| Titel: | Notizen über die Fabrication von Zinn‐, Kupfer‐ und Bleisalzen in England; von G. Lunge. | 
| Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. XVIII., S. 37 | 
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                        XVIII.
                        Notizen über die Fabrication von Zinn‐, Kupfer‐ und Bleisalzen in England; von G. Lunge.
                        Mit Abbildungen.
                        Lunge, über Fabrication von Zinn‐, Kupfer‐ und Bleisalzen.
                        
                     
                        
                           Zinnsalz. – Die englischen Fabrikanten lösen das Zinn meist in kupfernen Kesseln mit directer Feuerung, zuweilen auch in Steingefäßen
                              mit Dampf auf; in beiden Fällen ist für Abzug der Dämpfe in einen Schornstein gesorgt.Eine sehr gute
                              Einrichtung sah ich jedoch in einer Sodafabrik. Daselbst ließ man die salzsauren
                              Dämpfe aus einem Sulfatofen direct ohne vorherige Condensation, in Gefäße strömen,
                              in welchen sich gekörntes Blockzinn befand, und aus welchen die gebildete Lösung von
                              Zinnsalz direct zum Krystallisiren abfloß. Diese Einrichtung ließe sich wohl auch in
                              einer größeren Fabrik mit offenen Zersetzungsschalen ausführen, aber nicht so leicht
                              als in der betreffenden Fabrik, in welcher die Zersetzung von Kochsalz mit
                              Schwefelsäure noch in Cylindern vorgenommen wurde. Allerdings arbeitete eben diese
                              Fabrik wesentlich auf Zinnsalz, und stellte Glaubersalz, resp. Soda nur als
                              Nebenproducte dar, um die Salzsäure recht billig zu haben. Die untenstehende Skizze
                              wird wohl den Apparat noch etwas mehr verdeutlichen. Die beiden Gefäße A und B, etwa 3 Fuß weit und
                              5 Fuß hoch, bestehen aus einem thönernen Kern mit gußeisernem Mantel. Durch das
                              Thonrohr a strömen die salzsauren Dämpfe in A ein, von da durch b nach
                              B, und von diesem treten sie durch c aus, selbstredend noch lange nicht vollständig
                              condensirt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 190, S. 38
                              
                           Die völlige Condensation geschieht an jenem Orte in Bonbonnes, könnte aber noch
                              besser in einem kleinen Kohksthurme bewerkstelligt werden. Da die Säure eine so
                              tiefe Schicht Zinn zu durchfließen hat, so kommt sie unten ganz gesättigt an und
                              kann bei d und e unmittelbar
                              zur Krystallisation abgezogen werden, ohne daß irgend welches weitere Concentriren
                              durch Abdampfen nöthig wäre. Das Verfahren erscheint sehr rationell, denn man
                              verwendet die ursprüngliche Hitze der Säuredämpfe gleich zur Beförderung der
                              Reaction auf das Zinn, und erspart die Mühe ihrer Condensation, sowie die Feuerung
                              eines Auflösekessels.
                           
                           Man vermeidet, so weit meine Erfahrung geht, in England durchgängig das sehr
                              beschwerliche Filtriren der Zinnsalzlösung. Zwar gibt auch das reinste Zinn noch
                              immer etwas Schlamm beim Auflösen, welchen man unbedingt von den Krystallen fern
                              halten muß; aber man trennt diesen von der Flüssigkeit nur durch Absetzen und
                              Decantiren der klaren Flüssigkeit vermittelst eines Hebers. Das Klärgefäß (von
                              Kupfer) hat ziemlich bedeutenden Inhalt, so daß die darin befindliche Lösung Zeit
                              zum Absitzen hat, ehe sie zu krystallisiren anfängt. Wenn sich eine größere Menge
                              Schlamm angesammelt hat, so wird das Zinn aus demselben durch Blei reducirt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 190, S. 39
                              Die Krystallisation wird in kleinen flachen Schüsseln von gewöhnlicher Irdenwaare
                                 vorgenommen, deren natürlich eine sehr große Anzahl vorhanden ist. Das gestattet
                                 sie sehr leicht zu manipuliren, ohne das Zinnsalz viel umtransportiren zu
                                 müssen, was man wegen seiner stark corrodirenden Eigenschaften gern vermeidet.
                                 Man gießt die Mutterlauge vorsichtig ab, in den Auflösekessel zurück und stürzt
                                 die Krystalle mit Beihülfe eines Holzspatels in thönerne Ständer von etwa 100
                                 Liter Inhalt, mit einem Ausflußloche am Boden für die Mutterlauge. Noch
                                 einfacher verfährt man auch wohl, indem man zwei Schüsseln in passenden
                                 Holzgestellen mit ihren Oeffnungen gegenüber auf die hohe Kante stellt, wo dann
                                 der Schluß der Ränder dicht genug ist, um das Salz nicht durchfallen zu lassen,
                                 aber doch nicht das Abfließen der Mutterlauge hindert. Man vergl. die
                                 beistehende Skizze. Auf Größe der Krystalle kommt es bekanntlich beim Zinnsalz
                                 nicht an. Man läßt die Krystalle so lange abtropfen, bis sie zur Versendung
                                 geeignet sind, was um so leichter geht, als sie in irdenen Kruken verpackt
                                 werden; eine künstliche Trocknung derselben habe ich nicht gesehen. Die
                                 Mutterlaugen gehen immer wieder in die Fabrication zurück, da man nur reines
                                 Zinn anwendet.
                              
