| Titel: | Verfahren zur Fabrication eines animalisch-mineralischen Düngers; von Dr. Boucherie. | 
| Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. LXXXVIII., S. 325 | 
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                        LXXXVIII.
                        Verfahren zur Fabrication eines
                           animalisch-mineralischen Düngers; von Dr. Boucherie.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique, 4 série, t. XIII p. 199; Februar
                              1868.
                        Boucherie, über Fabrication eines animalisch-mineralischen
                           Düngers.
                        
                     
                        
                           §. 1. Einleitende
                                 Bemerkungen.
                           I. Das Nachstehende ist ein Auszug einer umfassenderen
                              Abhandlung in welcher ich die auf meine Untersuchungen über diesen Gegenstand
                              bezüglichen Actenstücke, Versuche und Analysen zusammengestellt habe.Eine Notiz über diesen Gegenstand wurde bereits im polytechn. Journal Bd. CLXXXVII S.
                                       524 mitgetheilt. Für jetzt wünsche ich hauptsächlich
                              die Aufmerksamkeit auf die besonderen Wirkungen zu lenken, welche die Salzsäure bei
                              allmählichem Erhitzen von der gewöhnlichen Temperatur bis zum Sieden auf die
                              Substanzen, von denen hier die Rede seyn wird, ausübt. Gleichzeitig will ich auf die
                              großen Dienste aufmerksam machen, welche die Processe, mittelst deren ich die Reste
                              von Thieren der Fäulniß entziehe und sie in einen von widrigem Geruche freien und an
                              freier Luft unveränderlichen Dünger verwandle, der öffentlichen Salubrität und den
                              Interessen der Landwirthschaft zu leisten im Stande sind.
                           II. Die Anzahl der in den Städten und auf dem Lande
                              fallenden oder durch den Abdecker getödteten Hausthiere ist ungemein groß und die
                              Reste dieser Thiere erzeugen, sobald sie in faulige Zersetzung über gehen,
                              schädliche Ausdünstungen und verderbliche Miasmen.
                           Diese Anzahl nimmt in einem unheilvollen Verhältnisse zu, sobald Viehseuchen
                              auftreten oder wenn das Erscheinen contagiöser Krankheiten zu der Nothwendigkeit
                              führt, in den heimgesuchten Landstrichen ganze Heerden, unter denen die Seuche
                              ausgebrochen ist, zu vernichten um die Weiterverbreitung der Seuche zu verhindern.
                              Häufig wird auch durch derartige Opfer der angestrebte Zweck keineswegs erreicht;
                              die rasche Zersetzung solcher massenhaften Cadavermengen wird, ungeachtet der fast
                              überall empfohlenen oder gesetzlich vorgeschriebenen Vorsichts- und
                              Vorbeugungsmaßregeln zu einem Herde, von welchem aus die Ansteckung sich wieder
                              erneuert, fortentwickelt und weiter verbreitet.
                           In allen Fällen, selbst unter gewöhnlichen Verhältnissen, sind die auf diese Weise
                              entstehenden Verluste sehr bedeutend und die dadurch bedingten  Nachtheile und Gefahren der
                              Art, daß sie die ernstlichste Beachtung der Behörden verdienen.
                           III. Ich werde anderwärtig die Hülfsquellen besprechen,
                              welche der Industrie und dem Handel aus einer rationellen Benutzung der aus solchen
                              Thierkörpern zu gewinnenden Fette, des Leimes, der bearbeiteten oder gebrannten
                              Knochen etc., sowie aus der Verwendung der Fleischtheile zur Nahrung für manche
                              Thiere erwachsen.
                           IV. Die Umwandlung der Thierreste in Dünger ist eine von
                              den zur Erhaltung des Gleichgewichtes der Productivkraft des Bodens nothwendigen
                              Bedingungen. Diese Frage ist jedoch dem Interesse der allgemeinen Sanitätszustände
                              untergeordnet, beide Seiten derselben lassen sich nicht wohl von einander trennen;
                              um die durch sie gestellte Aufgabe zu lösen, muß daher einerseits den Forderungen
                              der öffentlichen Salubrität Genüge geleistet und andererseits der Landwirthschaft
                              mittelst Verwerthung jener Reste ein Product dargeboten werden, welches ihr als
                              Dünger Vortheile gewährt.
                           V. Diese Betrachtungen haben mich zur Ermittelung von
                              Verfahrungsarten veranlaßt, wodurch die organischen Reste, bei vollständiger
                              Erhaltung ihres Düngwerthes, vor dem Uebergange in faulige Gährung geschützt und
                              folglich die Entwickelung von schädlichen, die allgemeine Salubrität gefährdenden
                              Miasmen verhindert oder aufgehalten werden kann.
                           Dieses Ziel verfolgte ich mit dem größten Eifer, da dasselbe mit Interessen von der
                              größten Wichtigkeit verknüpft ist; denn nur auf die angedeutete Weise war es
                              möglich, gleichzeitig mit der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit auch den
                              Anforderungen der öffentlichen Gesundheitspflege in den Städten sowohl als auf dem
                              platten Lande Rechnung zu tragen und zwar durch möglichste Beseitigung der
                              sanitätischen Mißstände, welche mit den Abdeckereien, Schlachthäusern, Markt-
                              und Fischereiplätzen, sowie mit den Werkstätten, in denen thierische Reste der
                              Fäulniß unterliegen, verbunden sind.
                           VI. Ich gebe im Nachstehenden eine kurze Darstellung der
                              Versuche und Resultate, welche mich zu der Hoffnung berechtigen, diese wichtige
                              Aufgabe gelöst zu haben.
                           VII. Ich habe diese Versuche gemeinschaftlich mit meinem
                              Schwieger sohn Hrn. Groualle angestellt, welcher sich
                              schon bei meinen früheren Arbeiten über die Conservirung des
                                 Holzes betheiligte.
                           
