| Titel: | Die Fabrication der künstlichen Schleifsteine. | 
| Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. LVII., S. 197 | 
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                        LVII.
                        Die Fabrication der künstlichen
                           Schleifsteine.
                        Aus dem Précis de Chimie
                                 industrielle par A. Payen, Paris 1867.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Payen, über die Fabrication künstlicher Schleifsteine.
                        
                     
                        
                           Dieser Industriezweig, welcher seit zehn Jahren von Deplanque geschaffen und stufenweise verbessert worden ist, hat erst in
                              der letzten Zeit durch die Verwendung wohlfeiler Rohmaterialien, sowie durch die
                              erzielte Regelmäßigkeit der Operationen und Vorzüglichkeit der Producte eine
                              wirkliche Bedeutung erlangt.
                           Durch Anwendung verschiedener Mengenverhältnisse, sowie eines gröberen oder feineren
                              Kornes des zur Anfertigung dieser Producte verwendeten Sandes, Quarzes,
                              Feuersteines, Schmirgels etc., lassen sich Steine fabriciren, welche zum Schleifen,
                              Poliren und Schärfen verschiedener Gegenstände aus Gußeisen, Schmiedeeisen, Stahl
                              etc. geeignet sind. Als Bindemittel zur Vereinigung der genannten harten
                              Mineralsubstanzen benutzt der Erfinder Abfälle von
                                 vulcanisirtem Kautschuk und die aus Steinkohlentheer gewonnenen Schweröle, welche einen nur geringen Handelswerth
                              haben.Destillirt man von Steinkohlentheer 22 bis 25 Proc. verschiedener
                                    Hydrocarbüre und anderer flüchtigen Producte ab, behandelt die erhaltenen
                                    Destillate mit 3 Proc. Schwefelsäure, wäscht sie sorgfältig aus und
                                    unterwirft sie dann einer neuen Destillation, so sind die ersten Antheile,
                                    welche bis zur Temperatur von 150° C. übergehen, diejenigen, welche
                                    den meisten Werth haben, zugleich die specifisch leichtesten (die Leichtöle); die dann zwischen 150 und 200°
                                    oder 220° C. überdestillirenden Antheile bilden die sogen. Schweröle vom spec. Gewicht 1000 bis 1100, deren
                                    Werth bedeutend geringer ist, indem diese Producte zu ungefähr 10 Frcs. per 100 Kilogr. verkauft werden.
                           Das Verfahren zur Anfertigung dieser künstlichen Schleifsteine ist das folgende. Ein
                              mit Kohksklein oder Cinders geheizter Kessel A, Fig. 32, wird
                              mit 35 Kilogrm. Abfällen und Schnitzeln von vulcanisirtem Kautschuk beschickt,
                              worauf man die Temperatur auf 220 bis 230° C. steigert. Zur besseren
                              Vertheilung der Wärme und zur Beförderung der Schmelzung setzt man nach Verlauf von
                              zwei Stunden 3 Kilogrm. Schweröl hinzu, und wiederholt den Zusatz derselben Oelmenge
                              nach wiederum zwei Stunden, so daß während der ganzen Dauer der sechs Stunden
                              beanspruchenden Operation dem fortwährend umzurührenden Gemenge im Ganzen 9 Kilogrm.
                              Schweröl zugesetzt werden. Der größte Theil dieses Oeles verflüchtigt sich; die
                              Dämpfe desselben werden mittelst des aus  Eisenblech angefertigten Domes B und des Rohres C in die 33 Meter hohe Esse
                              geleitet, damit sie sich über den benachbarten Häusern zerstreuen und die Umgebung
                              nicht belästigen können. Nachdem die Beschickung des Kessels in dieser Weise den
                              gehörigen Flüssigkeitsgrad angenommen hat, wird sie mittelst eines mit innerem
                              Ventil versehenen Ansatzrohres in den beweglichen Kessel oder die Vorlage E abgelassen; die aus der letzteren entweichenden
                              Oeldämpfe werden durch den Dom E′ in das vorhin
                              erwähnte Rohr C abgeleitet, in welchem sie mit den im
                              Kessel A entwickelten Dämpfen zusammentreffen. Die
                              Verbindung zwischen E′ und C kann durch die Klappe M beliebig abgesperrt
                              werden. Die Verbrennungsgase des Herdes treten durch das Rohr D ebenfalls in die gemeinschaftliche Esse und befördern den Zug
                              derselben.
