| Titel: | Das Signalwesen für Eisenbahnen auf der Pariser allgemeinen Industrie-Ausstellung im Jahre 1867. | 
| Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. XXVI., S. 81 | 
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                        XXVI.
                        Das Signalwesen für Eisenbahnen auf der Pariser
                           								allgemeinen Industrie-Ausstellung im Jahre 1867.
                        Nach einem Berichte des Hrn. Th. Ritter v. Goldschmidt im
                           								officiellen Ausstellungsberichte des k. k. österreichischen
                                 									Central-Comité's, 2te Lieferung, S. 109–130, im Auszuge bearbeitet.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Das Signalwesen für Eisenbahnen auf der letzten
                           								Welt-Ausstellung zu Paris.
                        
                     
                        
                           Die uns vorliegende Quelle gibt in systematischer Weise die für die Sicherheit des
                              									Verkehres an den Eisenbahnstationen, sowie auf der freien Bahn in verschiedenen
                              									Staaten zur Benutzung kommenden fixen Signalsysteme; die vorgeführten Anordnungen
                              									dürften wohl als Repräsentanten der meisten bis jetzt zur Anwendung gekommenen
                              									Sicherheitsapparate dieser Art angesehen werden. Es mag daher von Interesse seyn,
                              									einige dieser Signalsysteme hier in Kürze hervorzuheben, und dabei von den splendid
                              									ausgestatteten graphischen Darstellungen, welche unsere Quelle auf vier großen
                              									Steindrucktafeln mit allem zugehörigen Detail reproducirt, diejenigen Abbildungen
                              									hier mitzutheilen, welche zum Verständnisse nothwendig und ausreichend seyn dürften.
                              									Die Ordnung, in welcher v. Goldschmidt die verschiedenen
                              									Arten von Signalen aufführt, haben wir in der nachfolgenden Besprechung
                              									beibehalten.
                           Arm-Signale. — Diese Art von Signalen, wie
                              									sie in der Nähe von Stationen und auf der freien Bahn aufgestellt sich befinden, und
                              									welche fast durchweg mit dem eben angedeuteten Namen, zuweilen auch mit den
                              									Ausdrücken: optische Telegraphen, Korbsignale, Semaphore u. dgl. bezeichnet werden,
                              									ist ihrer Anordnung nach im Allgemeinen bekannt; sie dienen zur Deckung der
                              									Stationen, der Seitenlinien und überhaupt aller jener Punkte, welche mit der
                              									betreffenden Bahnlinie in Verbindung stehen. In neuester Zeit sind diese Signale an
                              									vielen Orten durch elektromagnetische Läutewerke ersetzt und sollen daher auch den
                              									Erfahrungen der Fachmänner zufolge, namentlich in Deutschland und Oesterreich nur
                              									eine untergeordnete Bedeutung haben. In Frankreich seyen die elekromagnetischen
                              									Läutewerke noch gar nicht in Anwendung, weßhalb hier die Construction der optischen
                              									Telegraphen und Semaphore besondere Berücksichtigung findet.  Der Haupttypus der
                              									französischen Semaphore für Eisenbahnen ist in Fig. 1 durch die optischen
                              									Telegraphen, wie sie auf der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn zur
                              									Anwendung kommen, repräsentirt. Der Apparat besteht aus einer gußeisernen, 6 bis 7
                              									Meter hohen Säule A, A,
                              									welche zwei Telegraphenarme B, C für die Signalisirung nach beiden Bahnrichtungen hin trägt; beide Arme
                              									sind um dieselbe Achse a drehbar und werden mittelst
                              									Hebel D, E und dünner
                              									Eisenstangen vom Bahnwärter gestellt. Die Arme sind auf einer Seite roth, auf der
                              									anderen weiß bestrichen, und jeder derselben trägt zwei runde Oeffnungen zur
                              									Aufnahme eines grünen und eines rothen Glases. Wird die Laterne F bei Nacht aufgezogen, so gibt sie weißes Licht, wird
                              									sie dabei von einem der farbigen Gläser bedeckt, so erscheint das Licht in dieser
                              									Farbe, also entweder grün oder roth. Die Signale find dann die gewöhnlichen und
                              									zwar:
                           
                              
                                 Bahn frei:
                                 bei
                                 Tag
                                 Arm
                                 vertical;
                                 bei
                                 Nacht
                                 weißes
                                 Licht.
                                 
                              
                                 Langsam fahren:
                                 bei
                                 Tag
                                 Arm
                                 unter 45° gestellt
                                 bei
                                 Nach
                                 grünes
                                 Licht.
                                 
                              
                                 Anhalten:
                                 bei
                                 Tag
                                 Arm
                                 horizontal
                                 bei
                                 Nacht
                                 rothes
                                 Licht.
                                 
                              
                           Wechsel-Signale. — Diese haben den Zweck,
                              									die Stellungen der Weichenzunge zu signalisiren und werden gleichzeitig mit dieser
                              									in Bewegung versetzt. Es sind drei Apparate, welche hier unsere Quelle besonders
                              									hervorhebt, nämlich das Pfeilsignal von Bender, das
                              									englische Wechselsignal nach dem Systeme von Deas und das
                              									Wechsel-Armsignal nach dem Systeme von Hall in den
                              									Vereinigten Staaten von Nordamerika, wobei die ersten zwei Systeme durch
                              									ausführliche graphische Darstellungen mitgetheilt sind.
                           Das Bender'sche Signal ist schon seit dem Jahre 1852 in
                              									Oesterreich und an vielen Orten Deutschlands eingeführt; in letzterer Zeit ist es
                              									verbessert in das sogen. Pfeilsignal umgewandelt worden, dessen Anwendung übrigens
                              									nicht bloß auf den Nachtdienst beschränkt ist.Man vergl. Engineering vom 3. März 1867, S.
