| Titel: | Bessemer's neuer Apparat zum Entkohlen des Roheisens mittelst Anwendung von Natronsalpeter. | 
| Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XLVI., S. 216 | 
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                        XLVI.
                        Bessemer's neuer Apparat zum Entkohlen des
                           Roheisens mittelst Anwendung von Natronsalpeter.
                        Aus Engineering,
                              November 1868, S. 425.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Bessemer's neuer Apparat zum Entkohlen des Roheisens.
                        
                     
                        
                           In einer früheren MittheilungPolytechn. Journal Bd. CXC S. 32. gaben wir die Beschreibung eines Verfahrens zum Entkohlen von Roheisen durch
                              salpetersaure und andere, bei höherer Temperatur Sauerstoff abgebende Salze, auf
                              welches Henry Bessemer in England ein Patent genommen
                              hat. Vor Kurzem ließ sich derselbe noch andere Methoden zur Anwendung der genannten
                              Salze für den angegebenen Zweck patentiren, welche wir im Nachstehenden
                              beschreiben.
                           Dieselben bestehen im Wesentlichen dann, daß geschmolzener Salpeter
                              (selbstverständlich Natronsalpeter) für sich allein oder in Verbindung mit Oxyden
                              oder mit kieselsaurem Eisen- oder Manganoxyd (Schlacken) in flüssiges, mehr
                              oder weniger raffinirtes Roheisen und zwar in der Richtung von oben nach unten
                              mittelst Formen und Düsen unter beliebigem Winkel („Stechen“
                              der Formen) eingepreßt wird. Die Formenmündungen liegen dicht über der Oberfläche
                              des zu verarbeitenden flüssigen Roheisens; durch dieselben wird ein aus dem
                              geschmolzenen Salpeter und aus Schlacken bestehendes Gemenge in das letztere
                              injicirt und hier mehr oder weniger rasch und vollständig zersetzt. Dadurch werden
                              die schädlichen Nebenbestandtheile des Eisens oxydirt; das Metall selbst wird
                              entkohlt und raffinirt, und der Menge und der chemischen Zusammensetzung der
                              injicirten Substanzen entsprechend in Stahl oder Stabeisen oder in ein mehr oder
                              weniger gefeintes Roheisen verwandelt. Dieser Proceß wird entweder in der bekannten
                              Bessemer'schen auf Zapfen ruhenden Birne oder in feststehenden mit feuerfestem Thone
                              gefütterten Gefäßen, oder im Herde eines gewöhnlichen Feineisenfeuers ausgeführt. Im
                              letzteren Falle bringt Bessemer an der einen Seite des
                              Herdes eine Reihe von Düsen an, welche zum Einschmelzen und theilweisen Feinen des
                              zu verarbeitenden Roheisens bestimmt sind, und an der gegenüberliegenden Herdseite
                              besondere, zum Einpressen des erwähnten Gemenges dienende Formen. Die Arbeit in
                              diesem Ofen wird entweder unterbrochen, sobald das Metall sich in stark gefeintes, stahlartiges Roheisen
                              verwandelt hat, oder sie wird fortgesetzt bis ein mehr oder weniger vollkommen
                              dehnbares, durch Einschmelzen in Tiegeln oder in sonstiger Weise auf Stahl
                              verarbeitbares Product entstanden ist; oder man granulirt das Metall; oder man läßt
                              es mehr oder weniger erstarren (indem man es mit der Brechstange bearbeitet oder
                              auch nicht) und formt es dann zu Stäben, Rohschienen oder Schirbeln.
                           Ebenso kann der Proceß in einem mit festem oder gasförmigem Brennmaterial geheizten
                              Flammofen ausgeführt werden, welcher aber einen weit größeren und tieferen Herd
                              haben muß, als gewöhnliche Puddelöfen; man verwendet dann Glühspan, Eisenstein und
                              andere, beim Puddelproceße übliche Zuschläge. Bei der Verarbeitung von sehr
                              phosphorhaltigem Roheisen unterbricht Bessemer die
                              Injection des oben genannten, in flüssigen Zustand versetzten Gemenges eine
                              bestimmte Zeit lang, so daß das Metall einen teigigen, körnigen und Halbstarren
                              Zustand annimmt und seinen Phosphorgehalt an die flüssige Schlacke abgeben kann. Das
                              so behandelte Eisen wird in mehr oder weniger starrem Zustande in die
                              Luppenquetsche, zwischen die Zängewalzen oder unter den Stempelhammer gebracht und
                              sofort zu Stäben oder Schienen verarbeitet; oder es wird noch im Ofen mit einer
                              angemessenen Menge von flüssigem, gutem (am besten manganhaltigen) Roheisen versetzt
                              und das durch Zusammenschmelzen beider Materialien erhaltene Product wird in eine
                              Gießpfanne abgestochen und zu Zainen vergossen.
