| Titel: | Ueber Schafwoll-Wäsche, und insbesondere die Woll-Waschmaschine von Demeuse und Houget in Aachen (Leviathan genannt); von Professor Rühlmann. | 
| Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XXIII., S. 118 | 
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                        XXIII.
                        Ueber Schafwoll-Wäsche, und insbesondere
                           die Woll-Waschmaschine von Demeuse und Houget in Aachen (Leviathan genannt); von Professor Rühlmann.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen
                                 Gewerbevereines. 1868 S. 265.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Rühlmann, über Schafwoll-Wäsche, und insbesondere die
                           Woll-Waschmaschine von Demeuse und Houget in Aachen.
                        
                     
                        
                           Seit einiger Zeit bewegt Landwirthe, Wollhändler und Fabrikanten von Wollstoffen
                              (namentlich von Tuchen) die Frage nach neuen Wollwaschverfahren, ohne daß es
                              hierüber jetzt schon zu einer bestimmten Entscheidung gekommen ist.Man sehe hierzu insbesondere einen lesenswerthen Artikel „Ueber die Concurrenz überseeischer Wollen für die
                                          einheimische Wollproduction“ in Nr. 1 und 2 des in
                                    Grünberg erscheinenden Journals: „Das deutsche
                                       Wollen-Gewerbe.“
                                    
                              
                           In nachstehendem Aufsatze hat es sich der Verfasser zur Aufgabe gemacht, bekannt
                              gewordene Thatsachen und Erfahrungen zusammenzustellen, wozu ihm namentlich seine
                              Stellung als Mitglied einer diesen Gegenstand betreffenden technischen Kommission
                              der königl. Landwirthschafts-Gesellschaft in Celle, sowie eine jüngst
                              gemachte Reise nach den Tuchfabriken der Umgegend von Lennep betreffendes Material
                              lieferte.
                           Bei den Landwirthen gehört bekanntlich die gewöhnliche Wäsche der Schafe, die
                              sogenannte Rückenwäsche, längst zu den unangenehmsten Arbeiten, besonders weil nicht
                              immer geeignetes Wasser in gehöriger Menge zu Gebote steht und Menschen wie Thiere
                              leicht Krankheiten ausgesetzt sind. Diese Unannehmlichkeiten werden aber in neuer
                              Zeit bei der eingeschlagenen Zuchtrichtung auf FleischnutzungDie immer größeren Fortschritte, welche in quantitativer (auch theilweise
                                    schon in qualitativer) Hinsicht die Wollproduction Australien's,
                                       					    Südamerika's (La Plata-Staaten, Buenos Ayres), Afrika's (Capland) und Rußland's macht, ist sogar schon Ursache
                                    geworden, für Central-Europa und insbesondere für Deutschland anzurathen,
                                    die ausschließliche Wollzucht aufzugeben und zur Fleischzucht überzugehen
                                    (man s. die Annalen der Landwirthschaft in den königl. preuß. Staaten,
                                    Jahrg. 1867, Nr. 30, S. 277). An letztgenanntem Orte wird auch angegeben,
                                    daß Australien jetzt gegen 1 Million Centner Wolle ausführt und ähnlich die
                                    Production Südamerika's seyn maß, da Heerden von über 50,000 Stück Schafe
                                    nichts Seltenes sind, in Neu-Rußland sogar Heerden von 400,000 Stück
                                    Schafen vorkommen etc.Nach dem Mark Lane Express soll 1867 die
                                    Wollausfuhr Australien's über 133 Millionen Pfund betragen haben. immer größer, weil einerseits das Gewicht der Schafe wächst, andererseits die Schur in
                              die erste Frühlingszeit verlegt wird und damit auf eine Gunst des Wetters nicht mehr
                              zu hoffen ist.Nach dem Referate des Hrn. Landes-Oekonomierathes Spangenberg von dem Central-Ausschusse der
                                    kgl. Landwirthschafts-Gesellschaft zu Celle. (Protokoll vom 22.
                                    November 1867, S. 189.) Hiernach kann man es nur natürlich finden, wenn es ein fast allgemeiner
                              Wunsch der Landwirthe ist, von dem jetzigen Wollwaschverfahren (der Rückenwäsche)
                              gänzlich befreit zu werden.
                           Zweierlei Wege sind es hauptsächlich, die man neuerdings hierzu in Vorschlag gebracht
                              hat, wovon sich jedoch zur Zeit nur einer bereits wirklich praktischen Eingang
                              verschafft hat.
                           Diese beiden Wege sind: erstens die Errichtung eigener
                              selbstständiger Wollwasch-Anstalten, und zweitens
                              das chemische Verfahren eines Herrn (Chemikers) Richter
                              in Berlin.
                           In ersterer Beziehung dürfte es besonders Verviers (Belgien) seyn, wo sich zuerst ein
                              ganz selbstständiger Industriezweig „die
                                    Wollwäscherei in Lohn“ gebildet hat, der immer mehr
                              Anerkennung und Verbreitung zu finden scheint. Der Antrieb hierzu soll der
                              Buenos-Ayres-Wolle zu verdanken seyn, welche Europa geradezu
                              überschwemmt, seit im März 1867 der Eingangszoll auf Wolle in Nordamerika so
                              kolossal erhöht wurde, daß ihr dadurch ein Absatzfeld entzogen ist.
                           Diese Wolle wird vom Markte in Havre und Antwerpen von Wollhändlern in Verviers
                              gekauft und sortirt, von den Wäschern daselbst gewaschen und entfettetNach dem Berichte der Handelskammer in Verviers hat sich das Waschen und Reinigen der Wolle in Verviers selbst
                                    bereits zu einem ansehnlichen Industriezweige entwickelt. Die betreffenden
                                    Versendungen dieser Stadt betrugen 1863: 536,150 Kil.; 1864: 637,330 Kil.;
                                    1865: 4,313,370 Kil., und 1866 sogar über 4 1/2 Millionen Kilogramme,
                                    genauer 4,591,400 Kilogrm., sodann aber im sortirten und gewaschenen Zustande an in- und
                              ausländische Fabrikanten verkauft.Dr. Hartmann in dem
                                    bereits vorher citirten Protokolle der Sitzungen des
                                    Central-Ausschusses der kgl. Landwirthschafts-Gesellschaft zu
                                    Celle, S. 192 etc. Hierbei berichtet Hr. Dr. Hartmann auch, daß das Verfahren, der rohen Wolle
                                    das Fett mittelst Schwefelkohlenstoff zu
                                    entziehen, nicht lebensfähig geworden und weder in Frankreich noch in
                                    Belgien in Anwendung ist. Hiernach dürften die Angaben zu berichtigen seyn,
                                    die Hr. Prof. Wagner im Jahresberichte über die
                                    Leistungen der chemischen Technologie für 1867 (Leipzig 1868) S. 526.
                                    namentlich in der Note Nr. 4 macht, wo versichert wird, daß die
                                    „Entfettung der Wolle durch Schwefelkohlenstoff in Verviers
                                       allgemein üblich sey.“
                                    