                           Der in der nach G (Fig. 33) transportirten Vorlage enthaltene flüssige Kautschuk wird nun
                              mit 12 Kilogrm. Schwefelblumen versetzt und das Ganze gehörig durcheinander gerührt,
                              so daß sich der Schwefel möglichst gleichmäßig vertheiltUm die Blasen zu vermeiden, welche das während der Schwefelung sich
                                    entwickelnde Schwefelwasserstoffgas erzeugen kann, dürfte ein Zusatz von 2
                                    kil. gepulvertem Kalk oder von 4 kil. Bleioxyd zu empfehlen seyn.
                              dann fügt man 525 bis 618 Kilogrm. der oben genannten, mehr oder weniger fein
                              gepulverten Mineralsubstanzen (Sand, Quarz, Feuerstein, Schmirgel etc.) hinzu, so
                              daß ein consistenter Teig entsteht, welchen man durch Kneten zwischen den beiden
                              hohlen Walzen F von 30 Centimet. Durchmesser, homogener
                              macht. Diese Walzen drehen sich in entgegengesetzter Richtung mit verschiedener
                              Geschwindigkeit, indem die eine 2, die andere 6 Umgänge in der Minute macht; sie
                              werden durch einen in ihr Inneres eingeleiteten Dampfstrom auf 50 bis 60° C.
                              erwärmt, und die auf ihnen sich entwickelnden Oeldämpfe werden durch einen
                              Blechmantel und das Rohr F′ der gemeinsamen Esse
                              zugeführt. Der auf diese Weise geknetete Teig kommt zwischen zwei ganz ähnliche
                              Walzen, welche indessen, wie bei Walzwerken, mit gleicher Geschwindigkeit, einmal in
                              der Minute, umlaufen. Diese Walzen, welche beliebig eng oder weit gestellt werden
                              können, liefern Blätter von 5 bis 90 Millimet. Dicke, welche einzeln auf einen mit
                              gepulvertem Talk (Speckstein) bestreuten Tisch gelegt, oben ebenfalls mit Talk
                              bestreut und mittelst eines kreisförmigen Aushaueisens, Fig. 34, zerschnitten
                              werden. Man erhält auf diese Weise eine Scheibe, welche auf allen Flächen mit Talk
                              bepudert und dann in einem Ringe von passender Größe und Dicke dem kräftigen Drucke
                              (von 150,000 bis 200,000 Kilogrm.) einer hydraulischen Presse (Fig. 35) unterworfen
                              wird. Dann nimmt man die Scheibe aus der  Form, indem man den unterstützten Ring unter eine
                              Schraubenpresse (Fig. 36) bringt. Die so kalt gepreßte und aus der Form genommene Scheibe
                              wird nun wiederum unter das Aushaueisen (Fig. 34) gebracht,
                              welches die unregelmäßigen Ränder entfernt und gleichzeitig in der Mitte ein Loch
                              durchstößt. Hierauf werden die Scheiben in den Vulcanisircylinder gelegt, in welchem sie geschwefelt werden, um die
                              erforderliche Härte und Festigkeit zu erhalten.
                           Zu dieser Schwefelung ist eine Temperatur von ungefähr 140° C. erforderlich.