                           §. 2. Darstellung und
                                 Zusammensetzung des, Phosphorsäure und Chlor enthaltenden thierischen
                                 Düngers
                           (engrais animal
                                 phosphato-chloruré).
                           VIII. Nach unserer Ansicht waren die Bedingungen zur
                              Lösung der gestellten Aufgabe folgende:
                           1) die faulige Zersetzung der thierischen Substanzen zu verhindern oder
                              aufzuhalten;
                           2) die thierischen Substanzen (Fleisch und Knochen) in eine neue Masse umzuwandeln,
                              welche alle Elemente derselben vollkommen gemischt enthält;
                           3) diese neue Masse vor jeder Veränderung zu conserviren;
                           4) den Pflanzen die so modificirten thierischen Substanzen in einer Form zu liefern,
                              wobei sie bequem anzuwenden sind und im Boden leicht assimilirt werden können;
                           5) es mußten zur Darstellung dieses Düngers nicht bloß die in Städten fallenden oder
                              durch den Abdecker etc. getödteten Thiere, sondern auch alle als Nahrungsmittel
                              nicht verwendbaren thierischen Substanzen, sowie die auf dem Lande fallenden oder
                              getödteten Thiere verwerthet werden konnen; endlich mußten
                           6) alle diese Resultate durch sehr einfache und wenig kostende Processe erzielt
                              werden können.
                           Diese Ansicht der Frage hat uns auch zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes
                              geführt.
                           IX. Die äußeren Ursachen der fauligen Zersetzung sind
                              bekanntlich Wärme, Luft, Feuchtigkeit und Fermente.
                           Sobald das Leben aufgehört hat, streben die organischen Substanzen sich zu
                              einfacheren Verbindungen umzusetzen und die Fäulniß, der sie unterliegen, veranlaßt
                              die Entstehung neuer Verbindungen, durch welche sie so lästig und schädlich
                              werden.
                           So bewirkt der Sauerstoff eine langsame Verbrennung der organischen Substanzen, indem
                              er sich mit ihnen verbindet, und diese Substanzen durchlaufen eine Reihe von
                              Umwandlungen, in Folge deren sie schließlich in Wasser, Kohlensäure, kohlensaures
                              Ammoniak und Wasserstoff zerfallen.
                           Da die thierischen Substanzen aber auch Verbindungen des Schwefels und des Phosphors
                              enthalten, so entwickeln sich bei ihrer fauligen Zersetzung noch andere Gase,
                              namentlich Schwefelwasserstoff, Ammoniumsulfhydrat und Phosphorwasserstoff; es sind
                              hauptsächlich diese Gase, welche zusammen den ekelhaften und schädlichen Geruch der
                              faulenden Thierkörper veranlassen.
                           
