| Titel: | Die viercylindrige Dampfmaschine von W. C. Hicks in New-York. | 
| Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. LXXXVI., S. 356 | 
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                        LXXXVI.
                        Die viercylindrige Dampfmaschine von W. C. Hicks in
                           									New-York.
                        Beschrieben von Prof. Carl Jenny im officiellen Ausstellungsberichte des k. k. österreichischen
                                 										Central-Comite's, 6te Lieferung, S. 118.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VI.
                        Hicks' viercylindrige Dampfmaschine.
                        
                     
                        
                           Diese, aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika stammende Maschine ist jedenfalls
                              									als eines der originellsten Objecte der letzten Welt-Ausstellung zu Paris
                              									hervorzuheben.
                           Sie enthält vier einfachwirkende Kolben, wovon jeder in der Art gebildet ist, daß er,
                              									mit der entsprechenden Formgebung der Cylinder und ihrer Canäle, seinem Nachbar als
                              									Steuerungsschieber dient. Dieser neue Gedanke ist hier durchgehends
                              									festzuhalten.
                           Hicks' Maschine arbeitete ursprünglich bloß mit Volldruck,
                              									in letzter Zeit hat der Erfinder aber auch das Princip der Expansion des Dampfes auf
                              									seine Maschine angewendet. Es waren beide Arten dieser Maschinen, eine kleine
                              									Volldruckmaschine von 6 Pferdekräften und eine größere Expansionsmaschine von 20
                              									Pferdekräften ausgestellt.
                           Um die Wirkung des Dampfes und dessen Vertheilung in der vollständig ausgebildeten
                              									Maschine leichter einsehen und verfolgen zu können, wollen wir zunächst die schematische Darstellung der Maschine, Figur 11–15,
                              									besprechen.
                           
                           Es zeigt die Skizze in Fig. 11 einen
                              									horizontalen Schnitt durch die Achse der liegend angeordneten vier Dampfcylinder 1,
                              									2, 3, 4, mit den Ein- und Ausströmungsöffnungen des Dampfes e, a, d
                              									d1, e1, a1, d1
                              									d; Fig. 12, 13, 14 und 15 zeigen denselben
                              									Schnitt mit den in diesen Cylindern befindlichen, einfach wirkenden Kolben 1, 2, 3,
                              									4 sammt ihren Seitenöffnungen fa, fe, f1e, f1a behufs der
                              									Steuerung.
                           In der Mitte zwischen je zwei dieser Cylinder, senkrecht auf deren Achse, liegt die
                              									Maschinenwelle mit zwei unter rechten Winkeln gestellten Kurbeln, auf welche die
                              									treibende Kraft der Kolben bei der kleinen Maschine mittelst zweier Querrahmen
                              									(Querstnusbewegung mit der Schleife), bei der größeren Maschine mittelst vier
                              									Bleuelstangen übertragen wird. Die nähere Ginrichtung dieser Details hat übrigens
                              									auf die zunächst zu besprechende Dampfvertheilung keinen Einfluß; es ist daher nur
                              									oberhalb jeder Kolbenstellung die entsprechende Lage der Kurbelstange beigefügt.
                           In der, in Fig.
                                 										12 ersichtlich gemachten Stellung empfängt der Kolben 2 eben frischen
                              									Dampf. Dieser znr Wirkung gelangende Dampf tritt durch die Einströmungsöffnung e in den Cylinder 1 und durch die Seitenöffnung fe des Kolbens 1,
                              									welcher damit bei feiner Bewegung über e zu stehen
                              									kommt, in diesen Kolben, von wo aus er durch den Dampfcanal d
                              									d1 zwischen den beiden
                              									Cylindern 1 und 2 und durch eine ringförmige Austrittsöffnung an das Ende des
                              									Cylinders 2 hinter den Kolben 2 gelangt. Vom gegenüberstehenden Kolben 3 zieht der
                              									Dampf ab, indem er zunächst durch einen Canal d
                              									d1 zwischen den beiden
                              									Cylindern 3 und 4 hindurchgeht und hierauf die Oeffnung fa des Kolbens 4, einen Canal dieses
                              									letzteren und die Oeffnung a des Cylinders 4
                              									passirt.
                           Von dem Kolben 1 zieht der Dampf ebenfalls ab und zwar durch einen der Canäle d
                              									d1 zwischen den
                              									Cylindern 1 und 2, den Kolben 2 und dessen Oeffnung f1a, den Cylinder 2 und dessen Oeffnung a1 passirend.
                           Was endlich den Kolben 4 anbelangt, so hat derselbe, bei dem angedeuteten
                              									Drehungssinne der Kurbel, bereits Dampf empfangen; der zur Wirkung gelangende Dampf
                              									tritt hier aus der Oeffnung e1 durch f1e in den Kolben 3, hierauf durch d
                              									d1 zu dem Ende des
                              									Cylinders 4.