                           Bei Ausführung des besprochenen Verfahrens bringt Bessemer
                              den Natronsalpeter in einem eisernen, mit einem Mantel umgebenen Gefäße mittelst
                              stark erhitzter atmosphärischer Luft oder überhitzten Wasserdampfes zum Schmelzen
                              und läßt diese Luft, bez. diesen Dampf auf die Oberfläche des flüssigen Gemenges
                              wirken, damit dasselbe mit solcher Kraft in das flüssige Metall eingepreßt wird, daß
                              es tief in die Masse des letzteren hineindringt und sie in eine rasche Bewegung
                              versetzt; auf diese Weise werden alle Theile des Metallbades der Wirkung jener
                              Agentien ausgesetzt. Eine solche Bewegung wird in cylindrischen Gefäßen am besten
                              dadurch erzeugt, daß die Düsen in tangentialer Lage angebracht werden.
                           Fig. 23 ist
                              ein Verticalschnitt und Fig. 24 ein
                              Horizontalschnitt des feststehenden Umwandlungsgefäßes. a bezeichnet in beiden Figuren die äußere, aus geschmiedeten Eisenplatten
                              bestehende, mit einer dicken Schicht von feuerfestem Thon (Ganister) b ausgekleidete Umfassung des Gefäßes; letzteres besteht
                              aus zwei, bei c, c; durch Flanschen mit einander
                              verbundenen Gefäßen, so daß erforderlichen Falles der obere Theil vom unteren abgenommen werden
                              kann. Der obere Theil des Gefäßes oder Ofens ist domförmig gewölbt und läuft in eine
                              Oeffnung d aus, durch welche die Feuergase während der
                              Arbeit entweichen. Aeußerlich ist an der Mündung des Gefäßes ein starker Bügel e beweglich befestigt, so daß er beim Betriebe von der
                              Oeffnung d zurückgeschlagen werden kann; derselbe dient
                              dazu, den Obertheil, wenn er abgehoben werden soll, an einen Krahn aufzuhängen. An
                              zwei einander gegenüber liegenden Stellen befinden sich die Düsen, welche ein
                              gewisses Stechen haben und in tangentialer Richtung zur Peripherie angebracht sind;
                              die Düsen n liegen in Wasserformen f, sind aus feuerfestem Thone angefertigt und stehen mit
                              dem durch einen Lehmpfropf r luftdicht in die Form
                              eingesetzten Injectionsrohre p in Verbindung. Bei s ist ein Deckel aufgeschraubt, um dieses Injectionsrohr
                              erforderlichen Falles reinigen zu können. Ein Zweigrohr verbindet letzteres mit der
                              Kammer t, welche die in das Metall zu injicirende
                              Flüssigkeit enthält und mit einem Mantel u versehen ist;
                              in dem zwischen beiden vorhandelten Raume circulirt stark erhitzte Luft oder
                              überhitzter Dampf, welcher durch das mit Hahn versehene Rohr v zutritt und durch das kurze Ansatzrohr w
                              entweicht. Am oberen Theile des Mantels ist eine Stopfbüchse x angebracht, durch welche ein Stab y
                              hindurchgeht, der sich mittelst einer Hebelvorrichtung oder einer Schraube im
                              Inneren der Kammer t heben oder senken läßt; dieser Stab
                              ist röhrenförmig und, wie bei y' zu ersehen ist, mit
                              zahlreichen Löchern versehen, so daß Luft oder Dampf in sein Inneres eindringen
                              kann; der untere Theil dieses röhrenförmigen Stabes bildet ein Kegelventil, welches
                              in den Sitz g paßt und, indem es die Oeffnung des
                              Injectionsrohres verschließt, den Zutritt von Flüssigkeit aus dem Raume t verhindert, so lange es geschlossen ist. Ein
                              Schraubendeckel verschließt die Oeffnung, durch welche der Natronsalpeter (überhaupt
                              die in das flüssige Eisen zu injicirenden Substanzen) in die Kammer eingetragen
