| Titel: | Ueber die Bestimmung des Schwefelgehaltes im Roheisen; von Dr. Wilh. Gintl. | 
| Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. XXXVI., S. 113 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXVI.
                        Ueber die Bestimmung des Schwefelgehaltes im
                           Roheisen; von Dr. Wilh.
                              Gintl.
                        Aus den Sitzungsberichten der
                                 mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der kais. Akademie der
                                    Wissenschaften in Wien, 1868, Bd. LVIII.
                        Gintl, über Bestimmung des Schwefels im Roheisen.
                        
                     
                        
                           Die bisher zur Bestimmung des Schwefelgehaltes im Roheisen in Anwendung gebrachten
                              Methoden lassen sich wesentlich auf Zwei Principien zurückführen. Sie beruhen
                              entweder auf einer directen Oxydation des Roheisens und Fällung und Bestimmung der
                              durch Oxydation des vorhandenen Schwefels entstandenen Schwefelsäure als Barytsalz,
                              oder sie bezwecken zunächst die Ueberführung des vorhandenen Schwefels in
                              Schwefelwasserstoff, durch dessen Umsetzung mit einem geeigneten löslichen
                              Metallsalze zuerst ein unlösliches Schwefelmetall dargestellt und dieses entweder
                              direct gewogen oder was präciser ist, nach vorhergehender Oxydation desselben ein
                              passendes schwefelsaures Salz dargestellt und aus der Menge dieses endlich der
                              ursprüngliche Schwefelgehalt berechnet wird. Die ersteren, zu denen die von Morfit und I. BoothChemical Gazette, 1853, p. 388, 411; Journal für praktische Chemie, Bd. LXI S. 30, 101. angewandte und  die von I. NicklèsComptes rendus, t. LV p. 503; polytechn. Journal
                                    Bd. CLXVI
                                       S. 279. empfohlene gehören, sind, wie das schon von E.
                              Nicholson und D. PriceChemical Gazette, 1855 p. 439; Journal für praktische Chemie, Bd. LXVII S. 380., dann von G. LippertFresenius' Zeitschrift für analytische Chemie, II. Jahrgang S. 39., so wie von R.
                              FreseniusFresenius' Zeitschrift für analytische Chemie, II. Jahrgang S. 439, so wie dessen Anleitung zur
                                    quantitativen chemischen Analyse, 5. Auflage S. 823. erörtert
                              worden ist, und wie ich mich neuerlich wiederholt zu überzeugen Gelegenheit hatte,
                              ziemlich unzuverlässig und kaum anzuempfehlen, während letztere, welche ursprünglich
                              von E. Nicholson und D. Price
                              in ihrer unten genannten Abhandlung angegeben, und später von G. Lippert sinnreich modificirt wurde, zumal unter Beachtung
                              der zuletzt von R. Fresenius in seiner trefflichen
                              Anleitung zur quantitativen chemischen Analyse angegebenen Sicherheitsmaßregeln ohne
                              Zweifel völlig genaue Resultate erreichen läßt. Dagegen läßt sich andererseits nicht
                              läugnen, daß eben diese letztere Methode der Schwefelbestimmung, was ihre Ausführung
                              erfordert, ziemlich mühevoll und zeitraubend ist, wie denn auch der Umstand, daß man
                              völliger Sicherheit halber immer genöthigt ist, den in Salzsäure unlöslichen
                              Rückstand mit salpetersaurem und kohlensaurem Natron zu schmelzen, und die so
                              erhaltene Masse weiters auf Schwefelsäure zu prüfen und diese nöthigenfalls zu
                              bestimmen, durch die Complication, die das Verfahren hierdurch erleidet, eben nicht
                              zur Verminderung der Fehlerquellen beiträgt. Es schien mir unter diesen Umständen
                              nicht ganz überflüssig, ein einfacheres Verfahren zur Bestimmung des
                              Schwefelgehaltes aufzusuchen und anläßlich verschiedener Roheisenanalysen, wie sie
                              mir im Laboratorium (zu Prag) wiederholt vorgekommen sind, hatte ich mehrfach
                              Gelegenheit dießbezügliche Versuche anzustellen, deren Resultate so günstig waren,
                              daß ich das Verfahren, zu dessen Anwendung sie mich führten, als ein recht
                              brauchbares, der Mittheilung für werth erachte. Mein Verfahren, wie ich es
                              anzuwenden pflege, ist in Kürze folgendes. Ich bringe eine abgewogene, nicht zu
                              geringe Menge des zu prüfenden mäßig fein vertheilten Roheisens in einen geräumigen
                              Glaskolben, übergieße dasselbe mit etwa der 20fachen Menge einer mäßig
                              concentrirten, vom Säureüberschuß möglichst befreiten Auflösung von Eisenchlorid und
                              digerire, während ich dem Kolben eine geneigte Stellung gebe, durch 8 bis 10 Stunden
                              unter mäßigem Erwärmen. (Es genügt eine Temperaturerhöhung auf 25–30°
                              C.)
                           