                           Gleichzeitig wird durch die faulige Gährung in der thierischen Substanz die
                              Entstehung neuer Wesen vermittelt, welche von derselben leben und zu ihrer
                              Zerstörung beitragen.
                           X. Zunächst mußte ich versuchen, die Wirkung der Fermente
                              und des Sauerstoffes zu verhindern, und dann die Mittel zur Erzeugung der
                              verschiedenen Verbindungen aufzufinden, welche uns gestatten dem Boden und den
                              Pflanzen unmittelbar und in einer nicht ekelerregenden Form die thierischen Stoffe
                              zuzuführen, die bisher nur zum Fraße von Insecten dienten, deren bloße Erwähnung
                              schon unseren Abscheu erweckt.
                           Die Verminderung oder wenigstens die Verzögerung der Fäulniß bietet keine
                              Schwierigkeit dar. Bekanntlich lassen sich die thierischen Stoffe durch Alkohol,
                              Säuren, Kreosot, Lösungen von unterchlorigsauren Salzen u. s. w. auf mehr oder
                              weniger lange Zeit vollständig conserviren.
                           Aber welche Mittel sollten wir anwenden, um diese Substanzen zu zersetzen, so daß sie
                              in andere, gleich dungkräftige Verbindungen umgewandelt werden?
                           Ferner, welchen Weg sollten wir einschlagen, um gleichzeitig mit den Weichtheilen
                              auch die Knochen, bei denen die Einwirkung des Sauerstoffes gewissermaßen machtlos
                              ist, zu zersetzen und aufzulösen?
                           Wie sollten wir endlich verfahren, um neue Verbindungen zu erhalten, welche an der
                              Luft unveränderlich sind, aber, wenn sie in den Boden gebracht werden, den
                              Vegetationsproceß begünstigen und befördern?
                           XI. Es würde nutzlos seyn, wenn wir die verschiedenen zur
                              Erreichung dieser Resultate abgeführten, aber erfolglos gebliebenen Versuche hier
                              mittheilen wollten; dagegen halte ich es für zweckmäßig, die Betrachtungen
                              mitzutheilen, welche uns auf einen besseren, als den anfänglich verfolgten Weg
                              führten.
                           Nachdem unsere ersten Versuche sämmtlich mißlungen waren, erzählte ich meinem Sohne
                              und meinem Schwiegersohne, wie lang dauernde und zahlreiche Versuche ich früher
                              hatte ausführen und von Neuem beginnen müssen, bevor es mir gelang, das wichtige
                              Verfahren der Conservirung des Holzes zu finden. Ich theilte ihnen mit, wie ich auf
                              den Gedanken gekommen war, dem Gefäß- oder Baumsafte (Cambium) eine
                              antiseptisch wirkende Flüssigkeit, eine Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd zu
                              substituiren, indem ich es gewissermaßen der Natur selbst überließ, mit den
                              Holzfasern, welche ich unveränderlich zu machen beabsichtigte, die zu ihrer
                              dauernden Conservirung erforderlichen Verbindungs- und Assimilationsprocesse
                              zu vermitteln.
                           
