| Titel: | Ueber eine Pumpe mit freiem Stempel; von Marquis de Montrichard. | 
| Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. CX., S. 433 | 
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                        CX.
                        Ueber eine Pumpe mit freiem Stempel; von
                           Marquis de
                              Montrichard.
                        Im Auszug aus Les Mondes, t. XVIII p. 152 et 165; October
                              1868.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        de Montrichard, Pumpe mit freiem Kolben.
                        
                     
                        
                           „Der neuen Maschine haben wir den Namen Pumpe mit freiem Kolben gegeben, weil
                              dieselbe mittelst eines Kolbens functionirt, welcher eine Gestalt annehmen kann, die
                              von jener der inneren Wände des Pumpenstiefels ganz verschieden ist, so daß, was bei
                              keinem anderen Systeme ausführbar ist, bezüglich der Dimension und der Adjustirung
                              keine Abhängigkeit in dieser Beziehung besteht. Diese Pumpe kann zur Verdichtung und
                              Verdünnung der Gase, zum Emporheben des Wassers und überhaupt in allen Fällen
                              benutzt werden, wo die Pumpen der verschiedenen Systeme in Anwendung kommen. Die
                              Bewegung des Stempels dieser Pumpe wird auf die Flüssigkeiten, welche deren
                              Einwirkung ausgesetzt werden sollen, mittelst einer Flüssigkeit fortgepflanzt, von
                              welcher der fortgepflanzte Druck in directem Verhältnisse mit ihrer Dichte steht.
                              Als Typus der Pumpe mit freiem Stempel haben wir daher die Quecksilberpumpe
                              angenommen, deren Beschreibung wir geben werden. Die Quecksilberpumpe bietet eine
                              besondere Eigenheit dar, welche von vornherein paradox erscheint. Der Kolben dieser
                              Pumpe hat keine Reibung an den Wänden des Pumpenstiefels zu überwinden; die Luft und
                              das Quecksilber circuliren frei im Pumpenstiefel und um den Kolben. Trotzdem kann
                              man gegen die Flüssigkeiten und die Gase unbegrenzte Pressungen ausüben, ohne daß
                              eine Entweichung derselben durch den Körper der Pumpe möglich ist. Man kann also
                              voraussetzen, daß selbst bei hohen Drucken die Quecksilberpumpe am leichtesten zu
                              construiren ist und bei ihrem Gebrauche am wenigsten in Unordnung kommt. Wir hoffen,
                              daß durch die Beschreibung und nähere Erörterung dieser Maschine diese Behauptungen
                              gerechtfertigt werden können.
                           In einer doppelt gekrümmten Röhre (Fig. 12) sey Quecksilber
                              bis zu einer gewissen Höhe A, B enthalten. Der eine
                              Schenkel B dieser  Röhre steht mit dem Rohre F,
                                 E in Communication, welches mit zwei Ventilen versehen ist; letztere
                              gestatten den Flüssigkeiten in der Richtung FC, CE zu
                              circuliren, ohne daß dieselben wieder rückwärts in entgegengesetztem Sinne strömen
                              können. Im anderen Schenkel A der Quecksilberröhre ist
                              ein massiver Kolben P beweglich angebracht; die Gestalt
                              dieses Kolbens kann eine ganz andere seyn, wie jene des Stiefels A. Der atmosphärische Druck wirkt frei auf den Kolben
                              und auf das Quecksilberniveau in A. Wird der Kolben in
                              das Quecksilber eingetaucht, so verdrängt er ein gewisses Volumen desselben. In
                              Folge dieser Einwirkung erhebt sich das Quecksilberniveau in den beiden Schenkeln
                              A, B, und es wird daher ein Theil der zwischen den
                              beiden Klappen und der Oberfläche des Quecksilbers in B
                              enthaltenen Luft durch die Oeffnung E entweichen müssen,
                              wenn der Stempel P in das Quecksilber eingetaucht wird.
                              Zieht man den Stempel wieder aus dem Quecksilber zurück, so fallen die
                              Quecksilberniveaux, und es wird daher eine Verdünnung der Luft zwischen F und B eintreten müssen.
                              Dieser Aspiration folgt ein neues Ausströmen, und es wird daher wieder eine
                              Quantität Luft durch die Oeffnung E austreten können.
