| Titel: | Die Wiedergewinnung von Schwefel und Mangansuperoxyd aus den Rückständen der Soda- und Chlorkalkfabrik zu Dieuze. | 
| Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXVI., S. 304 | 
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                        LXVI.
                        Die Wiedergewinnung von Schwefel und
                           Mangansuperoxyd aus den Rückständen der Soda- und Chlorkalkfabrik zu
                           Dieuze.
                        Aus der Revue de
                                 l'Exposition de 1867, publiée par la Revue
                                 universelle des mines etc. sous la
                                 				    direction de M. Ch. de Cuyper, 1868, 6me livraison, p. 869.
                        Ueber Wiedergewinnung von Schwefel und Mangansuperoxyd aus den
                           Rückständen der Soda- und Chlorkalkfabrik zu Dieuze.
                        
                     
                        
                           Von der anonymen Gesellschaft der ehemaligen Staatssalinen in Ostfrankreich (Société de Dieuze) befanden sich auf der
                              letzten Welt-Ausstellung zu Paris auch die Producte ihres patentirten
                              Verfahrens zur Verwerthung der Rückstände von der (gemeinschaftlich betriebenen)
                              Soda- und Chlorkalkfabrication auf Schwefel und Mangansuperoxyd. Von diesem
                              Verfahren, welches einen bedeutenden Fortschritt in der Sodafabrication bildet,
                              geben wir (de Cuyper) im Folgenden eine genaue
                              Beschreibung nach den (nicht veröffentlichten) Documenten, welche die Direction der
                              Fabrik zu Dieuze (Département de la Meurthe) der
                              Jury der Ausstellung eingereicht hat.
                           Das Verfahren, wie es gegenwärtig zu Dieuze in großartigem Maaßstabe angewendet wird,
                              ist die Frucht mehrjähriger Versuche des talentvollen technischen Directors der
                              Fabrik, Hrn. Dr. P. W. Hofmann.Wir verweisen auf die Abhandlung von Dr. P. W.
                                    Hofmann: „über die Wiedergewinnung
                                       des Mangansuperoxydes aus dem bei der Chlorfabrication sich bildenden
                                       Chlormangan,“ im Jahrgang 1866 des polytechn. Journals, Bd.
                                       CLXXXI S. 364.
                              
                           I. Die Sodarückstände verwandeln sich in Folge ihrer
                              Oxydation an der Luft nach Verlauf eines längeren oder kürzeren Zeitraumes in zwei
                              Reihen von Bestandtheilen, nämlich in:
                           
                           
                              
                                 a) unlösliche; diese sind:
                                 b) lösliche; diese bestehen in:
                                 
                              
                                 schwefelsaurer Kalk;
                                 Calciumpolysulfuret, welches nach den Untersuchungen
                                 
                              
                                 kohlensaurer Kalk;
                                     von Pelouze
                                    eine gewisse Menge
                                 
                              
                                 kieselsaurer Kalk;
                                     von schwefelwasserstoffsaurem
                                 
                              
                                 kieselsaure Thonerde;
                                     Schwefelcalcium enthält;
                                 
                              
                                 kieselsaure Magnesia;
                                 Natriumpolysulfuret;
                                 
                              
                                 Schwefel, Reste von Kohks und Backsteinen.
                                 unterschwefligsaurem Kalk;
                                 
                              
                                 
                                 unterschwefligsaurem Natron;
                                 
                              
                                 
                                 schwefelsaurem Natron;
                                 
                              
                                 
                                 Chlornatrium;
                                 
                              
                                 
                                 schwefelsaurem Kalk, welcher in Folge der
                                 
                              
                                 
                                     Gegenwart der Polysulfurete leichter
                                    löslich ist.
                                 
                              
                           Ueberläßt man nun die Rückstände in diesem Zustande der gleichzeitigen Einwirkung des
                              Regenwassers und des in ihnen von vornherein enthaltenen Wassers, so gehen die
                              löslichen Bestandtheile bald in Lösung und geben eine alkalische, schwefelhaltige
                              Lauge von wandelbarem Concentrationsgrade.
                           II. Die sauren Chlorkalk- (oder Chlormangan-) Rückstände bestehen im Durchschnitte aus:
                           