                                    											455. Der Hauptbestandtheil desselben ist eine eigenthümlich
                              									angeordnete Laterne, welche in Fig. 2 in einer
                              									Längenansicht, in Fig. 3 in einer Seitenansicht und in Fig. 4. im Grundrisse
                              									(beiläufig in 1/12 nat. Gr.) dargestellt ist. Aeußerlich hat die Laterne A die Gestalt eines Pfeiles, dessen Spitze B der Richtung der Ausweiche entspricht. Im Inneren
                              									derselben ist die Centralflamme i, und jeder der beiden
                              									Seiten der Pfeilflächen gegenüber sind unter einem stumpfen Winkel gegen einander
                              									geneigte Glasspiegel m, m
                              										(Fig. 4),
                              									welche das Licht auffangen und auf die Signalscheibe K,
                              										K reflectiren; die Flächen der Scheibe sind concav
                              									und in der Art angeordnet,  daß sie überall gleichmäßig beleuchtet sind. In den Seitenflächen des Pfeiles B sind matt geschliffene weiße Gläser zum Durchlassen
                              									des Lichtes angebracht, um die gerade Bahn anzuzeigen. Die Laterne ist auf einer
                              									gewöhnlichen Säule angebracht und kann auf dieser mittelst einer einfachen
                              									Hebelvorrichtung von der parallelen zur senkrechten Stellung gegen die Bahnrichtung,
                              									also um 90 Grad gedreht werden. Dadurch, daß das Signal auf das Auge nicht bloß
                              									durch die Farbe, sondern auch durch die Pfeilform einwirkt, ist es selbst bei
                              									nebligem Wetter auf größere Distanzen sichtbar. Es hat bei Tag und bei Nacht
                              									gleiches Ansehen und bietet namentlich für die Nachtzeit, wo die genannte
                              									Beleuchtung mit dem reflectirten Lichte verwendet wird, die angestrebten Vortheile.
                              									— Bei dem von Th. S. Hall in Stamford
                              									(Connecticut) ausgestellten amerikanischen Alarmsignale wird durch die Stellung der
                              									Weichenzunge die Stromleitung eines elektromagnetischen Schlagwerkes entweder
                              									unterbrochen oder geschlossen; das Schlag- oder Läutewerk ersetzt das Signal,
                              									und die Batterie für den Elektromagneten des Läutewerkes ist in der Station
                              									aufgestellt. So lange die Weiche für die Hauptlinie gestellt ist, ist die
                              									Stromleitung unterbrochen, also das Läutewerk in Ruhe; sobald aber der Wechsel für
                              									die Zweigbahn eingestellt wird, wird die Kette geschlossen, und das Läutewerk gibt
                              									das Alarmsignal so lange, bis der Wechsel wieder auf die Hauptbahn umgestellt wird.
                              									Dieses System, welches auch in vielen anderen ähnlichen Fällen leicht angewendet
                              									werden kann, soll in den Vereinigten Staaten die Sicherheit des Bahndienstes
                              									bedeutend erhöht haben.
                           Distanzscheiben. — Unter den Signalen dieser Art,
                              									welche unsere Quelle beschreibt, nämlich Distanzscheiben mit einfacher, solche mit
                              									doppelter Drahtleitung, die von einem Standpunkte aus zu stellen sind, dann
                              									Distanzscheiben, welche von zwei Punkten aus gestellt werden können und endlich
                              									elektromagnetische Distanzscheiben, sollen einige Repräsentanten hier vorgeführt
                              									werden. Bei den meisten Systemen sind auch elektromagnetische Läutewerke angebracht,
                              									welche die richtige Stellung des Signales zu signalisiren haben. Als
                              									Haupterforderniß bei den Distanzscheiben muß der Umstand angeführt werden, daß bei
                              									jeder veränderten Lage des Stellhebels durch die Drahtleitung, die Scheibe genau
                              									einer jeden derartigen Einwirkung zu folgen im Stande sey. Es muß daher auch bei
                              									jenen Distanzscheiben, die auf mechanischem Wege eingestellt werden, jede
                              									Veränderung in der Länge oder Gestalt des Drahtzuges durch geeignete
                              									Spannungs- und Compensations-Apparate automatisch aufgehoben
                              									werden.
                           Als einen Signalapparat, der diesen Bedingungen Genüge zu leisten  scheint, dürfte die
                              									Distanzscheibe der französischen Nordbahn (Fig. 5, 6, 7 und 8) bezeichnet werden.
                              									Hierfür stellt Fig.
                                 										5 die rückwärtige Ansicht der Scheibe, Fig. 6 den
                              									Compensations-Apparat, Fig. 7 einen
                              									Längen-, Fig.
                                 										8 einen Querschnitt des Unterbrechers vor. Die Scheibenachse endigt nach
                              									oben in eine Gabel (Fig. 5), an welche die Scheibe angenietet ist, die in der Mitte eine
                              									längliche Oeffnung hat. Die dazu gehörige Laterne kann mittelst einer über eine
                              									Rolle gehenden Kette auf- und abgezogen, und wenn sie in erhöhter Stellung
                              									sich befindet, mit der Scheibe um 90° gedreht werden. Das Gestell, auf
                              									welchem diese Vorrichtungen ruhen, besteht aus vier runden Eisenstangen, und an
                              									demselben ist eine Leiter angebracht, durch welche dem Bahnwärter die Scheibe und
                              									die Laterne zugänglich gemacht werden. Ein Gegengewicht, welches das Bestreben hat,
                              									die Scheibe auf den „Stillstand“ zu drehen, ist mit dem
                              									Scheibenmaste in Verbindung. Der um eine horizontale Achse drehbare Stellhebel
                              									gleitet an einem Sector und kann in jeder Lage festgestellt werden. Mit diesen
                              									Signalvorrichtungen ist nun eine Spannungs- und Compensationsvorrichtung
                              										(Fig. 6)
