| Titel: | Neues Verfahren zum Verkohlen des Holzes und zur Verwendung der erzeugten Holzkohle für eisenhüttenmännische Zwecke; von Gillot. | 
| Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. LVII., S. 189 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LVII.
                        Neues Verfahren zum Verkohlen des Holzes und zur
                           								Verwendung der erzeugten Holzkohle für eisenhüttenmännische Zwecke; von Gillot.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXVI p. 231; Februar
                              									1868.
                        Gillot, über ein neues Verfahren zur Darstellung der Holzkohle und
                           								zu deren Verwendung beim Eisenhüttenwesen.
                        
                     
                        
                           I. Die Darstellung der Kohle oder die
                                 										Verkohlung.
                           Man kann annehmen, daß das Holz im Zustande mittlerer Trockenheit, in welchem es
                              									meistens der Verkohlung im Forste (im Freien) unterworfen wird, ungefähr 40 Proc.
                              									seines Gewichtes Kohlenstoff und  60 Proc. Wasser, letzteres sowohl in chemisch gebundenem
                              									Zustande, als auch hygroskopisch aufgenommen enthält. In diesen 60 Proc. Wasser ist
                              									eine geringe Menge Stickstoff inbegriffen, nebst 7 bis 8 Tausendtheilen Wasserstoff,
                              									welche über den zur Wasserbildung erforderlichen vorhanden sind.
                           Bei der Verkohlung im Forste bringt man nur wenig über 15 Proc. vom Gewichte des
                              									angewandten Holzes an Kohle aus; der Rest wird entweder zur Erzeugung der zur
                              									Verkohlung erforderlichen Temperatur verbrannt oder er entweicht in gasförmigem
                              									Zustande in die Atmosphäre und geht so mit den übrigen bei dieser Destillation des
                              									Holzes freiwerdenden nutzbaren Substanzen verloren. Von diesen 15 Gewichtsproc.
                              									Kohle wird ein mehr oder weniger bedeutender Antheil in Folge der Mangelhaftigkeit
                              									des Verkohlungsverfahrens als Kohlenklein erhalten; andere Antheile gehen später
                              									beim Auf- und Abladen, beim Transporte von der Kohlstätte bis zur Hütte
                              									verloren, so daß das Ausbringen an Kohle bei der Verkohlung im Forste sich auf
                              									höchstens 12 Proc. vom Gewichte des verwendeten Holzes schätzen läßt, ein Ergebniß,
                              									welches von den erwähnten unabhelflichen Uebelständen bedingt wird.
                           Das Verkohlungsverfahren, bei welchem das Holz auf der die Kohle verbrauchenden Hütte
                              									selbst in geschlossenen Gefäßen mit Gas langsam verkohlt wird, ermöglicht hingegen
                              									ein Ausbringen von 26 bis 27 Gewichtsprocenten Kohle, ohne Grus und Lösche, und das
                              									auf diese Weise erzielte Product ist von besserer Qualität als alle nach den anderen
                              									Methoden erzeugten Holzkohlensorten. Zugleich läßt sich bei diesem Verfahren der
                              									Gehalt des Holzes an überschüssigem Kohlenstoff — den beim
                              									Verkohlungsprocesse selbst verbrauchten Antheil abgerechnet — in Form von
                              									nutzbaren Nebenproducten, wie Essigsäure, Methylen, Oelen und Theer gewinnen, deren
                              									Werth, nach Abrechnung aller Kosten, denjenigen des gesammten Kohleausbringens
                              									erheblich übersteigt. Daraus ergibt sich ein bedeutender Nebengewinn, selbst wenn
                              									man die Essigsäure, das wichtigste jener Nebenproducte, zu einem weit niedrigeren
                              									Verkaufswerthe veranschlägt, als er sich aus den Durchschnittspreisen der letzten
                              									zehn Jahre ergibt.
                           Die Versuche, welche zu diesen Ergebnissen geführt haben, gestatten die für jedes
                              									Verfahren gültigen allgemeinen Grundsätze der Verkohlung festzustellen, und es sind
                              									durch dieselben folgende neue erwiesen worden:
                           1) Die einzige nothwendige Bedingung einer guten Verkohlung, sowohl im Forste oder im
                              									Freien (in Meilern und Haufen), als in geschlossenen Gefäßen, ist ein langsamer Verlauf des Processes. Bei der Verkohlung in
                              									geschlossenen Gefäßen genügt eine zweiundsiebenzigstündige
                                 										Dauer der Verkohlungszeit dieser Bedingung vollständig.
