen, hat auch in diesem die Concurrenz fast aller Orten so
                              									sehr überhand genommen und die Preise der Producte so sehr herabgedrückt, daß nur
                              									der Ziegeleibesitzer bestehen kann, welcher sich die enorme Brennstoffersparniß
                              									eines continuirlichen Ofens zu Nutzen macht. Immer unabweisbarer wird das Bedürfniß
                              									solcher Oefen, je mehr die Brennmaterialien stetig im Preise steigen und leider muß
                              									dieß mit Bestimmtheit angenommen werden.
                           Unter den continuirlichen Oefen haben bis heute die Ringöfen die größte Verbreitung
                              									gefunden; dieß ist das Verdienst des Hrn. Baumeisters Fr. Hoffmann in Berlin, welcher durch rastlosen Eifer es dahin gebracht hat,
                              									daß die continuirlichen Oefen dieser Construction trotz ihrer hohen Anlagekosten und
                              									sonstigen Mängel (auf die ich später zu sprechen komme) in allen civilisirten
                              									Ländern der Erde mehr oder weniger Aufnahme gefunden haben.
                           Bei der großen Bedeutung der continuirlichen Oefen für die Ziegel- und andere
                              									Industrien, und da ich annehmen darf, daß die Entstehung und Entwickelungsgeschichte
                              									derselben manchen Lesern dieses Journals in ihrem ganzen Zusammenhang nicht bekannt
                              									und daher von Interesse seyn dürfte, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, so weit es
                              									authentische Quellen und Erfahrungen mir ermöglichten, im Folgenden einen Beitrag
                              									dazu zu liefern und weiters eine neue, meines Wissens noch nicht veröffentlichte
                              									Constructionsart continuirlicher Oefen, mit künstlicher Trocknung verbunden, zu
                              									beschreiben.
                           Im Jahre 1841 hat sich Joseph Gibbs, Civilingenieur aus
                              									Kennington, in England einen Ringofen patentiren lassen, welchen Fig. 1 im Grundriß und
                              										Fig. 2 im
                              									Querschnitt darstellt. Dieser Ringofen (circular kiln)
                              									ist mittelst durchbrochener Zwischenmauern in 12  Unterabtheilungen getheilt. Der
                              									Schornstein communicirt mit der Heizung im Ofen mittelst eines beide verbindenden
                              									ringförmigen Rauchsammelcanales, in welchen absperrbare Rauchcanäle einmünden.
                           Fig. 3 zeigt im
                              									Grundriß und Fig.
                                 										4 im Querschnitt eine Modification dieses Ofens; hierbei läßt Gibbs die Rauchgase durch senkrechte Röhren im
                              									Ofengewölbe abziehen, wobei Schornstein, Rauchsammler und Rauchcanäle umgangen
                              									sind.
                           Einen anderen Ringofen, erbaut zu Villeneuvele-Roi in Frankreich, finden wir
                              									in Förster's Bauzeitung (Wien 1857) veröffentlicht. Fig. 5 stellt
                              									den Grundriß desselben dar, Fig. 6 u. 7 gemauerte Schürschächte
                              									im Brennraum.
                           Dieser Ringofen unterscheidet sich wesentlich von den vorstehenden, indem die
                              									Verbrennung mit heißer Luft erfolgt, während Gibbs sich
                              									noch der gewöhnlichen mit kalter Luft gespeisten Rostheizung bediente. Das
                              									Brennmaterial wird hier von oben in gemauerte Schürschächte eingeworfen und erhält
                              									zur Verbrennung die durch die zurückliegenden frisch ausgebrannten Abtheilungen
                              									geströmte und dadurch hoch erhitzte atmosphärische Luft. Der Betrieb dieses Ofens
                              									findet ganz in derselben Weise statt wie bei dem besprochenen Gibbs'schen Ofen (Fig. 1 u. 2) und dem nachfolgenden
                              									sogen. Hoffmann'schen (beschrieben vom Erfinder im
                              									polytechn. Journal, 1860, Bd. CLVIII S. 183).