                              									verbunden, welche den Zweck hat, die durch Temperaturwechsel hervorgebrachten
                              									Längenänderungen der Drahtleitung unwirksam zu machen. Es muß zu dem Ende auf das
                              									Sorgfältigste mit Rücksicht auf jede Krümmung die Länge der ganzen Drahtleitung
                              									ermittelt werden; genau in der Mitte wird sie dann unterbrochen, das Ende einer
                              									jeden der beiden Hälften über eine verticale Rolle (Fig. 6) gelegt, durch ein
                              									Kettenstück verlängert und hierauf das Spannungsgewicht nach der in der Abbildung
                              									angedeuteten Weise angehängt. Letzteres hängt nämlich an einem kleinen Hebel, der in
                              									der Richtung des Stellhebels mit dem Drahtseile verbunden ist, in der
                              									entgegengesetzten Richtung aber, welche der Scheibe zugewendet ist, nur mittelst
                              									eines Hakens in der Kette liegt. Reißt der Draht in der Hälfte zwischen dem
                              									Spannungsgewichte und dem Stellhebel, so fällt das Gewicht zu Boden, löst sich dabei
                              									aus der Kette, und die Scheibe, bloß dem Gegengewichte folgend, stellt sich auf das
                              									Haltsignal. Würde hingegen der Draht an der anderen, der Scheibe zugekehrten Hälfte
                              									reißen, so würde ebenfalls die Wirkung des Spannungsgewichtes aufgehoben werden, und
                              									die Scheibe schließt wieder die Bahn ab. Da hier das spannende Gewicht nicht am
                              									Ende, sondern genau in der Mitte des Drahtes angebracht ist, so ist seine Wirkung
                              									bei jeder Lage des Stellhebels dieselbe und wirkt andauernd. Wenn Spannungs-
                              									und Gegengewicht in einem gewissen Verhältnisse gewählt und passend regulirt werden,
                              									so kann bei mäßiger Stärke derselben dem Zwecke entsprochen und sogar die Dicke des
                              									Drahtzuges auf ein Minimum beschränkt bleiben. Für letzteren wird  verzinkter Eisendraht von 2,5
                              									Millimeter Dicke verwendet; bei jedem der beiden Gewichte wird bloß ein
                              									unveränderliches Hauptgewicht benutzt, welches für das Gegengewicht 12, für das
                              									Spannungsgewicht 30 Kilogramme beträgt; auf jenes können dann zum Zwecke der
                              									Regulirung kleine Scheiben von 2 Kilogr., auf dieses solche von 5 Kilogrm. gelegt
                              									werden. So lange die Scheibe geschlossen ist, wird ein elektromagnetischer
                              									Controlapparat in Thätigkeit gesetzt. Die Einrichtung des hierzu gehörigen
                              									Stromunterbrechers und Stromherstellers ist (Fig. 5, 7 und 8) folgende: Ein ziemlich
                              									schweres Metallstück A, sowie die mit ihm fest
                              									verbundene, mit Platin belegte Feder B drehen sich
                              									gemeinschaftlich um die horizontale Achse O. Zwischen
                              									dem Erddrahte T und dem Metallstücke A wird mittelst der Contactfeder C die metallische Verbindung hergestellt, während ein kleines Platinprisma
                              										L, mittelst eines Hartkautschukstückes K isolirt, in directer Verbindung mit der Leitung steht;
                              									mit der Achse jener Scheibe dreht sich auch ein Hebel D,
                              									der an dieselbe mittelst eines Ringes angeschraubt ist. Ist die Scheibe offen, so
                              									ruht das Metallstück A auf der Unterlage E und die Feder B steht dann
                              									mit dem Isolator K in Berührung, wodurch also der Strom
                              									unterbrochen ist; schließt sich die Scheibe, so wird durch den Hebel D das Stück A gehoben, die
                              									Feder B kommt mit dem Platinstücke L in Contact, und der Strom ist hergestellt. Der ganze
                              									Commutator ist, um ihn gegen äußere Einflüsse zu schützen, von einem Zinkkasten
                              									umgeben.
                           In eigenthümlicher Weise wird nach der Anordnung von Preece und Warwick auf mehreren englischen
                              									Eisenbahnen das Brennen der Laternen in den Distanzscheiben automatisch controlirt.
                              									So lange nämlich die Flamme in der Laterne angezündet ist, wird ein in derselben
                              									befindliches Metallstäbchen durch die Erhitzung ausgedehnt und drückt dabei gegen
                              									eine Metallfeder, wodurch letztere von einem elektrischen Contacte entfernt gehalten
                              									wird; wird hingegen durch irgend einen Zufall die Flamme ausgeblasen, so zieht sich
                              									das Metallstäbchen zusammen und die Feder stellt hierauf mittelst des Contactes
                              									einen elektrischen Strom her, durch welchen ein in der Nähe des Signalwarters
                              									befindliches Läutewerk in Thätigkeit versetzt wird. Diese Anordnung soll sicher
                              									functioniren; das Princip derselben ist jedoch nicht neu, da schon seit längerer
                              									Zeit ein ähnliches für den Dienst bei Feuerwachen verwendet wird.
                           Unter den mittelst elektromagnetischer Wirkung in Bewegung versetzten Distanzscheiben
                              									ist in unserer Quelle das System von Johann Leopolder in
                              									Wien und jenes der Hipp'schen Telegraphenfabrik in
                              									Neuenburg aufgeführt; letzteres ist in diesem Journale (Bd. CLXV S. 107) von dem Erfinder beschrieben worden. Das System von 
                              									Leopolder ist in Fig. 9 schematisch
                              									abgebildet. Die Scheibe S besteht aus zwei getrennten
                              									Hälften, von denen die untere fix, die obere aber um eine durch ihren Mittelpunkt
                              									gehende horizontale Achse drehbar ist. Die geschlossene Scheibe gibt (Fig. 10) das
                              									Haltsignal, die halb offene (Fig. 9) die freie Bahn an.