                           
                           2) Die Zersetzung des Holzes beginnt schon bei 100° C.; die mit Holz, welches
                              									bei 150° C. getrocknet worden, ausgeführten Analysen ergeben daher nicht die
                              									wirkliche Zusammensetzung desselben.
                           3) Die Reactionen, welche während der Verkohlung zwischen den näheren Bestandtheilen
                              									des Holzes stattfinden, erzeugen Kohlenwasserstoffe, Kohlensäure und andere Gase
                              									nebst einer Wärmemenge, welche mit der Temperatur des
                              									Ofens und der Menge der zersetzten Substanzen zunimmt, so daß diese Wärme, etwas
                              									früher als die Ofentemperatur auf 300° C. steigt, in der Retorte einen
                              									Temperatur-Ueberschuß erzeugt, welcher bis zur Beendigung der Operation
                              									anhalten muß, damit diese vollständig vor sich gehen kann.
                           4) Die allmähliche Zunahme der inneren Temperatur der
                                 										Retorte ist der einzige Regulator für die Leitung des Processes und eine
                              										zu rasche Erhöhung derselben verursacht die
                              									Entstehung einer zu großen Menge von Theer und Gas, sowie eine entsprechende
                              									Verminderung der nutzbaren Nebenproducte und der Kohle, gleichzeitig aber auch eine
                              									Verringerung der Qualität der letzteren, indem die Holzfasern zerreißen und in Folge
                              									dessen die Kohle schwammartig ausfällt.
                           5) Der Essigsäuregehalt der flüssigen Producte dieser
                              									trockenen Destillation nimmt bis zu der Temperatur von 218° zu und beträgt
                              									dann 48 Proc.; kurz vor Beendigung der Operation sinkt er auf Null herab.
                           6) In Folge dieses Umstandes ist es möglich, die essigsäurereichen Flüssigkeiten von
                              									den armen Destillationsproducten zu sondern und dadurch bedeutend an
                              									Rectificationskosten zu ersparen.
                           7) Die bei einer gut geleiteten Verkohlung gewinnbare Menge von
                                 										Essigsäuremonohydrat (sogen. krystallisirbarer Essigsäure) beträgt zwischen
                              									7 und 8 Proc. vom Gewichte des Holzes.
                           8) Das Volum der mittelst des erwähnten Verfahrens erhaltenen Kohle beträgt zwei
                              									Drittheile des verwendeten Holzes.
                           II. Die eisenhüttenmännische Verwendung des
                                 										Brennmaterials.
                           Von allen zum Verhütten der Eisenerze angewendeten metallurgischen Apparaten ist der
                              									Hohofen ohne Widerrede derjenige, welcher den Bedingungen der Oekonomie am meisten
                              									entspricht. Und doch ist es erwiesene Thatsache, daß bei jedem, in regelmäßigem
                              									Gange stehenden, sowohl mit kalter als mit warmer Luft betriebenen Hohofen die
                              									Heizkraft der durch die Gicht entweichenden Gase zwei Drittel von der Heizkraft der
                              									gesammten angewendeten Brennmaterialmenge beträgt. Die  geringen Schwankungen, denen
                              									dieses Verhältniß unterworfen ist, sind vom varürenden Wasserstoffgehalt der
                              									brennbaren Gase bedingt. Es ist nachgewiesen, daß die zur Umwandlung des Roheisens
                              									in Stahl oder Stabeisen erforderliche Hitze weit geringer ist, als die Gesammtwärme,
                              									welche beim Erblasen des Roheisens im Hohofen die aus der Gicht entweichenden
                              									brennbaren Gase durch ihre Verbrennung entwickeln würden. Daraus ergibt sich, daß es
                              									nur darauf ankam, eine zweckmäßige Verwendungsweise dieser Ueberhitze
                              									aufzufinden.
                           Dieses Mittel, welches bisher noch von Niemand angegeben wurde, besteht darin, jene
                              									Gase mittelst eines Exhaustors in einem Gasometer aufzusammeln, aus welchem sie dann
                              									nach Bedürfniß entnommen und zur sofortigen Erzeugung der gewünschten Hitzegrade
                              									verwendet werden können.