                           Unter schwacher Gasentwickelung und unter Bildung von Eisenchlorür erfolgt in der
                              oben angegebenen Zeit die Lösung der Hauptmenge des Eisens, und es hinterbleibt
                              endlich eine lockere, schwarze Masse, welche neben geringen Mengen noch ungelösten
                              freien Eisens, sämmtlichen Graphitkohlenstoff, Schwefel, Phosphor, so wie fast den
                              gesammten Siliciumgehalt des Roheisens enthält. Wird nunmehr dieser, nicht weiter
                              lösliche Antheil auf einem Filter gesammelt, möglichst rasch gewaschen und endlich
                              getrocknet, so hat man ein Material, durch dessen directe Oxydation man leicht und
                              ohne Verlust befürchten zu müssen, sämmtlichen Schwefel in Schwefelsäure überführen
                              und als Barytsalz weiter der Wägung zuführen kann. Die Oxydation nehme ich in der
                              Art vor, daß ich die genannte rückständige Masse sammt dem Filter in einen
                              Porzellantiegel eintrage, dessen Boden mit einer Schicht eines Gemenges von drei
                              Theilen salpetersaurem Kali und einem Theile Aetzkali, beide selbstverständlich
                              schwefelsäurefrei, überdeckt ist, und nach dem Eintragen des zu oxydirenden
                              Materiales dieses weiters mit einer Partie des oxydirenden Gemenges überschichte.
                              Der so beschickte Tiegel wird anfangs mäßig und erst allmählich stärker erhitzt, und
                              zwar so lange bis eine möglichst vollständige Oxydation erreicht ist. Die erhaltene
                              Schmelze, welche nunmehr allen Schwefel als schwefelsaures Salz neben gleichzeitig
                              entstandenem phosphorsaurem, kohlensaurem und kieselsaurem Salze und einer Partie
                              von Eisenoxyd enthält, wird geradezu in Wasser gelöst, die Lösung vom Ungelösten
                              filtrirt, und aus dem klaren Filtrate nach dem Ansäuern mit Chlorwasserstoffsäure
                              mittelst Chlorbaryum sämmtliche Schwefelsäure als Barytsalz gefällt, und endlich als
                              solches der Wägung unterworfen. Die Resultate dieser Bestimmungsmethode fallen,
                              sofern mit einiger Genauigkeit gearbeitet wird, sehr präcis aus, und weichen kaum
                              wesentlich von den nach der von G. Lippert und R. Fresenius mit Recht als zuverlässig empfohlenen Methode
                              erhaltenen Resultaten ab. So fand ich in einer Sorte Roheisens bei Bestimmungen nach
                              der G. Lippert'schen Methode, und zwar:
                           
                              
                                 bei der Bestimmung I. den
                                    Schwefelgehalt
                                 =
                                 0,197
                                 Proc.
                                 
                              
                                 bei der Bestimmung II. den
                                    Schwefelgehalt
                                 =
                                 0,178
                                 Proc.
                                 
                              
                                 im Mittel sonach
                                 =
                                 0,187
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Bei der Bestimmung nach meinem oben erörterten Verfahren, und
                                    zwar:
                                 
                              
                                 bei der Bestimmung I. den
                                    Schwefelgehalt
                                 =
                                 0,201
                                 Proc.
                                 
                              
                                 bei der Bestimmung II. den
                                    Schwefelgehalt
                                 =
                                 0,189
                                 Proc.
                                 
                              
                                 im Mittel sonach
                                 =
                                 0,195
                                 Proc.
                                 
                              
                                 In einer zweiten Sorte Roheisens fand ich nach der G. Lippert'schen Methode einen Schwefelgehalt
                                    von
                                 =
                                 0,342
                                 Proc.
                                 
                              
                                 nach meinem Verfahren einen Schwefelgehalt
                                 =
                                 0,360
                                 Proc.
                                 
                              
                           
                           Das Verfahren von I. Nicklès lieferte einen gelb gefärbten
                              schwefelsauren Baryt, dem sich die letzten Reste anhängenden Eisenoxydsalzes nicht
                              völlig entziehen ließen, aus dessen Menge sich ein Schwefelgehalt von 0,491 Proc. in
                              demselben Roheisen berechnete.
                           Es ist selbstverständlich, daß sich bei der Anwendung des von mir im Vorhergehenden
                              besprochenen Verfahrens mit Leichtigkeit unter einem auch die Bestimmung des
                              Phosphorgehaltes wird ausführen lassen, so wie daß für Fälle, wo es auf hochgradige
                              Genauigkeit nicht ankommt, auch eine Bestimmung des Siliciumgehaltes sich nebenbei
                              ohne wesentliche Schwierigkeit erreichen lassen wird.