                              
                                 Manganchlorür
                                 22,00
                                 
                              
                                 Eisenchlorid
                                 5,50
                                 
                              
                                 Chlorbaryum
                                 1,06
                                 
                              
                                 freiem Chlor
                                 0,09
                                 
                              
                                 Chlorwasserstoffsäure
                                 6,80
                                 
                              
                                 Wasser
                                 64,55
                                 
                              
                           nebst Chlorcalcium, Chlormagnesium, Chloraluminium,
                              Nickelchlorür und Kobaltchlorür.
                           Läßt man die sauren Manganchlorürlösungen auf die Sodarückstände oder die von
                              denselben abfließenden gelben Laugen einwirken, so finden folgende Reactionen nach
                              einander statt:
                           1) Zunächst wird eine der Menge des freien Chlors und des Eisenchlorids (indem
                              letzteres zu Eisenchlorür reducirt wird) entsprechende Quantität Schwefel
                              niedergeschlagen; nach der Gleichung:
                           Cl + CaSn = CaCl + SnFe²Cl³ + CaSn = 2 FeCl + CaCl + Sn.
                           2) Es scheidet sich Schwefel aus und entbindet sich Schwefelwasserstoff, deren Menge
                              einerseits der Quantität der im sauren Manganchlorür enthaltenen freien Salzsäure,
                              andererseits der Schwefelungsstufe des Calciums und dem Gehalte der Flüssigkeit an
                              unterschwefligsaurem Kalk entspricht:
                           CaSn + HCl = CaCl + HS +
                              S(n –
                                 1).
                           CaS, HS + HCl = CaCl + 2 HS.
                           CaO, S²O² + HCl = CaCl + HO + SO².
                           
                           2 HS + SO² = 3 S + 2 HO.
                           CaO, S²O² + 2 (CaSn) + 3 HCl = 3 CaCl + 3 HO + S(n + 2).
                           3) Es scheidet sich erst Schwefeleisen, dann Schwefelmangan, beide mit Schwefel
                              gemengt, aus, und es entwickelt sich überdieß Schwefelwasserstoff, wenn die gelbe
                              Lauge schwefelwasserstoffsaures Schwefelcalcium enthält:
                           FeCl + CaSn = CaCl + FeS +
                              S(n –
                                 1).
                           MnCl + CaSn = CaCl + MnS +
                              S(n –
                                 1).
                           MnCl + CaS, HS = CaCl + MnS + HS.
                           Aus diesen Reactionen ergibt sich, daß bei der Ausführung der Operation in großem
                              Maaßstabe eine reichliche Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas stattfindet,
                              dessen Zersetzung keineswegs so leicht herbeizuführen ist, als es nach der Theorie
                              scheinen könnte.
                           Bei den ersten vom Director der Dieuzer Werke abgeführten Versuchen stellte es sich
                              heraus, daß ein wenn auch nur geringer Gehalt der Atmosphäre an Schwefelwasserstoff
                              bei den Arbeitern Augenentzündungen von solcher Heftigkeit veranlaßt, daß sie zu
                              mehrtägiger Unterbrechung ihrer Thätigkeit genöthigt sind;Diese Beobachtung ist bereits vor acht Jahren von Dr. Lunge gemacht worden, man s.
                                    polytechn. Journal Bd. CLXXX S. 490.A. d. Red. das Gas entwickelt sich in solcher Menge, daß eine wahre Vergiftung der Luft
                              erfolgt, wobei Vögel, welche in einer Höhe von mehreren Metern über den
                              Arbeitsbassins hinflogen, wie vom Blitze getroffen zu Boden fielen.
                           Somit läßt sich unter solchen Verhältnissen nicht arbeiten, wenn nicht Vorrichtungen
                              zum Auffangen des Schwefelwasserstoffgases und zum Verbrennen desselben zu
                              Schwefligsäure angewendet werden. Eine solche Einrichtung ist aber nicht ohne Gefahr
                              für die Arbeiter und ihre Anlage erfordert ein verhältnißmäßig bedeutendes Capital;
                              der Fabrikant muß sich daher die Frage vorlegen, ob die möglicher Weise zu
                              erreichenden Resultate eine solche Ausgabe rechtfertigen.
                           Vom Gesichtspunkte des technischen Betriebes aus bestand folglich die Aufgabe darin,
                              die Entstehung einer Verbindung zu vermitteln, mittelst welcher den Sodarückständen
                              ihr ganzer gewinnbarer Schwefelgehalt entzogen, gleichzeitig aber die Entwickelung
                              von Schwefelwasserstoff ganz vermieden oder doch in solcher Weise beschränkt wird,
                              daß die Gegenwart dieses Gases nicht mehr schädlich ist.
                           Versuche ergaben, daß, wenn die Sodarückstände nach ihrer Entfernung aus den
                              Rohsoda-Auslaugapparaten direct in gewissem Verhältniß mit Schwefeleisen und
                              Schwefelmangan gemengt werden, oder einfacher mit Chlorblasenrückständen, deren Eisen- und
                              Mangansalze in Sulfurete verwandelt worden sind, und wenn dieses Gemenge in Haufen
                              gebracht, der Einwirkung der Luft ausgesetzt, von Zeit zu Zeit umgestochen und durch
                              einen darüber geleiteten dünnen Wasserstrahl in einem gewissen Grade von
                              Feuchtigkeit erhalten wird, – sich dann die Schwefelmetalle unter Aufnahme
                              von Sauerstoff aus der Atmosphäre zu freiem Schwefel und Superoxyden zersetzen; die
                              letzteren verwandeln sich in Gegenwart von überschüssigem Sckwefelcalcium von Neuem
                              in Schwefeleisen und Schwefelmangan, und diese oxydiren sich wieder in Berührung mit
                              der Luft nach kurzer Zeit, und so fort. Der Sauerstoff dieser Oxyde tritt an das
                              Schwefelcalcium, wobei sich unterschwefligsaurer Kalk, oder lösliche, noch wenig
                              untersuchte Oxysulfurete bilden, deren Zusammensetzung der Formel CaO, CaS sehr nahe
                              kommt.
                           Der durch die aufeinander folgenden Oxydationen der Schwefelmetalle frei gewordene
                              Schwefel endlich verbindet sich mit Schwefelcalcium zu in Wasser löslichem
                              Calciumpolysulfuret.
                                2 FeCl + 2 CaS = 2 FeS + 2
                              CaCl.
                           2 FeS + 3 O = Fe²O³ + 2 S.
                           Fe²O³ + 3 CaS = 2 FeS + S + 3 CaO.
                           CaS + 2 S = CaS³.
                           3 CaO + 3 S = 3 (CaO, S).
                           S + 3 Fe²O³ + 7 CaS = 6 FeS + 6 CaO + CaO,
                              S²O².
                           Auf diese chemischen Vorgänge ist das in Dieuze gegenwärtig angewendete Verfahren
                              gegründet. Die verschiedenen Stadien desselben sind in der nachstehenden
                              tabellarischen Uebersicht angegeben:
                           