                           Diese Unterhaltung gab unseren Untersuchungen eine neue Richtung. Wie bei meinen
                              früheren Forschungen, mußte ich die Natur selbst beobachten und befragen.
                           XII. Die thierischen Substanzen, welche der Mensch
                              genießt, werden im Magen durch Vermittelung gewisser Säfte, gewisser Säuren und der
                              Wärme aufgelöst; jene Stoffe behalten ihren Nährwerth bei diesem Vorgange, denn
                              nachdem sie zu Speisebrei geworden sind, liefern sie den Chylusgefäßen die
                              Substanzen, welche den Organismus erhalten und regeneriren.
                           Andererseits dienen die thierischen Substanzen in allen ihren Formen einer großen
                              Menge von fleischfressenden Thieren zur Nahrung, indem letztere sowohl das Fleisch
                              und die übrigen Weichtheile, als auch die Abgänge, Knochen, Gräten etc.
                              verzehren.
                           Diese Erwägungen führten uns auf den Gedanken, eine ähnliche Zersetzung und Auflösung
                              der thierischen Substanzen auf künstlichem Wege durch die Anwendung gewisser Körper
                              und unter Zuhülfenahme der Wärme herbeizuführen. Unsere Aufmerksamkeit richtete sich
                              sogleich auf die Salzsäure, doch will ich beiläufig bemerken, daß wir, zur
                              Vervollständigung unserer Untersuchungen, auch mit anderen Säuren und mit Alkalien,
                              und zwar ebenfalls nicht ohne Erfolg, experimentirt haben; indessen gab uns die Salzsäure die besten Resultate.
                           XIII. Stark verdünnte Salzsäure besitzt bekanntlich bei
                              der Temperatur, welche der Magensaft im lebenden Körper zeigt, die Fähigkeit
                              wandelbare Mengen von Fibrin und Albumin zu lösen und diese Lösungen vermögen, wie ebenfalls bekannt ist,
                              bei gewöhnlicher Temperatur die Knochen, Knorpel, Sehnen, Bänder etc. zu
                              zersetzen.
                           Ich glaubte nun, daß es mir gelingen müsse, durch Anwendung von stärkerer Salzsäure
                              und einer höheren, selbst bis zum Sieden gesteigerten Temperatur diese thierischen
                              Körper vollständig zu zertheilen oder aufzulösen. Die Richtigkeit dieser Ansicht
                              wurde durch Versuche auch bestätigt.
                           XIV. Ein ununterbrochenes, nur einige Stunden andauerndes
                              Kochen genügt, um Reste von Thieren größten Theiles in eine schwärzliche, schwach
                              sauer riechende Masse zu verwandeln, welche, der Verdünnung der angewandten
                              Salzsäure entsprechend, mehr oder weniger dünnflüssig oder mehr oder weniger
                              dicklich ist.
                           Ich erwähnte vorhin, daß der phosphorsaure Kalk der Knochen durch kalte Salzsäure
                              zersetzt wird; ich erwartete, daß diese Zersetzung und Auflösung bei erhöhter
                              Temperatur rascher und vollständiger stattfinden werde. Zu meinem Erstaunen bemerkte
                              ich jedoch, daß sich das Kalksalz  nur theilweise löst, und daß der größere Antheil
                              desselben bloß eine Zertheilung erleidet. Ich will mich indessen bei dieser
                              interessanten Erscheinung hier nicht weiter aufhalten.
                           XV. Die auf diese Weise zertheilten (desagregirten) oder
                              gelösten Substanzen sind sauer, sie enthalten Salzsäure, Phosphorsäure,
                              Chlorammonium, phosphorsaures Ammoniak, Chlorcalcium u. s. w.; sie verbreiten keinen
                              widrigen oder schädlichen Geruch und bleiben an freier Luft unveränderlich, zeigen
                              also in letzterer Hinsicht einen wesentlichen Unterschied von den im Magen der
                              Thiere umgewandelten Substanzen.
                           XVI. Es entsteht nun die Frage: enthalten die auf
                              angegebene Weise erzeugten Producte die ganze Stickstoffmenge, welche in den
                              angewendeten organischen Substanzen enthalten war, in Form von stickstoffhaltigen
                              Verbindungen oder Ammoniak?
                           Die nur zertheilten Substanzen haben ihren Gehalt an Kohlenstoff, Sauerstoff,
                              Wasserstoff und Stickstoff beibehalten; in den in wirkliche Lösung gegangenen
                              Antheilen finden sich aber verschiedene Producte,
                              besonders Chlorammonium und phosphorsaures Ammoniak, welche in Folge der Verbindung
                              des Ammoniaks in seinem Entstehungszustande mit der Salzsäure und der durch diese
                              frei gemachten Phosphorsäure entstanden sind.
                           XVII. Durch diese Resultate hatte die Aufgabe in
                              wissenschaftlicher Hinsicht ihre Lösung gefunden; wir hatten sie nun noch vom
                              praktischen Gesichtspunkte aus zu lösen und die Wirkungen des neuen Düngers auf die
                              Vegetation zu ermitteln.
                           Auf die Beschreibung der materiellen Mittel, welche zur Zertheilung und Auflösung
                              mehr oder weniger bedeutender Mengen von thierischen Substanzen dienen, will ich
                              hier nicht weiter eingehen; dieselben sind sehr einfach, denn der ganze Apparat
                              besteht in einigen hölzernen, mit Blei gefütterten Behältern, einem Dampfgenerator,
                              einigen von Weidengeflecht angefertigten Hürden, einer Pumpe und einem
                              Mischwerk.
                           Beim Kochen ohne Anwendung von Dampf müssen besondere Maßregeln getroffen werden, auf
                              welche ich hier nicht eingehe; dieselben bezwecken hauptsächlich, das Ansetzen und
                              Anbrennen der in Arbeit genommenen thierischen Substanzen zu verhüten.
                           XVIII. Zur Bestimmung des Stickstoffgehaltes der in
                              Dünger zu verwandelnden Thierstoffe muß man das Gewicht der Fleischtheile, der
                              Knochen und auch des Blutes annähernd bestimmen.
                           
                              
                                 Die Fleischtheile enthalten in normalem Zustande
                                 
                                 3,25
                                 Proc. Stickstoff.
                                 
                              
                                 die frischen Knochen
                                 
                                 6,22
                                 Proc. Stickstoff.
                                 
                              
                                 das Blut
                                 2,71 bis
                                 2,95
                                 Proc. Stickstoff.
                                 