                              
                           
                           Die interessanteste und wichtigste der hierbei erforderlichen Maschinen, ist eine
                              Waschmaschine von automatischer Wirkung, welcher man den sonderbaren Namen
                              „Leviathan“ gegeben hat.
                           Grundprincip und allgemeine Anordnung dieser Maschine ist, mehr oder weniger, den
                              bereits früher zur sogenannten Fabrikwäsche angewandten Maschinen von Pion und Malteau
                              Armengaud: Publication industrielle des
                                       Machines, vol. IV p. 142, Pl. 12., namentlich aber den englischen Wollwaschmaschinen von John Petrie in NochdalePatent Specification No. 75, Jahrgang 1853 (JohnPetrieand SamuelTaylorof Rochdale, County of Lancaster:
                                       „Improvements in Machinery or Apparatus for Washing or
                                          Scouring Wool“ ). Ferner in den Verhandlungen des
                                    Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, Jahrgang 1864, S. 40,
                                    Tafel I. entnommen, indeß von den Maschinen-Fabrikanten Houget und Teston in Verviers und von Demeuse-Houget und Comp. in Aachen, derartig vortrefflich angeordnet und mit neuen sinnreichen
                              Theilen und Detail-Mechanismen ausgestattet, daß deren Leviathans eigentlich
                              als ganz eigenthümlich neue Maschinen betrachtet werden können.Ueber die 1867 in Paris überhaupt ausgestellten vier verschiedenen Wollwaschmaschinen von Petrie (Modell), Houget und Teston in Verviers, von Chaudet in Rouen und von Pierrard-Parpaite in Reims berichtete zuerst die deutsche
                                    Ausstellungszeitung Nr. 58, vom 24. August 1867 und ausführlicher Dr. Grothe in seinem
                                    Werke: „Die Spinnerei, Weberei und Appretur auf der
                                       Welt-Ausstellung zu Paris 1867.“ Berlin 1868 (Springer's Verlag), S. 32 etc.
                              
                           Bekannt wurde mir diese neue Maschine zuerst bei Gelegenheit der Pariser
                              internationalen Ausstellung von 1867, wobei sich Jedermann zugleich von deren
                              solider, schöner Construction und Ausführung überzeugen konnte.Ueber die 1867 in Paris überhaupt ausgestellten vier verschiedenen Wollwaschmaschinen von Petrie (Modell), Houget und Teston in Verviers, von Chaudet in Rouen und von Pierrard-Parpaite in Reims berichtete zuerst die deutsche
                                    Ausstellungszeitung Nr. 58, vom 24. August 1867 und ausführlicher Dr. Grothe in seinem
                                    Werke: „Die Spinnerei, Weberei und Appretur auf der
                                       Welt-Ausstellung zu Paris 1867.“ Berlin 1868 (Springer's Verlag), S. 32 etc.
                              
