| Titel: | Ueber den Einfluß der Deckgläschen für Beobachtungsröhren bei der optischen Zuckerbestimmung; von Dr. C. Scheibler. | 
| Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXI., S. 282 | 
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                        LXI.
                        Ueber den Einfluß der Deckgläschen für
                           Beobachtungsröhren bei der optischen Zuckerbestimmung; von Dr. C. Scheibler.
                        Aus den Berichten der deutschen chemischen
                                 Gesellschaft zu Berlin, 1868, Nr. 20.
                        Scheibler, über eine Fehlerquelle bei der optischen
                           Zuckerbestimmung.
                        
                     
                        
                           In nachfolgenden Zeilen erlaube ich mir auf eine Fehlerquelle bei der optischen
                              Zuckerbestimmung aufmerksam zu machen, die zwar nicht unbekannt ist, in der Regel
                              aber unbeachtet bleibt, und dann unter Umständen von so großem Einflusse seyn kann,
                              wie keine der übrigen in Betracht kommenden möglichen Fehlerquellen. Diese
                              Fehlerquelle ist begründet in der Fähigkeit des Glases, in Folge innerer Spannung,
                              sey diese durch schlechte Kühlung desselben oder durch äußeren Druck (Pressung)
                              bedingt, doppelte Brechung und farbige Polarisation zu zeigen.
                           Der Verschluß der Beobachtungsröhren geschieht durch planparallelgeschliffene
                              Deckgläschen, die mittelst einer Schraubenkapsel an die Endflächen der die
                              Zuckerlösung enthaltenden Röhre angedrückt werden. Preßt man die Deckgläser zu stark
                              an, so erlangen sie Doppelbrechung und zeigen im polarisirten Lichte Farben, die die
                              zu messende Drehung der Zuckerlösung mehr oder weniger fehlerhaft erscheinen lassen.
                              Der so bedingte Fehler kann so bedeutend seyn, wie ich dieß bisher nicht für möglich
                              gehalten hatte, denn es handelt sich hierbei oft nicht um wenige
                              Zehntel-Grade, sondern um Abweichungen, die mitunter mehrere volle Grade der linearen Scala umfassen können, wenn die
                              Beobachtungsröhre hierfür eine günstige Lage hat. Namentlich ist dieß der Fall, wenn
                              die Deckgläschen ungleichmäßig oder einseitig durch die übergeschobene Kapsel an die
                              Röhrenendflächen angepreßt werden, wie dieß bei schlechten Gummiringen oder
                              mangelhafter Reinigung geschehen kann. Außerdem scheint aber auch die Qualität des
                              Glases von Einfluß hierbei zu seyn und es wäre nicht unmöglich, daß die
                              verschiedenen Glassorten je nach ihren Gehalten an Kieselsäure oder Alkalien, oder
                              je nach ihrer Elasticität mehr oder weniger befähigt sind genannte Erscheinung zu
                              zeigen, denn ich fand unter einer größeren Anzahl eigens hierauf geprüfter
                              Deckgläschen solche, die trotz eines sehr starken Anpressens keine polarisirenden
                              Eigenschaften erlangten, während andere diese Eigenschaften schon bei Anwendung
                              eines mäßigen Druckes in mehr oder weniger erheblichem Maaße zeigten.
                           Um festzustellen, ob Deckgläschen bei der Pressung polarisirenden Einfluß ausüben,
                              verfährt man am besten so, daß man beide Hälften des Gesichtsfeldes des
                              Polarisations-Instrumentes ohne Anwendung einer Beobachtungsröhre genau auf
                              gleichen Farbenton (Nullpunkt) einstellt und die Stellung an der Scala abliest.
                              Alsdann legt man eine leere Beobachtungsröhre ein, deren Deckgläschen absichtlich
                              möglichst fest angepreßt wurden. Bei brauchbaren
                              Deckgläschen darf alsdann die Lage der Farbengleichheit beider Bildhälften des
                              Gesichtsfeldes (des Nullpunktes) nicht verändert seyn, d.h. eine neue Einstellung
                              muß dieselbe Ablesung an der Scala ergeben wie vorher. Nichtsdestoweniger kann diese
                              Art der Prüfung bei günstiger Lage der Röhre dennoch mitunter täuschen; um aber
                              sicher zu gehen, dreht man die Beobachtungsröhre während aufmerksamer Beobachtung
                              langsam um ihre Achse, wobei man alsdann eine abwechselnde Farbenänderung der beiden
                              Bildhälften wahrnehmen wird, falls man es mit polarisirenden Deckgläschen zu thun
                              hat. Ich habe Deckgläschen gefunden, die in gepreßtem Zustande je nach der
                              Achsendrehung der Röhre Ablesungen an der Scala nach Rechts und Links vom Nullpunkte
                              ergaben, deren Summe im Maximum 3, 4, 5 und mehr volle
                              Grade betrug, trotzdem alle erforderlichen Vorbedingungen (gute Reinigung der
                              Innenseite der Schraubenkapsel Anwendung guter Gummiringe) erfüllt waren. Wenn nun
                              auch einzuräumen ist, daß bei diesen Versuchen ein möglichst starkes Anpressen der
                              Deckgläser bewirkt war, wie es nicht erforderlich ist und sonst auch wohl nicht
                              geschieht, so wird man doch wohl thun, alle bei einer solchen Prüfung sich als
                              „drehend“ ergebenden Deckgläschen zu verwerfen, denn sie
                              werden bei schwacher Pressung immerhin einen, wenn auch kleineren, so doch der
                              Pressung proportionalen Fehler bedingen. Ferner empfiehlt es sich, die die
                              Beobachtungsröhre schließenden Kapseln, nach geschehener Füllung der Röhre, vor der
                              Beobachtung so weit zu lüften, daß die Deckgläschen eben nur noch leicht angedrückt
                              bleiben, was zuletzt geschehen kann, ohne daß man ein Ausfließen der eingefüllten
                              Flüssigkeit zu befürchten hat.