                           Die Anwendung dieses Verfahrens, in Verbindung mit der beschriebenen
                              									Verkohlungsmethode (mit Gas), ermöglicht die Production von Holzkohlenroheisen zu
                              									einem Gestehungspreise, welcher, abgesehen von dem Werthe der gleichzeitig
                              									gewonnenen Essigsäure, unter 60 Frcs. per Tonne und für
                              									Stahl und Stabeisen in Schienen unter 100 Frcs. per
                              									Tonne beträgt.
                           Die Versuche haben festgestellt:
                           1) die Theorie der Reduction der Kieselsäure und der Verbindung des Siliciums mit dem
                              									Eisen im Hohofen;
                           2) eine 1000° C. nicht erreichende Grenze als die zur Zersetzung des
                              									kohlensauren Kalkes erforderliche Temperatur;
                           3) die für den Gang eines jeden Hohofens nothwendige Bedingung, daß jede Gicht den
                              									für die weitere Verhüttung ihres Productes erforderlichen Wärmeverbrauch
                              									liefert;
                           4) die höchsten und niedrigsten Grenzen a. der Temperatur
                              									der vollständigen Verbrennung des Kohlenstoffes vor der Windform; b. der Temperatur, mit welcher die Verbrennungsproducte
                              									den Ofen verlassen; c. der Temperatur der eine Gicht
                              									umgebenden Gassäule nach der Umwandlung der vor der Form gebildeten Kohlensäure zu
                              									Kohlenoxyd;
                           5) die Theorie der Umwandlung der Substanzen, speciell der Kohlung (Cementation), der
                              									Oxydation (Schlackenbildung) und der Reduction;
                           6) die für die Anwendung einer oder mehrerer Windformen beim Hohofenbetriebe
                              									maßgebenden Grundsätze;
                           7) die Theorie der Anwendung heißer Gebläseluft beim Hohofenbetriebe; die Thatsache,
                              									daß der Brennmaterialverbrauch bei Anwendung von heißem Winde bedeutender ist, als
                              									bei Anwendung kalter Gebläseluft,  im Widersprüche mit der bisherigen Ansicht, und den Grund
                              									dieser Thatsache;
                           8) die Wärmemenge, welche vom Roheisen und den Schlacken einerseits beim
                              									Hohofenbetriebe und andererseits bei der Behandlung im Flammofen verzehrt wird;
                           9) die absolute Unzulänglichkeit der Analysen nur eines aliquoten Theiles der
                              									Gassäule, mögen dieselben zu dem Zwecke ausgeführt werden, die Zusammensetzung
                              									dieser Gassäule zu bestimmen, oder die in diesen metallurgischen Apparaten
                              									stattfindenden Reactionen zu ermitteln.
                           Durch eine Vergleichung der früheren Methoden mit dem neuen Verfahren gelangen wir zu
                              									nachstehenden Folgerungen:
                           1. Die gegenwärtig üblichen Methoden der Verkohlung und der Verwendung des
                              									Brennmaterials zur Eisen- und Stahlfabrication verursachen zusammen einen
                              									Verlust von mindestens 90 Proc. des angewendeten Brennmaterials (Holzes) und
                              									bedingen daher auf 100 Kilogr. erzeugten Eisens oder Stahles einen Verbrauch von
                              									779,13 Kilogr. Holzkohle;
                           2. die neuen Methoden der Verkohlung und der Verwendung des Brennmaterials zur
                              									Eisen- und Stahlfabrication verursachen gar keinen Brennmaterialverlust, mit
                              									Ausnahme der geringen und allen Systemen gemeinschaftlichen Verluste, welche durch
                              									die ausgestrahlte und die von den Producten der Fabrication entzogene Wärme bedingt
                              									werden. Diese neuen Methoden erfordern im Maximum einen Aufwand von 150 Kil.
                              									Holzkohle auf 100 Kilogr. erzeugten Stabeisens oder Stahles; überdieß erhält man
                              									dabei Nebenproducte, deren Nettowerth, nach den Durchschnittspreisen der letzten
                              									zehn Jahre berechnet, schon einen bedeutenden Antheil der Selbstkosten
                              									compensirt.