                              
                           
                           Bei der (gleichfalls näherungsweisen) Bestimmung des Gehaltes an phosphorsaurem Kalk
                              und somit an Phosphorsäure, muß man beachten, daß 100 Kilogrm. von dreibasischem (d.
                              h. aus 3 Aequiv. Kalk auf 1 Aequiv. Phosphorsäure bestehendem) phosphorsaurem Kalk
                              64,1 Kilogrm. löslichen einbasischen phosphorsauren Kalk, daher 46,1 Kilogrm.
                              Phosphorsäure enthalten, von welcher in Folge der Zersetzung des dreibasischen
                              Phosphates durch Salzsäure ein Antheil frei wird.
                           Nach den Angaben von Barral beträgt das Gewicht der
                              Knochen im Durchschnitte:
                           
                              
                                 beim Pferde
                                 12,5
                                 Proc. vom Gewicht des lebenden Thieres,
                                 
                              
                                 beim Rinde
                                 6,3
                                 Proc. vom Gewicht des lebenden Thieres,
                                 
                              
                                 beim Schafe
                                 11,7
                                 Proc. vom Gewicht des lebenden Thieres,
                                 
                              
                                 beim Schweine
                                 6,4
                                 Proc. vom Gewicht des lebenden Thieres,
                                 
                              
                           Nach Payen enthalten die frischen Knochen in 100 Kilogrm.
                              durchschnittlich:
                           
                              
                                 Wasser
                                 8
                                 
                              
                                 Gefäße, Albumin
                                 1
                                 
                              
                                 fibröse Gewebe
                                 32
                                 
                              
                                 Fett
                                 9
                                 
                              
                                 phosphorsauren Kalk
                                 38
                                 
                              
                                 phosphorsaure Magnesia
                                 2
                                 
                              
                                 kohlensauren Kalk
                                 8
                                 
                              
                                 lösliche Salze
                                 2
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100.
                                 
                              
                           Nach Heuzé wiegt ein ausrangirtes Pferd ungefähr 300
                              Kilogrm.; davon kommen:
                           
                              
                                 auf das Fleisch
                                 160
                                 Kil.
                                 
                              
                                 auf die Eingeweide und andere Abfälle
                                 40
                                 Kil.
                                 
                              
                                 auf die Knochen
                                 45
                                 Kil.
                                 
                              
                                 auf das Blut
                                 16
                                 Kil.
                                 
                              
                                 auf die Haut
                                 30
                                 Kil.
                                 
                              
                                 auf das Fett
                                 4
                                 Kil.
                                 
                              
                                 auf die Sehnen
                                 2
                                 Kil.
                                 
                              
                                 auf die Hufe
                                 2
                                 Kil.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 299
                                 Kil.
                                 