                           Ich gehe nun zu der bekanntesten Modification der Ringöfen, zu dem Ofen von Hoffmann und Licht in Berlin
                              									über, welcher in Fig. 8 im Grundriß und in Fig. 9 im Querschnitt
                              									abgebildet ist. Dieser Ofen stellt eine Vereinigung der Gibbs'schen Construction mit der Verbrennungsmethode des Ofens in
                              									Villeneuve dar; wir finden hier übereinstimmend mit Gibbs' Construction (man vergl. Fig. 1) einen in
                              									Unterabtheilungen eingetheilten ringförmigen Brennraum, ferner einen ringförmigen
                              									Rauchsammler mit Einströmungsöffnungen zum Kamin, einen aus jeder Unterabtheilung
                              									nach dem Rauchsammler führenden absperrbaren Rauchcanal, und endlich senkrechte
                              									Röhren im Ofengewölbe, die aber hier nicht als Rauch-, sondern als Heizröhren
                              									dienen.
                           Die Heizmethode ist, wie gesagt, der französischen Anordnung entsprechend, das
                              									Brennmaterial wird ebenfalls von oben in Schürschächte eingeworfen und wie dort
                              									erfolgt die Verbrennung mit erhitzter Luft. Die Schürschächte des französischen
                              									Ofens sind stabil (aufgemauert), Fig. 6 und 7; beim Hoffmann'schen Ofen werden sie aus den zu brennenden
                              									Steinen gebildet, siehe Fig. 10 u. 11. In der
                              									Praxis hat letztere Anordnung, gegenüber der französischen, unter Umständen ihre
                              									Vorzüge; beim Brennen von gewöhnlichen Backsteinen nämlich, welche  man der directen Berührung mit
                              									dem Brennmaterial aussetzen darf, kann der Raum, den gemauerte Schürschächte
                              									wegnehmen würden, dadurch mitbenutzt werden, daß man die Schürschächte jedesmal aus
                              									den zu brennenden Steinen bildet.
                           Vom theoretischen Standpunkt hat die erwähnte Abweichung am Hoffmann'schen Ofen keine Bedeutung, denn principiell ist es gleichgültig
                              									ob die Schürschächte aufgemauert sind und stehen bleiben, oder aus losen Steinen
                              									aufgesetzt und beim jedesmaligen Leeren des Ofens entfernt werden. Im Princip ändert
                              									das, wie gesagt, nichts, da im einen wie im anderen Falle das Feuer ungehindert von
                              									einer Abtheilung in die andere strömt, das Einwerfen des Brennmaterials in die
                              									Schürschächte von oben geschieht, die Verbrennung mit (auf gleiche Weise) erhitzter
                              									Luft erfolgt.
                           Es erübrigt mir noch, auf ein Verschlußmittel am Hoffmann'schen Ofen aufmerksam zu machen, welches wir an den früheren Ringöfen
                              									nicht finden: Hr. Hoffmann bedient sich nämlich zum
                              									Abschließen der Canalausmündungen im Rauchsammler und der Beschickungs- oder
                              									Heizröhren im Gewölbe, eiserner in Sand gebetteter Glocken statt Schieber oder
                              									Platten; diese Anordnung ist äußerst zweckmäßig, wenn auch nicht von Hrn. Hoffmann erfunden. Die Anwendung von Sandglocken finden
                              									wir bei vielen Oefen als Verschlußmittel schon früher, z. B. bei den Siemens'schen, bei dem von Dr. Zerrenner beschriebenen Glasofen in Tscheitsch
                              									(Wien 1856) und bei anderen.
                           Aus den vorstehenden geschichtlichen Mittheilungen geht hervor, daß Hr. Hoffmann nicht der Erfinder der Ringöfen und des
                              									denselben zu Grunde liegenden Heizungsprincips ist; wohl aber gebührt ihm das schon
                              									Eingangs hervorgehobene Verdienst: die continuirlichen Ziegelöfen durch seine
                              									Ringöfen überall bekannt gemacht und eingeführt zu haben.
                           Nach meiner Ansicht haften den Ringöfen hauptsächlich folgende Mängel an:
                           1) Daß es schwer hält, gleichmäßig gebrannte Waare zu erzielen,
                              									weil der Zug, also die Hitze, stets nach dem inneren Zirkel drängt, um naturgemäß
                              									auf dem kürzesten Wege zum Abzuge zu gelangen. In neuerer Zeit schlägt Hr. Hoffmann mitunter vor, die Oefen nicht kreisrund sondern
                              									oval zu bauen, wodurch einigermaßen diesem Uebelstande abgeholfen wird.
