| Titel: | Ueber die Feuerbeständigkeit der Thone; von Dr. E. Richters, Chemiker an der Bergschule zu Waldenburg. | 
| Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XII., S. 60 | 
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                        XII.
                        Ueber die Feuerbeständigkeit der Thone; von Dr.
                           E. Richters, Chemiker an der Bergschule zu Waldenburg.Auszug der Inaugural-Dissertation des Verfassers.
                           
                        Richters, Untersuchungen über die Ursachen der Feuerbeständigkeit
                           der Thone.
                        
                     
                        
                           I. Die Ursachen der Schmelzbarkeit der
                                 Thone.
                           Es dürfte kaum einen zweiten, die praktische Chemie und Technik gleich
                              interessirenden Gegenstand geben, über welchen noch bis vor wenigen Jahren so
                              gänzlich unklare und einander oft geradezu widersprechende Ansichten herrschten, wie die
                              Ursachen, von welchen die Feuerbeständigkeit der Thone, diese für die gesammte
                              Pyrotechnik so wichtige Eigenschaft eines vielfach angewandten Materiales abhängt.
                              Es war C. Bischof
                              Journal für praktische Chemie. Bd. XCI S. 19; polytechn. Journal Bd. CLXIX S.
                                       353 und 455. Bd. CLXX S. 43., welcher zuerst den allein mit Sicherheit zur Beantwortung der Frage
                              führenden Weg betrat, indem er der bis dahin einseitig angewandten Analyse
                              synthetische Versuche beigesellte, und auf diese Weise zu Resultaten gelangte,
                              welche, wenn nicht völlige Klarheit schafften, so doch die wesentlichsten
                              Verhältnisse feststellten, von denen das Verhalten der Thone im Feuer bedingt wird.
                              Gestützt auf die Ergebnisse seiner vorzüglichen, den Ausgangspunkt der vorliegenden
                              Arbeit bildenden Untersuchungen, gelangte Bischof zu
                              folgenden, für die Beurtheilung der Feuerbeständigkeit der Thone wichtigen
                              Sätzen:
                           
                              „Von zwei oder mehreren Thonen, die übrigens in der Zusammensetzung sehr
                                 ähnlich, ist derjenige der strengflüssigere, welcher:
                              
                           
                              
                                 1) der thonerdehaltigere;
                                 
                              
                                 2) am wenigsten Sand mechanisch beigemengt enthält;
                                 
                              
                                 3) wird der strengflüssigere auch weniger flußbildende
                                    Bestandtheile enthalten, doch ist dabei zu bemerken, daß deren nachtheilige
                                    Wirkung eine qualitativ verschiedene; und
                                 
                              
                                 4) dürfte der größere Wassergehalt auf eine größere
                                    Strengflüssigkeit deuten.“
                                 
                              
                           Die Wiederholung der von Bischof ausgeführten Versuche,
                              soweit sie sich auf das Verhalten der reinen Silicate der Thonerde beziehen,
                              rechtfertigte vollkommen die von demselben ausgesprochene Behauptung, daß die
                              Strengflüssigkeit der Thonerdesilicate eine um so größere sey, je mehr Thonerde in
                              denselben vorkomme. Mischt man mit Bischof Thonerde und
                              Kieselsäure in den Gewichtsverhältnissen, welche den Formeln
                           