                              									In dem beweglichen Theile der Scheibe ist eine kreisförmige Oeffnung angebracht,
                              									durch welche bei Nachtzeit das Laternenlicht wahrnehmbar ist und bei freier Bahn an
                              									der halb offenen Scheibe grünes Licht, bei geschlossener Scheibe aber das rothe
                              									Licht der Laterne wahrnehmen läßt. Bei freier Bahn wird (Fig. 9) die obere Hälfte
                              									der Scheibe im halb offenen Zustande dadurch erhalten, daß das Triebwerk A, welches durch Einwirkung auf die Kette f jene Scheidenhälfte drehen kann, durch den Sperrarm
                              										e und den Hebel d, der
                              									in letzteren einfällt, arretirt wird. Bei B ist nämlich
                              									mittelst eines Tasters T ein Strom hergestellt, der
                              									durch die Volta'sche Batterie D erzeugt, durch den Tasterhebel und die Stromführung I zur Spirale des Elektromagnetes a gelangen und aus dieser wieder direct durch die Erde bei E zurückkehren und bei E1, zum anderen Pole der Batterie E gehen kann. Der Elektromagnet a. zieht daher seinen Anker an, dreht die Gabel c hierdurch nach aufwärts, und diese erhält also den Hebel d in der Lage, bei welcher das Triebwerk A gesperrt bleibt. Soll nun die bewegliche Halbscheibe
                              									in die geschlossene Lage (Fig. 10) gebracht werden,
                              									so hat man bloß den Taster T niederzudrücken; hierdurch
                              									wird der Strom der Batterie unterbrochen, der Elektromagnet a außer Thätigkeit gesetzt, sein Anker mittelst der an dem Arme b wirkenden Abreißfeder abgezogen, letzterer mit der
                              									Gabel c nach links um ihre Achse gedreht; es muß daher
                              									der Hebel d, um seine Achse sich drehend, nach abwärts
                              									fallen und den Sperrarm e auslösen. Da jetzt das
                              									Triebwerk A in Thätigkeit kommt, so wird nunmehr die
                              									bewegliche Halbscheibe und mit ihr auch die hinter derselben befindliche Laterne um
                              									180 Grad gedreht, so daß jene in die geschlossene Lage versetzt wird. Diese Lage
                              									wird durch das Läutewerk C controlirt; es wird nämlich
                              									mittelst eines kleinen am Kettenrade befindlichen Ansatzes h gleichzeitig ein Contact bei g hergestellt,
                              									der mittelst des Stromlaufes II mit einem Ende des
                              									Elektromagnetes bei C verbunden ist, während das andere
                              									Ende dieser Spirale mittelst des zugehörigen Stromunterbrechers durch die
                              									Stromleitung III mit einem Pole der Batterie E in Verbindung gesetzt und der andere Pol dieser
                              									Batterie zur Erdplatte E1, führt. Da andererseits das kleine Excentric h mit der Erdplatte E in leitender Verbindung
                              									steht, so bleibt also der Strom für das Läutewerk C so
                              									lange geschlossen, als der Contact bei g stattfindet,
                              									also so lange der Taster T niedergedrückt bleibt; läßt
                              									man  letzteren aber frei
                              									und in seine erste Ruhelage zurückkehren, so wird nicht bloß die Kette für die
                              									Batterie E und das Läutewerk C wieder unterbrochen, sondern auch durch die Thätigkeit des Triebwerkes
                              										A die bewegliche Halbscheibe in ihre erste Lage
                              									zurückgedreht, wobei dann, da jetzt wieder der Strom der Batterie in Thätigkeit
                              									kommt, der Sperrhebel d in die Klinke e einfällt und das Triebwerk A arretirt. Der Vortheil dieser Scheibe soll hauptsächlich darin liegen,
                              									daß dieselbe nur um eine horizontale Achse drehbar und so dem Einflüsse der Stürme
                              									entzogen sey; allerdings werden aber auch hierdurch die Einflüsse, welche von dem
                              									Temperaturwechsel herrühren, gleichzeitig beseitigt. Derartige Distanzscheiben seyen
                              									in Oesterreich auf der Südbahn und Kaiserin Elisabeth-Westbahn versuchsweise
                              									angewendet worden.
                           Selbstwirkende Signale für Tunnels, Wegübersetzungen,
                                 										Zweigbahnen. — Für diese Zwecke werden wieder entweder mechanische
                              									oder elektromagnetische Vorrichtungen benutzt, die selbst wieder sich darin
                              									unterscheiden können, daß sie entweder Distanzscheiben u. dgl. oder Läutewerke
                              									automatisch in Thätigkeit versetzen. Eines der sinnreichsten Mittel dieser Art
                              									bietet die selbstwirkende Distanzscheibe nach dem Systeme Limouse dar, welche seit einer Reihe von Jahren von der französischen
                              									Ostbahn bei kurzen Tunnels in Anwendung kommt. Ihr Princip besteht darin, daß, wenn
                              									der Zug in den Tunnel einfährt, das erste Rad der Maschine gegen einen Tritt drücken
                              									muß, der am inneren Rande der Schiene angebracht ist. In Folge des Niederdrückens
                              									jenes Trittes wird die Achse einer Sperrklinke gedreht, hierdurch ein Arm eines
                              									doppelarmigen Hebels ausgelöst; ein am anderen Arme dieses Hebels befindliches
                              									Gewicht fällt hierbei nieder und zieht dadurch eine Stange und einen Balancier mit,
                              									wodurch die Scheibe um 90 Grad gedreht und auf das Haltsignal eingestellt wird. Am
                              									anderen Ende des Tunnels ist eine Welle angebracht, an welche mittelst eines Seiles
                              									Gewichte gelegt sind, und diese Welle ist mit dem Scheibenapparate durch ein
                              									zweifaches Drahtseil verbunden. In Folge der Drehungen der Scheibe wird dieser Draht
                              									angespannt, die Welle gedreht, und es kommt so an dem abgewendeten Ende des Tunnels,
                              									gegen das hin der Zug fährt, aus einer vertieften Stelle ein roth angestrichenes
                              									Gewicht zum Vorschein, wodurch dem Signalwächter das Herannahen des Trains angezeigt
                              									wird. Hat der Zug den Tunnel passirt, so zieht dieser Wärter das markirte Gewicht
                              									wieder zurück, wodurch dann auch die Signalscheibe wieder in ihre erste Lage
                              									versetzt wird.
                           Ein von der französischen Nordbahn ausgestelltes Tunnelsignal kommt dadurch zur
                              									Thätigkeit, daß, sobald der Train in den Tunnel  einfährt, von einem der Vorderräder der Locomotive gegen
                              									ein am inneren Rande der Schiene angebrachtes Pedal gedrückt und hierdurch ein Strom
                              									hergestellt wird, welcher ein Läutewerk am Eingänge des Tunnels in Thätigkeit
                              									versetzt. Letzteres tönt so lange, bis der Train den Tunnel verläßt, und bei der
                              									Ausfahrt drückt dann das Maschinenrad auf ein zweites Pedal, wodurch dann wieder der
                              									Strom für jenes Läutewerk unterbrochen wird. Gleichzeitig aber wird auch bei der
                              									Einfahrt in den Tunnel ein am Ausgange desselben angebrachtes Läutewerk zum
                              									Functioniren gebracht, dessen Thätigkeit jedoch von dem Signalwächter selbst
                              									mittelst eines eigenen Tasters unterbrochen werden muß. Jedes Geleise besitzt eine
                              									Gruppe solcher Apparate, und die Signalisirung wird durch Distanzscheiben
                              									vervollständigt. Unsere Quelle erwähnt der dabei angewendeten
                              									Blasbalg-Contactunterbrecher (Commutateurs à
                                 										souffler), ohne davon eine nähere Beschreibung zu geben.
