| Titel: | Ueber die Bestimmung der Phosphorsäure in Bodenarten, wenn sie in Verbindungen vorkommt, welche durch Königswasser nicht zersetzt werden; von P. de Gasparin. | 
| Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. LXI., S. 231 | 
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                        LXI.
                        Ueber die Bestimmung der Phosphorsäure in
                           Bodenarten, wenn sie in Verbindungen vorkommt, welche durch Königswasser nicht zersetzt
                           werden; von P. de Gasparin.
                        Aus den Comptes rendus,
                              t. LXVIII p. 1176; Mai 1869.
                        Gasparin, über Bestimmung der Phosphorsäure in
                           Bodenarten.
                        
                     
                        
                           Die Nachhaltigkeit der Ernten in sehr verschiedenartigem Boden ohne Zufuhr von festen
                              Nährstoffen für die Pflanzen, und viele andere analoge Erscheinungen führen zu dem
                              Schlusse, daß die Phosphorsäure in diesen Bodenarten ursprünglich vorhanden ist.
                              Diese Phosphorsäure muß, so wie das Kali, den Pflanzen allmählich durch die vereinte
                              Wirkung der Zeit, der
                              Reibung (mechanischen Zertheilung) und der Atmosphärilien geliefert werden.
                           Die Bestimmung der Phosphorsäure in den Bodenarten bietet dem analytischen Chemiker
                              keine Schwierigkeiten dar. Für den Agriculturchemiker fehlt es aber bisher an einer
                              allgemein anwendbaren, dabei einfachen und in ihren Resultaten constanten Methode,
                              welche die gesammte Menge der vorhandenen Phosphorsäure, wenn nicht ganz genau, doch
                              sehr annähernd zu bestimmen gestattet.
                           Die einzige Methode, welche diesen Bedingungen zum Theil entspricht, ist das von Berzelius für die Analyse der phosphorsauren Thonerde angegebene Verfahren, auf welches ich sogleich
                              zurückkommen werde. Bei dieser Methode bleibt man jedoch häufig über die Richtigkeit
                              der Resultate in Zweifel, wegen der Schwierigkeit die mit dem Natron verbundene
                              Kieselsäure und Thonerde vollständig abzuscheiden.
                           Das in diesem Sinne modificirte Berzelius'sche Verfahren
                              bildet die allgemeine Methode, welche ich in Vorschlag bringe. Der Kunstgriff,
                              welchen ich anwende, besteht darin, mit Magnesia die sämmtliche Phosphorsäure
                              auszufällen und sie dann erst zu bestimmen.
                           10 Gramme der zu untersuchenden Bodenart werden mit Chlorwasserstoffsäure, welche mit
                              ihrer vierfachen Gewichtsmenge Wasser verdünnt ist, so lange behandelt, als noch
                              Aufbrausen stattfindet, dann mit Zusatz von 60 Grm. Königswasser, welches aus 15
                              Grm. concentrirter Salpetersäure und 45 Grm. concentrirter Chlorwasserstoffsäure
                              besteht, im Wasserbad zur Trockne verdampft. Die trockene Masse, mit ein wenig
                              verdünnter Chlorwasserstoffsäure angefeuchtet, wird eine halbe Stunde lang im
                              Wasserbade digerirt, dann durch Zusatz von kaltem Wasser plötzlich abgekühlt, auf
                              ein Filter gebracht und mit kochendem Wasser ausgewaschen.
                           Die Masse auf dem Filter wird nach dem Trocknen geglüht, in feines Pulver verwandelt
                              und dieses mit so viel kohlensaurem Natron gemengt, als man durch Glühen seiner
                              dreifachen Gewichtsmenge von doppeltkohlensaurem Natron (welches durch wiederholtes
                              Umkrystallisiren vollkommen gereinigt worden) erhält. Das möglichst innige Gemenge
                              wird in einem kleinen Platintiegel über der einfachen Weingeistlampe eine halbe
                              Stunde lang zum Rothglühen erhitzt; dann wird die Masse in einer Schale mit Wasser
                              angerührt und achtundvierzig Stunden lang mit einem großen Ueberschusse von
                              anderthalb kohlensaurem Ammoniak digerirt, hiernach auf ein Filter gebracht und mit
                              kaltem Wasser ausgewaschen.
                           Die gesammelte Flüssigkeit wird durch Kochen concentrirt und von dem überschüssigen
                              anderthalb-kohlensauren Ammoniak befreit.
                           