                              
                           XIX. Die Salzsäure, welche bekanntlich hauptsächlich aus
                              Chlornatrium fabricirt wird, kommt im Handel in großen Mengen vor, obwohl man sie in
                              sehr vielen Sodafabriken zum großen Nachtheil für die Pflanzenwelt in die Atmosphäre
                              entweichen läßt. Eine nutzbringende Verwendung derselben, besonders in Gegenden wo
                              der Dünger selten ist und zumal wo große Massen von Insectenlarven erscheinen und
                              der  Fäulniß anheim
                              fallen, dadurch aber schädliche Ausdünstungen verbreiten, könnte also in zweifacher
                              Beziehung eine wahre Wohlthat werden.
                           In Paris, im Norden, Osten und Westen von Frankreich beträgt der Preis der Salzsäure
                              von 21° Baumé, welche ungefähr 33 Proc. wirkliche Säure enthält, in der
                              Fabrik kaum 60 Frcs. per 1000 Kilogrm.
                           XX. Im Allgemeinen ist es hinlänglich, den fünften bis
                              sechsten Theil von der Gewichtsmenge der zu zersetzenden oder aufzulösenden
                              Thierreste an Säure anzuwenden; doch ist diese Angabe nur als eine annähernde zu
                              betrachten, denn eine genaue Bestimmung der wirklichen Gewichtsmenge der in die
                              Kufen gebrachten thierischen Substanzen ist immer schwierig, auch enthalten die
                              verschiedenen Thiere nicht identische Quantitäten von Stickstoff und phosphorsaurem
                              Kali.
                           XXI. Durch das Eintauchen der thierischen Substanzen in
                              die kalte Salzsäure wird der Eintritt der fauligen
                              Gährung verhindert; die bereits begonnene Fäulniß wird dadurch aufgehalten und
                              gleichzeitig die Desinfection befördert, welche erforderlichen Falles durch Zusatz
                              einer geringen Menge von Chlorkalk oder Eisenvitriol vervollständigt werden
                              kann.
                           Dieses Eintauchen kann nun entweder direct oder nach vorhergegangenem Kochen der
                              thierischen Substanzen vorgenommen werden; durch das Kochen wird zunächst und
                              hauptsächlich die Abscheidung eines Theiles des vorhandenen Fettes bezweckt.
                           Die Knochen werden bei dem Einweichen in die kalte Salzsäure angegriffen und
                              aufgelöst; die Säure verbindet sich mit der Kalkerde des kohlensauren Kalkes, sowie
                              mit einem Theile der Kalkerde der Kalkphosphate, und letztere werden auf diese Weise
                              löslich gemacht.
                           XXII. Schreitet man nun zum Erhitzen der Flüssigkeit, in welcher die thierischen Substanzen
                              eingeweicht oder eingetaucht sind, so enthält dieselbe in diesem Zeitpunkte 1) freie
                              Salzsäure; 2) löslichen phosphorsauren Kalk, folglich auch freie Phosphorsäure; 3)
                              Chlorcalcium, als Product der bei gewöhnlicher Temperatur erfolgten Einwirkung der
                              Salzsäure auf den in den Knochen enthaltenen kohlensauren und phosphorsauren
                              Kalk.
                           Durch die Einwirkung der Wärme wird die Zertheilung
                              (Desagregation) oder Auflösung selbst der dichtesten und festesten Knochen rasch
                              bewirkt; der Knochenleim geht in Lösung und verliert seine bindenden Eigenschaften;
                              das vorhandene Fett scheidet sich aus und schmilzt, und die Fleischtheile selbst
                              zerfallen oder lösen sich auf.
                           Während des Kochens entwickelt sich ein eigenthümlicher Geruch, welcher wohl
                              hauptsächlich von dem besonderen Zustande der eingeweichten  Fleischtheile oder des in
                              denselben zwischengelagerten Fettes abhängt; nach dem Erkalten verschwindet dieser
                              Geruch.
                           XXIII. Nach Beendigung des Kochens ist die Lösung stark
                              sauer und enthält neben einer schwankenden Menge noch nicht gebundener
                              Salzsäure:
                           1) zertheilte (desagregirte) thierische Substanzen;
                           2) Chlorammonium und phosphorsaures Ammoniak;
                           3) löslichen phosphorsauren Kalk, nebst freier Phosphorsäure;
                           4) Chlorcalcium;
                           5) geringe Mengen verschiedener Salze, welche wir hier unberücksichtigt lassen
                              können.
                           Die respectiven Verhältnisse dieser verschiedenen Stoffe sind wandelbar, entsprechen
                              aber im Ganzen dem wirklichen Düngwerth der zersetzten oder aufgelösten thierischen
                              Reste. Zur vollständigen Sättigung der vorhandenen freien Salzsäure versetze ich die
                              noch heiße Flüssigkeit mit einer gewissen Menge von gepulvertem, aus Knochen oder
                              aus mineralischem Phosphat dargestelltem dreibasisch-phosphorsaurem Kalk und
                              kann somit überzeugt seyn, daß die noch vorhandene Säure nur Phosphorsäure ist.
                           XXIV. Verdünnt man nun diese saure Lösung mit vielem
                              Wasser, so schwimmt das aus den Weichtheilen und den Knochen abgeschiedene Fett nach