                              
                                 1)
                                 Benetzen der Rückstände mit neutralem Manganchlorür; Oxydirung
                                    derselben durchEinwirkenlassen der Luft.
                                 CaS + MnCl = CaCl + MnS.3 MnS + 4 O = 3 S +
                                    Mn³O⁴.3 S + Mn³O⁴ + CaS = CaO, S + 3 S + 3
                                    MnO.3 MnO + O = Mn³O⁴, welches in Gegenwartvon
                                    überschüssigem CaS (in den Rückständen)wiederum ebenso wirkt, und so
                                    fort.   Enthält der Braunstein, wie es fast immer der
                                    Fall ist, Eisen, so finden dieselben Reactionen statt.
                                 
                              
                                 2)
                                 Methodisches Auslaugen, welches schwefelhaltigeLaugen, die sogen.
                                    „gelbe Flüssigkeit“ (eaux
                                       jaunes)gibt; diese Laugen enthalten
                                    Calciumpolysulfuret,Calciumoxysulfuret und unterschwefligsauren
                                    Kalk.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 3)
                                 Neutralisirung des sauren Manganchlorürsdurch gelbe Lauge;
                                    Abscheidung von Schwefel.
                                 2 CaSn + CaO, CaS + CaO,
                                    S²O² + 4 HCl     = 4 CaCl +
                                    HO + S(2n + 3).
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 4)
                                 Verwerthung der von der Zersetzungder Polysulfurete herrührenden
                                    geringenMengen von Schwefelwasserstoffgas.
                                 HS + 3 O = HO + SO².
                                 
                              
                                 5)
                                 Fällung des Eisens mittelst gelberLauge (das Eisen schlägt sich eher
                                    niederals das Mangan).
                                 FeCl + CaSn = CaCl + FeS
                                    + S(n – 1).
                                 
                              
                                 6)
                                 Fällung des Mangans.
                                 MnCl + CaSn = CaCl + MnS
                                    + S(n – 1).
                                 