                              
                                 4Al²O³, SiO³,
                                 Zwölftel-Silicat
                                 
                              
                                 2Al²O³, SiO³,
                                 Sechstel-Silicat
                                 
                              
                                 Al²O³,   SiO³,
                                 Drittel-Silicat
                                 
                              
                                 Al²O³, 2SiO³,
                                 Zweidrittel-Silicat
                                 
                              
                                 Al²O³, 4SiO³,
                                 Vierdrittel-Silicat
                                 
                              
                                 Al²O³, 6SiO³,
                                 Zweifachsaures Silicat
                                 
                              
                           entsprechen, und setzt diese Gemenge, zu kleinen Prismen
                              geformt, zwei Stunden lang der intensivsten Weißgluth, einer vollkommenen
                              Schmelzhitze des
                              Schmiedeeisens aus, so zeigt sich deutlich eine Zunahme der Schmelzbarkeit der
                              Proben mit dem höheren Gehalt an Kieselsäure. Außerordentlich auffallend waren die
                              Unterschiede zwischen den sehr basischen und den sauren Silicaten, dagegen
                              verhielten sich die drei letzteren der obigen Gemenge einigermaßen ähnlich. Das
                              Prisma des Zweidrittel-Silicates war porzellanartig, etwas durchscheinend,
                              die Form unverändert, der Bruch homogen, die Oberfläche stark glasirt, ein wenig
                              körnig. Bei den beiden folgenden Proben hatten sich die Kanten ein wenig abgeflacht,
                              die Oberfläche war durchaus glatt, im Uebrigen zeigte sie sich der vorhergehenden
                              ziemlich gleich.Die von Bischof angewandte Prüfungshitze erreichte
                                    den Schmelzpunkt des Platins; die beiden letzten der oben aufgeführten
                                    Gemenge zerflossen in derselben vollständig. „Es sind demnach,
                                       schließt Bischof, die basischen
                                       Thonerdesilicate entschieden strengflüssiger als die sauren und das
                                       neutrale, das Monosilicat (Zweidrittel-Silicat nach obiger
                                       Bezeichnung) wird in einem heftigen Hitzegrade augenscheinlich weniger
                                       flüssig, ist mithin feuerbeständiger als das Bi- und Trisilicat
                                       (Vierdrittel- und zweifach-saures Silicat).“
                                    
