| Titel: | Ueber einige neue Eigenschaften des Paraffins und über die Paraffinbäder; von Prof. Dr. P. Bolley. | 
| Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. XL., S. 121 | 
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                        XL.
                        Ueber einige neue Eigenschaften des Paraffins und
                           über die Paraffinbäder; von Prof. Dr. P. Bolley.
                        Im Auszuge aus der
                           schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1868, Bd. XIII S. 65.
                        Bolley, über das Paraffin und die Paraffinbäder.
                        
                     
                        
                           Veranlassung zu dieser Untersuchung gab die früher oft gehörte Klage, daß das
                              Paraffin sich nicht an der Stelle fetten Oeles zu Oelbädern gebrauchen lasse, weil
                              es nach kurzer Zeit gänzlich entarte, d. h. in eine Substanz umgewandelt werde, die
                              bräunlich, weich, aber bei den zu erzielenden Temperaturen nicht mehr flüssig sey
                              etc. Der Verf. hat zu der Arbeit, die er zusammen mit seinem ersten Assistenten,
                              Hrn. Tuchschmid, ausführte, Paraffin von Weißenfels, von
                              welchem er überzeugt war, daß es keinerlei Zusätze enthielt, gebraucht, und die  Genannten haben sich
                              zuerst zu der Untersuchung des erwähnten Umwandlungsproductes gewendet.
                           Das genannte Paraffin hat einen Schmelzpunkt von 53° C. Seine
                              Elementarzusammensetzung hat der Verf. früher gefunden zu 85,61 Proc. Kohlenstoff
                              und 14,69 Proc. Wasserstoff, wodurch die Uebereinstimmung mit den verschiedenen
                              natürlichen und künstlichen Paraffinen festgestellt ist.
                           Um zuerst die angeführte Veränderung durch Hitze zu constatiren, wurden etwa 10 Grm.
                              des Paraffins in einem Reagenscylinder etwa 8 Tage lang auf 150° C. erhitzt.
                              Die anfangs wasserhelle Flüssigkeit wurde allmählich braun, verminderte sich, und es
                              blieb zuletzt ein brauner, zäher, teigartiger Körper. Beim Erwärmen einer größeren
                              Menge Paraffin in einer flachen Schale und Erhalten auf der angegebenen Temperatur
                              erfolgte die Veränderung viel schneller. Während das Paraffin erst bei einer
                              Temperatur von nahe 300° C. in's Sieden kam, war bei diesem Versuche schon
                              unter 150° ziemlich starke Verdampfung zu bemerken, und der braune Rückstand
                              betrug nur etwa die Hälfte des Gewichtes des angewendeten Paraffins. Die braune
                              Masse gab, zuerst mit 95procentigem, dann mit absolutem Alkohol bei Kochhitze
                              behandelt, vieles ab, welches, aus dem Alkohol durch Verdunsten wieder abgeschieden,
                              sich als unverändertes Paraffin zeigte. Der Rest löste sich weder in Alkohol noch in
                              Aether, sehr wenig in Benzol, wenig in kochenden alkalischen Laugen und nicht in
                              Säuren. Dieser Körper ist dunkelbraun, weich, kautschukartig elastisch, wird bei
                              100° C. gelatinös, kommt aber auch bei stärkerer Erwärmung nicht in
                              eigentliches Schmelzen. Die Elementaranalyse ergab:
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 Mittel.
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 69,99
                                 70,09
                                 70,040
                                 
                              
                                 
                                    H
                                    
                                 10,29
                                 10,18
                                 10,253
                                 
                              
                                 
                                    O
                                    
                                 19,72
                                 19,73
                                 19,725
                                 