                           Während das zuerst genannte Tunnelsignal wohl kaum auf eine Länge von 1000 Meter mit
                              									Sicherheit wirken dürfte, kann das letzte bei einer beliebigen Länge des Tunnels in
                              									Anwendung kommen. Ein weiteres Signalsystem für diese Zwecke, welches hier erwähnt
                              									wird, und das beiläufig darin bestehen soll, daß noch bis zu einer Entfernung von
                              									2000 Meter von zweien an den beiden Endpunkten angebrachten und durch einen Draht
                              									unter sich verbundenen Gewichten durch Hebung des einen das sichere Abwärtsgehen des
                              									anderen bewirkt werden soll, um dabei eine Glocke in Bewegung zu versetzen, dürfte
                              									wohl keine besonders präcise Thätigkeit zu vollführen im Stande seyn.
                           Distanzscheiben in Verbindung mit Knallkapseln. —
                              									Daß zur Sicherung des Verkehres bei trüber und nebliger Witterung von jedem
                              									Eisenbahntrain selbst wesentlich dadurch beigetragen werden kann, daß derselbe
                              									sogen. Knallkapseln auf die Schienen legt, ist bekannt. Die neueren Systeme gehen
                              									nun dahin, daß die Signalvorrichtung selbst, welche das Absperren der Bahn besorgt,
                              									die Kapseln auf der Schiene anzubringen hat.
                           Von den Systemen dieser Art, welche unsere Quelle beschreibt, soll nun zunächst das
                              									mit der Distanzscheibe der französischen Nordbahn (s oben S. 83) verbundene absolute
                              										Haltsignal (disque d'arrêt
                                 										absolu) zur Erwähnung kommen; es ist dieß eine Distanzscheibe mit
                              									Knallkapsel, welche zum Schutze besonders wichtiger Punkte, z. B. der Abzweigungen
                              									von Seitenlinien bestimmt ist, und es darf der Maschinenführer bei festgesetzter
                              									Strafe die Scheibe nicht überfahren, wenn dieselbe geschlossen ist; das Ueberfahren
                              									gäbe sich durch das Zerdrücken der Knappkapsel kund. Die Scheibe ist bei diesem
                              									Signalapparate quadratisch  und in vier Felder eingetheilt, von denen zwei diagonal gegenüber liegende roth,
                              									die beiden anderen weiß sind. Ein eigenes mit der Scheibenstange (Fig. 5) verbundenes
                              									Hebelsystem (welches in Fig. 11 in einer Ansicht,
                              									in Fig. 12 im
                              									Grundrisse dargestellt ist) bewegt, während die Scheibe sich dreht, die Kapsel zu
                              									und von der Schiene; bei geschlossener Scheibe befindet sich die Kapsel auf der
                              									Schiene. Durch das Oeffnen derselben zieht die Stange A
                              									die Kapsel zurück. Die Stange A besteht aus zwei
                              									Theilen; der eine obere a trägt an einem Ende die
                              									Kapsel, ist am anderen mit einem Riegel c versehen und
                              									gleitet in eine Nuth der unteren Stange b; der Lauf der
                              									oberen Stange a wird durch die zwei festen Träger d und e begrenzt, indem der
                              									Riegel c; zwischen ihnen sich bewegen kann. Die Distanz
                              									der Träger d und e ist 136
                              									Millimeter. Während der Endpunkt des Hebels bei der Drehung der Scheibe um 90 Grad
                              									einen Lauf von 2 Decimeter hat, beschreibt also die Kapsel mit der Stange a nur ⅔ jenes Weges, wodurch man den Vortheil
                              									erlangt, daß selbst bei großer Entfernung zwischen Scheibe und Stellhebel, der
                              									Kapsel dennoch die angedeutete Bewegung mitgetheilt wird.
                           Bei der Distanzscheibe mit Knallkapsel auf der
                              									Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn, deren Signalapparat ohnehin ein
                              									absolutes Haltsignal bildet, müssen bei geschlossener Scheibe die Knallkapseln schon
                              									500 bis 700 Meter vor der Scheibe auf die Schiene gelegt werden. Die hierfür
                              									getroffene Anordnung des Scheibenapparates ist in Fig. 13 im Aufriß, in
                              										Fig. 14
                              									im Grundriß dargestellt. An der dem Signalwächter entgegengesetzten Seite der
                              									Scheibe drehen sich um die horizontale Achse A die
                              									beiden Arme B und C; der
                              									größere B aus Gußeisen trägt einen Kreissector, in
                              									welchem die Drahtleitung L befestigt ist, welche zur
                              									eigentlichen Knallsignalvorrichtung führt. Beide Arme B
                              									und C sind durch die Querstange D unter sich verbunden. Um dieselbe Welle A,
                              										A dreht sich der Winkelhebel M, A, N, an dessen
                              									kürzerem Arme N sich die Kette N1, anschließt, welche von der Scheibe
                              									kommt; der Spannungs- und Compensationsapparat hat die oben beschriebene
                              									Anordnung. In der Abbildung ist der Hebel M, A in seiner höchsten Lage, bei welcher die Bahn
                              									geschlossen ist, der kleine Arm N drückt auf die
                              									Querstange D, das Spannungsgewicht muß gleichfalls seine
                              									höchste Lage annehmen, während das Gegengewicht Q (Fig. 15) seine
                              									tiefste Lage hat. Wird die Scheibe geöffnet, so fällt das Gewicht M, der Hebel M, A. nimmt seine tiefste Lage an, der kleine Hebelarm N, A drückt nicht mehr auf
                              									die Querstange; die Hebel B und C können das Spannungsgewicht drehen, bis dasselbe in seine tiefste Lage
                              									kommt, während das Gewicht Q und der Hebel O, Q ihre höchsten
                              									Stellungen annehmen. Das Hebelsystem, durch welches die  Knallkapseln (es sind deren
                              									gewöhnlich zwei) auf die Schiene gelegt werden, ist in Fig. 15 in einer
                              									Seitenansicht, in Fig. 16 im Grundrisse dargestellt und hieraus dessen Thätigkeit leicht zu
                              									erkennen. Würde auf irgend einer Seite des Spannungsapparates der Drahtzug reißen,
                              									so würde das Spannungsgewicht sich auslösen und das Gewicht Q die Kapseln k, k
                              									sogleich auf die Schiene versetzen.
