| Titel: | Ueber eine neue Wirkung des Lichtes; von Niepce aus Saint-Victor. Sechste Abhandlung. | 
| Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. LXII., S. 223 | 
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                        LXII.
                        Ueber eine neue Wirkung des Lichtes; von
                           									Niepce aus
                           									Saint-Victor. Sechste Abhandlung.
                        Aus den Comptes rendus, 1867, t. LXV p.
                              								505.
                        Niepce, über eine neue Wirkung des Lichtes.
                        
                     
                        
                           In fünf früheren AufsätzenPolytechn. Journal Bd. CXLVII S. 51, Bd. CXLVIII S.
                                       												126, Bd. CLI S. 130 und 435, Bd. CLXII S. 35. veröffentlichte ich die Resultate der
                              									Versuche, welche ich angestellt habe um nachzuweisen, daß alle Körper  von rauher oder poröser
                              									Oberfläche, nachdem sie dem Lichte ausgesetzt gewesen waren, die Fähigkeit behalten,
                              									Silbersalze im Dunkeln in derselben Weise zu reduciren, als wären sie dem directen
                              									Lichte ausgesetzt.
                           Ich zeigte, daß diese Fähigkeit eine bleibende ist, und daß sie sich im Dunkeln und
                              									in freier Luft mehrere Tage lang hält, daß, wenn ein Körper sie verloren hat, man
                              									ihm dieselbe durch neue Belichtung wieder ertheilen kann; daß ferner ein Stück Pappe
                              									mit Uransalpeter oder Weinsteinsäure getränkt, den Sonnenstrahlen ausgesetzt und
                              									darauf in einem hermetisch verschlossenen Weißblechkasten aufbewahrt, die
                              									besprochene Fähigkeit noch nach mehreren Monaten in ungeschwächtem Grade
                              									besitze.
                           Im Dunkeln ist diese Thätigkeit auch in der Entfernung wirksam; sie kann einem
                              									anderen Körper von derselben Beschaffenheit mitgetheilt werden, vermag jedoch nicht
                              									durch Glas zu dringen. Ein italienischer Chemiker, Arnaudon, wiederholte mehrere meiner Versuche in verschiedenen Gasen, und
                              									erhielt ähnliche Resultate. Es wäre wichtig, einen solchen Versuch iu luftleerem
                              									Raume anzustellen, ich war jedoch noch nicht im Stande, eine derartige Untersuchung
                              									zu machen.
                           Indem ich diese Thätigkeit auf den Stücken einer frisch zerbrochenen Porzellanschale,
                              									sowie auf einer matten Glasscheibe, die mit destillirtem Wasser sorgfältig gewaschen
                              									war, hervorrief, zeigte ich, daß diese Erscheinung ihren Grund nicht in der
                              									Zersetzung eines Körpers hat. Ebenso zeigte ich, daß dieses Licht kein
                              									Phosphoresciren ist, war jedoch nicht im Stande, seine Quelle zu entdecken. Man
                              									stellte nun verschiedene Vermuthungen auf. Viele läugneten sogar die Thatsache
                              									gänzlich, es ist aber noch Niemand gelungen die Aufgabe zu lösen.
                           In meinem ersten Aufsatz sagte ich, daß ein Kupferstich oder auch nur ein einfaches
                              									Blatt Papier, dem Lichte ausgesetzt und darauf mit einer empfindlichen Schicht, wie
                              									z. B. Jod- oder Chlorsilber, in Berührung gebracht, die Kraft hat, im Dunkeln
                              									das Silbersalz in derselben Weise, wenn auch weniger schnell zu reduciren, als wäre
                              									das Ganze dem directen Tageslichte ausgesetzt. War das Papier vor dem Belichten mit
                              									Uransalpeter oder Weinsteinsäure getränkt worden, so geht die Reduction des Silbers,
                              									besonders bei Anwendung des ersteren Stoffes, sehr schnell vor sich.
                           Vor Kurzem stellte ich folgenden Versuch an: Ich legte auf ein Blatt Papier sieben
                              									Stücke von gefärbtem Glase: Noth, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett.
                              									Nachdem das Licht einige Zeit hierauf eingewirkt hatte, brachte ich das Papier mit
                              									einem anderen zusammen, welches mit Jod- oder Chlorsilber behandelt worden
                              									war und ließ beide im Dunkeln zwölf Stunden lang bei einander. Nach Verlauf dieser
                              										 Zeit fand ich, daß
                              									das rothe, orange, gelbe und grüne Glas keinen Eindruck auf der empfindlichen
                              									Schicht hervorgerufen hatte, daß hingegen Blau, Indigo und Violett das Silbersalz
                              									geschwärzt hatten.
                           Ich wiederholte diesen Versuch mit Papier und Pappe, welche mit Uransalpeter und
                              									Weinsteinsaure getränkt waren, und fand, daß die empfindliche Schicht in denjenigen
                              									Theilen, welche zu den oben genannten Strahlen gehörten, viel schneller einen
                              									Eindruck erhielten. Wenn ein Blatt Papier mit Uransalpeter oder Weinsteinsäure
                              									behandelt und dann der Einwirkung des Lichtes ausgesetzt wird, so kann dieselbe
                              									leicht gezeigt werden, indem man eine Auflösung von Silbersalpeter über die
                              									exponirte Fläche gießt; sogleich tritt eine starke Färbung in den blauen,
                              									indigofarbenen und violetten Abschnitten auf, während die vier anderen Theile nicht
                              									die geringste Spur von Färbung zeigen, wenn die Belichtung nicht eine sehr lange
                              									war. In letzterem Falle erhält man einen leisen Eindruck in den grünen, gelben und
                              									rothen Theilen, in dem orangefarbenen aber nichts.
                           Wenn man die Glasstreifen auf ein Blatt Papier legt, welches mit Stärke überzogen
                              									ist, und dieses dann eine Stunde lang den Sonnen strahlen aussetzt, so kann man
                              									denjenigen Theilen, welche von Blau, Indigo und Violett bedeckt waren, eine
                              									ziegelrothe Färbung geben, indem man die exponirte Fläche mit einer Iodkaliumlösung
                              									behandelt; letztere hat gar keinen Einfluß auf diejenigen Stellen, welche von Grün,
                              									Gelb, Orange und Roth bedeckt waren. Bildet man Iodsilber, indem man vor dem
                              									Iodkalium Silbersalpeter zur Anwendung bringt, so färbt sich das Iodsilber im
                              									Dunkeln in den stärker brechbaren Strahlen; man kann daher einen Pofitivdruck
                              									darstellen, indem man ein Blatt Papier unter dem Negativ belichtet, das Bild im
                              									Dunkeln entwickelt und mit Eisenvitriol verstärkt.
                           Ebenso machte ich Versuche mit anderen weißen und gefärbten Stoffen und den farbigen
                              									Glasscheiben, und fand, daß die Stoffe und Farben vom Lichte nur verändert werden
                              									unter Violett, Indigo und Blau. Das Licht wirkt schwächer unter violettem als unter
                              									weißem Glase; am intensivsten wirkt das directe Licht.
                           Schlußfolgerungen. — Aus diesen Versuchen geht
                              									hervor, daß nur die brechbarsten Strahlen des Lichtes eine zersetzende Wirkung
                              									ausüben, ferner daß die besprochene Fähigkeit rauher Körper durch die chemischen
                              									Strahlen erzeugt wird und daß dieselbe, ebenso wie das Licht selbst, die Silbersalze
                              									reducirt.