                              
                                 7)
                                 Abtropfenlassen und Trocknen der Schwefelmetalle.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 8)
                                 Abrösten des Mangan- und Eisensulfurets.
                                 Zusammensetzung des
                                       Röst-Rückstandesvom Rösten des
                                       Schwefelmangansin 100
                                       Theilen:
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Schwefelsaures Manganoxydul
                                 44,50
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Mangansuperoxyd (MnO²)
                                 18,90
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Manganoxydul
                                 36,60
                                 
                              
                                 
                                 
                                    Nach dem Auslaugen
                                    enthält der Rückstand in100 Theilen:
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Mangansuperoxyd
                                 34,06
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Manganoxydul
                                 65,94
                                 
                              
                                 9)
                                 Trennung des schwefelsauren Manganoxydulsvom Mangansuperoxyd (welches
                                    bei derGlasfabrication benutzt werden kann) durchAuflösen und
                                    Decantiren.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 10)
                                 Verwendung des Röstrückstandes (der
                                    Der dabei fallende Rückstand besteht in
                                    100 Th. aus:
                                 
                              
                                 
                                 Manganasche) im Gemenge mit Natronsalpeter
                                 Schwefelsaurem Natron
                                 41,80
                                 
                              
                                 
                                 zur Darstellung von Salpetersäure oder zur
                                 Mangansuperoxyd
                                 32,30
                                 
                              
                                 
                                 Entwicklung von Salpetrigsäuregas
                                 Manganoxydul
                                 25,90
                                 
                              
                                 11)
                                 Trennung des schwefelsauren Natrons
                                    Der zurückbleibende Rückstand besteht in
                                    100 Th. aus:
                                 
                              
                                 
                                 von dem mit Vortheil zur Chlorfabrication
                                 Mangansuperoxyd
                                 55,50
                                 
                              
                                 
                                 anwendbaren Mangansuperoxyd durch
                                 Manganoxydul
                                 44,50
                                 
                              
                                 
                                 Auflösen und Decantiren.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 12)
                                 Krystallisiren der Lösung von schwefelsauremNatron oder Behandlung
                                    derselben mit demvon der 5. und 6. Operation
                                    herrührendenChlorcalcium, zur Erzeugung von schwefelsauremKalk für
                                    die Papierfabrication.
                                 
                                 
                                 
                              
                           Wir gehen jetzt zur Beschreibung jeder einzelnen dieser Operationen über.
                           
                        
                           1. Oxydirung der
                                 Sodarückstände.
                           Die Sodarückstände werden in dem Zustande, in welchem sie aus den Apparaten zum
                              Auslaugen der Rohsoda kommen, auf dem Boden ausgebreitet und mit Manganchlorürlösung
                              benetzt.
                           Als die passendsten Gewichtsverhältnisse haben sich in der Praxis erwiesen: auf 100
                              Kilogrm. Rückstände 7 bis 8 Liter Chlormanganlösung von 30° Baumé. Vor
                              der Anwendung muß diese Flüssigkeit durch Zusatz von etwas Kalk neutralisirt werden,
                              damit sich kein Schwefelwasserstoff entwickelt (anstatt des Kalkes kann man auch mit
                              Vortheil eine Portion von alten, lange Zeit der Luft ausgesetzt gewesenen, also
                              stark oxydirten Rückständen anwenden, welche keinen Schwefelwasserstoff mehr
                              entwickeln). Man macht ein möglichst inniges Gemenge und bringt die Masse dann in
                              Haufen, welche höchstens 1,5 bis 2 Meter hoch seyn dürfen. Nach Verlauf von etwa
                              drei Tagen sticht man die Masse um, worauf die Reaction bald beginnt, indem die
                              Masse heiß wird und trocknet. Von Zeit zu Zeit sticht man die Haufen von Neuem um,
                              um die oxydirende Einwirkung der Luft zu erleichtern und derselben neue Flächen
                              darzubieten; man begießt die Masse nochmals oberflächlich mit neutraler
                              Manganchlorürlösung. Die Temperatur steigt immer höher und hat nach acht bis zehn
                              Tagen einen solchen Grad erreicht, daß der Schwefel zum Schmelzen kommt.
                           (Um den Verlauf der Reactionen genau kennen zu lernen, ließ man einige
                              Rückstandshaufen 15 bis 18 Tage lang an der Luft stehen. Der Schwefel gerieth von
                              selbst in Brand; die Masse blieb unter reichlicher Entwickelung von
                              Schwefligsäuredämpfen mehr oder weniger lange glühend und der zuletzt als Asche
                              bleibende Rückstand gab dann nur noch unbedeutende Mengen von gelber Lauge ab.)
                           Die praktische Erfahrung und zahlreiche Versuche haben bewiesen, daß die Oxydation
                              dann den geeigneten Grad erreicht hat, so daß ein darauf folgendes Auslaugen bei
                              guter Ausführung eine Lauge gibt, welche beinahe die sämmtlichen schwefelhaltigen
                              Producte der Rückstände in lösliche Verbindungen umgewandelt enthält.
                           