                              
                           Wiederholt man nun jene Versuche mit der Abänderung nicht Gemenge aus Kieselsäure und Thonerde, sondern natürlich vorkommende Thone von der Zusammensetzung des
                              Zweidrittel-Silicates anzuwenden, so findet man, daß deren Schmelzbarkeit
                              ganz erheblich und in überraschender Weise zunimmt, wenn man ihren Gehalt an
                              Kieselsäure bis auf den des zweifachsauren Silicates (Al²O³, 6
                              SiO³) erhöht. Die Unterschiede in der Schmelzbarkeit treten im Allgemeinen um
                              so deutlicher hervor, je höher die Prüfungshitze gesteigert wird; in allen von mir
                              beobachteten Fällen waren dieselben indessen schon sehr deutlich wahrnehmbar bei
                              einem Hitzegrade, welcher den Schmelzpunkt des Stabeisens bei weitem nicht
                              erreichte, sondern nur bis zu dem des Gußstahles, einer intensiven Rothgluth, stieg;
                              während die Prismen aus den unvermischten Thonen ihre
                              Form in diesem Falle mehrentheils behielten, zerflossen
                              die aus den Gemengen angefertigten Proben entweder vollständig, oder blähten sich zu
                              formlosen großblasigen Massen auf. Es wollte mir daher – den von Bischof behaupteten Einfluß des größeren Thonerdegehaltes
                              auf die Strengflüssigkeit der Thone vollständig zugegeben – scheinen, daß die
                              leichtere Schmelzbarkeit der sauren Silicate der Thonerde allein nicht im Stande sey, den so außerordentlich großen Einfluß eines
                              zunehmenden Kieselsäuregehaltes auf die Schmelzbarkeit eines Thones zu erklären, da sich mit jenem Einflusse verglichen, die
                              Unterschiede in der Schmelzbarkeit des reinen Zweidrittel-Silicates den
                              sauren Silicaten gegenüber, deren resp. Zusammensetzungen jene Gemenge annähernd entsprachen, selbst
                              bei viel höherer Temperatur verschwindend klein erwiesen.
                           Da sich die angewandten Thone von den Gemengen aus Kieselsäure und Thonerde materiell
                              nur durch einen geringen Gehalt an fremden Basen, sogenannten Flußmitteln
                              unterschieden, von deren qualitativem und quantitativem Vorkommen, wie Bischof gezeigt hat, man früher mit Unrecht
                              ausschließlich das Verhalten der Thone abhängig machte, so beschloß ich, den Einfluß
                              jener Verbindungen auf die Schmelzbarkeit der Thone von verschiedener
                              Zusammensetzung eingehender zu studiren. Ich stellte zu diesem Behufe Gemenge aus
                              reiner Thonerde und reiner Kieselsäure (im Achatmörser aufs Feinste zerriebener
                              Bergkrystall), der Formel Al²O³, 2 SiO³ entsprechend, dar.
                           Je 1 Gramm dieses Gemenges wurde 0,04 Grm. Magnesia, resp. Kalk, Eisenoxyd und Kali
                              (reiner zerriebener Orthoklas) beigemischt; aus dem Pulver wurden kleine dreiseitige
                              Prismen geformt und diese in einem Tiegel, welcher aus dem besten feuerfesten Thone
                              angefertigt war, zwei Stunden lang der Schmelzhitze des Schmiedeeisens ausgesetzt.
                              Das Resultat des Versuches war folgendes: Die Mischung mit der Magnesia war ganz
                              augenscheinlich am dünnflüssigsten geworden, das Prisma war vollständig zerflossen
                              und hatte sich theils auf der Wand des Tiegels flach ausgebreitet, theils als
                              kleinblasiger Email auf dem Boden angesammelt. Das mit Kalk im gleichen Verhältnisse
                              versetzte Gemenge hatte sich ähnlich verhalten, war aber sichtlich weniger
                              dünnflüssig geworden. Die in analoger Weise mit Eisenoxyd versetzte Probe war zu
                              einer wachsähnlichen großblasigen Masse zerflossen, welche noch ganz an der Wand des
                              Tiegels hing; die das Kali enthaltende Mischung war dagegen kaum zerflossen, die ursprüngliche Prismaform der Probe ließ sich noch
                              einigermaßen erkennen. Dieselben Versuche wurden mit der einzigen Abweichung
                              wiederholt, daß zu einem Gramm der Mischung aus Kieselsäure und Thonerde nur 0,02
                              Grm. Magnesia, Kalk, Eisenoxyd und Kali zugefügt wurden; es zeigte sich wiederum daß
                              das magnesiahaltige Gemenge am dünnflüssigsten geworden, das kalihaltige am
                              wenigsten geschmolzen war. Selbst bei Wiederholung des Versuches mit Beimischung von
                              nur 0,01 Grm. der Flußmittel, hatte sich zwar die Prismaform der Proben ziemlich
                              erhalten, doch war auch in diesem Falle bei der die Magnesia enthaltenden die Form
                              am meisten verändert.
                           Bisher nahm man an, daß das Kali auf die Schmelzbarkeit der Thone den größten Einfluß
                              äußere, daß dem Kali das Eisen und diesem der Kalk folge; der Magnesia schrieb man
                              eine kaum beachtenswerthe Wirkung zu. Jene Reihenfolge nun, welche sich ohne Zweifel
                              auf das bekannte
                              Verhalten der reinen Silicate der genannten Basen stützt, wird nach den
                              mitgetheilten Beobachtungen geradezu umgekehrt, und es mußte aus den
                              übereinstimmenden Resultaten der Versuche der Schluß gezogen werden:
                           
                              „Daß die Schmelzbarkeit eines Thones von der Zusammensetzung des
                                 Zweidrittel-Silicates am meisten befördert wird durch die Magnesia,
                                 weniger durch Kalk, noch weniger durch Eisenoxyd und am wenigsten durch
                                 Kali.“
                              
