| Titel: | Popper's Anti-Incrustator für Dampfkessel. | 
| Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LVXLV., S. 263 | 
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                        LVXLV.
                        Popper's
                           Anti-Incrustator für Dampfkessel.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Popper's Anti-Incrustator für Dampfkessel.
                        
                     
                        
                           Die Menge so wie Beschaffenheit der Ablagerungen, welche die Wände unserer
                              Dampfgeneratoren überziehen, deren Wärmetransmission beträchtlich schwächen und den
                              Ruin der Kessel nach sich ziehen, deren nothwendige Entfernung endlich ganz
                              bedeutende Unkosten und Unbequemlichkeiten verursacht, hängt bekanntlich nur von der
                              chemischen Beschaffenheit des Speisewassers ab.
                           Im Allgemeinen findet hierbei die Bildung solcher festen Niederschläge nicht
                              gleichzeitig, sondern in zwei aufeinanderfolgenden Perioden beim Betriebe der Kessel
                              statt. In der ersten, während welcher das Speisewasser von seiner anfänglichen
                              Temperatur auf den Siedepunkt gebracht wird, fallen die namentlich als
                              doppelt-kohlensaure Verbindungen im Wasser gelösten Bestandtheile heraus, in
                              der zweiten dagegen, während dessen Verdampfung, concentriren sich die Salze im
                              Wasserraume des Kessels und scheiden sich aus, sobald die Grenze ihrer Löslichkeit
                              erreicht ist.
                           Aus der Verschiedenheit der chemischen Zusammensetzung des Speisewassers geht nun vor
                              Allem hervor, daß es kein chemisches Mittel geben kann, um alle Kesselsteinbildung in jedem Wasser zu verhindern;
                              Universal-Kesselsteinpulver und dergleichen sind daher als Humbug a priori zu bezeichnen. Stets kann ein bestimmter Zusatz
                              zum Speisewasser auch nur die Bildung einer ganz bestimmten Kesselsteinart dadurch
                              verhindern, daß die Ausfüllung eines Theiles der festen Bestandtheile vor der
                              Speisung erfolgt.
                           Eine chemische Analyse des Wassers kann allein über die Wahl solcher Mittel richtigen
                              Aufschluß geben, ihre Anwendung bietet zudem in der Praxis mitunter Schwierigkeiten
                              dar.
                           Ein zweites Mittel, das Speisewasser von der Mehrzahl seiner festen Stoffe zu
                              befreien, besteht darin, auf mechanischem Wege die durch vorläufige Erhitzung
                              abgeschiedenen Niederschläge dem Wasser abzunehmen, ehe es mit der eigentlichen
                              Heizfläche des Kessels in Berührung kommt, und hierher gehören die ganz wirksamen
                              Vorwärmer, Tellerapparate, der Apparat von Schau und
                              viele andere, die meist darauf beruhen, ein Absetzen des Niederschlages durch
                              ruhiges Fließen des heißen Wassers auf sehr langem Wege zu erzielen. Das tägliche
                              Ablassen eines kleinen Theiles vom Kesselinhalte, der durch neues Wasser ergänzt wird,
                              hindert dann wirksam auch die allzu große Concentration der Salze und deren
                              Abscheidung in fester Form im Laufe der Verdampfung.
                           Das dritte Verfahren endlich, das vielfach befolgt wird, führt dahin, die Bildung des
                              Kesselsteines im Kessel selbst nicht zu verhindern, wohl aber seine Beschaffenheit,
                              sowie den Ort seiner Ablagerung zu ändern, das heißt die gefährliche Krustenbildung
                              am Kessel zu beseitigen. Anstriche der inneren Kesselwand, mechanische Beimengungen
                              zum Kesselwasser, die ein Scheuern der Metallwände zur Folge haben sollen, und deren
                              Zahl Legion ist, dann jene geheimnißvoll wirkenden Patentmittel, von denen der Baker'sche Anti-Incrustator durch geschickte
                              Reclame bis heute sich ein zweifelhaftes Renommé trotz seiner erst jüngst
                              nachgewiesenen Unfähigkeit erhalten hat, endlich die seit circa drei Jahren bekannten Kesseleinlagen von Schmitz, welche auf der letzten Pariser Ausstellung mit Recht alle
                              Anerkennung fanden, sowie endlich der Apparat von Popper,
                              dem wir hier eine kurze Besprechung widmen wollen, gehören hierzu, und solchen
                              Vorrichtungen, wenn sie überhaupt sich wirksam erweisen, ist allein eine allgemeine
                              Brauchbarkeit nachzurühmen.