                        
                           2. Auslaugen der oxydirten
                                 Sodarückstände.
                           Das zum Auslaugen der auf die angegebene Weise oxydirten Rückstände eingeführte
                              Verfahren beruht auf dem gleichen Principe, wie die zum Auslaugen der Rohsoda
                              übliche Methode. Große gemauerte Behälter, deren jeder das an einem Tage producirte
                              Quantum von Rückständen aufzunehmen vermag, sind durch Röhren mit einander
                              verbunden, welche im unteren Theile der Reservoirs, unter einem durchlöcherten, die
                              Rückstände tragenden falschen Boden münden. Das frische Wasser oder die von einer
                              früheren Auslaugung herrührenden schwachen Flüssigkeiten werden auf die ältesten
                              Rückstände gegossen, und aus dem letzten Behälter läuft eine schön orangegelb
                              gefärbte, 14 bis 16° Baumé starke Flüssigkeit ab. Sie enthält in 100
                              Theilen:
                           
                           
                              
                                 Schwefel      
                                 6,516 
                                 
                              
                                 Calcium
                                 2,468 
                                 
                              
                                 Chlor
                                 0,172 
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 9,156.
                                 
                              
                           Die rationelle Formel ist höchst wahrscheinlich folgende:
                           
                              
                                 CaO, SO³
                                 0,36
                                 
                              
                                 CaO, CaS
                                 0,45
                                 
                              
                                 CaO,
                                    S²O²    
                                 2,80
                                 
                              
                                 CaS³
                                 4,89
                                 
                              
                                 CaS⁴
                                 0,48
                                 
                              
                                 CaCl
                                 0,28
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 9,26
                                 
                              
                           anstatt in Summa 9,156, in Folge des hinzutretenden
                              Sauerstoffes.
                           Die bis auf 0° Baumé erschöpften Rückstände werden nochmals
                              ausgewaschen. Nach dem Ablaufen der Flüssigkeit, welches auf dem durchlöcherten
                              Boden in den Behältern selbst sehr rasch von statten geht, werden diese geleert und
                              der in ihnen zurückgebliebene erdige Rückstand wird über die Halde gestürzt. Die
                              Analyse des letzteren ergab Hrn. Hofmann folgende
                              Zusammensetzung:
                           
                              
                                 schwefelsaurer Kalk
                                 66,248 
                                 
                              
                                 kohlensaurer Kalk
                                 1,320 
                                 
                              
                                 Kalk
                                 20,982 
                                 
                              
                                 Eisenoxyd und Thonerde
                                 7,000 
                                 
                              
                                 Manganoxyduloxyd
                                    (Mn³O⁴)    
                                 1,500 
                                 
                              
                                 ungelöste Substanzen
                                 2,800 
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 99,850.
                                 
                              
                           Diese Auslaugrückstände kann man an jeden beliebigen Ort stürzen, weil sie in Folge
                              der Einwirkung der Atmosphärilien keine schädlichen oder für die Umgebung lästigen
                              Flüssigkeiten geben; sie haben auch bedeutend an Volum verloren. Wie aus ihrer
                              Zusammensetzung hervorgeht, können sie für manche Bodenarten als vortreffliches
                              Meliorationsmittel verwendet werden.
                           
                        
                           3. Neutralisirung des sauren
                                 Manganchlorürs.
                           Die sauren Manganchlorürlösungen werden mit Hülfe einer Röhrenleitung aus der
                              Chlorkalkfabrik in große, aus Sandsteinplatten construirte Bassins geleitet, deren
                              Fugen mit Asphalt sorgfältig gedichtet sind, so daß sie von der Säure nicht
                              angegriffen werden können. Diese ersten Bassins sind dazu bestimmt, daß sich in
                              ihnen die mechanisch mitgerissenen fremden Substanzen absetzen.
                           
