| Titel: | Ueber den von Rossignol in Orleans erfundenen Apparat zum Erhitzen des Weines behufs seiner Conservirung. | 
| Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XV., S. 75 | 
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                        XV.
                        Ueber den von Rossignol in Orleans erfundenen Apparat zum Erhitzen des Weines behufs seiner
                           Conservirung.
                        Aus Armengaud's
                              Génie industriel, October 1868, S. 201.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Rossignol's Apparat zum Erhitzen des Weines.
                        
                     
                        
                           Die folgende, dem Journal de l'Agricultur entnommene
                              Beschreibung des Rossignol'schen Apparates, von Pasteur verfaßt, ist durch nachstehende Bemerkungen von
                              J. A. Barral eingeleitet:
                           
                              „Bekanntlich hat Pasteur nachgewiesen, daß alle
                                 im Weine lebenden und sich vermehrenden Vegetationen, welche die Krankheiten
                                 desselben verursachen, bei einer Temperatur von höchstens 45° C. zu
                                 Grunde gehen. Wird demnach der Wein durch seine ganze Masse hindurch bis auf die
                                 erwähnte Temperatur erhitzt, so conservirt er sich nun ohne Veränderung, selbst
                                 wenn er jener Temperatur nur einige Minuten lang ausgesetzt war. Pasteur's Beobachtungen zufolge wird bei diesem
                                 Wärmegrade den Kryptogamenkeimen, welche die Quelle der Krankheiten der
                                 verschiedenen Weinsorten bilden, jede Lebensfähigkeit entzogen.“
                              
                           
                              „In dem Werke Pasteur's: „Untersuchungen über den Wein, über seine Krankheiten
                                       und deren Ursachen, sowie über ein neues Verfahren zu seiner
                                       Conservirung etc.“
                                 Études sur le vin, ses maladies, causes
                                          qui les porvoquent, procédés nouveaux pour le
                                          conserver et le vicillir. Paris 1868, Victor
                                       Masson. sind die vollständigen Beweise für dieß Alles geliefert. Das Erhitzen
                                 der gefüllten Flaschen in einem Wasserbade ist ganz leicht; aber ein praktisches
                                 Verfahren zum leichten und ohne große Kosten ausführbaren Erhitzen großer
                                 Weinmassen mußte noch aufgefunden werden. In einer später erschienenen
                                 Broschüre über den Weinessig bemerkt Pasteur, daß
                                 diese Aufgabe in Frankreich, in Spanien, in Oesterreich und selbst in den
                                 Vereinigten Staaten in verschiedenartiger Weise bereits gelöst wurde. Unter
                                 sämmtlichen Einrichtungen dürfte jedoch das von Louis Rossignol in Orleans erfundene System die Beachtung der
                                 Weinproducenten und Weinhändler am meisten verdienen. Auch dürfte sich dieser
                                 Apparat gut zur Behandlung des Essigs eignen, um die in demselben so häufig
                                 auftretenden und ihn verderbenden „Essigälchen“ zu
                                 vernichten. Wir geben im Nachstehenden die Beschreibung des Apparates nach Pasteur's Worten.“
                              