                           Sicherheitsvorrichtungen und Apparate für eine
                                 										Centralstation. — Der Zweck dieser Einrichtungen ist lediglich der,
                              									dafür zu sorgen, daß an einer Station, an welcher eine Gruppe von vielen Geleisen
                              									sich vereinigt, dem einfahrenden (und abgehenden) Zuge genau der Weg angewiesen
                              									wird, welchen die Sicherheit des Verkehres erfordert, so daß also die Stellung der
                              									Geleisewechsel mit den verschiedenen Signalen genau in Einklang gebracht und in
                              									diesem erhalten wird. „So lange — sagt unsere Quelle — das
                                 										Einstellen der Wechsel in anderen Händen als jenes der entsprechenden Signale
                                 										ruht, wie es in der That heute fast durchgehends der Fall ist, hängt die
                                 										Uebereinstimmung derselben einzig und allein von der gewissenhaften Ausführung
                                 										der Vorschriften von Seiten der Wächter oder sonstigen Beamten ab.“
                              									Sehr interessant sind nun die Einrichtungen, welche unsere Quelle vorführt, durch
                              									welche die Sicherheit des Verkehres an einer Centralstation auf einen hohen Grad
                              									gebracht ist; die unbedingte Abhängigkeit der Signal- und der
                              									Weichen-Stellung liegt jenen Anordnungen zu Grunde.
                           Das eine System jener Sicherheitseinrichtungen, welche unsere Quelle vorführt, ist
                              									von Vignier, Ingenieur der französischen Westbahn zu
                              									Paris; Vignier soll der Entwickelung seiner Erfindung
                              									fast 13 Jahre alle seine Kräfte gewidmet haben. Das Grundprincip für diese
                              									Einrichtungen im Pariser Westbahnhofe (Gare de
                                 										Saint-Lazare) besteht darin, daß die Stellhebel der Distanzscheiben
                              									und Weichenzungen in der Weise unter sich verbunden sind, damit nie eine Weiche
                              									geöffnet werden kann, wenn nicht zuerst das Signal zum Vorschein kommt, das jene
                              									Weiche zu decken hat. Zu dem Ende ist mit den Stellhebeln der Signale eine Gruppe von Eisenstangen in Verbindung gebracht,
                              									während mit den Stellhebeln der Weichenzungen eine zweite
                              									Gruppe solcher Eisenstangen durch Ketten u. dgl. in Verbindung steht. In den
                              									Eisenstangen der ersten Gruppe sind Löcher in der Art angebracht, daß bei
                              									harmonirender, also richtiger Stellung der Signale und Wechsel in dieselben die
                              									Eisenstangen der zweiten Gruppe einpassen und hier auf und ab geschoben werden
                              									können; dieses Einpassen findet jedoch nur, wie gesagt, bei richtig
                              									übereinstimmender Lage von Signalen und Wechseln statt. Stehen aber die Signale
                              									falsch, so entsprechen die Löcher nicht mehr den  Eisenstangen der Weichen und
                              									letztere können auch dann nicht mehr bewegt werden. Es muß also immer eine richtige
                              									Stellung der Signale zuerst vorausgehen, wenn die Weichen geöffnet werden wollen.
                              										„Im Pariser Westbahnhofe werden fünf Distanzscheiben von einem
                                 										einzigen Posten aus manövrirt, und indem die Stellhebel in ihrer Bewegung in der
                                 										genannten Weise mit einander verbunden sind, kann eine Scheibe nur dann geöffnet
                                 										werden, wenn die vier anderen die geschlossene Bahn anzeigen. Die Anwendung,
                                 										welche diese Apparate gestatten, ist sehr vielseitig. Das Oeffnen von
                                 										Abschlußschranken bei Wegübersetzungen kann von der richtigen Stellung der
                                 										Deckungssignale abhängig gemacht werden, wie wir Gelegenheit hatten, es bei
                                 										einer Allee, welche zum Parke von Saint-Cloud führt und die Linie von
                                 										Paris nach Versailles übersetzt, zu beobachten. In gleicher Weise kann das
                                 										Oeffnen einer Zugbrücke von der früheren Abschließung der Bahn bedingt
                                 										werden.“ Seinen ersten Sicherheitsapparat hat Vignier schon im Jahre 1854 für die Station Batignolles bei Paris
                              									eingerichtet; in den letzten Jahren wurde er auf den Linien der französischen
                              									West-, Nord- und Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn
                              									mehrfach angewendet.
                           Zu einem hohen Grade von Vollkommenheit haben die Einrichtungen von Saxby und Farmer (in Kilburn
                              									bei London) geführt, welche in England eine ausgebreitete Anwendung gefunden und in
                              									letzterer Zeit auch von den belgischen Staatsbahnen angenommen worden seyn sollen.
                              									Obgleich wir auch von diesem Systeme eine erkleckliche graphische Darstellung nicht
                              									zu geben im Stande sind, so mag dennoch im Allgemeinen dasselbe ausreichend erörtert
                              									werden können, wenn wir die Signalvorrichtungen schildern, die in der Cannon
                              									Street-Station zu London bestehen und worüber noch eine andere uns
                              									vorliegende QuelleAnnales du Génie civil, December 1867, S.