                           Nachdem sich die Chlormanganlösung vollständig geklärt hat, wird sie mit Hülfe von
                              Hebern in ein zweites, gleichfalls aus Steinplatten zusammengesetztes Bassin
                              abgelassen, welches größer als die Bassins der ersten Reihe ist und tiefer steht;
                              gleichzeitig läßt man die gelben Laugen, welche in einem unter den Auslaugkufen
                              befindlichen Reservoir gesammelt wurden, in dieses zweite Bassin treten. In Folge
                              der Vermischung beider Flüssigkeiten scheidet sich eine reichliche Menge Schwefel
                              aus, welchem gewöhnlich eine von dem angewendeten Manganerze herrührende kleine
                              Quantität von schwefelsaurem Baryt beigemengt ist.
                           Der Schwefel wird mit Schaufeln aus dem Bassin herausgefischt, auf Tropfbühnen
                              geworfen, dann getrocknet oder unter Druck in einem Dampfgenerator geschmolzen und
                              schließlich zur Schwefelsäurefabrication verwendet.
                           Auf diese Weise erhält man von einem Kubikmeter gelber Lauge durchschnittlich 56,8
                              Kilogrm. Schwefel.
                           Die Beendigung dieser Operation läßt sich leicht an der Farbe des Niederschlages
                              erkennen; in den letzten Momenten scheidet sich eine geringe Menge von
                              schwarzgefärbtem Schwefeleisen aus, dann muß der Arbeiter den weiteren Zufluß von
                              gelber Lauge absperren.
                           
                        
                           4. Verwerthung des
                                 Schwefelwasserstoffes.
                           Wir erwähnten, daß sich in Folge der Gegenwart von Polysulfuret oder Sulfhydrat
                              Spuren von Schwefelwasserstoffgas entwickeln. Jene Verbindung ist aber in den Laugen
                              nur selten enthalten, weil sie sich in Gegenwart der durch die Einwirkung des
                              Manganchlorürs entstandenen Manganoxyde oxydirt. Bei der sehr geringen Menge des
                              Schwefelwasserstoffgases ist es leicht, dessen Entweichen in die Atmosphäre zu
                              verhüten, wozu man folgenden Apparat anwendet.
                           In das zum Neutralisiren der Manganchlorürlösung dienende Bassin wird ein aus
                              Metallblech angefertigter Kegel gestellt. Derselbe ist in etwa der Hälfte seiner
                              Höhe mit zwei Oeffnungen versehen, durch welche zwei Röhren hindurchgehen, die sich
                              im Inneren des Kegels umbiegen und bis auf einige Centimeter Entfernung von seiner
                              Basis hinabreichen. In einem etwas höheren Niveau sind zwei Oeffnungen angebracht,
                              damit das Flüssigkeitsgemisch in das Bassin ausfließen kann. Durch die beiden
                              gebogenen Röhren läßt man die beiden Flüssigkeiten gleichzeitig zutreten; sofort
                              erfolgt im Inneren des hohlen Kegels die Reaction; das sich entwickelnde
                              Schwefelwasserstoffgas sammelt sich im oberen Theile desselben und wird von hier
                              mittelst eines Rohres über einen kleinen, fortwährend im Glühen erhaltenen Herd
                              geleitet, welcher in einer Entfernung von ungefähr 10 Meter steht; das Gas verbrennt hierBei dieser Operation ist dafür zu sorgen, daß sich nicht zu plötzlich eine
                                    große Menge von Schwefelwasserstoffgas entzünden kann. und die dabei entstandene Schwefligsäure wird in einen hölzernen, mit Blech
                              gefütterten Bottich geleitet, welcher bis zu etwa zwei Dritteln seiner Höhe mit
                              gelber Lauge gefüllt ist. Mittelst eines kleinen Schaufelrades wird die Flüssigkeit
                              in dem Bottiche umgerührt. Die Schwefligsäure wirkt bis beinahe zur vollständigen
                              Neutralisirung der Flüssigkeit; die so erhaltene Lösung von unterschwefligsaurem
                              Kalk wird nach den bekannten Methoden in unterschwefligsaures Natron verwandelt. Der
                              ausgefällte Schwefel wird, wie oben angegeben, getrocknet etc.
                           