                           Mittelst des Rossignol'schen Apparates, welcher 140 Frcs.
                              kostet, vermag man per Stunde 6 Hektoliter Wein mit
                              einem Kostenaufwande von 10 bis 12 Centimes per
                              Hektoliter zu erhitzen. Eine Herstellung desselben in größerem Maaßstabe würde
                              übrigens leicht seyn. Wie Fig. 16 zeigt, besteht er
                              wesentlich aus einem Fasse T, dessen einer Boden
                              weggenommen und durch einen äußerlich mit reinem Zinn verzinnten kupfernen Kessel
                              C ersetzt worden ist, welcher in eine, durch das Faß
                              hindurchreichende und an ihrem oberen Ende c offene
                              Röhre ausgeht.
                           Der Wein wird in das Faß gegossen und nimmt den zwischen den Dauben und dem Kessel
                              befindlichen Raum ein; der Kessel wird mit Wasser gefüllt und durch einen
                              Circulirherd erhitzt. Das Wasser darf die Siedetemperatur niemals erreichen, sondern
                              wird nur wenig höher erhitzt, als der Wein überhaupt erhitzt werden muß; die
                              Temperatur desselben wird durch das Thermometer t
                              angezeigt. Der Kessel braucht nicht entleert und nicht von Neuem gefüllt zu werden;
                              dasselbe Wasser wird fortwährend benutzt. Am besten ist es, wenn die Röhre c, sobald das Wasser die angegebene Maximaltemperatur
                              erreicht hat, zur Hälfte oder zu drei Viertel gefüllt ist. Mittelst eines am unteren
                              Ende des Fasses angebrachten Hahnes r wird der heiße
                              Wein auf Gebinde F abgezogen; zu diesem Zwecke verbindet
                              man einen weiten Kautschukschlauch f mit dem Hahne.
                              Nachdem das Faß T entleert ist, füllt man es von Neuem,
                              um die Wärme des Herdes und des bei der vorigen Operation erhitzten Wassers
                              möglichst auszunutzen.
                           Muß das Heizen aus irgend einem Grunde zeitweilig unterbrochen werden, so ist es zu
                              empfehlen, den Apparat mit Wein anzufüllen. Müßte diese Unterbrechung lange währen,
                              z.B. ein Jahr, so würde es vorzuziehen seyn, ihn mit Wasser zu füllen und dieses
                              anfangs zu erhitzen, um es vor dem Verderben zu schützen.
                           Das von Rossignol zur Verbindung des unteren Theiles der
                              Tonne mit dem Kessel (so daß der Apparat gut gedichtet wird) angewendete Verfahren ist zuverlässig und
                              ziemlich leicht auszuführen. Ein ringförmiger Streif von verzinntem Kupfer a, Figur 17, ist so an den
                              Kessel angelöthet, daß er etwas hervorsteht; er liegt zwischen zwei anderen
                              ähnlichen Reifen, deren einer b aus starkem Eisenblech
                              besteht, während der andere d aus Kautschuk von 1 bis 2
                              Centimet. Dicke angefertigt ist. Die Tonne ruht mit den Rändern der Dauben auf dem
                              Kautschukreif. Ein eiserner, etwas in das Holz der Dauben eingelassener Reif c ist an mehreren Stellen seines Umfanges mit
                              angenieteten Winkeleisen e versehen, welche mit dem
                              starken, breiten Eisenreif b durch Schraubenbolzen
                              verbunden sind; werden letztere angezogen, so wird der Kautschuk zwischen dem Holze
                              der Dauben und dem am Kessel festgelötheten Ringe a
                              zusammengequetscht, wodurch man einen hermetischen Verschluß erzielt.
                           Anstatt den Reif c, welcher die mit Schraubenbolzen
                              versehenen Winkeleisen trägt, in die Dauben einzulassen, würde es vorzuziehen seyn,
                              denselben durch einige verticale Eisenstreifen mit dem über dem mittleren
                              ausgebauchten Theile der Tonne befindlichen Reife zu verbinden. Auch könnte man der
                              Tonne die etwas conische Form einer Kufe geben, wodurch man den Vortheil einer
                              größeren Heizfläche der oberen Kesselwandungen erzielen würde.
                           Endlich könnte man mittelst verschiedener Anordnungen die Fläche der mit dem Weine in
                              Berührung kommenden Kesselwandungen vergrößern. Durch die um den Kessel circulirende
                              Feuerung wird viel Brennmaterial erspart.
                           Ferner wäre es zu empfehlen den Reif b, welcher den
                              ganzen Apparat trägt, auf Backsteinen ruhen zu lassen und den im Herde liegenden
                              Theil des Kessels tiefer zu machen; der Kautschukring würde dann nicht so heiß
                              werden. Wie indessen die Erfahrung bewiesen hat, hält sich dieser Reif sehr
                              lange.
                           Da sich der Wein in Folge von Temperaturerhöhung ausdehnt, so füllt Rossignol die Tonne vor dem Erhitzen nicht vollständig;
                              daraus folgt, daß der Wein mit einem gewissen Volumen Luft in Berührung gebracht
                              wird.