                           Auf diese Maschine wurde den Herren Houget und Teston bereits 1866 ein (auf Henry Johnson in London) lautendes Patent ertheiltPatent Specification No. 1288, Jahrgang 1866,
                                    „Washing Wool.“ wobei sich jedoch nur eine Beschreibung, nicht aber eine Abbildung findet.
                              Da die unten citirte Mittheilung Hrn. Dr. Grothe's eine Skizze der in Paris ausgestellten Maschine
                              enthält, welche die Vortrefflichkeit der Construction nicht erkennen läßt, so
                              bemühte ich mich sowohl um eine genauere Zeichnung, als auch um Eintritt in eine
                              Wollwäscherei, wo diese Maschine arbeitet. Beides erreichte ich durch werthe
                              Freunde, denen ich hiermit meinen Dank zugleich öffentlich abstatten möchte.
                           Fig. 9 und
                              10 auf
                              Tab. III stellen den Leviathan dar, wie er gegenwärtig in der Maschinenfabrik der
                              Herren Demeuse und Houget
                              in Aachen gebaut und für
                              Jedermann geliefert wird, welches Etablissement ich gleichzeitig allen deutschen
                              Fabrikanten und Unternehmern für die Beziehung der erforderlichen Maschinen zur Lohn-Woll-Wäscherei ausschließlich
                              empfehlen möchte.
                           Wie Grundriß (Fig.
                                 9) und Längenansicht (Fig. 10) der Abbildungen
                              erkennen läßt, besteht die ganze Maschine (von ca. 12
                              1/2 Meter oder 41 Fuß englisch Länge und fast 6 Fuß Breite oder Weite) aus drei Abtheilungen, deren correspondirende eiserne Behälter, Tröge oder Bottiche mit I, II und III
                              bezeichnet wurden.
                           Der erste Behälter, durch eine Längenwand C, C in zwei
                              Räume A und B getheilt,
                              dient (nach dem Sortiren) zum Einweichen der Wolle, was
                              mittelst Soda und Urin geschieht und wozu die erforderliche Temperatur durch
                              Einführung von Wasserdampf in den Raum des gebildeten Doppelbodens v¹, w¹
                              herbeigeführt wird.
                           Während die Hand des Arbeiters die Wolle zum Einweichen in die eine Abtheilung (z.B.
                              in die A) wirft, nimmt man die bereits genugsam
                              eingeweichte Wolle aus der anderen Abtheilung (beziehungsweise B) heraus und bringt sie auf ein endloses Lattentuch D, welches sie einem Paare Preßwalzen E übergibt, deren Druck durch ein Federwerk F, G entsprechend regulirt werden kann. Die zwischen den
                              Walzen E heraustretende Wolle wird von einem zweiten
                              endlosen Lattentuche H erfaßt, welches sie in den
                              folgenden mit II bezeichneten Behälter wirft, woselbst das erste Waschen mittelst gehöriger und zwar heißer Lauge stattfindet.
                              Hierbei wird die Wolle durch kräftig wirkende Harken oder Rührgabeln J, J bearbeitet, wozu diese Rührer eine geeignete
                              oscillatorische Bewegung machen und zertheilend auf die mit Fett und Schmutz
                              imprägnirte Schafwolle wirken. Irre ich nicht, so wurde mir angegeben, daß diese
                              Rührgabeln pro Minute 16 Oscillationen machen.In der vorher citirten Patent Specification der
                                    Maschine wird angegeben, daß die Rührgabeln pro
                                    Minute nur 5 bis 6 Oscillationen machen.
                              