                              
                           Eine Formel für diese Substanz aufzustellen hätte vor der Hand keinen Sinn; genug,
                              daß aus der Analyse, deren Entstehung durch Sauerstoffaufnahme hervorgeht.
                           Daß der Luftberührung die wesentlichste Rolle bei der Bildung der braunen Substanz
                              zukommt, wird noch durch zwei andere Versuche dargethan.
                           Paraffin in einer geschlossenen Glasröhre mehrere Tage hindurch auf 150 bis
                              200° C. erhitzt, veränderte sich nicht. Paraffin aus einer nicht zu
                              geräumigen Retorte umdestillirt, ließ nur wenig bräunlichen  Rückstand und noch viel
                              unbedeutender fiel derselbe aus beim Umdestilliren in einem Strome Kohlensäure.
                           Für die Frage der Tauglichkeit des Paraffins an der Stelle des Oeles zu Bädern geht
                              aus dem Obigen hervor, daß der Uebelstand, welcher von allgemeiner Anwendung
                              desselben zu diesem Zwecke abhielt, beseitigt werden kann, wenn für Luftabhaltung,
                              also Festeinsetzen des zu erwärmenden Gefäßes in das äußere Gefäß, gesorgt wird.
                           Es ist, soweit bekannt, bis jetzt die specifische Wärme
                              des Paraffins noch niemals untersucht worden. Daß sie unter den Eigenschaften,
                              welche den Substanzen, die zu solchen Bädern dienen sollen, zukommen, in vorderster
                              Linie steht, bedarf keiner Erläuterung. Man scheint angenommen zu haben, das
                              Paraffin reihe sich in dieser Beziehung zu den fetten Oelen. Es konnte aber auch
                              anders seyn; deßhalb wurde diese Eigenschaft untersucht.
                           Das sogenannte Paraffin ist ein Gemenge verschiedener Körper, und hat deßhalb
                              wechselnde Eigenschaften. Eine Bestimmung zu exacten, wissenschaftlichen Zwecken
                              wäre deßhalb bedeutungslos. Darum wurden bei der Bestimmung der specifischen Wärme
                              durch die Mischungsmethode einige kleinere Cautelen und Correctionen, welche auf das
                              Resultat einigen, wenn auch nicht bedeutenden Einfluß haben können, außer Acht
                              gelassen; ebenso blieb unberücksichtigt das Verhalten in höher liegenden
                              Temperaturen. Diese Bestimmung spricht daher, das sey ausdrücklich bemerkt, nur den
                              Werth einer technischen Verwendung an.
                           In drei Versuchen wurde höher erwärmtes Paraffin mit Wasser, welches wenigstens bis
                              zum Schmelzpunkte des Paraffins erwärmt worden war, schnell gemischt, und die
                              Temperatur, welche das Wasser dadurch annahm, bestimmt.
                           
                              
                                 Es ist
                                 
                                    A
                                    
                                 =
                                 das Gewicht des Wassers, in welches das Paraffin geschüttet wird,
                                 
                              
                                 
                                 
                                    t
                                    
                                 =
                                 Temperatur des Wassers vor der Mischung
                                 
                              
                                 
                                 
                                    t
                                    1
                                    
                                 =
                                 Temperatur des Wassers nach der Mischung
                                 
                              
                                 
                                 
                                    T
                                    
                                 =
                                 Temperatur des Paraffins,
                                 
                              
                                 
                                 
                                    M
                                    
                                 =
                                 Gewicht der angewendeten Substanz.
                                 
                              
                           
                              
                                 Es war in:
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 
                              
                                 
                                    M
                                    
                                 =
                                 14,358 Grm.
                                 11,875 Grm.
                                 15,480 Grm.
                                 
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 =
                                 154 Grm.
                                 153 Grm.
                                 170 Grm.
                                 
                              
                                 
                                    t
                                    
                                 =
                                 53° C.
                                 64° C.
                                 52° C.
                                 
                              
                                 
                                    T
                                    
                                 =
                                 133° C.
                                 166,5° C.
                                 155,5° C.
                                 
                              
                                 
                                    t
                                    1
                                    
                                 =
                                 60° C.
                                 69° C.
                                 58,5° C.
                                 
                              
                           
                           Nach der Gleichung Textabbildung Bd. 190, S. 124 wurde erhalten in:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 190, S. 124
                              
                           Die specifische Wärme des Paraffins stellt sich demnach ziemlich hoch. Es muß ihm
                              dieser Eigenschaft wegen, verbunden mit dem hohen Siedepunkte, die Tauglichkeit zur
                              gleichmäßigen Erhaltung von Temperaturen zwischen 100 und etwa 250° C.,
                              welche bei chemischen Operationen vielfach vorkommen, vindicirt werden.