                           Nun bemerkt aber Pasteur in seinem erwähnten Werke, daß
                              dieser Uebelstand stets vermieden werden muß, sobald es darauf ankommt den Wein
                              nicht in seiner Farbe oder seinem Geschmack durch eine rasche Oxydation zu
                              verändern, welche ihm ein künstliches Altern verleiht.
                           Diese Art von Altern des Weines muß man aber in der Regel zu vermeiden suchen, zumal
                              dasselbe von einem eigenthümlichen Geschmack begleitet ist, welcher sich niemals
                              zeigt wenn der Wein bei Luftabschluß eine ganz kurze Zeit lang erhitzt wird. Durch letzteres
                              Verfahren wird der Wein unveränderlich und seine Farbe modificirt sich nicht; häufig
                              erhält er sogar mehr Glanz, ohne daß er einen anderen Geschmack annimmt, welcher nur
                              etwas weicher wird, indem die Wärme ein mehr oder weniger
                              beträchtliches Volum der im Weine aufgelösten Kohlensäure austreibt.
                           Die Tonne würde sich ganz füllen lassen, wenn man in ihrem oberen Boden D ein aus Glas oder Weißblech bestehendes Winkelrohr E anbrächte, durch welches der überfließende Wein in ein
                              daneben stehendes Gefäß G geleitet wird.
                           Der Wein kann aber auch nach dem Abziehen auf die Gebinde einer raschen Oxydation
                              ausgesetzt seyn. Es handelt sich hier nicht um die Einwirkung der Luft auf den Wein
                              während seines Ablaufens aus dem Kautschukschlauche F.
                              In Folge der Schnelligkeit, womit die Fässer sich füllen, wird der Einfluß der Luft
                              auf heißen und gut gespundeten Wein auf ein Minimum reducirt; mit dem allmählichen
                              Erkalten des Weines entsteht aber im Fasse ein leerer Raum, der sich mit einem
                              entsprechenden Volum Luft füllt, welche durch die Dauben und deren Fugen eindringt.
                              Der Sauerstoff dieser Luft löst sich im Weine auf und oxydirt ihn; deßhalb füllt Rossignol die Fässer nach dem Erkalten mit Wein auf,
                              welcher erhitzt worden ist.
                           Will man auch die Einwirkung dieses neuen Antheiles atmosphärischer Luft vermeiden,
                              so braucht man nur das Faß unmittelbar nach dem Einfüllen des heißen Weines mit
                              einem Gefäße zu verbinden, welches heißen oder auch vorher erhitzt gewesenen kalten
                              Wein enthält. Diese Verbindung läßt sich bequem mittelst eines Kautschukrohres
                              herstellen, welches man an ein neben dem Spunde g in den
                              Deckel des Fasses gestecktes Metallröhrchen befestigt. Indem das Faß erkaltet, füllt
                              es sich von selbst voll und man nimmt dann das Metallröhrchen weg und verschließt
                              die Oeffnung rasch mit einem kleinen Holzspunde.
                           Fässer welche in dieser Weise gefüllt sind, können die weitesten Reisen aushalten,
                              können über Land und Meer transportirt und um die Erde mitgenommen werden, ohne daß
                              der Wein im Geringsten erkrankt. Darnach läßt sich der Einfluß beurtheilen, welchen
                              dieses so einfache und so wenig kostspielige Verfahren auf den Weinhandel aller
                              Weinländer ausüben muß.
                           Zu diesem Vortheile kommen noch andere von vielleicht nicht geringerer Bedeutung. Die
                              Weine können beliebig lang auf den Fässern liegen bleiben, ohne abgezogen werden zu
                              müssen. Ferner lassen sie sich in Vorrathsgewölben ebenso gut aufbewahren, als in
                              eigentlichen Kellern. 
                              Pasteur ist überzeugt, daß die Benutzung der Keller, also
                              die Aufbewahrung der Weine in Räumen von niedriger Temperatur, hauptsächlich durch
                              die Nothwendigkeit, dieselben vor Krankheiten zu beschützen, Verbreitung gefunden
                              hat. Wenn der Wein auf angegebene Weise zur Conservirung auf unbegrenzt lange Zeit
                              vorbereitet worden ist, so kann man die Keller entbehren. Dasselbe gilt nach Pasteur's Ansicht von dem häufigen Umfüllen und Abziehen
                              etc., welches die Eigenschaft der Weine, leicht zu verderben, bedingt.
                           Rossignol hat in seinem Apparate bereits über fünfhundert
                              Stückfaß Roth- und Weißwein, namentlich aus dem Orléanais, der
                              Charente und der Gironde (Saint-Emilion) behandelt. Die Weine conserviren
                              sich auf's Vollkommenste und klären sich sehr leicht; umgeschlagene (fette oder
                              saure) Weine erhält er nicht mehr.
                           Nach Rossignol's Versicherung bleiben die ordinärsten
                              Sorten, welche am leichtesten trübe werden und umschlagen, bis zum letzten Liter
                              klar, selbst wenn vierzehn Tage oder sechs Wochen verstreichen, bevor ein Faß leer
                              wird.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