                           Am linken Ende der Abtheilung II angelangt, wird die Wolle durch einen automatisch
                              wirkenden, höchst sinnreichen Transportmechanismus (in der englischen
                              Patentbeschreibung „transferrer“
                              genannt) M, N, P erfaßt und damit aus dem Troge wieder
                              auf ein bewegliches etwas geneigtes endloses Lattentuch H¹ geschoben, worauf sie (wie vorher) durch ein zweites
                              Quetschwalzenpaar E² geht.
                           Der Transporteur bildet ein Doppelsystem von je 8 Raffgabeln P, P, wovon jedes System an einer besonderen Welle befestigt ist, die man
                              mit ihren Endzapfen in Rahmen M, M gelagert hat und die
                              demgemäß frei oscilliren
                              kann. Der Rahmen M, M besteht aus zwei (in der Zeichnung
                              hinlänglich sichtbaren) doppelarmigen Hebeln, an deren verkörperter, nach außen
                              verlängerten Drehachse ein Zahnrad t sitzt, welches in
                              eine endlose Schraube r faßt. Jede solche Raffgabel ist
                              an einer Seite mit einem gekrümmten Arme N versehen, der
                              bei fortgesetzter Drehung des Rahmens M, M eine
                              Frictionsrolle trifft (die an den festen Lagern der Rahmenwelle seitlich angebracht
                              ist), wodurch der Arm N zu einer derartig
                              eigenthümlichen und höchst vortheilhaften Bewegung veranlaßt wird, daß die acht
                              Gabeln P die Wolle zu einer schräg aufwärts gerichteten
                              Verschiebung nöthigen und damit dem Lattentische H¹ überliefern. Das Abnehmen, Lösen der Wolle von den Zinken der Gabeln
                              P wird noch durch einen zu geeigneter Zeit
                              ausströmenden Strahl der Waschflüssigkeit entsprechend unterstützt.
                           Die aus dem zweiten Preßwalzenpaare tretende Wolle fällt wieder auf einen Tisch mit
                              endlosem Lattentuche H² und von hier in den
                              dritten Behälter, wo sich der Rühr- und Waschproceß in der bereits vorher
                              beschriebenen Weise wiederholt.
                           Bei etwas aufmerksamer Betrachtung der Zeichnungen erkennt man leicht, daß drei getrennte Kraft-Transmissionen vorhanden sind
                              und daß zwei derselben vier (die dritte drei) verschiedene specielle Arbeiten zu
                              verrichten haben.
                           Von dem zweiten und dritten Paare der Betriebsriemenscheiben (a der losen und a¹ der festen Scheibe)
                              ausgehend, bewirkt die von dem Motor (der Dampfmaschine oder dem Wasserrade)
                              übertragene Arbeit:
                           Erstens die Drehung der unteren Walze des
                              Preßwalzenpaares, mit Zwischenschaltung eines Stirnradpaares b, c und eines Kegelradpaares d, e.
                           Zweitens die Drehung kleiner Walzen zur Veranlassung der
                              fortschreitenden Bewegung der Lattentücher D, D²,
                              D³ und H,
                                 H², H³. Hierzu ist auf die Welle der
                              unteren Preßwalze ein Stirnrad g befestigt, welches in
                              links und rechts liegende Getriebe greift. Die weitere Fortpflanzung der hieraus
                              resultirenden Bewegung vermitteln schmale Riemen h,
                                 h.
                           Drittens die Schwingung der Rührgabeln (jede mit 21
                              Stäben J ausgestattet), und zwar derartig, daß von der
                              ersten Transmissionswelle i, i aus ein Kegelradpaar l, m die continuirliche Drehbewegung der zweimal
                              gekröpften (Krummzapfen-) Welle erzeugt wird, an welcher die Rührstäbe J, J befestigt sind, während gleichzeitig durch zwei
                              nach oben gerichtete und in geeigneten Führungshülsen p,
                                 p gleitende Lenkstangen L, L den Enden der
                              Stäbe J¹ eine nothwendige eigenthümliche (oscillirende) Bewegung
                              ertheilt wird. Die gedachten Hülsen p, p sind an Armen
                              einer Brücke K (eines Steges) angebracht, welche über
                              die ganze Breite der Waschbehälter II und III wegreicht.
                           Viertens die Umdrehung der doppelarmigen Hebel M, M von der Welle i, i aus,
                              vermittelst eines Schraubenradvorgeleges r, t, u, wovon
                              das Rad t auf der Fortsetzung der Welle Q (Drehachse der Hebel M, M)
                              nach außen befestigt ist.
                           Zum Ablassen des unbrauchbar gewordenen Waschwassers aus den Behältern I, II und III
                              dienen geeignete Vorrichtungen y, y, y, deren
                              correspondirende Abzugscanäle in Fig. 10 mit z, z, z bezeichnet sind.
                           Die Richtung des Weges, welchen die Wolle beim Gange durch die Maschine nimmt, wird
                              durch die mit v, v², v³ bezeichneten Nietreihen angedeutet.
                           Mittelst einer Maschine vorbeschriebener Art und Größe ist man im Stande, täglich
                              6000 Pfd. Wolle zu waschen, wobei die Betriebskraft wenigstens 5
                              Maschinen-Pferdekräfte beträgt.
                           Was den Waschproceß überhaupt anlangt, so benutze ich zu dessen Darlegung die mir von
                              Herrn Fabrikbesitzer Johann Daniel Fuhrmann in Lennep
                              (Regierungsbezirk Düsseldorf) gegebenen Notizen, welcher mir nicht nur mit der
                              liebenswürdigsten Bereitwilligkeit die Besichtigung seiner in Dahlhausen (von Demeuse und Houget in Aachen)
                              eingerichteten Wollwäscherei gestattete, sondern mir auch jede erforderliche
                              Auskunft ohne jeglichen Rückhalt ertheilte.
                           Nach vorhergegangener Sortirung der (Buenos-Ayres-) Wollen werden
                              dieselben im ersten mit I bezeichneten Behälter in einer aus Soda, Urin und Wasser
                              gebildeten Flüssigkeit unter Beobachtung einer Temperatur von ca. 40° Cels. eingeweicht. Hierauf (in continuirlichem
                              Zusammenhange der Arbeit) im zweiten Behälter bei etwa 45° Cels. Temperatur
                              gewaschen, und die Wäsche im dritten Bassin (in Fig. 9 mit I bezeichnet) bei ungefähr 25° C. Temperatur
                              beendet.
                           Hierauf bringt man diese Wolle in ein Spülbassin, aus welchem sie schließlich ganz
                              rein (schön weiß) und (bis auf 3 bis 4 Procent) entfettet herauskommt. Dieses
                              Spülbassin ist ebenfalls mit oscillirenden Rührern zum Durcharbeiten der Wolle
                              versehen, die den vorher beschriebenen ganz gleich angeordnet sind und sich nur viel schneller bewegen.
                           Durch die vorhandenen Preßwalzen werden namentlich sogenannte Klunkern der Wolle und
                              ähnliche Verfilzungen aufgelöst und schließlich völlig beseitigt.
                           Nach dem Verlassen des Spülbassins wird der Wolle das Wasser (so weit als möglich) durch Centrifugal-Trockenmaschinen entzogen und
                              schließlich das Trocknen derselben in geeigneten Kammern
                              bewirkt.
                           Bei Herrn Fuhrmann fand ich zweierlei Verfahrungsweisen
                              des Wolltrocknens in Anwendung, nämlich sogenannte Fächer-Trockenmaschinen
                              von Demeuse-Houget
                              Dr.Grothe (a. a. O. S. 34) behauptet, daß die Demense-Houget'sche Wolltrockenmaschine
                                    eigentlich von einem gewissen Gau in Dessau
                                    herrühre, und sagt darüber Folgendes: „Sie besteht aus vier
                                       Fächern (Kästen) über einander, die von zwei parallelen Wellen getragen
                                       werden. Eine Rotation der letzteren macht die ganzen Kästen steigen und
                                       fallen. Beim Steigen nimmt ein Arbeiter stets den untersten Kasten weg
                                       und setzt einen oben auf. Ein Ventilator über der Anordnung oder an der
                                       Seite derselben treibt beständig einen Luftstrom durch die Kästen von
                                       unten nach oben. Die Luft, welche der Ventilator ansaugt und
                                       hindurchtreibt, passirt einen mit Dampf geheizten Röhrenkessel und
                                       erhitzt sich hier. Bei hochgespannten Dämpfen erwärmt sich die Luft
                                       derart, daß das Trocknen der Wolle rasch vor sich geht.“
                                    Während ältere Constructionen von Wolltrockenmaschinen meistens ganze Säle
                                    zur Aufstellung beanspruchen, nimmt diese Maschine bei gleicher Leistung nur
                                    etwa 14 bis 16 Quadratmeier Querschnitt ein. Bei Wolle, die circa 30 Proc. Feuchtigkeit enthält, trocknet
                                    ein Luftstrom von 35 bis 40° C. pro
                                    Stunde über 100 Kilogramme Wolle. und Hürden-Trocknerei, nach dem Princip mancher Malzdarren der
                              Bierbrauereien, wobei das Trockenfeld aus durchlöcherten oder geschlitzten Blechen
                              gebildet ist.
                           Schließlich bringt man dort die völlig getrocknete Wolle auf die sogenannten Klettenmaschinen (Klettenwölfe), welche dazu bestimmt
                              sind, die in den überseeischen Wollen theilweise verwachsenen Kletten, Dornen, Samen
                              und Strohstückchen zu entfernen.Beschreibungen von Klettenmaschinen finden sich u.a. in dem bereits citirten
                                    Artikel „Ueber
                                          Streichgarnspinnerei“ in den Verhandlungen des Vereines
                                    zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, Jahrgang 1864, S. 44. ferner
                                    in Dr. Grothe's
                                    „Die Spinnerei, Weberei und Appretur auf der
                                       Welt-Ausstellung zu Paris 1867,“ S. 35.
                              