                           Bei der Maschine ohne Expansion strömt der Dampf bis zu Ende des Schubes dem Kolben 4
                              									zu. Bei der 20pferdekräftigen Expansionsmaschine wird die weitere Zuströmung des
                              									Dampfes nach der Hälfte des Kolbenschubes durch den Dampf empfangenden Kolben selbst
                              									unterbrochen, so daß also diese Maschine hier mit einer zweifachen Expansion des  Dampfes arbeitet. Die
                              									Einrichtung des Kolbens in diesem Fall ist aus den folgenden Details zu ersehen.
                           In der in Fig.
                                 										13 dargestellten Stellung setzt der Dampf, zunächst wieder den Kolben 2
                              									in's Auge fassend, seine Wirkung auf diesen Kolben fort, indem er weiters durch die
                              									Oeffnungen e und fe beziehungsweise des Cylinders und Kolbens
                              									1 herbeiströmt. Bei der Expansionsmaschine wird dieser Zufluß, wie vorher beim
                              									Kolben 4, durch den in Rede stehenden Kolben selbst wieder abgeschnitten und wirkt
                              									sofort der Dampf auf der letzten Hälfte des Schubes von 2 durch Expansion.
                           Aus dem Cylinder 3 entströmt der Dampf durch einen der Canäle d
                              									d1 zwischen den
                              									Cylindern 3 und 4, die Seitenöffnung fa des Kolbens 4 und die Ausströmungsöffnung
                              										a des Cylinders 4 passirend.
                           Der Kolben 1 empfängt eben frischen Dampf durch einen der Canäle d
                              									d1 zwischen den
                              									Cylindern 1 und 2, nachdem dieser Dampf den Kolben 2, die Oeffnung e1 des Cylinders 2 und
                              									die Oeffnung f1e des Kolbens 2
                              									passirend durchströmte.
                           Vom Kolben 4 beginnt eben der Dampf, welcher seine Wirkung bereits verrichtet hat,
                              									durch einen Canal zwischen den Cylindern 3 und 4 abzuströmen, indem er die Oeffnung
                              										f1a und a1 beziehungsweise des
                              									Kolbens nnd Cylinders 3 passirt.
                           In der Stellung Fig.
                                 										14 wird vom Kolben 2 der Dampf eben abzuströmen beginnen, der Kolben 3
                              									fängt eben an Dampf zu empfangen, auf den Kolben 1 setzt der Dampf seine Wirkung
                              									fort, durch weiteres Herbeiströmen in der bereits besprochenen Weise oder durch
                              									weitere Ausdehnung bei der Expansionsmaschine, vor dem Kolben 4 strömt der Dampf
                              									weiters ab bis zum Ende seines Schubes.
                           In der in Fig.
                                 										15 angegebenen Stellung strömt von dem Kolben 2 der Dampf weiters ab. Der
                              									Kolben 3 empfängt noch weiters Dampf oder dieser letztere beginnt eben seine
                              									Expansionswirkung zu verrichten. Von 1 wird Dampf ab-, zu 4 Dampf
                              									zugelassen.
                           Die hier besprochene Dampfvertheilung findet unter der Voraussetzung statt, daß die
                              									Bewegung der Maschine in dem Sinne vor sich geht, wie sie in den verzeichneten
                              									Kurbelstellungen angedeutet ist.
                           Will man diese Bewegung in die entgegengesetzte verwandeln, so vertauschen hierbei
                              									nur die Oeffnungen
                           e und a.
                           e1
                              									und a1
                           und in den Kolben die Oeffnungen
                           fe
                              									und fa
                           f1e und f1a
                           
                           ihre Rollen und ein ähnliches Schema, wie das vorhergehende,
                              									wird die Möglichkeit der richtigen Dampfvertheilung zeigen; denn man sieht leicht
                              									ein, daß beim entgegengesetzten Gange der Maschine, z. V. der Kolben 1 in Fig. 12 nicht
                              									von rechts nach links, sondern umgekehrt von links nach rechts eilen müßte; es müßte
                              									also auch dieser Kolben Dampf empfangen oder bei den Expansionsmaschinen allen Dampf
                              									bereits empfangen haben und dieser seine Expansion gerade beginnen. Die Oeffnung f1e des Kolbens 2 müßte
                              									daher in f1a und ähnlich so
                              									umgekehrt für den gleichgehenden Kolben 3 f1a in f1e verwandelt
                              									erscheinen, um auch den Kolben 4 umgekehrt zu steuern. Diese Verwandlung wird nun
                              									bei dieser Hicks'schen Maschine äußerst leicht und
                              									einfach bewerkstelligt.
                           Betrachten wir nunmehr, um die Dampfvertheilung noch deutlicher zu überblicken und
                              									auch diesen Wechsel im Bewegungssinne einzusehen, die vollständig ausgebildete
                              									Maschine mit allen ihren Details.
                           Fig. 1 ist ein
                              									Verticalschnitt durch die Achse des Cylinders 1 und die Längenansicht, Fig. 2 ein
                              									horizontaler Achsenschnitt durch denselben Cylinder und ein Grundriß der Maschine;
                              										Fig. 3,
                              										4 und 5 sind
                              									verschiedene Querschnitte durch die Cylinder und Kolben 3 und 4 und Theile der
                              									Seitenansicht; in Fig. 6 bis 10 ist das Detail der
                              									Kolben für die Expansionsmaschine dargestellt. Man sieht hieraus deutlich dessen
                              									Federung mit dem Bronzekeil, seine Dampfcanäle mit deren Seitenöffnungen und die
                              									Oeffnung O für die Dampfnahme bis zur Absperrung des
                              									Dampfes.