                              Indem wir also in dem Schenkel B durch abwechselndes
                              Eintauchen und Herausziehen des Kolbens der Röhre A das
                              Quecksilberniveau fortwährend ändern, bringen wir die Pumpe zur Thätigkeit.
                           Benutzt man diese Pumpe zum Wasserheben und untersucht sie in dem Momente, wo sie in
                              voller Thätigkeit sich befindet, so sieht man, daß wenn die Quecksilberniveaux an
                              der oberen und unteren Seite ihre äußersten Grenzen erreicht haben, dieselben
                              niemals in gleicher Höhe in den beiden Schenkeln seyn werden, und daß in dieser
                              Beziehung die größten Variationen in der Röhre A
                              hervortreten. Wenn z. B. während des Niederdrückens das Quecksilberniveau im freien
                              Schenkel bis zu A2
                              kommt, so erreicht es im anderen Schenkel nur die Höhe bis B1; die Quecksilbersäule A1, A2 hält der Wassersäule B1, E das
                              Gleichgewicht. Wird hierauf der Kolben wieder aus dem Quecksilber herausgezogen, so
                              fällt in seinem Stiefel das Niveau bis A3, während es im anderen Schenkel bloß
                              bis B2 fällt; die
                              Quecksilbersäule B2, B3 hält der Wassersäule F, B2 das
                              Gleichgewicht. Das zwischen den Niveaux B1, B2
                              enthaltene Volumen ist gleich der während des Saugens in den Apparat eingeführten
                              Wassermenge, und diese wird bei dem darauffolgenden Niederdrücken zum Austreten
                              gebracht. Man ersieht, daß wenn die Pumpen von geringerer Ausdehnung eine Form
                              annehmen können, wie sie beiläufig schematisch in Fig. 12 gezeigt ist, bei
                              Pumpen von großen Dimensionen mancherlei Aenderungen ihrer Theile eintreten müssen,
                              und daß dann die Gestalt der letzteren je nach den gegebenen Umständen berechnet
                              werden  muß, um den
                              Anforderungen zu genügen. Eine solche Rechnung wollen wir hier versuchen. Die
                              Elemente, welche gewöhnlich angegeben werden, sind: die Höhe H, bis zu welcher das Wasser gehoben werden soll; die Höhe M, des centralen Theiles der Maschine oberhalb des
                              Wasserreservoirs oder der Quelle; das Volumen V des
                              Wassers, welches während der Zeit T geliefert werden
                              soll und das specifische Gewicht D des Quecksilbers;
                              hierzu kann man noch die Anzahl der Kolbenspiele N,
                              welche die Maschine in der Zeiteinheit ausführt, nehmen, eine Zahl, welche eine
                              gewisse Grenze nicht überschreiten darf, damit das Quecksilber nicht aus dem Stiefel
                              A hinausgeschleudert wird. Nennt man k den verticalen Lauf des Quecksilbers in dem Arme B, und b den mittleren
                              horizontalen Querschnitt des durchlaufenden Raumes, so wird die bei den
                              Kolbenspielen gehobene Wassermenge gleich b k N,
                              also
                           b k N = V/T und b k = V/TN
                              (1
                           Hierbei ist vorausgesetzt, daß die Maschine in voller Thätigkeit sich befindet. Wenn
                              beim Aufwärtsgehen des Kolbens das Quecksilber im zweiten Schenkel bis B2 fallen soll, so muß
                              die Quecksilbersäule von der Höhe B3, B2
                              oder m der durch Saugen gestiegenen Wassersäule M das Gleichgewicht halten, so daß man also hat
                           m D = M,
                              sohin m = M/D (2
                           Nennt man h den vom Quecksilber durchlaufenen Raum A2, A3, so ersieht man, daß, wenn beim
                              Eintauchen des Kolbens in das Quecksilber das Niveau im zweiten Schenkel bis zu B1 steigen soll, die
                              Bedingung erfüllt werden muß:
                           (h - m - k) D = H - M - k, woraus sich ergibt:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 190, S. 435
                              
                           Suchen wir jetzt die Relationen zwischen dem horizontalen Querschnitte a des Cylinders A, dem
                              Querschnitte a′ des Kolbens und dem Minimum q des nöthigen Kolbenlaufes beim Eintauchen. Beim
                              Einsenken des Kolbens verdrängt derselbe das Quecksilbervolumen a′, q, das sich
                              innerhalb der Querschnitte a - a′ auf eine Höhe h verbreitet, sowie in
                              einen Cylinder, dessen Capacität V/T seyn soll. Man hat
                              sohin:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 190, S. 435
                              
                           Der größte Quecksilberdruck beim Eintauchen des Kolbens ist  (5 s = a′ (q +
                                 h) D, und die nöthige Anstrengung, um diesen
                              Druck zu überwinden, wenn p das Gewicht des Kolbens ist,
                              beträgt s - p = a′(q + h) D -
                                 p.