                           Wenn sich bei dem ganzen vorgeschriebenen Verfahren die Wolle vermengt (nicht in
                              vollem Vließe bleibt), so hat dieß für den Fabrikanten keinen Nachtheil, weil, wie
                              bereits oben erwähnt, solche als Fettwolle, d.h. vor dem Waschen, sortirt wird.
                           Nach den mir von Herrn Fuhrmann in Lennep gemachten
                              Angaben stellen sich die Kosten dieses Waschverfahrens wie folgt:
                           Erstens für das Waschen 20
                              Sgr. pro Centner Buenos-Ayres Fettwollen, welche viel Sodagehalt haben. Deutsche Fettwollen, denen letztere Eigenschaft fehlt,
                              bedürfen mehr Zusatz (an Waschmittel) und werden ca. 25
                              Sgr. pro Centner kosten.
                           Zweitens für das Trocknen auf
                              ca. 20 Sgr. pro Centner
                              reiner Wolle, nach dem Trockengewicht berechnet, so
                              daß sich die Gesammtkosten für einen Centner Fettwolle zu waschen und zu trocknen zu
                              etwa 1 Thaler bis 1 Thlr. 5 Groschen herausstellen.
                           Was die Preise der genannten Maschinen betrifft, so werden solche von den Herren Demeuse, Houget und Comp. in
                              Aachen wie folgt verzeichnet:
                           Eine Wollwaschmaschine, genannt Leviathan (einschließlich
                              einer Spülmaschine) mit eisernen Behältern
                           
                              
                                             
                                    von 5 Fuß 10 Zoll rhein. Breite
                                 2270 Thlr.
                                 
                              
                                 Deßgl.  „  3    „    –    „      
                                    „        
                                    „
                                 1900   „
                                 
                              
                                 Halbe Leviathans, große Breite
                                 1200   „
                                 
                              
                                     „            „          kleine    
                                    „
                                   900   „
                                 
                              
                                 Ausschwenkmaschinen für Wolle, mit
                                    Korb von     44 Zoll Durchmesser
                                   400   „
                                 
                              
                                 Wolltrockenmaschinen (Beu'sches System):
                                 
                                 
                              
                                 Größedieser Maschinen.
                                 Tägl. Lieferungan trockener Wolle.
                                 
                                 
                              
                                 I.
                                      350 Pfd.
                                   400   „
                                 
                              
                                 II.
                                   450   „
                                   450   „
                                 
                              
                                 III.
                                   550   „
                                   500   „
                                 
                              
                                 IV.
                                   700   „
                                   600   „
                                 
                              
                                 V.
                                   900   „
                                   750   „
                                 
                              
                                 VI.
                                 1100   „
                                   900   „
                                 
                              
                                 VII.
                                 1400   „
                                 1050   „
                                 
                              
                                 VIII.
                                 1800   „
                                 1300   „
                                 
                              
                           (Vorbemerkte Quantitäten an trockener Wolle sind in einem Tage von
                              13 Arbeitsstunden zu erzielen und darf die Wolle, aus den Ausschwenkmaschinen
                              genommen, nicht über 30 Proc. Wasser enthalten.)
                           
                              
                                 
                                    Schnecken-Ventilatoren
                                    
                                 für Wolltrocknerei
                                 Nr. 1
                                   180 Thlr.
                                 
                              
                                           „                              „
                                 
                                    „              
                                    „
                                 Nr. 2
                                   200    „
                                 
                              
                                 Entklettungsmaschinen:
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Nr. 1 für ca.
                                 24 Pfd. Wolle pro Stunde
                                   500    „
                                 
                              
                                 Nr. 2  „   „
                                      
                                 50  
                                    „      
                                    „      
                                    „        „
                                 1000    „
                                 
                              
                           Beim zweiten, Richter'schen (patentirten) Verfahren
                              geschieht das Entschweißen und Waschen der Wolle auf kaltem Wege und wird
                              solches von dem Patentinhaber selbst wie folgt beschrieben:In der Zeitschrift „Das deutsche Wollen-Gewerbe,“
                                    Organ für die gesammte Wollen Industrie etc. Nr. 1, S. 2.
                              
                           
                              „Zur Entfettung dienen drei offene Gefäße, am
                                 Boden mit einem Ablaßhahn versehen, über demselben ein durchlöcherter Senkboden
                                 befindlich.
                              
                           
                           
                              „Diese Gefäße werden voll Wolle gepackt und das erste mit einer eigenthümlichen Entfettungsessenz gefüllt,
                                 letztere abgezapft, auf das zweite und dann auf das dritte Gefäß gegeben und so
                                 lange Essenz nachgespült, bis dieselbe fettfrei und farblos abläuft. Alsdann
                                 wird die Wolle herausgenommen, durch Centrifugalmaschinen ausgeschleudert oder
                                 mittelst Walzen ausgedrückt, mit wenig Wasser nachgespült und schließlich in
                                 einer Spülmaschine rein gespült. Die Entfettung geschieht sehr schnell und
                                 erfordert nur wenige Minuten.
                              
