| Titel: | Ueber die Geschwindigkeitsformel für Gewässer; von W. R. Kutter, Ingenieur in Bern. | 
| Autor: | W. R. Kutter | 
| Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. LXXIII., S. 265 | 
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                        LXXIII.
                        Ueber die Geschwindigkeitsformel für Gewässer;
                           von W. R. Kutter, Ingenieur in
                           Bern.
                        Kutter, über die Geschwindigkeitsformal für Gewässer.
                        
                     
                        
                           Herr Sectionsingenieur I. A. v. Wagner bemerkt in seinem
                              Aufsatz über Fortschritte der Hydrotechnik im polytechn. Journal Bd. CLXXXIX S.
                                 447 (zweites Septemberheft 1868): „ich wolle gefunden haben, daß
                                 die Geschwindigkeitsformel von Humphreys und Abbot, jedoch nur für außergewöhnlich starke Gefälle,
                                 wie solche an den schweizerischen Gießbächen vorkommen, etwas zu geringe Werthe
                                 liefere, und stelle für letztere Gewässer die Formel Textabbildung Bd. 190, S. 265 auf.“
                           Ich habe hierauf Folgendes zu erwiedern. Diese Formel wurde keineswegs für Gewässer
                              mit außergewöhnlich starken Gefällen, sondern ebensowohl für den Mississippi, als
                              für solche, — überhaupt für alle Gewässer mit gleichförmiger Bewegung,
                              — entworfen. Sie schien mir beim Studium der Gesetze der Bewegung des Wassers
                              sich für eine allgemeine Formel zu eignen, ohne daß ich sie noch an den
                              Messungsresultaten geprüft hatte. Ich theilte sie Hrn. Grebenau, dem Uebersetzer des amerikanischen Werkes mit, um seine Ansicht
                              darüber zu vernehmen, fand aber gar bald selbst, daß sie unpraktisch und nicht
                              allgemein anwendbar ist, weßhalb ich sie natürlich sofort aufgab. Sie gleicht dem
                              Röthelentwurf eines Malers, der wieder ausgelöscht wird, um einen besseren versuchen
                              zu können. Diese Formel habe ich nie als eine definitive aufgestellt und sie nie
                              publicirt, und es ist einem Mißverstande zuzuschreiben, daß sie unter meinem Namen
                              vor das Publicum gebracht wird.
                           Hr. v. Wagner erwähnt auch beiläufig der Formeln von Bazin und von Gaukler, denen
                              er aber kein großes Zutrauen zu schenken scheint, da er bemerkt, daß sie, nebst der
                              meinigen (s. oben), offenbar noch der Bestätigung
                              bedürfen.
                           Meine oben erwähnte Versuchsformel bedarf nach dem Gesagten keiner Bestätigung, da
                              sie nicht mehr existirt.
                           Wenn aber Hr. v. Wagner diese Formel, von der er sagt, daß
                              sie offenbar noch der Bestätigung bedürfe, einige Zeilen weiter mit derjenigen  von Humphreys und Abbot, oder von
                              Grebenau, als vorzüglich bezeichnet, da derselben
                              (Formel sub 3 oder 4) praktische Belege für große
                              Zuverlässigkeit in großer Menge zur Seite stehen, so verstößt er wenigstens gegen
                              die Consequenz.
                           Humphreys und Abbot, und Grebenau haben zur Prüfung der amerikanischen Formel an
                              Gewässern mit starken Gefällen selbst aufgefordert. Eine solche Prüfung habe ich in
                              ausgedehnter Weise vorgenommen; allein der Anlaß ist jetzt nicht gegeben, das
                              Resultat zu discutiren. Ich füge nur noch bei, daß eine Abhandlung in der v. Förster'schen Allgemeinen Bauzeitung und eine zweite in
                              der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und
                              Architekten-Vereines demnächst erscheinen und darüber Auskunft geben werden.
                              In der letzteren wird eine definitive, allgemein anwendbare Formel aufgestellt,
                              welche die Messungsresultate vom Mississippi ebenso richtig gibt, als die Resultate
                              von künstlichen Canälen mit sehr verschiedener Rauhheit des benetzten Umfanges, eine
                              Formel, welche den Zusammenhang der amerikanischen Strommessungen mit den
                              Experimenten von Darcy und Bazin an kleinen künstlichen Canälen herstellt und daher von allgemeiner
                              Bedeutung ist. Ueberdieß stimmt sie, trotz ihrer Allgemeinheit, noch besser mit den
                              Messungsresultaten überein, als die Specialformeln von Humphreys und Abbot, und von Bazin.