                                    											795. berichtet. In diesen Bahnhof münden 9 Geleise ein, welche
                              									zusammen 32 Wechsel und 35 Signalhebel erfordern. Zu manchen Tageszeiten langen in
                              									der Stunde 18 Züge an, und eben so viele verlassen die Station. Im Durchschnitte
                              									müssen die Wechsel und Signale in der Stunde 80 bis 90 Mal verstellt werden; zur
                              									Zeit des lebhaftesten Zugverkehres kommen 108 verschiedene Manöver in der Stunde
                              									vor, so daß jede Verstellung etwa 33 Secunden in Anspruch nehmen darf, obgleich
                              									manche Wechsel und Signale gegen 200 Meter von einander entfernt sind. Um nun die
                              									äußerst schwierige Aufgabe, jedem Train sein bestimmtes Geleise zu eröffnen, lösen
                              									zu können, ist in einer Distanz von 45 Meter von der  Station auf der Themsebrücke
                              									eine Plattform von solcher Höhe angebracht, daß die Locomotiven noch unterhalb
                              									dieses Gerüstes passiren können. Auf demselben befindet sich eine Wächterhütte, die
                              									ringsum mit Glaswänden umgeben ist, und welche alle Linien der Umgebung vollständig
                              									beherrscht. An vier hohen Mastbäumen sind 24 Semaphore angebracht, welche unter
                              									gewöhnlichen Umständen immer durch ihre horizontal gestellten Arme
                              										„geschlossene Bahn“ signalisiren; nur auf einige Secunden
                              									wird einer oder der andere der Arme herabgelassen, wenn ein Zug passiren kann. Jeder
                              									Zugführer hat die Signale genau zu beobachten, und so lange abzuwarten, bis die Bahn
                              									frei wird und hierauf sofort den Zug in Bewegung zu setzen. Jene 24 Semaphore, 5
                              									Distanzscheiben und 6 Hülfsignale reichen zur Sicherung des Verkehres für die
                              									abgehenden und ankommenden Züge aus. Im Inneren des Wächterhauses sind 32
                              									Weichen- und 35 Signalleitungen vereinigt und bilden eine Reihe von 67 ganz
                              									gleichen, parallel stehenden Hebeln. Diese Hebel werden von zwei starken Männern,
                              									welche beständig ihre Aufmerksamkeit den zu stellenden Zeichen zu widmen haben,
                              									dirigirt, und dieselben können durch eine Art Corridor zu jedem Hebel gelangen. Kein
                              									Hebel kann unabhängig vom anderen bewegt werden. Jeder Hebel ist mit seiner eigenen
                              									Nummer versehen und trägt außerdem noch ein Plättchen, auf dem die Nummern jener
                              									Hebel angezeigt sind, welche vorher richtig, nämlich auf „geschlossene
                                 										Bahn“ gestellt seyn müssen, wenn er selbst eine Bewegung zulassen
                              									soll. Jede Gruppe von Hebeln, die einem und demselben Zwecke entsprechen, sind mit
                              									gleicher Farbe bemalt; die Weichenhebel sind schwarz, die Abfahrtssignale roth, die
                              									Ankunftssignale blau und die Distanzscheiben gelb. Der Mechanismus zur Erreichung
                              									der gegenseitigen Abhängigkeit der Hebelstellungen ist im Allgemeinen dem von Vignier ähnlich, nur mit dem Unterschiede, daß, wie
                              									erwähnt, alle Signale, welche auf einem Hebel verzeichnet sind, vorher geschlossen
                              									seyn müssen, wenn derselbe auf freie Bahn eingestellt werden soll. Unter dem Boden
                              									des Gerüstes und gegenüber von den Hebeln sind nämlich mehrere Reihen von
                              									Sperrvorrichtungen und Coulissen, die ähnlich dem Riegel eines Schlosses horizontal
                              									angebracht sind. Diese Stangen sind mit Ansätzen versehen, durch welche beim
                              									Eingriffe in gewisse Hebel, ihre Bewegung gehindert wird. Manche derselben wirken
                              									gegen geneigte Ebenen von der Art, daß wenn ein Hebel sich bewegt, er jenen Ebenen
                              									eine seitliche Bewegung beibringt, und diese Bewegung wird dann den anderen
                              									derselben Reihe mitgetheilt, welche auf die Ansätze oder Kränze jener Hebel
                              									einwirken, mit welchen der Haupthebel in Verbindung steht. Kurz gesagt, es wird
                              									durch die Thätigkeit eines einzigen Hebels eine Reihe von anderen arretirt, während
                              										 eine andere Reihe
                              									eine Bewegung anzunehmen befähigt ist, und hierin liegt das Wesen des ganzen
                              									Systemes, welches bis jetzt die vollste Sicherheit gewährt hat. Dem letzteren kann
                              									nur der einzige Nachtheil entgegengehalten werden, welcher sich auf die Abnutzung
                              									der Constructionstheile bezieht; eine Gefahr kann aber selbst unter solchen
                              									Umständen nicht auftreten, denn wenn ein derartiger Fehler sich bei irgend einem der
                              									Hebelsysteme einstellen sollte, so würde der einzige Uebelstand in einer
                              									Zeitversäumniß bestehen; denn es bleibt dann das betreffende System so lange
                              									unbeweglich, also die Bahn geschlossen, bis jene Störung wieder aufgehoben worden
                              									ist. — An jedem Ende der Wächterhütte ist ein Telegraphenapparat aufgestellt,
                              									von welchen der eine — ein Zeigertelegraph mit Läutewerk — die
                              									sämmtlichen Züge zu signalisiren hat, und die von dem betreffenden Telegraphisten
                              									der Reihe nach genau einzutragen und anzugeben sind; der andere Telegraph wird für
                              									die Zwecke der Eisenbahn selbst oder zur Beförderung irgend welcher Depeschen
                              									benutzt und steht gleichfalls unter der Obhut eines eigenen Telegraphisten.
                           Signale für den eigentlichen Verkehr der Züge. —
                              									Unsere Quelle gibt hier zwei Systeme in Kürze an, von welchen das eine Hrn. I. Leopolder in Wien, das andere dem englischen
                              									Telegraphen-Ingenieur Preece angehört. Jenes
                              									scheint von denen, welche seiner Zeit von Siemens und Halske, TeirichAllgemeine Encyklopädie der Physik, Bd. XX S.
                                    											1025., FrischePolytechn. Journal Bd. CLXV S. 263. u. A. zu
                              									diesem Zwecke eingeführt und vorgeschlagen worden sind, nicht viel verschieden zu
                              									seyn; durch Niederdrücken eines Tasters im Stationsgebäude wird nämlich eine Reihe
                              									durch Uebereinkommen festgestellter Signale automatisch mitgetheilt. Der in der
                              									Station aufgestellte Apparat besteht in einem Kästchen, welches eine Achse mit eben
                              									so vielen darauf gekeilten Rädern enthält, als Zeichen zu geben sind, und einem
                              									Uhrwerke, um das Radsystem in Bewegung zu setzen. Jedes Rad ist an seinem Umfange
                              									mit Stiften (ähnlich der Walze einer Spieluhr) versehen, welche bei der Umdrehung
                              									der Räder, so oft ein Stift an einem Sperrzahn streift, eine Stromunterbrechung
                              									hervorbringen, wodurch das Anschlagen des Hammers aller in der Leitungskette (mit
                              									Ruhestrom) befindlichen Läutewerke veranlaßt wird. Durch die Vertheilung der Stifte
                              									am Umfange der Räder wird die Länge der Pausen zwischen je zwei auf einander
                              									folgenden Glockenschlägen bestimmt. Jedes einzelne Rad kann eine bestimmte Phrase
                              									(z. B. ein Zug fährt ab, Hülfsmaschine soll kommen  etc.) telegraphiren. Wird ein
                              									Zeiger auf die entsprechende Phrase eingestellt, so kommt ein Hebel mit dem
                              									Sperrzahne dem Rade gegenüber zu stehen, und wird dann der Taster niedergedrückt, so
                              									läuft das Uhrwerk ab und die Signale erfolgen.