                           Bei den nicht expandirenden Maschinen ist dieser letztere Canal im Kolben
                              									unterdrückt. Der vom Kessel herbeigeleitete Dampf tritt durch das Dampfrohr D zunächst in die beiden Schieberkästen K, K. Der darin enthaltene
                              									Schieber S, S ist so
                              									gestellt, daß der rechte Dampfcanal E für die
                              									Dampfzuströmung geöffnet ist, die beiden Nachbarcanäle unterhalb des Schiebers mit
                              									dem auf der entgegengesetzten Seite der Maschine liegenden Dampfabzugsrohre Z in Verbindung gebracht sind. Bei der Stellung des
                              									Kolbens 1 (entsprechend der Fig. 15 in der
                              									schematischen Darstellung) ist der Dampfabzugscanal A
                              									für den Cylinder 1 geöffnet, ebenso sieht man durch die angedeuteten Pfeile, wie der
                              									Dampf aus dem Nachbarcylinder 2 durch das Innere des Kolbens 1 unterhalb des
                              									Schiebers S aus der Maschine abzieht, während frischer
                              									Dampf bei der Einströmungsöffnung zur äußersten Rechten durch den Canal 4 zwischen
                              									den beiden Cylindern unterhalb ihrer Achse zur Bodenfläche des Kolbens 3, also auch
                              									zu dessen Cylinder 3 zur Arbeit gelangt. (Man sehe auf Fig. 5.) Im nächsten
                              									Augenblicke schließt der Kolben 3 die Zuströmung selbst ab; es beginnt die
                              									Expansionsarbeit des Dampfes unter  diesem Kolben, während aus e1 durch den Kolben 3 Dampf zum Kolben 4
                              									gelangt.
                           Eine einfache Verschiebung des Schiebers S, S in der Art, daß der rechte Dampfcanal mit dem
                              									mittleren gleichzeitig gedeckt, hingegen die linke Eintrittsöffnung entblößt wird,
                              									was vermittelst des Reversirhebels H, der in dem Zapfen
                              									des Gelenkes h seinen Stützpunkt hat, leicht
                              									bewerkstelligt werden kann, bringt aber jene Vertauschung in den Functionen der
                              									Seitenöffnungen der Kolben, wie die Betrachtung des Querschnittes der Cylinder (Fig. 5) zeigt,
                              									also auch die Umkehrung des Bewegungssinnes der Maschine hervor.
                           Es vertauschen thatsächlich durch die besagte Verschiebung des Schiebers S, S die Canäle e und a, sowie e1 und a1 ihre Rollen. In der
                              									in Betracht stehenden Fig. 5 ist der sichtbare
                              									Canal im Schnitt M N, der früher ein Dampfabzugscanal
                              									war, nunmehr ein Dampfzuströmungscanal geworden; es gehen also die früheren
                              									Oeffnungen a und a1 in Dampfeinströmungsöffnungen e und e1 und die früheren Dampfeinführungscanäle e und e1 in Dampfabzugscanäle a und a1
                              									über. Der Bewegungssinn erscheint sonach umgekehrt.
                           Wie aber auch dieser Bewegungssinn eingeleitet werden mag, in jedem Falle werden die
                              									Bleuelstangen nur gedrückt öder gestaut und niemals bei der Kraftübertragung gezogen
                              									oder gedehnt. Es erscheint daher, bei der bekannten Eigenschaft des Gußeisens, dem
                              									Drucke besser zu widerstehen als dem Zuge, ganz zweckmäßig und correct, daß diese
                              									Bleuelstangen bei der in Rede stehenden Maschine aus diesem Materiale hergestellt
                              									sind. Das theure Material der Bronze ist nur bei den Dichtungskeilen der Kolben
                              										(Fig.
                                 										6–10) und der ebenfalls ganz zweckmäßig in den Rücken des Schiebers frei
                              									eingelegten Schraubenmutter zur Aufnahme der Schieberstange verwendet.
                           Mit welcher Leichtigkeit sowohl die eine als die andere dieser Hicks'schen Maschinen bewegt, in Gang gesetzt und der Bewegungssinn
                              									sozusagen augenblicklich gewechselt werden konnte, wird allen aufmerksamen Besuchern
                              									dieser Maschine aufgefallen seyn. Auch ist das Gewicht dieser Maschine möglichst
                              									gering gehalten. Die kleinere der beiden Maschinen soll nur ungefähr 400 Kilogr.
                              									wiegen. Wir bemerken noch, daß die Hicks'sche
                              									viercylindrige Maschine in den Vereinigten Staaten von Nordamerika seit 21. Februar
                              									1865, und nach den Mittheilungen, die der Jury gemacht wurden, seit Mai 1866 auch
                              									fast in allen europäischen Staaten patentirt ist.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