                           
                              „Aus der mit Fett gesättigten Essenz, wie aus dem Wasser vom Nachspülen,
                                 wird dieselbe durch Destillation wieder gewonnen, wobei das Fett rein
                                 zurückbleibt. Dasselbe läßt sich nicht verseifen, ist ganz neutral, von dicker
                                 Syrupsconsistenz, die in der Wärme und Kälte ziemlich gleich bleibt und als
                                 Schmiermaterial sehr geeignet. Die deutschen Wollen enthalten davon 20
                                 Procent.“
                              
                           Diesen Mittheilungen fügt Hr. Richter noch die Bemerkung
                              bei, daß nach Versuchen in einer größeren schlesischen Fabrik (wahrscheinlich die
                              Tuchfabrik des Herrn Geheimen Commerzienraths Förster in
                              Grüneberg) die so gewaschene Wolle sich gut verspinne und verwebe und bei der
                              Rauherei sich herausgestellt haben soll, daß bei Stoffen, welche sonst 12–15
                              Satz erforderten, schon 8–9 Satz genügten.
                           Auch sollen sich die dargestellten Stoffe durch auffallende Milde und Haltbarkeit
                              vortheilhaft auszeichnen und im vergangenen heißen Sommer fertig gelagerte Stücke
                              ein sehr frisches Aussehen bewahrt haben.
                           Leider berührt Herr Richter den (wichtigen) Kostenpunkt
                              seines Waschverfahrens nicht, dagegen geht aus dem Schlusse seiner Mittheilungen
                              hervor, daß er der Meinung ist, der Landwirth selbst
                              solle seine Methode an die Stelle, der Rückenwäsche treten lassen, nicht aber ein
                              besonderer Waschunternehmer, der zwischen dem Landwirth
                              und dem Wollwaarenfabrikanten eintritt und einen sogenannten Lohnwäscher abgibt. Für den Vorschlag Herrn Richter's sprechen mindestens nicht die Resultate, welche man aus
                              Versuchen erhielt, die ganz neuerdings in der Provinz Hannover angestellt
                              wurden.Es fanden diese Versuche auf Veranlassung der kgl.
                                    Landwirtschaft-Gesellschaft in Celle bei Hrn.
                                    Landes-Oekonomierath Spangenberg auf der
                                    kgl. Domäne Ohsen (bei Hameln) statt. Nach einem Vortrage Hrn. Spangenberg's im landwirthschaftlichen
                                    Provincial-Verein Hildesheim, dessen Inhalt die Neue Hannov. Zeitung.
                                    Nr. 483 (14. October 1868) veröffentlicht, und nach einem besonders
                                    gedruckten Berichte des Hrn. Oekonomieraths Spangenberg ist das Wesentliche der Versuchsresultate
                                    Folgendes:Bei den Versuchen über Gehalt an Schmutz wogen 325 Pfd. Schmutzwolle der
                                    Ohsener Merino-Stammheerde nach der Flußwäsche (Rückenwäsche) noch
                                    193 Pfd. und
                                    nach dem Richter'schen Verfahren noch 112 Pfd.
                                    (reine Wolle). Hiernach war also das Verhältniß der Schmutzwolle zu reiner
                                    Wolle wie 100 : 34 1/2 oder der Verlust betrug 65 1/2 Proc. Ferner gaben 831
                                    Pfd. Schmutzwolle von 119 Fleischschafen (Masthammeln) nach dem Richter'schen Verfahren 329 1/2 Pfd. reine Wolle,
                                    daher das Verhältniß von Schmutzwolle zu reiner Wolle 100 : 39 5/8, also
                                    einen Verlust von 60 3/8. Weiter gaben 367 Pfd. Schmutzwolle (von 57
                                    Mutterschafen) nach dem Richter'schen Verfahren
                                    158 1/2 Pfd. reine Wolle, also das Verhältniß 100 : 43 oder ein Verlust von
                                    57 Proc. etc.Nach chemischen Untersuchungen des Prof. Henneberg
                                    in Weende erhielt man von dieser (nach Richter)
                                    gewaschenen (reinen) Wolle 83,8 Proc. reine Wollfaser, 12 Proc.
                                    hygroskopisches Wasser und 4,2 Proc. Fettgehalt.Ueberhaupt wusch man nach Richter 3309 Pfd. Wolle
                                    und hatte dazu 1549 Pfd. Richter'sche
                                    Entfettungsessenz im Preise von 149 2/3 Thlr. erforderlich. Hierzu an
                                    Tagelöhnen 30 Thlr. 1 Gr. 4 Pf., kosteten demnach 100 Pfd. Schmutzwolle zu
                                    waschen 5 Thlr. 13 Sgr., wenn Zinsen und Abnutzung für Apparate außer
                                    Rechnung gelassen werden. Dagegen ergaben sich an brauchbaren Rückständen 16
                                    Pfd. Wollfett (5 Thlr. pro Centner) zu 24 Sgr. und an düngenden und
                                    brennbaren Substanzen 4 Pfd., etwa 18 Sgr. an Werth (100 Pfd. zu 1 1/2 Thlr.
                                    gerechnet).Hiernach stellen sich die Waschkosten von 100 Pfd. Schmutzwolle auf rund 4 Thlr. Berücksichtigt man, daß 100 Pfd.
                                    Schmutzwolle von etwa 15 Schafen resultiren und daß diese im Flusse zu
                                    waschen circa 9 1/2 Pf. pro Stück kosten, also in Summa 12 Sgr., so stellt sich die Richter'sche Wäsche bei den Spangenberg'schen Versuchen als eine sehr theure heraus.Den großen Verbrauch an Essenz schreibt Hr. Spangenberg den provisorischen Einrichtungen, den mangelhaften
                                    Localitäten, Maschinen und Apparaten bei seinen Versuchen zu, und rechnet,
                                    unter günstigen Umständen, für den Richter'schen
                                    Waschproceß bei weitem günstigere Resultate
                                    heraus. Am Schlusse seines Berichtes gelangt er überhaupt zu folgenden
                                    Endurtheilen:Das Richter'sche Wollwaschverfahren stellt:1) die Schur unabhängig von Jahreszeit und Witterung,
                                       beseitigt2) die Nachtheile, welche unsere alten Wollwaschmethoden
                                       (die Rückenwäsche) für die Gesundheit der Arbeiter und der Schafe mit
                                       sich brachten, schädigt3) die Qualität der Wolle nicht, und drückt4) die Kosten der Wäsche auf ein Minimum herab, indem
                                       alle in der Schmutzwolle enthaltenen Nebenproducte zur technischen
                                       Verwerthung gelangen und das Waschmittel sich dabei selbst
                                       regenerirt.Daneben stellt sich aber schließlich als ganz unzweifelhaft heraus:daß die Richter'sche Wollwaschmethode mit allen
                                       Vortheilen und allen Kosten-Ersparnissen, welche sie zuläßt, sich
                                       nur in einer gehörig und vollständig fabrikmäßig eingerichteten Anstalt
                                       betreiben läßt und daß daher dieselbe sich nicht für die
                                       Einzelwirthschaft eignet.Es werden mehrere Wirtschaften sich zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen
                                    Waschanstalt zusammenthun müssen, oder es wird in einem bestimmten Kreise
                                    ein Unternehmer zu veranlassen seyn, eine Anstalt zu begründen, bei der
                                    gegen Lohn die Wolle Anderer gewaschen wird.
                              