                           Verschieden von dem eben erwähnten elektrischen Signalsysteme ist das von Preece, welches ebenfalls elektromagnetische Wirkungen
                              									benutzt, das jedoch den alleinigen Zweck zu haben scheint, das Zusammenstoßen von
                              									Zügen auf einem und demselben Geleise zu verhüten. Für diesen Zweck hat man nämlich
                              									im Allgemeinen bloß bestimmte Regeln aufgestellt, nach welchen zwischen der Abfahrt
                              									zweier Züge in derselben Richtung eine vorschriftsmäßige Zeit verfließen muß, wofür
                              									dann in passender Weise die Signale mitgetheilt werden; dieses Verfahren wird das
                              										„Zeitsystem“ genannt. Ein neues, von diesem ganz
                              									verschiedenes ist das sogenannte „Distanz“- oder
                              										„Blocksystem“; es besteht dem Principe nach darin, daß es
                              									keinem Zug gestattet ist, einem anderen früher nachzufolgen, bis dieser eine
                              									bestimmte und vorgeschriebene Minimalentfernung schon erreicht hat. Es ist zu dem
                              									Ende die ganze Linie in Sectionen eingetheilt, und in jeder darf nie mehr als ein
                              									Zug in derselben Richtung gehen. An den Endpunkten der Sectionen sind elektrische
                              									Telegraphenposten aufgestellt, welche mit einander correspondiren, so daß man
                              									sogleich Nachricht erhält, wenn ein Zug von einer Station auf eine andere
                              									übergegangen ist; so lange dieses Ankunftssignal nicht empfangen worden ist, darf
                              									der Zug aus der Station nicht ausfahren, d. h. er ist
                              										„blockirt.“. Die Länge der Sectionen ist zwar im
                              									Allgemeinen verschieden; dieselbe darf jedoch selbst bei lebhafterem Verkehre etwa 2
                              									bis 3 Kilometer lang werden, ohne daß die Gefahr gesteigert würde. Unsere Quelle
                              									führt für dieses System die Signalapparate von Preece an,
                              									ohne jedoch die Einrichtung derselben näher zu beschreiben. Wir begnügen uns daher
                              									damit, die Vorrichtungen zu nennen, mit welchen zwei mit einander correspondirende
                              									Nachbarstationen für diesen Zweck ausgestattet sind. Diese bestehen: 1) in einem
                              									kleinen elektromagnetischen Semaphor (an jedem Ende), der von der Nachbarstation aus
                              									manövrirt wird, und dessen Stellung in der Station selbst nicht geändert werden
                              									kann; 2) einem Stellhebel für die Telegraphenarme des Semaphores der nächsten
                              									Station; 3) einem Controlapparate, der zugleich ein Läutewerk enthält; der
                              									Controlapparat wiederholt in der eigenen Station die Signale, welche man mittelst
                              									des Stellhebels auf den Semaphor der nächsten Station überträgt; 4) einem Taster zur
                              									Herstellung des Stromes, welcher die Glocke im Controlapparate der Nachbarstation
                              									zum Schlagen bringt etc. Verläßt nun ein Zug die erste Station, so  wird dieß der Nachbarstation,
                              									indem der Taster niedergedrückt wird, durch ein Signal des elektrischen Läutewerkes
                              									angezeigt; der Beamte der letzteren Station bringt nun mittelst seines Stellhebels
                              									den Semaphor der ersten in die horizontale, nämlich in die Lage, welche
                              										„geschlossene Bahn“ anzeigt; dasselbe Zeichen wird nun
                              									durch den Telegraphenapparat der zweiten Station controlirt. Sobald der Zug an
                              									dieser Station ankommt, bringt man wieder mittelst des Stellhebels den Semaphor der
                              									ersten Station in seine Ruhelage, während gleichzeitig der Strom für den
                              									Controlapparat der erreichten Station unterbrochen wird. In der Station Chiswick der
                              									London- und South-Western-Bahn soll übrigens von Preece die Einrichtung getroffen worden seyn, daß von den
                              									Augenblicken an, in welchen die eben genannte Auswechslung der Signale beider
                              									Stationen stattgefunden hat, nicht bloß dem Beamten der ersten, sondern auch jenem
                              									der Nachbarstation die Handhabung der Mechanismen unzugänglich gemacht werde und das
                              									nächste Zeichen mittelst eines automatischen Mechanismus durch den Druck der Räder
                              									des anlangenden Zuges erst wieder verabfolgt werden könne.
                           Automatischer Post-Depeschenwechsel zwischen fahrenden
                                 										Zügen und den Stationen. — Die Vorrichtungen solcher Art haben den
                              									Zweck, den Depeschenwechsel zwischen einem Zuge und einer Station zu ermöglichen,
                              									ohne den Zug anhalten zu müssen. In unserer Quelle werden hierfür einige
                              									Anordnungen, wie sie in Preußen und England bestehen, im Allgemeinen erwähnt. Es mag
                              									ausreichen, auf eine Anordnung hier aufmerksam zu machen, welche in diesem Journale
                              									(Bd. CLXXVII S. 342, Jahr 1865) näher beschrieben worden
                              									ist.
                           Communicationssignale zwischen dem Zugpersonal und den
                                 										Reisenden in einem und demselben Eisenbahntrain. — Unsere Quelle
                              									hebt mit Recht die Wichtigkeit dieser Verkehrsmittel für den vorliegenden Zweck mit
                              									besonderem Nachdrucke hervor. Da die wichtigsten der hierfür gemachten Vorschläge,
                              									nämlich jene von Morgan und Howarth, Prud'homme u. A. in diesem
                              										JournalePolytechn. Journal Bd. CLXXXI S. 166 und 174, Jahr 1866; Bd.
                                    												CLXXXIII S. 5, Jahr 1867; Bd. CLXXXIII S. 162 und Bd. CLXXXVII S. 362, Jahr 1868. schon berücksichtigt worden
                              									sind, so mag es ausreichen, hier darauf aufmerksam gemacht zu haben.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