                           Bei s - p = p, hat man
                              daher
                           p = ½a′(q + h)D
                              (6
                           Das Quecksilbervolumen v, welches zum Functioniren der
                              Pumpe nöthig wird, ist:
                           (7 v = (a - a′)(h + q) + bk + w, wenn w das in der
                              communicirenden Röhre bis zum Niveau B2 enthaltene Quecksilbervolumen
                              bezeichnet.“
                           Eine nach den vom Verfasser angegebenen Principien construirte Pumpe ist im Maaßstabe
                              von 1/50 in Fig.
                                 13 dargestellt. Den einzelnen Theilen der Pumpe und deren Organen gibt er
                              besondere Namen; so heißt der Schenkel A der
                              Pumpenstiefel, der Schenkel B der Betriebsarm, die
                              Niveaudifferenz A2B1 (fig. 12) die Druckhöhe,
                              die Niveaudifferenz A3B2 die Saughöhe u. s. w.
                           Um über die Wirksamkeit einer derartigen Pumpe einigen Aufschluß zu geben, macht der
                              Verfasser bloß von einigen der oben angegebenen Formeln (nämlich Gleichung 2 und 3)
                              hier Anwendung, ohne auf die eigentliche Leistungsfähigkeit der Pumpe unter
                              Berücksichtigung der sich dabei darbietenden Bewegungshindernisse näher einzugehen.
                              — Soll die bei jedem Kolbenstoße gelieferte Wassermenge 5 Liter betragen, so
                              kann dieß durch verschiedene Anordnungen erreicht werden. Bei der vorliegenden soll
                              die sogen. Saughöhe m einer Quecksilbersäule von 50
                              Centimeter entsprechen, die also einer Wassersäule von 6,8 Meter das Gleichgewicht
                              hält. Die Höhe H der Wassersäule, welche bei einem
                              Quecksilberhub h von 4,68 Meter gehoben wird, beträgt
                              61,8 Meter. Da man leicht in 10 Secunden ein Kolbenspiel vollführen kann, so wird es
                              unter diesen Umständen möglich seyn, 30 Liter in der Minute oder 1800 Liter Wasser
                              in der Stunde zu liefern. Verdoppelt man alle Dimensionen (mit Ausnahme der
                              Aspirationshöhe), so erhält man 40 Liter Wasser bei jedem Kolbenhub auf eine Höhe
                              von 123,6 Meter, und wenn nur ein Kolbenspiel in 20 Secunden stattfindet, so beträgt
                              schon die in einer Stunde gelieferte Wassermenge 7200 Liter. „Man begreift
                                 sohin, daß eine in den obersten Räumen eines Gebäudes angebrachte Dampfmaschine,
                                 wenn diese eine Quecksilberpumpe in Bewegung versetzt, Effecte hervorzubringen
                                 vermag, welche bis jetzt unmöglich waren. Ebenso kann eine Quecksilberpumpe,
                                 welche das Wasser am Niveau der Flüsse heraushebt, bei eintretenden
                                 Feuersgefahren Wasserstrahlen auf die höchsten Gebäude in den Städten führen;
                                 sie kann sogar in der Atmosphäre Wasserstrahlen  heben, welche bis zu den
                                 Wolken sich zerstreuen, und dann in Nebelform, die Luft abkühlend, auf die Erde
                                 zurückfallen, um dann durch die Wärme des Bodens in Dampf verwandelt zu werden.
                                 Die Quecksilberluftpumpe kann das Wasser von einer Quelle nach einer anderen
                                 oder bis zu den Städten überführen, aus dem Inneren der Erde u. s.
                                 w.“ Auch im Kleinen lasse die Quecksilberpumpe mannichfache
                              Anwendungen zu, namentlich für chemische Laboratorien, für Destillationszwecke, zum
                              Gebrauche für die Injection der Bauhölzer, wobei dann die Anordnung nach dem
                              jeweiligen Zwecke gemacht werden kann.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