                           Es fällt sofort auf, daß diese Reihenfolge mit der Basis beginnt, welche von den vier
                              genannten das geringste, und mit derjenigen schließt, welche das höchste Aequivalentgewicht besitzt; es war daher zu vermuthen,
                              daß sich der Begriff Aequivalent auch auf diese Verhältnisse ausdehnen lasse, daß
                              also in ihrem Einflusse auf die Schmelzbarkeit eines Thones 20 Gewichtstheile
                              Magnesia gleichwertig seyen 28 Gewichtstheilen Kalk, 80/2 = 40 Gewichtstheilen
                              Eisenoxyd und 47 Gewichtstheilen Kali, eine Annahme, welche durch die Resultate
                              einer im weiteren Verlauf der Arbeit ausgeführten Versuchsreihe vollkommen bestätigt
                              wurde.
                           Da zusammengesetzte Silicate im Allgemeinen leichter schmelzbar sind als die
                              einfachen Silicate aus welchen sie bestehen, so war es nicht unmöglich, daß diesem
                              Verhalten analog, durch das gleichzeitige Vorkommen
                              verschiedener Flußmittel in einem Thone der Einfluß derselben beträchtlich zunehmen
                              konnte, daß also z.B. ein Thon mit 2 Proc. Magnesia und 2 Proc. Kalk leichter
                              schmelzbar wäre, als ein anderer mit 4 Proc. des stärker wirkenden Flußmittels, in
                              diesem Falle Magnesia. Eine große Reihe von Versuchen ergab jedoch, daß bei
                              gleichzeitigem Vorkommen von zwei, drei oder allen vier Flußmitteln in einem Thone
                              der Einfluß jedes einzelnen auf die Schmelzbarkeit wenigstens nicht nachweisbar zunahm. So ließ sich deutlich wahrnehmen, daß ein
                              Gemenge mit 2 Proc. Magnesia und 2 Proc. Kalk weniger dünnflüssig wurde wie ein
                              solches mit 4 Proc. Magnesia, mehr wie ein drittes mit 4 Proc. Kalk, welche
                              gleichzeitig demselben hohen Hitzegrade ausgesetzt wurden.
                           Wie verhält es sich nun mit dem Einflusse der genannten Flußmittel auf die
                              Schmelzbarkeit eines Thones bei gleichzeitiger Vermehrung der
                                 Kieselsäuremenge desselben?
                           Zur Beantwortung dieser Frage versetzte ich zunächst einen in der Schmelzhitze des
                              Schmiedeeisens durchaus unschmelzbaren Thon theils mit reiner Kieselsäure, theils
                              mit einem der vier Flußmittel in verschiedenen Verhältnissen, und fertigte aus jeder
                              dieser Mischungen die mehrfach erwähnten Probeprismen an, ferner wurde ein drittes
                              Gemenge aus gleichen Gewichtstheilen jener beiden ersten dargestellt; dasselbe
                              enthielt also die halbe Menge der Flußmittel, und gleichzeitig der Kieselsäure,
                              welche seinen Componenten zugemischt worden war. Nahm nun, wie ich vermuthete, der
                              Einfluß der flußbildenden Bestandtheile zu mit der größeren Kieselsäuremenge des
                              Thones, so mußte das erwähnte dritte Gemenge sich leichter schmelzbar zeigen als
                              seine Componenten, wenn alle drei Proben gleichzeitig demselben hohen Hitzegrade
                              ausgesetzt wurden; andernfalls aber mußte das Verhalten des dritten Gemenges im
                              Allgemeinen die Mitte halten zwischen dem der ersten Prismen.
                           Das Resultat der Versuche bestätigte indessen die ausgesprochene Annahme vollkommen.
                              Man konnte auf das Deutlichste beobachten, daß die Schmelzbarkeit des dritten
                              Gemenges durchgehend eine bedeutendere war wie die seiner Componenten, und es ließ
                              sich aus den Resultaten der Versuche mit größter Sicherheit der Schluß ziehen:
                           
                              „Daß der Einfluß der flußbildenden Bestandtheile auf die Schmelzbarkeit
                                 der Thone, beziehungsweise der Silicate der Thonerde ganz erheblich zunimmt mit
                                 dem höheren Gehalt an Kieselsäure.“
                              