                              dem Erkalten der Flüssigkeit auf der Oberfläche derselben, so daß man es leicht
                              absondern kann. Unterläßt man dieß aber, so bildet es auf der Flüssigkeit eine mehr
                              oder weniger dicke Schicht, welche sich nach Verlauf von einigen Tagen mit Schimmel
                              bedeckt, und unter der sich die Lösung nebst den ausgeschiedenen Substanzen
                              unveränderlich erhält.
                           XXV. Aus den vorstehenden Angaben kann man sich von der
                              Wirksamkeit meines animalisch-mineralischen Düngers eine Vorstellung machen;
                              dieses Product hat jedoch nicht die Zusammensetzung eines vollständigen Düngers,
                              weil es die genügenden Mengen von Schwefelsäure, von Natron und ganz besonders von
                              Kali nicht enthält.
                           Etwas Schwefelsäure läßt sich leicht zusetzen; durch diesen Zusatz wird das
                              vorhandene Chlorcalcium (wenigstens zum Theil) zersetzt und die Ueberführung des
                              Düngers in eine consistentere Form befördert. Ein Zusatz von Kali fällt in Folge des
                              hohen Preises dieses Alkalis schon schwerer in's Gewicht; wenn ich die Gegenwart
                              desselben für nöthig erachte, wende ich es jetzt in Form von salpetersaurem Kali an,
                              und setze dieses Salz dem flüssigen Dünger in Lösung zu oder menge es dem trockenen
                              Dünger als feines Pulver bei.
                           Auf diese Weise vermeide ich die Bildung von Chlorkalium, dessen Einfluß auf den
                              Vegetationsproceß noch nicht genügend studirt worden  ist, und vermehre den
                              Stickstoffgehalt meines Productes, indem ich gleichzeitig einen vollständigen Dünger
                              erhalte.Auch Weinhefen und Traubenkämme oder Trester enthalten bedeutende Kalimengen,
                                    weßhalb ich die Verwerthung auch dieses Materiales bei der Düngerfabrication
                                    empfehle.
                           Anstatt des salpetersauren Kalis oder besser gleichzeitig mit demselben kann man das
                              billigere salpetersaure Natron auch anwenden; dasselbe vermag das erstere,
                              wenigstens innerhalb gewisser Grenzen, zu ersetzen.
                           XXVI. Die Trennung des flüssigen Düngers vom festen ist
                              sehr leicht zu bewerkstelligen; ein aus Weiden geflochtener Korb und ein Heber sind
                              die dazu ausreichenden Instrumente.
                           Die festen Substanzen läßt man abtropfen und an der Luft trocknen und mengt sie dann
                              mit anderen Substanzen, durch welche ihre Ueberführung in Pulverform erleichert und
                              sie ohne zu starke Vermehrung ihres Volums mit Stickstoff, Phosphorsäuresalzen, Kali
                              und Kalk angereichert werden.
                           §. 3. Wirkung des, Phosphorsäure und
                                 Chlor enthaltenden Düngers auf die Wiesen und die Futterpflanzen. —
                                 Verwendung dieses Düngers als Hülfsdünger für Getreide, Wurzel- und
                                 Knollengewächse, und Handelspflanzen.
                           XXVII. Für sich allein angewendet, kann der neue Dünger
                              nur zur Unterstützung der Production von Futterpflanzen dienen, welche auf dem Gute,
                              auf welchem sie erzeugt wurden, verbraucht, daselbst einen Theil ihres Werthes in
                              Form von Stalldünger zurücklassen.
                           In allen anderen Fällen muß der neue Dünger als Hülfsdünger angewendet werden, entweder im Gemenge mit Stallmist oder
                              Mistjauche, deren Ammoniakgehalt er fixirt, oder indem man ihn mit kurzgeschnittenem
                              Stroh oder anderem absorbirendem Material versetzt auf den Feldern ausstreut, oder
                              endlich indem man ihn in Pulverform benutzt.
                           Mit Beobachtung dieser Regeln haben wir im vorigen Jahre unsere ersten Versuche
                              begonnen, welche ich im Nachstehenden kurz mittheile.
                           XXVIII. Die Hauptanwendung fand der neue Dünger auf dem
                              nicht weit von Château-Thierry, auf der die Marne beherrschenden Hochebene
                              gelegenen Gute la Chapelle, Eigenthum des Hrn. Groualle.
                           Der feste Dünger ward sowohl in reinem Zustande verwendet, als  auch im Gemenge mit Kalksalzen,
                              welche ihm zugesetzt waren, um ihn in Pulverform zu bringen und seine
                              Zusammensetzung zu modificiren.Der Zusatz von gewöhnlichem Kalksteinpulver (kohlensaurem Kalk) zu dem Dünger
                                    verursacht weniger Kosten als der Zusatz von phosphorsaurem Kalk, ist aber
                                    auch weit weniger vortheilhaft als der letztere und auch nur dann
                                    anzurathen, wenn der Dünger fast sofort verwendet werden soll.Unser Dünger ist nämlich stark hygroskopisch, und wenn er nach dem Vermengen
                                    mit dem Kalksteinpulver etwas feucht wird, so findet eine doppelte
                                    Zersetzung statt, indem der kohlensaure Kalk auf das Chlorammonium wirkt;
                                    dadurch entstehen kohlensaures Ammoniak und Chlorcalcium, und das erstere