                           2) Die enormen Anlagekosten machen es unbemittelten Zieglern
                              									vorweg unmöglich sich solche Oefen anzuschaffen, während auch der bemittelte
                              									Ziegeleibesitzer sein Anlagecapital damit in einer Weise  erhöht, daß Zinsen und
                              									Amortisation den durch das continuirliche System am Brennmaterial erzielten Gewinn
                              									bedenklich schmälern.
                           Nachdem ich nun meine Erfahrungen und Ansichten über die Ringöfen dem Urtheil der
                              									geehrten Leser hiermit übergeben habe, will ich noch eine kurze Beschreibung der Einrichtung der unter meiner technischen Leitung stehenden
                                 										Ziegelfabrik folgen lassen.
                           Fig. 12 stellt
                              									den Grundriß eines Complexes dar, deren wir drei besitzen; jeder Complex ist auf
                              									eine jährliche Production von drei Millionen Backsteinen berechnet. Sie wurden im
                              									Laufe des Jahres 1864 nach dem System der Techniker Bührer und Hamel (in München) erbaut und
                              									bestehen aus continuirlichen Parallelöfen mit combinirter
                                 										Trockenanlage und Ventilatorbetrieb.
                           In Fig. 12 ist
                              										A der Grundriß des continuirlichen Parallelofens.
                              									Dieser Ofen besteht aus zwei parallel laufenden Brennräumen, die an ihren Endpunkten
                              									durch je einen kleinen Canal oder Schlitz mit einander in Verbinduug gebracht werden
                              									können, durch welche Anordnung ein continuirlicher Betrieb stattfindet. Zwischen den
                              									beiden Brennräumen liegt der Hauptabzugscanal für die Rauchgase, welche von hier aus
                              									durch einen Canal in die Trockenanstalt geführt werden.
                           Die Anlage dieser Oefen kommt viel billiger zu stehen als die des Ringofens, denn das
                              									ausschließlich gerade Mauerwerk wird leicht und rasch ausgeführt, die langen
                              									Abzugscanäle zum Rauchsammler fallen hier weg, ebenso das Mauerwerk des beim
                              									Ringofen besonders ausgeführten Rauchsammelcanales, denn hier entsteht der letztere
                              									durch die Seitenmauern der Ofenräume von selbst.
                           B ist der Grundriß der combinirten Trockenanlage.
                              									Dieselbe besteht aus einer entsprechenden Anzahl von Kammern, in welchen sämmtliche
                              									vom Ofen abziehende Rauchgase zum Trocknen von eben so viel Steinen verwendet werden
                              									als die Beschickung des Ofens erfordert.
                           C ist ein exhaustirender Ventilator als Betriebsmittel
                              									für den Ofen und die Trockenanstalt zusammen; mittelst dieser Anordnung wird die
                              									Temperatur der Rauchgase, welche bei jeder bisherigen Einrichtung mit circa 300° C. durch den Schornstein abzogen, auf
                              									20 und 25° C. ausgenutzt.
                           D ist der Ziegelmaschinen-Raum.
                           E ist der Dampfmaschinen-Raum. F ist der Dampfkessel; die Abwärme der
                              									Dampfkesselheizung wird ebenfalls in die Trockenanstalt geführt und dort
                              									ausgenutzt.
                           G ist ein Reserve-Schornstein, um bei Reparaturen
                              									an der Dampfmaschine oder dem Ventilator den Ofen allein betreiben zu können.
                           
                           Fig. 13 ist
                              									ein Ofenquerschnitt mit dahinterliegender Längenansicht des Trocken- und
                              									Fabrications-Gebäudes.
                           Der Ziegeleibetrieb ist mit dieser Einrichtung in die Reihe der regelmäßigen
                              									Fabricationen getreten; während derselbe nach bisheriger Weise in den meisten
                              									Klimaten auf wenige Sommermonate beschränkt ist, sind bei dieser Methode alle
                              									Witterungseinflüsse beseitigt.
                           Nicht nur nach meiner Erfahrung, sondern auch nach dem Urtheile hervorragender Männer
                              									der Wissenschaft und Praxis ist diese Einrichtung das Vollendetste was die Technik
                              									auf dem besprochenen Gebiete bis auf den heutigen Tag geleistet hat; ich fühle mich
                              									verpflichtet, auf die Leistungen der Herren Bührer und
                              										Hamel bei der Ausführung dieser Construction
                              									aufmerksam zu machen, und erkläre mich mit Vergnügen bereit den Interessenten
                              									gewünschte Nachweise zu liefern.
                           
                        
                     
                  
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