                           Es hängt somit die größere oder geringere Schmelzbarkeit eines Thones von den
                              Gewichts-Mengen und Verhältnissen ab, in denen Kieselsäure und Flußmittel in
                              ihm vorkommen. Den Einfluß dieser beiden, die Schmelzbarkeit bedingenden Factoren
                              quantitativ festzustellen, war nun die Aufgabe der folgenden Versuchsreihe.
                              Gleichzeitig sollte dieselbe entscheiden, ob, wie aus dem beobachteten Einflusse der
                              flußbildenden Bestandtheile auf die Schmelzbarkeit der nach der Formel
                              Al²O³, 2SiO³ zusammengesetzten Gemenge hervorzugehen schien,
                              die aequivalenten Mengen der Flußmittel tatsächlich in
                              gleichem Grade die Schmelzbarkeit eines Thones befördern, eventuell ob dieß bei den
                              verschiedenen Kieselungsstufen der Thonerde durchgehend zu beobachten seyn würde
                              oder nicht.
                           Aus Gründen, deren Erörterung ich hier füglich unterlassen kann wählte ich zu
                              Ausführung der Versuche einen sehr reinen Kaolin, welcher durch wiederholte
                              Behandlung mit Salzsäure von einer sehr geringen Menge Eisenoxyd und Kali soweit
                              gereinigt worden war, daß er von denselben nur sehr geringe, quantitativ nicht mehr
                              zu bestimmende Spuren enthielt. Durch Zumischung von Kieselsäure resp. Thonerde zu
                              demselben wurden nun folgende Mischungen angefertigt:
                           
                           Al²O³,   SiO³
                           Al²O³, 2SiO³
                           Al²O³, 3SiO³
                           Al²O³, 4SiO³
                           Al²O³, 5SiO³
                           Al²O³, 6SiO³
                           Keines dieser Gemenge zerfloß, wenn es zwei Stunden lang der intensivsten
                              Schmelzhitze des Schmiedeeisens ausgesetzt wurde. Ich suchte nun die Menge der
                              flußbildenden Bestandtheile zu ermitteln, welche für jede der obigen Mischungen ein
                              in der Schmelzhitze des Schmiedeeisens beginnendes Zerfließen zu einem starken,
                              undurchsichtigen Email zur Folge haben würde, und wählte dieselbe so, daß sich die
                              Zusammensetzung der (prismatischen, ca. 1 Grm. schweren)
                              Proben durch eine chemische Formel ausdrücken ließ. Da auf Grund der gewonnenen
                              Resultate sich das Verhalten eines Thones von bekannter chemischer Zusammensetzung
                              beurtheilen läßt, so glaube ich, daß es von einigem praktischen Interesse seyn wird,
                              das Verhalten der verschiedenen Gemenge kurz zu beschreiben. In Nachfolgendem
                              bezeichnet RO ein Aequivalent Magnesia, Kalk oder Kali,
                              R²O³ ein Aequivalent Eisenoxyd.Bei hinreichendem Kieselsäuregehalt des Thones wurde das zugemischte
                                    Eisenoxyd zu Oxydul reducirt (Fe²O³ = 2FeO).
                              