                           Hinsichtlich des weiteren Verfahrens nun welche ich von Berzelius ab.
                           Dieser säuert nämlich die Flüssigkeit mit Chlorwasserstoffsäure stark an, übersättigt
                              mit Ammoniak und schlägt die phosphorsaure Ammoniak-Magnesia mit
                              schwefelsaurer Magnesia nieder; bei Anwendung dieses Verfahrens findet man aber der
                              phosphorsauren Ammoniak-Magnesia häufig Thonerde oder gelatinöse Kieselsäure
                              beigemengt, allerdings in nur sehr geringen Mengen, welche aber hinreichen, um der
                              Methode alles Vertrauen zu benehmen, wenn der Gegenstand der Untersuchung selbst nur
                              in geringer Menge verwendet wird. Ich verfahre daher in anderer Weise. Zunächst
                              säure ich die Flüssigkeit nicht an, sondern versetze sie mit dem bekannten Gemische
                              (aus 1 Th. schwefelsaurer Magnesia, 1 Th. Chlorammonium, 4 Th. Ammoniak und 8 Th.
                              destillirtem Wasser), welches im Voraus bereitet wird. Es entsteht alsdann ein
                              reichlicher Niederschlag, welcher nach dem Digeriren enthält oder enthalten kann:
                              Magnesiahydrocarbonat, kohlensaure Ammoniak-Magnesia, dreibasisches
                              Magnesiaphosphat, endlich phosphorsaure Ammoniak-Magnesia und zuweilen Spuren
                              von Kieselsäure und Thonerde. In allen Fällen enthält dieser Niederschlag sämmtliche
                              in der Flüssigkeit zugegen gewesene Phosphorsäure.
                           Dieser magnesiahaltige Niederschlag wird nun stark geglüht und darauf mit sehr
                              verdünnter Chlorwasserstoffsäure behandelt, in welcher er sich leicht und
                              vollständig löst, bis auf die vorhandenen Spuren von Kieselsäure und Thonerde,
                              welche leicht abzusondern sind.
                           Nun läßt sich die Phosphorsäure auf das Genaueste bestimmen. Zu diesem Zwecke
                              versetzt man die chlorwasserstoffsaure Lösung mit genau derselben Säuremenge, welche
                              man zu ihrer Herstellung angewendet hat, und übersättigt mit Aetzammoniak. Nach
                              vierstündiger Digestion bei gewöhnlicher Temperatur ist die phosphorsaure
                              Ammoniak-Magnesia vollständig niedergeschlagen; sie wird dann auf einem
                              Filter gesammelt, mit Aetzammoniak ausgewaschen und geglüht, wodurch sie in chemisch
                              reine zweibasisch-phosphorsaure Magnesia verwandelt wird.
                           Die angegebenen Operationen verursachen dem Chemiker weder großen Aufwand an Zeit,
                              noch an Geld und die erforderlichen Reagentien können mit geringen Kosten im
                              Zustande vollkommener Reinheit dargestellt werden.
                           Ich theile im Nachstehenden einige der von mit erhaltenen Resultate mit:
                           1) Sehr magerer granitischer Sand von dem Gute des Hrn. de la
                                 Majory im Bezirke Annonay (Ardèche-Departement) enthält 0,62
                              Proc. vom Gewichte
                              des Bodens an (nicht aufgeschlossener) Phosphorsäure, entsprechend einem Gehalte der
                              Ackerkrume von mehr als 24000 Kilogr. per Hektare.
                           2) Die Alluvionen der Durance enthalten 0,42 Proc. vom Gewichte des Bodens, also über
                              16000 Kilogr. per Hektare.
                           3) Das kieselsäurehaltige Diluvium des Mittelmeer-Littorals enthält 0,49
                              Proc., oder beinahe 20000 Kilogr. per Hektare.
                           4) Die Mergelthone des Arvethales (Ober-Savoyen und Schweiz), dort
                              „Diot“ genannt, enthalten nur 0,12 Proc., also unter 5000
                              Kil. per Hektare.
                           Somit ist es unnöthig, erst geheimnißvolle, atmosphärische oder unterirdische Wege in
                              das Spiel zu ziehen, auf denen die festen Nahrungsmittel für die ständige
                              Vegetation, den natürlichen Wiesen und Weiden, den Wäldern und dem seit
                              unvordenklichen Zeiten der extensiven Cultur unterworfen gewesenen Boden zugeführt
                              werden; diese Nahrungsmittel sind in den Gesteinen enthalten, aus deren Trümmern der
                              Boden entstanden ist und die langsame und ununterbrochene Zersetzung dieser Trümmer
                              liefert den Pflanzen die Kieselsäure, die Magnesia, das Eisen und das Kali.
                           Die Kalkerde allein fehlt zuweilen gänzlich und weit entfernt, daß die Gegenwart
                              derselben an das Vorhandenseyn der Phosphorsäure gebunden sey, steht der Gehalt des
                              Bodens an Phosphorsäure meistens in umgekehrtem Verhältnisse zu seinem
                              Kalkgehalte.