                           
                           Die Ansichten der Wollhändler und Fabrikanten hinsichtlich des Urtheiles, ob die
                              Einführung sogenannter Lohn-Wollwäschereien, für
                              deutsche Wollen, überhaupt rathsam sey oder nicht,
                              weichen zur Zeit noch sehr von einander ab.
                           Der hochgeachtete und berühmte Fachmann, Herr Daniel Fuhrmann in Lennep, welcher mir, wie schon berichtet, die Besichtigung
                              einer schönen Wollwäscherei (für Colonial-Wolle) ohne Weiteres sehr gern gestattete, schreibt mir
                              auf meine Anfrage über den bemerkten Punkt (unterm 31. October 1868), und zwar mit
                              dem Zusatze, von diesen Mittheilungen beliebigen Gebrauch machen zu können,
                              Nachstehendes:
                           
                              „Nach meiner Ueberzeugung handelt der deutsche Landwirth für sich am
                                 vortheilhaftesten, wenn er seine Schafe in gewohnter Weise schwemmt, gut wäscht
                                 und die Wolle gut gesäubert von Schmutz etc., mit Absonderung der Locken, in den
                                 Handel bringt. Jedes andere Verfahren ist nachtheilig für ihn. In diesem
                                 Zustande erkennt der Käufer sie für deutsche Wolle an, und diese hat immer noch
                                 einen etwas höheren Werth als Colonialwolle. Ist sie gewaschen, so tritt sie in
                                 Concurrenz mit ausländischen Wollen und muß unter dem reellen Werthe verkauft
                                 werden. Durch die große Concurrenz der Colonialwollen wird es jetzt dem
                                 deutschen Producenten schon schwer genug, seine Wolle zu verkaufen; er wird aber
                                 noch viel mehr Schwieligkeiten finden, seine Wolle in ungewaschenem Zustande an
                                 den Mann zu bringen und muß in diesem Falle Geld verlieren, da der Käufer den
                                 Waschverlust nicht genau taxiren kann, und ihn, um nicht selbst zu Schaden zu
                                 kommen, reichlich hoch und dem entsprechend die Wolle billig taxiren muß.
                              
                           
                              In Rußland und Frankreich ist man freilich gewohnt, die Wolle im Schweiß zu
                                 verkaufen; in Deutschland aber nicht. Der deutsche Wollhändler, ganz entmuthigt
                                 durch die schlechten Jahre, wird sich hüten, sich auf große Unternehmungen zum
                                 Waschen der Wolle einzulassen; der Fabrikant hat seine eigene Wäscherei, und
                                 Keiner wäscht ihm die Wolle so billig und so gut oder schlecht, wie er sie
                                 gerade haben will.
                              
                           
                              Hinsichtlich des Richter'schen Verfahrens Wolle zu
                                 waschen, habe ich meine mündliche Aeußerung nur zu bestätigen, daß ich dasselbe
                                 für eine interessante Spielerei ansehen muß und demselben, in rein praktischer
                                 Hinsicht (weder für den Besitzer, noch für den Händler und Fabrikanten), nicht
                                 den geringsten Werth zuschreiben kann.“
                              
                           Anders lauten die Urtheile in dem bereits früher citirten Aufsatze „Ueber die Concurrenz überseeischer Wolle für die
                                    einheimische Wollproduction“ in Nr. 1 und Nr. 3 des
                              (Grüneberger) Organs für das deutsche Wollen-Gewerbe etc.
                           Nachdem der sachkundige Verfasser (wahrscheinlich ein schlesischer
                              Wollwaaren-Fabrikant) die Unsicherheiten und Bedenken, sowohl der Landwirthe
                              wie der Fabrikanten hinsichtlich des Verkaufes und Kaufes ganz
                                 gewaschener Wollen vielseitig erörtert hat, empfiehlt er die Richter'sche Waschmethode und schließt (S. 11) mit
                              folgender Bemerkung:
                           
                              „Die Errichtung von Waschanstalten à la
                                 Verviers ist unserer Meinung nach, auch für die deutschen Wollen nur
                                 noch eine Frage der Zeit. Heute noch liegt es in der Hand des Producenten, den
                                 ganzen Vortheil dieser zu erwartenden Aenderung zu genießen, sey es durch die
                                 Initiative der Einzelnen, sei es durch Begründung gemeinschaftlicher
                                 Waschanstalten für jeden Kreis. Daß in 10 Jahren sich die Privatindustrie dieses
                                 Feldes bemächtigt haben wird, falls die Producenten zögern, glauben wir
                                 voraussagen zu dürfen.“
                              
