| Titel: | Ueber die Löslichkeit des Schwefels in den Steinkohlentheerölen und deren technische Verwendung; von Eug. Pelouze. | 
| Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. XXXVIII., S. 152 | 
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                        XXXVIII.
                        Ueber die Löslichkeit des Schwefels in den
                           Steinkohlentheerölen und deren technische Verwendung; von Eug. Pelouze.
                        Aus den Comptes rendus,
                              t. LXVIII p. 1179; Mai 1869.
                        Pelouze, über Löslichkeit des Schwefels in
                           Steinkohlentheerölen.
                        
                     
                        
                           Die durch Destillation des Gastheeres gewonnenen Steinkohlenöle lösen bei
                              gewöhnlicher Temperatur eine nur sehr geringe Menge Schwefel, ungefähr 2 Proc.,
                              während sie in der Nähe ihres Siedepunktes von demselben fast die Hälfte ihres
                              Gewichtes zu lösen vermögen.
                           So lösten sich in 100 Grm. eines Oeles von der Dichtigkeit 0,885, welches von 146 bis
                              200° C. destillirt:
                           
                              
                                 bei
                                 der
                                 Temperatur
                                 von
                                   15° C.
                                   2,3 Grm. 
                                 Schwefel
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                   40°
                                   5,6    „
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                   65°
                                 10,6    „
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 100°
                                 25,0    „
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 110°
                                 30,3    „
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 130°
                                 43,2    „
                                 „
                                 
                              
                           Sobald die Temperatur des Lösungsmittels sinkt, scheidet sich Schwefel in
                              krystallinischem Zustande aus, so daß man, wenn man bei 130° C. 43,2 Grm.
                              Schwefel in Lösung gebracht hat und die Flüssigkeit nun auf 15° C. (bei
                              welcher Temperatur das Oel, wie angegeben, nur 2,3 Grm. zu lösen vermag) abkühlt,
                              einen Niederschlag von 40,9 Grm. krystallinischem Schwefel und eine Flüssigkeit
                              erhält, welche bei abwechselndem Erhitzen und Abkühlen neue Quantitäten Schwefel
                              lösen und wieder absetzen kann.
                           
                           Dieses Lösungsvermögen der Steinkohlenöle läßt sich zur Gewinnung des Schwefels armer
                              Solfataren, sowie namentlich aus den zur Reinigung des Leuchtgases nach dem Laming'schen Verfahren benutzten Materialien verwerthen.
                              Zu diesem Zwecke muß man die nur für 8 bis 10 Francs per
                              100 Kilogr. verkäuflichen schweren Steinkohlenöle
                              verwenden, welche sich übrigens nach jedesmaliger Benutzung fast gänzlich wieder
                              gewinnen lassen. Diese Oele besitzen vor dem Schwefelkohlenstoff große Vorzüge,
                              nicht allein wegen ihrer Billigkeit, sondern auch, weil man mit ihnen bei
                              Temperaturgraden arbeiten kann, welche unter ihrem Siedepunkte liegen, der sehr hoch
                              ist, daher die durch Verdampfung entstehenden Verluste verringert und die mit der
                              Anwendung von Schwefelkohlenstoff verknüpften Gefahren und Nachtheile vermieden
                              werden.
                           Es tritt bekanntlich ein Zeitpunkt ein, wo die zum Reinigen des Leuchtgases benutzten
                              Substanzen nicht mehr wiederbelebt werden können. Sie werden dann als werthloser
                              Rückstand betrachtet, obgleich sie bis 40 Proc. freien Schwefel enthalten; letzterer
                              ist nämlich in diesen Abfällen mit Holzsägespänen, Eisenoxyd und theerartigen
                              Substanzen gemengt, welche seine billige Wiedergewinnung nach den gewöhnlichen
                              Methoden nicht gestatten. Mit Hülfe der Steinkohlenschweröle läßt sich dieser Zweck
                              auf nachstehende Weise erreichen.
                           Nachdem die alten Reinigungsmaterialien durch genügend langes Liegen an freier Luft
                              unter Schutzdächern gut ausgetrocknet sind, füllt man sie in gußeiserne Cylinder,
                              welche äußerlich durch einen Dampfmantel erhitzt werden, und so angeordnet sind, daß
                              man nach Belieben eine Luftpressung geben kann, welche die Abflußgeschwindigkeit des
                              durch die Masse hindurchgedrungenen Oeles erhöht. Das in einem Monte-jus
                              mittelst eines in einem Schlangenrohre circulirenden Dampfstromes auf 130° C.
                              erhitzte Schweröl, dessen Temperatur also nicht bis zu seinem Siedepunkt gesteigert
                              worden ist, steigt durch ein Rohr in den Filtrircylinder hinauf und ergießt sich auf
                              die schwefelhaltigen Substanzen, welche es von oben nach unten durchdringt. Man kann
                              das Lösungsmittel in Krystallisirgefäßen erkalten lassen, in denen sich der Schwefel
                              durch die bloße Abkühlung rasch abscheidet; dann bringt man es wieder in den
                              Monte-jus, so daß es von Neuem auf die zu extrahirende Masse gelangt, und so
                              fort, bis letztere von ihrem ganzen Schwefelgehalte befreit ist.
                           Die so behandelte Masse hat eine gewisse Menge von Schweröl aufgenommen, welches
                              durch einen Dampfstrom fast gänzlich wieder gewonnen werden kann.
                           
                           Der nach diesem Verfahren gewonnene Rohschwefel bildet oktaëdrische, durch
                              einen geringen Gehalt theerartiger Substanzen schwarz gefärbte Krystalle. Nachdem er
                              durch Destillation gereinigt worden, besitzt er alle Eigenschaften des gewöhnlichen
                              Schwefels.