                           Schon Schmitz sucht mittelst seiner Kesseleinlagen durch
                              eine günstige Circulation des Wassers im Generator dessen Verdampfungsfähigkeit zu
                              erhöhen, und andererseits den entstandenen pulverförmigen Niederschlag nach einer
                              Seite zu führen, in der das zur Ruhe gelangte Wasser denselben abzulagern im Stande
                              ist.
                           In weitaus vollkommenerer Weise aber erreicht dieses Ziel der Popper'sche Anti-Incrustator, wie dieß ein Versuch in eclatantester
                              Weise zeigte, der im Monat November (1868) an einem Betriebskessel der
                              Maschinenfabrik von G. Sigl in Wien angestellt und zum
                              Abschlusse gebracht wurde.
                           Im Wesentlichen besteht die Popper'sche Einlage in langen
                              Streifen circa 12 Zoll breiten Schwarzbleches, die durch
                              das Mannloch in den Kessel leicht eingebracht und dort zu einem halben Cylinder
                              vereinigt werden, der sich jedoch nicht concentrisch an die Wandungen des
                              cylindrischen Kessels anschmiegt, sondern einen Zwischenraum läßt, welcher
                              verschieden weit, aber stets enger als bei Schmitz ist.
                              Derselbe betrug bei dem Versuchskessel von 4 Fuß 6 Zoll (1,42 Met.) Durchmesser 2
                              Zoll 6 Linien (66 Millimeter) am Boden als Maximum, und 1 Zoll 3 Linien (33
                              Millimeter) an den obersten Kanten des Bleches im Minimum.
                           Eine weitere wesentliche Abweichung von den bisher üblichen Vorrichtungen ähnlicher Construction besteht
                              endlich in der Anbringung der Communicationsrohre, die in Entfernungen, von circa 24 Zoll (0,632 Met.) längs der ganzen Bleckeinlage
                              in der Achse des Kessels vertheilt sind.
                           Die Entfernung der letzteren von der Kesselwand wird durch kleine angenietete Füßchen
                              in ihrer normalen Lage erhalten, und die so gebildete Mulde endlich mit grobem
                              Flußschotter von Hühnereigröße beschwert. Fig. 5 zeigt die Anordnung
                              des Systemes von Schmitz, Fig. 6 jene von Popper, und dürfte der Unterschied beider, sowie die
                              Functionen jedes einzelnen Apparates durch die eingezeichneten Pfeile der
                              Wasserströmung deutlich genug ersichtlich seyn.
                           Die an der Heizfläche sich entwickelnden Dampfblasen steigen bei Popper's Anordnung mit bedeutender Gewalt an beiden Kesselwänden empor, und erzeugen so eine rapide
                              Strömung, den wichtigsten Factor einer ökonomischen Verdampfung, die in ähnlicher
                              Weise durch die Doppelröhren der als trefflich bekannten Field'schen Kessel gefördert wird. Aber mehr noch als dieß wird geleistet.
                              Die Heftigkeit der Dampfentwickelung verhindert jedes Ansehen des gebildeten
                              Kesselsteines und außerdem eine nicht unbedeutende Hebung des Wassers über den Bord
                              der Blechmulde, und wird diese, wie aus Fig. 6 ersichtlich, so
                              angeordnet, daß ihr Bord mit der Linie des niedrigsten Wasserspiegels gleichläuft,
                              so bietet die Popper'sche Einlage einen ganz bedeutenden
                              Schutz gegen alle Unfälle, die mit dem Sinken des Wasserniveau's unter die
                              Feuerlinie verbunden sind.