                              werden, und zwar entweder in starrer Form (wo sie dann durch Zulassen von heißer
                              Luft oder überhitztem Dampfe zum Schmelzen gebracht werden) oder in bereits
                              geschmolzenem Zustande (in welchem sie dann bis zur Injection selbst erhalten
                              werden). Durch das mit Absperrhahn versehene Rohr i wird
                              gepreßte Luft (oder Dampf) in die Kammer t
                              hineingeleitet, welche auf die Oberfläche der Flüssigkeit einen kräftigen Druck
                              ausübt und letztere mit solcher Gewalt auf das flüssige Eisen preßt, daß sie bis
                              beinahe zum Boden hinab in das Metallbad hineindringt. Die Kammer t ist nebst ihrem Mantel mittelst eines Trägers an dem
                              Gefäße a befestigt; übrigens ist für jede der Formen
                              eine solche Kammer vorhanden, die in der Zeichnung indessen weggelassen sind.
                           
                           Vor dem Beginne der Operation wird im Umwandlungsgefäße ein Kohksfeuer angezündet und
                              das Gefäß gehörig abgewärmt; das Brennmaterial wird durch die Oeffnung d aufgegeben und der zur Unterhaltung des Feuers
                              erforderliche Luftzug wird durch die in Fig. 24 mit punktirten
                              Linien angedeutete, in der Thür k angebrachte Oeffnung
                              vermittelt, welche, wie bei einem gewöhnlichen Kupolofen, auch zum Abstechen des
                              umgewandelten Metalles dient. Indessen zieht es Bessemer
                              vor, das Feuer durch einen Ventilator zu unterhalten, indem er in die erwähnte
                              Stichöffnung eine bewegliche Form einlegt, oder indem er im unteren Theile des
                              Gefäßes eine oder mehrere Düsen einlegt, welche nach dem Abwärmen mit Lehmpfropfen
                              verschlossen werden. Die Asche bleibt entweder im Gefäße liegen oder wird durch die
                              Thür k entfernt, welche dann vor dem Einlassen des
                              Roheisens mit Lehm verstrichen werden muß. Nach dem Abwärmen des Ofens und nachdem
                              der Salpeter in der Kammer t zum Schmelzen gebracht
                              worden, wird das flüssige Metall durch die Röhre l (Fig. 24) in
                              das Gefäß abgestochen und die Mündung der Röhre dann verschlossen. Hierauf läßt man
                              atmosphärische Luft (oder Wasserdampf), welche mindestens 50 Pfd. Pressung per Quadratzoll hat, und auf eine den Schmelzpunkt des
                              Natronsalpeters um 30 bis 35° C. übersteigende Temperatur erhitzt ist, durch
                              den Hahn i in die Kammer t
                              eintreten; die Luft, beziehungsweise der Dampf, dringt augenblicklich durch die
                              Oeffnungen y' in die hohle Stange y und durch das Injectionsrohr p, macht dabei
                              den Weg frei und erhitzt das Rohr und die Düse, welche das flüssige Salz zu passiren
                              hat; dann hebt man die Stange y, worauf der flüssige
                              Salpeter aus der Kammer t durch das erwähnte Ventil in
                              das Rohr p dringt, aus diesem in das Metallbad
                              hineingepreßt wird und sich mit demselben in fein vertheiltem Zustande mischt. Da
                              die Düsen tangential angeordnet sind, so veranlassen sie eine rasche Drehung des
                              Metalles, wobei die injicirten Agentien auf alle Theile desselben gleichmäßig
                              einwirken. Nachdem das Metall auf diese Weise bis zu dem gewünschten Erfolg
                              behandelt worden ist, läßt man es aus dem Gefäße ablaufen; nach Erfordernis kann man
                              ihm aber vorher noch eine Portion geschmolzenen Spiegeleisens beimischen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