                           1) Al²O³, SiO³, unglasirt, etwas zusammengesintert;
                           2) 6 (Al²O³, SiO³) + 2RO oder R²O³, gleichmäßig
                              zerflossen zu einem durchscheinenden dünnflüssigen Email;
                           3) 8 (Al² O³, Si O³) + 2RO oder R²O³, aufgebläht,
                              cylindrisch, nicht mehr vollständig zerflossen;
                           4) 10 (Al²O³, SiO³) + 2RO oder R²O³, nicht
                              zerflossen, Prismen cylindrisch, wenig aufgebläht.
                           Die Mischung, welche in der Weißgluth zu zerfließen beginnt, liegt hiernach zwischen
                              2 und 3 und dürfte daher durch die Formel 7 (Al²O³, SiO³) + 2MO
                              ausgedrückt werden können. Der Einfluß der äquivalenten Mengen Kali, Kalk und
                              Magnesia war in allen Fällen ein durchaus gleicher, dahingegen stand der des
                              Eisenoxydes hinter dem Einflusse der übrigen Basen etwas zurück; dasselbe scheint
                              nur bei Gegenwart einer etwas größeren Menge freier Kieselsäure aufgenommen zu
                              werden.
                           5) Al²O³, 2SiO³, glasirt, Form scharfkantig erhalten;
                           6) 6 (Al²O³, 2SiO³) + 2RO oder R²O³, sämmtliche
                              Proben, mit Einschluß der
                              Eisenoxyd enthaltenden, zu einem durchscheinenden Email zerflossen;
                           7) 8 (Al²O³, 2SiO³) + 2RO oder R²O³, sämmtliche
                              Proben gleichmäßig zerflossen;
                           8) 10 (Al²O³, 2SiO³) + 2RO oder R²O³, nicht mehr
                              deutlich zerflossen, stark aufgebläht, porös.
                           Diejenige Verbindung, welche in der Schmelzhitze des Schmiedeeisens zu zerfließen
                              beginnt, liegt hiernach zwischen 7 und 8, und dürfte ihre Zusammensetzung durch die
                              Formel 9 (Al²O³, 2SiO³) + RO oder R²O³,
                              auszudrücken seyn.
                           9) Al²O³, 3SiO³ verhielt sich dem Zweidrittel-Silicat
                              fast gleich;
                           10) 8 (Al²O³, 3SiO³) + 2RO oder R²O³, Proben
                              sämmtlich zu einem durchscheinenden Email zerflossen;
                           11) 10 (Al²O³, 3SiO³) + 2RO oder R²O³, Proben
                              gleichmäßig zu einem matten undurchsichtigen Email zerflossen;
                           12) 12 (Al²O³, 3SiO³) + 2RO oder R²O³, Proben
                              gleichmäßig stark aufgebläht, aber nicht mehr zerflossen. Das Verhalten der sub 11 aufgeführten Proben würden wir als beginnendes
                              Zerfließen bezeichnen;
                           13) Al²O³, 4SiO³, sehr stark glasirt, Form wohl erhalten;
                           14) 8 (Al²O³, 4SiO³) + 2RO oder R²O³, zu einem
                              glasartigen Email zerflossen;
                           15) 12 (Al²O³, 4SiO³) +2RO oder R²O³, zu einem
                              undurchsichtigen, sehr dünnflüssigen Email zerflossen;
                           16) 16 (Al²O³, 6SiO³) + 2RO oder R²O³, zu einem
                              dicken, flach ausgebreiteten Email zerflossen;
                           17) Al²O³, 5SiO³, verhielt sich wie Nr. 13;
                           18) 8 (Al²O³, 5SiO³) + 2RO oder R²O³, zu einem
                              glasigen Email zerflossen;
                           19) 16 (Al²O³, 5SiO³) + 2RO oder R²O³, zu einem
                              undurchsichtigen, ziemlich dünnflüssigen Email zerflossen;
                           20) 20 (Al²O³, 5SiO³) + 2RO oder R²O³, zu einem
                              undurchsichtigen, sehr starken Email zerflossen;
                           21) Al²O³, 6SiO³, halbdurchscheinend, nicht zerflossen, Form
                              erhalten, Bruch dicht;
                           22) 8 (Al²O³, 6SiO³) + 2RO oder R²O³, zerflossen
                              zu einem fast durchsichtigen Glase;
                           23) 20 (Al²O³, 6SiO³) + 2RO oder R²O³, zerflossen
                              zu einem ziemlich dünnflüssigen, undurchsichtigen Email;
                           24) 24 (Al²O³, 6SiO³) + 2RO oder R²O³, zu einem
                              starken, strengflüssigen Email zerflossen.
                           