                           Ohne jetzt schon in der einen oder andern Beziehung Partei zu nehmen, berichte ich
                              hier zum Schlusse, daß man in der Nähe der Stadt Hannover mit der Einrichtung (durch
                              die Herren Demeuse und Houget
                              in Aachen) einer großen Lohn-Wollwäscherei beschäftigt ist, die zum Frühjahre
                              1869 in Betrieb gesetzt werden soll und wenn auch vorerst zum Waschen von
                              Colonialwollen bestimmt, jedenfalls auch den hannoverschen Landwirthen Gelegenheit
                              geben wird, den Versuch zu machen, ihre Wolle in dieser Anstalt waschen zu lassen,
                              da ich die Feststellung des Verkaufswerthes der rohen Wolle nicht als eine
                              unübersteigliche Schwierigkeit ansehe.
                           So viel ich höre, wird man in dieser ersten hannoverschen
                              Lohn-Wollwaschanstalt auch besonderen Bedacht auf die Verwerthung der
                              Rückstände nehmen.Hr. Daniel Fuhrmann schreibt mir über den zuletzt
                                    gedachten Punkt Folgendes:„Es ist nicht zu läugnen, daß aus der Fettgewinnung deutscher
                                       Fettwollen ein sehr großer Vortheil zu erzielen ist; wie groß, vermag
                                       ich nicht zu sagen. Nach meinen Erfahrungen haben in der Wäsche
                                       verloren: Magdeburger Zuckerwollen 85 Procent und andere edlere
                                       preußische Wollen 70 bis 75 Proc. Der Verlust ist zu etwa 3/4 Fett und
                                       1/4 Schmutz.Wenn Fettwolle in einen Kübel mit Siebboden fest eingetreten und kaltes
                                       Wasser darauf gegossen wird, so fließt der Hauptbestandtheil der
                                       Fettbrühe ab. die dann durch Kochen zu destilliren ist. Hierauf erst
                                       wird die Wolle ordnungsmäßig gewaschen. In bedeutenden Fabrikorten, wie
                                       Verviers, Elbeuf etc. hat man große Anstalten, welche diese Brühe von
                                       den Waschanstalten aufkaufen, solche sieden und endlich diese Masse zur
                                       Potaschengewinnung rösten, wozu aber umfängliche Anlagen erforderlich
                                       sind.Ich verarbeite in meiner Wäscherei hauptsächlich
                                       Buenos-Ayres-Wolle, welche nicht so viel Fett als die
                                       deutschen Wollen, aber mehr Schmutz haben. Aus 1000 Pfd.
                                       Buenos-Ayres-Wolle erhält man circa 100 Pfd. gesiedete Fettmassen, die in Verviers mit circa. 2 Thlr. pro Centner bezahlt werden. Zu solchen Einrichtungen wollte
                                       ich bis dahin noch nicht übergehen, wenngleich ich täglich 10 Thlr.
                                       dabei verdienen könnte, weil die Wolle sich am besten in ihrem eigenen
                                       Fette wäscht und ich um so mehr Sodazusatz zum Waschen der Wolle nehmen
                                       muß, je mehr ich Fett entzogen habe. Bei deutschen Wollen ist für den
                                       Züchter die Cardinalfrage, ob er sie waschen will, um Fett zu gewinnen,
                                       oder ob er sie durch's Waschen zu einem höheren Werthe auszubeuten
                                       glaubt. Ich bin der Meinung, die letztere Frage verneinen zu müssen, und
                                       da ich ferner annehmen muß, daß der Vortheil, welcher aus der
                                       Fettgewinnung entsteht, den Nachtheil wohl aufwiegt, der ihm dadurch
                                       beim Verkaufe seiner Wolle entsteht, so glaube ich, daß der Producent am
                                       besten thut bei seinem bisherigen Waschverfahren zu bleiben.“ Auf die Benutzung der auch bei der jetzigen Rückenwäsche verloren gehenden im Wasser
                              löslichen Theile des Wollschweißes oder der Wollfette (die reich an Kaliumsalzen
                              sind), begleitet von Hinweisungen auf mehrere der im Vorstehenden erörterten Dinge,
                              macht eine sehr interessante Schrift (Inaugural-Dissertation) aufmerksam,
                              welche den Titel führt: „Ueber den Fettschweiß der Schafwolle, in
                                 chemischer und technischer Beziehung,“ die Herrn Dr. Fritz Hartmann, Chemiker
                              in Hannover, zum Verfasser hat.Um nachzuweisen, daß der Fettschweiß in der Regel die Hauptmenge der fremden
                                    Bestandtheile der Wolle ausmacht, theilt Dr. Hartmann eine Analyse Chevreul's mit, wornach in roher Merinowolle, welche bei
                                    100° Cels. getrocknet war, gefunden wurde:erdige
                                             Substanzen, welche sich aus dem destillirten Wasser
                                          absetzten,     worin man die Wolle
                                          wusch26,06 Wollschweiß, in kaltem
                                          Wasser löslich32,74 eigenthümliche
                                             Fette8,57 erdige Substanzen auf der
                                          Wolle durch das Fett befestigt1,40 eigentliche Wolle31,23 ––––––100,00.Die Wolle verlor demnach durch das sorgfältigste Waschen mit kaltem Wasser
                                    (entsprechend der Rückenwäsche) 58,8 Procent ihres Gewichtes, wovon 5/9
                                    Schweiß und 4/9 fremde Unreinigkeiten. Ueber vorstehende und andere von Faist bei Untersuchung verschiedener Wollsorten
                                    gefundene Resultate berichtet Hr. Director Karmarsch in seiner „Mechanischen
                                       Technologie“ Bd. II S. 1243.
                              
                           
                        
                     
                  
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