                                    verflüchtigt sich.In unserem flüssigen Dünger hingegen tritt zwischen kohlensaurem Kalk und
                                    Chlorammonium eine Reaction nicht ein.
                           Die an der Luft getrockneten thierischen Stoffe waren sowohl an löslichem als an
                              unlöslichem Phosphat reich, und enthielten in 100 Th. trockener Substanz 10,64
                              Stickstoff.
                           Der flüssige Dünger wurde in la Chapelle auf die Art angewendet, daß man ihn mit der
                              drei- bis vierfachen Gewichtsmenge Wasser verdünnte und mittelst eines
                              Begießfasses auf dem Acker vertheilte. Auch wurden kurz geschnittenes Stroh, Abfälle
                              aus Scheunen und Tennen etc., mit dem flüssigen Dünger stark imprägnirt, auf das
                              Feld gebracht.
                           Auf den natürlichen Wiesen gaben Luzerne, Kopfklee, gelber Wiesenklee, Esparsette,
                              Dreiblatt, Raygras, Hafer, Roggen, Feldbohnen, Erbsen, Linsen und Wicken mit dem
                              neuen Dünger Resultate, welche unsere Erwartungen weit übertrafen.
                           Mit dem pulverförmigen und dem flüssigen Dünger gaben die Wiesen als ersten Schnitt
                              5000 Kil. trockenes Heu per Hektare; die Düngung mit dem
                              Gemenge von flüssigem Dünger und Strohabfällen, welches einen gleichzeitig
                              thierischen, pflanzlichen und mineralischen Dünger bildete, lieferte noch
                              bedeutendere Ergebnisse, denn der erste Schnitt gab 6300 Kil. Heu per Hektare.
                           Ein daranstoßender, gar nicht gedüngter Theil derselben Wiese gab eine nur
                              unbedeutende Ernte. Ein anderer Theil, auf welchem Malzkeime ausgestreut wurden, gab
                              3500 Kilogr. trockenes Heu per Hektare.
                           Ein vierter Theil derselben Wiese, welcher den Winter und das folgende Frühjahr
                              hindurch bewässert worden war, gab 4000 Kil.; die von einem fünften, mit Mergel und
                              gut zersetztem Stallmist gedüngten Theile erzielte Heuernte war nur um ein Geringes
                              höher.
                           Auf künstlichen Wiesen wurde das Gemenge von flüssigem Dünger und Strohabfällen etc.
                              nicht versucht, weil man befürchtete daß dadurch zu viel Unkraut aufwachsen
                              würde.
                           Im Laufe des nächsten Frühjahres und Sommers werden wir neue  Versuche anstellen; wir
                              beabsichtigen bei denselben auch die bereits mit günstigem Erfolge versuchte
                              Benutzung von alten, ja selbst von neuen SägespänenSägespäne von Eichenholz enthalten nach Boussingault an Stickstoff 0,54 Proc.;
                                    Sägespäne von Tannenholz nur 0,23 Proc. in größerem Maaßstabe Zu
                              wiederholen. Die Umwandlung dieses so geringwerthigen Materiales zu Humus, wird
                              durch häufig wiederholtes Benetzen mit alkalischen Lösungen, z. B. von Rohsoda, oder
                              mit Mistjauche sehr befördert.
                           Die Wirkung des neuen Düngers auf die Wiesen hielt auch nach dem ersten Schnitt noch
                              an und war bei der Grummeternte in bedeutendem Grade wahrzunehmen.
                           XXIX. Auch beim Getreidebau haben wir unsere Dünger als
                              bloße Hülfsdünger neben Stallmist angewendet. Einige Aren eines etwas spät mit
                              Weizen bestellten und nicht genügend vorbereiteten Bodens hatten durch Regen und
                              Frost im Winter sehr gelitten; der Boden wurde deßhalb im Frühjahre mit der Egge
                              bearbeitet und gewalzt, da man ihn mit Kleesamen zu bestellen beabsichtigte;
                              gleichzeitig wurde das Land mit unserem Dünger (in Pulverform) bestreut; in Folge
                              dessen erholte sich der Weizen sehr bald und wuchs kräftig empor, und die
                              Nachwirkung des Düngers erstreckte sich bis zur Ernte.
                           XXX. Wie oben erwähnt, haben wir unsere Aufmerksamkeit
                              nicht auf die so bedeutenden Quantitäten von thierischen Substanzen beschränkt,
                              welche sich sowohl in den großen Städten, als auch an gewissen Stellen der
                              Meeresküsten, an den Fischereiplätzen, ferner in Abdeckereien, Seidenzuchtanstalten
                              u. s. w., angehäuft finden; wir haben uns auch eingehend mit der Anzahl von Thieren
                              jeder Art beschäftigt, welche auf dem Lande überall
                              verbreitet sind und daselbst sterben, oder zufällig oder absichtlich getödtet
                              werden, und sind dabei zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Verluste, auf eine
                              Fläche von drei Quadrat-Lieues berechnet, zusammen oft das Aequivalent von
                              100 Stück Rindvieh repräsentiren.Die Menge des durch nothwendige Tödtung, durch Unfälle und durch Krankheiten
                                    verloren gehenden Viehes, namentlich der Zugthiere, beträgt durchschnittlich
                                    4 bis 6 Procent der Gesammtanzahl.
                           Es ist höchst wünschenswerth, daß diese Verluste vermieden werden, wozu unser
                              Verfahren das Mittel bietet.