                           Sehen wir von dem geringeren Einflusse des Eisenoxydes auf die Schmelzbarkeit des
                              Drittel-Silicates ab, so zeigte sich der Einfluß der aequivalenten Mengen der
                              Flußmittel auf die Schmelzbarkeit der Gemenge von derselben Zusammensetzung als ein
                              durchgehends gleicher. Man ersieht ferner aus dem Resultate der Versuche, daß die
                              Menge der Flußmittel, welche nöthig ist um die Schmelzbarkeit der Thone von
                              verschiedenem Kieselsäure- und Thonerdegehalte bis zu einem gleichen, oder
                              doch annähernd gleichen Grade zu befördern, erheblich,
                              aber nicht in einem gleichmäßigen Verhältnisse abnimmt mit der größeren
                              Kieselsäuremenge des Thones.
                           So entspricht z.B. in der Formel 7 (Al²O³, SiO³) + 2RO die Menge
                              der Magnesia 5,8 Proc., in der Formel 24 (Al²O³, 6SiO³) + 2RO =
                              0,51 Proc.; beide Gemenge, resp. Thone, verhalten sich, wie überhaupt die
                              folgenden:
                             7 (Al²O³, SiO³) + 2RO oder
                              R²O³
                             9 (Al²O³, 2SiO³) + 2RO oder
                              R²O³
                           10 (Al²O³, 3SiO³) + 2RO oder
                              R²O³
                           16 (Al²O³, 4SiO³) + 2RO oder
                              R²O³
                           20 (Al²O³, 5SiO³) + 2RO oder
                              R²O³
                           24 (Al²O³, 6SiO³) + 2RO oder
                              R²O³
                           derselben Hitze ausgesetzt annähernd gleich, d.h. sie beginnen
                              in der Schmelzhitze des Schmiedeeisens zu einem starken, strengflüssigen Email zu
                              zerfließen.
                           Der chemische Vorgang des Schmelzens der Thone besteht in der Bildung von
                              Doppelsilicaten, deren Schmelzbarkeit zunimmt mit ihrem höheren Gehalt an
                              Kieselsäure. Die Ansicht Bischof's, daß die
                              Feuerbeständigkeit der Thone wesentlich abhänge von ihrem Gehalt an Thonerde, und
                              also umgekehrt die Schmelzbarkeit von ihrem Gehalt an Kieselsäure, hat insofern eine
                              unbestreitbare wenn auch nur relative Berechtigung, als die Mehrzahl der in der
                              Natur vorkommenden kieselsäurereichen Thone eine hinreichende Menge von Flußmitteln
                              enthält, um in dem höchsten Hitzegrade unserer Feuerungsanlagen vollständig zu
                              zerfließen. Es kommen aber auch tatsächlich sehr kieselsäurereiche, mithin thonerdearme Thone
                              vor, deren Gehalt an Flußmitteln ein so geringer ist, daß sie sich in der
                              Schmelzhitze des Schmiedeeisens den reinen Silicaten der Thonerde fast gleich
                              verhalten, d.h. nicht zerfließen. Andererseits können, wie das Verhalten der Gemenge
                              aus dem Drittel-Silicat mit Flußmitteln zeigt, an letzteren sehr reiche Thone von bedeutender
                                 Feuerfestigkeit vorkommen, und kommen in der That häufig vor. Deßhalb kann man mit Bischof
                              behaupten, daß die Feuerbeständigkeit eines Thones nicht lediglich und wesentlich abhängt von einer
                              geringen Menge Flußmittel.
                           Aus der bekannten Zusammensetzung eines Thones läßt sich nach Obigem ein sicherer
                              Schluß auf sein Verhalten im Feuer ziehen, da es leicht gelingen wird, nach
                              Berechnung seiner chemischen Zusammensetzung, ihn mit einer der oben aufgeführten
                              Verbindungen zu vergleichen. Ist nun bei einem bestimmten Verhältnisse zwischen
                              Kieselsäure und Thonerde die Menge der flußbildenden Bestandtheile geringer als die angeführte, welche für die Thone von
                              verschiedener Zusammensetzung ein beginnendes Zerfließen in der Weißgluth zur Folge
                              hat, so kann man mit Sicherheit annehmen, daß der Thon für alle technischen Zwecke,
                              bei welchen es sich nur um die Widerstandsfähigkeit gegen Hitze handelt, brauchbar
                              ist; wird die angegebene Menge erreicht, so ist der Thon
                              nicht mehr im Stande die Schmelzhitze zu ertragen, wohl aber wird er noch für die Zwecke verwendbar seyn, für welche nur eine bis zur
                              Schmelzhitze des Gußstahles gesteigerte helle Rothgluth in Anwendung kommt. Falls
                              aber das Maximum an Flußmitteln einigermaßen erheblich überschritten wird, wird auch der Thon, je nach der Menge derselben,
                              entweder nur noch für die gewöhnlichen Feuerungsanlagen, oder endlich nicht mehr als
                              feuerfestes Material brauchbar seyn.