| Titel: | Ueber Sodafabrication mit Anwendung von Strontian und Ammoniak; von Albert Ungerer. | 
| Autor: | Albert Ungerer | 
| Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. XLIV., S. 140 | 
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                        XLIV.
                        Ueber Sodafabrication mit Anwendung von Strontian
                           								und Ammoniak; von Albert
                              								Ungerer.
                        Ungerer, über Sodafabrication mittelst Strontianit.
                        
                     
                        
                           Wird in eine concentrirte Lösung von schwefelsaurem Ammoniak eine dem letzteren
                              									äquivalente Menge Kochsalz eingetragen und einige Zeit gekocht, so zersetzen sich
                              									die Salze gegenseitig, es scheidet sich ziemlich wasserfreies schwefelsaures Natron
                              									ab, welches ausgeschöpft werden kann; ebenso scheidet sich der größte Theil des
                              									Salmiaks beim Erkalten aus; die Mutterlauge läßt beim Eindampfen wieder
                              									schwefelsaures Natron fallen und hat die Trennung dieser Salze keine
                              									Schwierigkeit.
                           Löst man nun das schwefelsaure Natron in Wasser und zersetzt solches mit caustischem
                              									Strontian, so erhält man eine sehr reine Aetznatronlösung, welche sich von dem
                              									schwefelsauren Strontian leicht trennen läßt.
                           Der erhaltene Salmiak kann mittelst kohlensaurem Kalk in kohlensaures Ammoniak
                              									verwandelt werden, oder scheidet man das Ammoniak mit Aetzkalk ab und leitet
                              									Kohlensäure dazu. Mit dem erhaltenen kohlensauren Ammoniak kann durch Digestion in
                              									der Wärme der schwefelsaure Strontian nun wieder in kohlensauren Strontian und
                              									schwefelsaures Ammoniak umgesetzt werden.
                           Der kohlensaure Strontian wird mit Kohle gemischt und unter Durchleitung von
                              									Wasserdampf im Flammofen geglüht, bis er seine Kohlensäure abgegeben hat, was leicht
                              									von statten geht.
                           Es wird somit immer wieder schwefelsaures Ammoniak und Strontiumoxyd erzeugt, und ist
                              									an Rohmaterial nur Kochsalz und Kalk nöthig, abgesehen von Fabricationsverlusten an
                              									Strontian etc. Wenn auch die Salzsäure als solche nicht gewonnen wird, so findet
                              									doch das abfallende Chlorcalcium mannichfache Verwendung und kommt das Verfahren
                              									wesentlich billiger als das Leblanc'sche, wenn man
                              									bedenkt, daß ein sehr reines Aetznatron erhalten wird, welches durch Carbonisiren in
                              									Soda verwandelt werden kann. Die Zersetzung des schwefelsauren Strontians in
                              									kohlensauren Strontian findet zwar nicht, wie in den Lehrbüchern angegeben wird,
                              									vollständig statt, sondern es bleiben einige Procente schwefelsaures Salz
                              									unzersetzt, so daß die Natronlauge etwas schwefelhaltig wird, wenn man das in dem
                              									Aetzstrontian enthaltene Schwefelstrontium nicht zersetzt oder durch Krystallisation
                              									entfernt, was jedoch in der Hauptsache weniger ausmacht, da der Schwefelgehalt des
                              									Aetznatrons  für die
                              									Zwecke der Verseifung nicht hindert und bei der Darstellung von Soda in der
                              									Mutterlauge bleibt, welche in diesem Falle weit leichter zu verarbeiten ist, als die
                              									bei dem Leblanc'schen Verfahren erhaltene.
                           Die Verwendung des Strontians hat vor dem Baryt voraus, daß sich schwefelsaurer
                              									Strontian durch Digestion mit kohlensaurem Ammoniak in kohlensauren Strontian
                              									umwandeln läßt und dieser die Kohlensäure weit leichter verliert als kohlensaurer
                              									Baryt. Der Preis des rohen Strontianits ist kaum höher als der des Witherits.
                           Es wurden diese Versuche in meiner Fabrik ausgeführt und gaben ganz gute
                              									Resultate.
                           Pforzheim, im März 1867.