                        
                           5. Fällung des Eisens.
                           Die in den Neutralisirungsbassins nach der Entfernung des Schwefels zurückgebliebene
                              Manganchlorürlösung enthält noch fast alles Eisen- und Mangansalz.
                           Für die späteren Operationen ist es sehr wichtig, beide Salze von einander zu
                              trennen, was bei der bekannten Eigenschaft der Eisensalze, zuerst gefällt zu werden,
                              wenn sie in Lösung mit einem Reagens behandelt werden, durch welches auch die
                              Mangansalze niedergeschlagen werden, leicht ausführbar ist.
                           Zu diesem Zwecke wendet man folgende Vorrichtung an.
                           Eine Pumpe, welche von einer der Dampfmaschinen der Fabrik getrieben wird, hebt
                              einerseits Chlormanganlösung, andererseits die hierzu in einem Reservoir abgeklärte
                              gelbe Lauge; beide Flüssigkeiten werden nach einander in ein, in den Boden
                              gegrabenes Bassin geleitet, dessen Sohle und Wände mit einer dicken Schicht von
                              festgeschlagenem Thon bekleidet sind. Die Reaction beginnt; man befördert sie durch
                              zeitweilig wiederholtes Umrühren und läßt so lange als die Flüssigkeit die vom
                              gefällten Schwefeleisen herrührende schwarze Farbe besitzt, gelbe Lauge zufließen.
                              Die anzuwendende Menge der letzteren, welche durch einen Versuch festgestellt werden
                              muß, schwankt selbstverständlich nach der Güte des verwendeten Braunsteins.
                           Uebrigens erkennt der Arbeiter das Ende der Reaction an der Veränderung der Farbe des
                              Niederschlages, welche in's Gelbliche übergeht, sobald die Ausscheidung von
                              Schwefelmangan beginnt. Man unterbricht dann den Zufluß der gelben Lauge, läßt den
                              Niederschlag sich absetzen und wiederholt dieselbe Operation in dem nächsten
                              Bassin.
                           Nachdem der Niederschlag sich abgesetzt hat, schlägt man das im trockenen Zustande
                              durchschnittlich 45 Proc. Schwefel enthaltende Gemenge von Schwefel und
                              Schwefeleisen aus, und bringt es in einen Behälter, dessen Sohle aus hochkantig
                              gestellten, nicht durch Mörtel verbundenen Ziegelsteinen gebildet ist, damit das in
                              dem Gemenge vorhandene Wasser abfließen kann. Nach Verlauf einiger Tage wird die
                              Masse aus dem Behälter entfernt, und nach dem Trocknen in einem Kiesröstofen
                              abgeröstet. Die dabei erhaltenen Rückstände werden als werthlos zu den übrigen
                              Abgängen der Fabrik gestürzt.
                           
                        
                           6. Fällung des Mangans.
                           Nachdem die Eisensalze auf angegebene Weise beseitigt worden sind, wird die
                              Flüssigkeit (mittelst eines sich oben öffnenden Schutzes, also durch Decantation) in
                              ein tiefer liegendes Bassin abgelassen; dann pumpt man gelbe Lauge in letzteres und
                              schlägt auf ganz dieselbe Weise, wie bei der Fällung des Eisens, alles Mangansalz
                              nieder. Es bleibt darnach eine klare Flüssigkeit zurück, welche neben einer geringen
                              Menge von unterschwefligsaurem Kalk nur Chlorcalcium enthält.
                           Der aus einem Gemenge von Schwefel und Schwefelmangan bestehende, im Durchschnitt 56
                              bis 57 Proc. SchwefelDer Eisenniederschlag enthält weniger Schwefel als der Manganniederschlag;
                                    dieses rührt von der Gegenwart des in größerer oder geringerer Menge mit dem
                                    Braunsteine zugeführten schwefelsauren Barytes her, welcher sich mit dem
                                    Schwefeleisen niederschlägt und daher den Schwefelgehalt des breiförmigen
                                    Schwefeleisens herabdrückt. enthaltende Niederschlag wird in derselben Weise wie der durch die Fällung
                              des Eisens erhaltene behandelt und für sich verbrannt; der Rückstand wird in der
                              unten näher anzugebenden Weise zur Verwerthung gebracht.
                           Die Chlorcalciumlösung wird nach und nach in drei andere Bassins geleitet, worin sich
                              die mitgerissenen festen Substanzen absetzen, und dann läßt man sie weglaufen.
                           Mit diesem Stadium des Verfahrens ist der erste Theil der Aufgabe, die Umwandlung der Rückstände in eine unschädliche Masse,
                              gelöst. Wir haben nun einerseits ein indifferentes, aus schwefelsaurem Kalk,
                              kohlensaurem Kalk etc. bestendes Gemenge fester Substanzen, andererseits eine
                              unschädliche Flüssigkeit, eine Chlorcalciumlösung, erhalten, welche, mit einer
                              großen Wassermenge verdünnt, weder auf die Fischzucht, noch auf den Gartenbau,
                              ebensowenig auf die Verwendung des Wassers zu mechanischen und allen anderen
                              Zwecken, wozu dasselbe beim Vorüberfliehen an bewohnten Orten dient, einen
                              nachtheiligen Einfluß ausüben kann.
                           
                           Wir gehen nun zum zweiten Theile der Aufgabe über, zur
                                 technischen Verwerthung der Rückstände.
                           