                           Diese starke Hebung des Wassers, welche an einem kleinen Versuchs-Modelle
                              deutlich zu erkennen ist, die sich aber auch bei Oeffnung des gebrauchten Kessels in
                              G. Sigl's Fabrik daraus erkennen ließ, daß von dem
                              aufgespritzten und übergeworfenen Wasser ein Streifen von circa 5 bis 6 Zoll (132–158 Millim.) Höhe über dem normalen
                              Wasserstande mit Rückständen von dessen Verdampfung schwach überzogen war, ist somit
                              jedenfalls eine angenehme Beigabe dieses Systemes, denn durch sie wird ein dauerndes
                              Bespülen der Kesselwände jedenfalls so lange zuverlässig währen, als überhaupt eine
                              nennenswerthe Wassermenge sich noch im Kessel befindet.
                           Die verticalstehenden Röhren von 5 Zoll (132 Millim.) Durchmesser erleichtern nun das
                              Rückströmen des Wassers, die Steine am Boden der Mulde erhalten durch ihre Schwere
                              einerseits die Stabilität der Einlage, bieten aber andererseits in ihren
                              Zwischenräumen dein Wasser Gelegenheit, völlig zur Ruhe zu gelangen, um den
                              Kesselstein dort abzulagern. Die Kosten eines solchen Apparates belaufen sich zudem
                              auf die relativ niedrige
                              Summe von 40 kr. österr. Währ. per 1 Quadratfuß zu
                              schützende Heizfläche, die sich aber, jedenfalls bei allgemeiner Verwendung
                              desselben, werden noch weiter ermäßigen lassen.
                           Der Befund des Kessels nach dreiwöchentlichem ununterbrochenen Betriebe war ein
                              überraschender; die Kesselwände zeigten sich von jeder Ablagerung völlig frei, so zwar, daß kleine Verletzungen des Bleches
                              durch die Hammerhiebe an ihnen noch sichtbar waren, durch welche die letzte
                              Reinigung des Kessels von einer circa 1 1/2''' (3
                              Millim.) starken, hart angebackenen Wassersteinschichte vorgenommen wurde.
                           Die den Kesselwänden zugekehrte Seite der Einlage war gleichfalls rein, ja völlig
                              metallisch blank, die Steine dagegen mit einer dicken Schlammkruste überzogen,
                              welche theilweise auch der Innenseite der Mulde, sowie den verticalen
                              Communicationsröhren anhaftete.
                           Durch Herausschaffen der Steine nach einem längeren Betriebe und Ersatz der
                              gebrauchten durch neue ist die Kesselreinigung beendet, wobei bemerkt werden muß,
                              daß zur Bequemlichkeit der Manipulation von nun an eigene Metallsäcke angewendet
                              werden sollen, in denen die Steine auch im Kessel bleiben, womit bei endlicher
                              Reinigung desselben ihre Entfernung und Wiedereinbringung bedeutend erleichtert
                              wird.
                           Beim dreiwöchentlichen Betriebe des Kessels hat sich durchaus keine Störung in oder
                              durch den Apparat gezeigt, die Dampferzeugung, resp. das Anheizen ging rascher vor
                              sich als gewöhnlich, und die Menge des vom Dampfe mitgerissenen Wassers, trotz des
                              erwähnten Spritzens im Kessel, war, genauen Messungen zufolge, keine größere als
                              sonst. Noch sind keine endgültigen Angaben über die Kohlenersparniß, die theoretisch
                              wohl vorauszusagen wäre, möglich; so viel aber wenigstens wurde durch genaue
                              Aufschreibung des Brennmaterialaufwandes constatirt, daß derselbe den niedrigsten wöchentlichen Consum nicht überschritten
                              hat.
                           Weitere Versuche über die Anwendbarkeit des Systemes auf Cornwall-, Andreae'sche Schiffs- und Locomotivkessel sind in
                              Vorbereitung, und bald hoffen wir, auch hierüber gleich günstige Resultate
                              mittheilen zu können, wenn dem Erfinder von Seite der betreffenden Kesselbesitzer,
                              namentlich aber von Seite einer Eisenbahnverwaltung, wie wohl anzunehmen, die
                              Gelegenheit zur Erprobung seines Anti-Incrustators geboten werden wird. Dr. Emil Teirich.
                              (Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines,
                              1869 S. 96.)
                           
                        
                     
                  
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