                              Um dieselbe hervorzubringen, wird Wasserdampf von 153° C. unter einem Drucke
                              von 5 Atmosphären durch C′ in den (mit einem zur
                              Entfernung des condensirten Wassers dienenden Abflußrohre C versehenen) Mantel des aus 1 Centimet. starkem Eisenbleche angefertigten
                              Cylinders geleitet (Fig. 37 stellt den verticalen Längsschnitt und Fig. 38 den Querschnitt
                              dieses Vulcanisircylinders dar). Auch der an der Vorderseite des Cylinders
                              angebrachte Deckel könnte mit einem Mantel versehen werden, in welchem gleichfalls
                              Dampf circulirt. Die an den inneren Wandungen des Cylinders befestigten Träger b sind zur Aufnahme der in horizontaler Lage auf ihnen
                              ruhenden dünnen Gußeisenplatten bestimmt, welche als Unterlagen für die runden und
                              anders geformten SteineEs werden nämlich nach dem beschriebenen Verfahren auch Wetzsteine zum
                                    Schärfen der Sensen und Sicheln angefertigt, welche ihre Gestalt durch ein
                                    entsprechend geformtes Ausschneideisen erhalten. dienen, welche
                              geschwefelt werden sollen. Nachdem diese Gegenstände so in den Cylinder eingetragen
                              wurden, daß sein Raum möglichst vollständig benutzt ist, verschließt man die Mündung
                              derselben mittelst beweglich verbundener Bolzen mit dem Deckel, läßt Dampf zu und
                              unterhält die oben angegebene Temperatur sieben bis acht Stunden lang. Während der
                              ganzen Dauer der stattfindenden Reaction verbindet sich ein Theil des durch den
                              Schwefel verdrängten Wasserstoffes im Entstehungszustande mit dem überschüssigen
                              Schwefel zu Schwefelwasserstoff, und dieser wird durch einen schwachen Luftzug, der
                              mittelst einer in der Mitte des Deckels befindlichen 1 Centimet. weiten Oeffnung und
                              eines am anderen Ende des Cylinders angebrachten Rohres f hervorgerufen wird, nebst der geringen Menge von Oeldämpfen, welche die
                              Gegenstände noch entwickeln, entfernt. Man läßt schließlich erkalten und trägt aus.
                              Da der Cylinder durchschnittlich 500 Kilogrm. Schleifsteine und andere Gegenstände
                              aufzunehmen vermag, so würde es keine Schwierigkeit haben, binnen 24 Stunden in zwei
                              Operationen 1000 Kilogrm. zu schwefeln.
                           Die nach diesem Verfahren dargestellten künstlichen Schleifsteine  besitzen eine große Homogenität
                              und eine außerordentliche Festigkeit. Die größte Sorte derselben, von 60 Centimet.
                              Durchmesser und 7,5 Centimet. Dicke, kostet 40 Frcs. und wiegt 40 Kilogrm.; die
                              kleinsten haben 28 Centimet. Durchmesser und sind 4 Millimet. stark; zwischen diesen
                              Dimensionen variirt die Dicke von 1 zu 1 Millimet. Die zum Schärfen der Zähne von
                              großen Sägen bestimmten Steine haben gewöhnlich 4 bis 20 Millimet. Dicke. Zu dieser
                              letzteren Verwendung sind die künstlichen Schleifsteine ganz besonders zu empfehlen;
                              dieselben haben bedeutende Vorzüge vor den zu diesem Zwecke bei geraden und bei
                              Kreissägen bisher benutzten Feilen, indem durch sie zwei Drittheile sowohl an
                              Handarbeit, als an Abnutzung der Geräthe erspart werden können. — Mit großem
                              Vortheile wendet man diese Steine ferner zum Abschruppen, Befeilen, Schleifen und
                              Poliren der verschiedenartigsten Gegenstände aus Gußeisen, Schmiedeeisen und Stahl
                              an. — Die Maschinen, durch welche diese Schleifsteine zum Schärfen sowohl der
                              geraden als der Kreissägen getrieben werden, kosten 140 bis 200 Frcs.;Dergleichen Maschinen werden sowohl mit hölzernen als mit eisernen Gestellen
                                    angefertigt; bei der von Galibert (37, rue de Lyon in Paris) construirten machen die
                                    Steine 800, bei der Gérard'schen Maschine aber
                                    1600 bis 2000 Umdrehungen, in der Minute. dieselben sind bereits
                              in zahlreichen Schneidmühlen und Werkstätten eingeführt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