                        
                           7. Behandlung der Rückstände vom Rösten
                                 des Schwefelmangans. – Trennung des schwefelsauren Manganoxyduls vom
                                 Mangansuperoxyd.
                           Die Zusammensetzung der Rückstände vom Rösten des Schwefelmangans wurde bereits
                              angegeben. Man bringt diese Rückstände in einen Bottich und wascht sie mit reinem
                              Wasser aus, welches das schwefelsaure Manganoxydul aufnimmt, wogegen der aus einem
                              Gemenge von Manganoxydul und (35 bis 37 Proc.) Mangansuperoxyd bestehende, ungelöste
                              Antheil gut ausgewaschen und getrocknet wird. Derselbe enthält meistens gar kein
                              Eisen, oder doch nur höchst geringe Spuren von solchem, und wird in der
                              Glasfabrication zum Entfärben des durch Eisen gefärbten Glassatzes verwendet. Aller
                              Wahrscheinlichkeit nach würde die Gegenwart des Manganvitriols der Anwendbarkeit der
                              Manganoxyde zu dem gedachten Zwecke nicht hinderlich seyn, da man bekanntlich zu den
                              Glassätzen anstatt des kohlensauren Natrons ebenso gut Glaubersalz anwenden kann. In
                              diesem Falle könnte der Rückstand vom Rösten des
                              Schwefelmangan-Niederschlages an die Glashütten direct, ohne vorheriges
                              Auslaugen, abgeliefert werden.
                           
                        
                           8. Verwendung des schwefelsauren
                                 Manganoxyduls zur Salpetersäurefabrication. – Trennung des hierbei
                                 erhaltenen schwefelsauren Natrons vom Mangansuperoxyd.
                           Das gewonnene schwefelsaure Manganoxydul wird mit der entsprechenden Menge
                              Natronsalpeter gemischt und in den gewöhnlichen Schwefelöfen erhitzt. Dabei bildet
                              sich Glaubersalz und salpetersaures Mangan, welches sofort in Mangansuperoxyd und
                              Untersalpetersäure zerfällt:
                           2 MnO, SO³ + NaO, NO⁵ = 2 NaO, SO³ +
                              Mn²O³ + MnO, NO⁴;
                           MnO, SO³ + NaO, NO⁵ = NaO, SO³ + MnO²
                              + NO⁴
                           Die rothen Dämpfe treten in die Bleikammern ein. Das Glaubersalz wird ausgelaugt, in
                              Flammöfen zur Trockne verdampft und calcinirt. Der Rückstand besteht aus reinen
                              Manganoxyden, welche 55 Proc. Superoxyd enthalten, daher als Sauerstoffquelle dem
                              Braunstein gleichwerthig sind, während ihr Freiseyn von Eisen ihren Werth bedeutend
                              darüber hinaus erhöht.
                           
                        
                           9. Verwerthung der Glaubersalzlösung auf
                                 schwefelsauren Kalk für Papierfabriken.
                           Benutzt man die Glaubersalzlösung zum Zersetzen der klaren Chlorcalciumlösung, welche nach dem Fällen
                              des Eisens und Mangans verbleibt, so erhält man einen schön weißen Niederschlag von
                              schwefelsaurem Kalk, welcher mehr oder weniger lange Fasern bildet, wenn man den auf
                              einander wirkenden Flüssigkeiten eine Kreisbewegung ertheilt. Dieser künstlich
                              erzeugte schwefelsaure Kalk wird bekanntlich mit Vortheil statt des Kaolins in den
                              Papierfabriken verwendet.
                           Mittelst des im Vorstehenden beschriebenen Verfahrens ist eine Fabrik, welche
                              täglich
                           
                              
                                 20,000 Liter Manganchlorürlösung und
                                 
                              
                                 30,000 Kilogr.
                                 Sodarückstände liefert, im Stande,
                                 
                              
                                   1400    „
                                 reinen Schwefel,
                                 
                              
                                   2200    „
                                 Schwefel in Form von Schwefelmetallen,
                                 
                              
                                     770    „
                                 Mangansuperoxyd von 60 Proc.,
                                 
                              
                                       20    „
                                 unterschwefligsauren Kalk und ungefähr
                                 
                              
                                     600    „
                                 trockenen schwefelsauren Kalk
                                 
                              
                           zu erzeugen.
                           Dieses Verfahren wird in der Fabrik zu Dieuze seit länger als zwei Jahren angewendet
                              und ist daher als durch die Praxis bewährt zu betrachten.