                           Zinnchlorid. — Dasselbe wird nach den bekannten
                              Vorschriften dargestellt. Bemerkenswerth war mir nur die Art der Auflösung. Ein
                              thönerner Kessel, mit Haube und Abzugrohr für die Dämpfe, steht in einem großen
                              eisernen Kessel, welcher je nach den Umständen als Wasser- oder
                              Chlorcalciumbad u. s. w. dient. Derselbe Kessel dient zum Herstellen von
                              salpetersaurem Kupfer, Kupferchlorid u. dgl. mehr.
                           Kupfersalze. — Eine Fabrik, welche stark darin
                              arbeitet, hat einen Flammofen, in welchem Blech- und Drahtschnitzel unter
                              Umrühren geglüht werden. Die Oxydation wird durch ein Lufteinströmungsrohr hinter
                              der Feuerbrücke befördert, dessen Oeffnung nach Bedarf regulirt  wird. Man röstet so lange, bis
                              die an sich immer dünn verwendeten Kupferabfälle fast durch und durch in Oxyd
                              verwandelt sind. Besonders nöthig ist dieß, wenn man salpetersaures Kupfer
                              darstellen will, weil man sonst natürlich Verlust an Salpetersäure erleiden würde.
                              Dagegen ist die vollständige Oxydation nicht so nothwendig für Kupferchlorid und
                              Kupfervitriol, welcher letztere natürlich das Hauptproduct ist. Für ihn ist ein
                              bleiernes Gefäß bestimmt, welches auf dem Gewölbe des Flammofens steht und
                              Schwefelsäure enthält. Man trägt in dasselbe die in dem Ofen erhaltene Kupferasche
                              bis zur Sättigung ein, und concentrirt durch die von dem Ofen ausgehende Hitze die
                              Lösung bis zum Krystallisationspunkt. Was ungelöst geblieben ist, kommt wieder in
                              den Ofen zurück. Die Krystallisation wird durch eingehängte Bleiblechstreifen
                              befördert. — Erwähnen will ich nur noch, daß die Lösung des salpetersauren
                              Kupfers in kupfernen Kesseln concentrirt wird.
                           Salpetersaures Blei. — Eine der bedeutendsten
                              englischen Fabriken davon löst das Blei in steinernen Cisternen nach Art der
                              Chlorblasen mit Hülfe von Dampf auf. Der Dampf strömt durch ein Thonrohr direct in
                              die Flüssigkeit ein. Man macht die Lösung stark genug, um sie sogleich zum
                              Krystallisiren ablassen zu können. Sämmtliche Kry stallisirgefäße sind von Stein.
                              Die Mutterlauge kommt in thönerne Schüsseln, welche in langen Reihen auf einem
                              großen Sandbade stehen. Dieses besteht in einem dünnen Mauergewölbe, welches von
                              unten gefeuert wird und oben mit einer ziemlich dicken Schicht Sand bedeckt ist. Man
                              dampft darin die Mutterlauge ein; aber man nimmt die Schüsseln nicht zum
                              Krystallisiren heraus, wobei unfehlbar eine Menge von ihnen in Folge des jähen
                              Temperaturwechsels springen würde, sondern man läßt sie überhaupt immer im Sandbade
                              stehen. Wenn sich nun während des Einengens Salz auszuscheiden anfängt, so schöpft
                              man es mit einem Holzspatel heraus und läßt es auf einer geneigten steinernen
                              Unterlage ablaufen. Diese Krystalle müssen jedoch noch einmal umkrystallisirt
                              werden, weil nur ganz weiße Waare verkäuflich ist.