| Titel: | Ueber die Anwendung flüssiger Brennstoffe zum Erhitzen von gewöhnlichen Schiffs- und von Panzerplatten) von großen Schmiedestücken etc. | 
| Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. CXIV., S. 457 | 
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                        CXIV.
                        Ueber die Anwendung flüssiger Brennstoffe zum
                           Erhitzen von gewöhnlichen Schiffs- und von Panzerplatten) von großen
                           Schmiedestücken etc.
                        Aus Engineering, Mai
                              1869, S. 324.
                        Dorsett und Blyth's Anwendung flüssiger Brennstoffe zum Erhitzen
                           von Panzerplatten etc.
                        
                     
                        
                           In den letzten Monaten hat die Anwendung von flüssigem Brennmaterial bedeutende
                              Fortschritte gemacht; namentlich wurden mit der Benutzung desselben zum Wärmen von
                              Eisenplatten und Schmiedestücken in besonderen Oefen nach dem Systeme von Dorsett und Blyth (in England)
                              sehr günstige Erfolge erzielt.
                           Zuerst wurde dieses System im Januar dieses Jahres bei einem zum Erhitzen von
                              Schiffsplatten dienenden Ofen im Woolwicher Dockyard angewendet und die Resultate
                              sielen so günstig aus, daß kürzlich auch im Chathamer Dockyard zwei solcher Oefen
                              eingerichtet wurden, um Versuche mit dem neuen Systeme in größerem Maaßstabe
                              abführen zu können. Der Berichterstatter unserer Quelle war am 7. Mai d. J. bei
                              einem dieser Versuche zugegen und gibt die nachstehende Beschreibung von dem
                              Betriebe der Oefen, nebst einer Uebersicht der erhaltenen Resultate.
                           Nach dem Verfahren von Dorsett und Blyth wird das anzuwendende Kreosotöl oder sonstige Steinkohlenschweröl in
                              einem kleinen verticalen Kessel oder Generator verdampft; dieser wird anfänglich (um
                              den Apparat in Gang zu bringen) mittelst eines gewöhnlichen Feuers, später aber
                              durch einen oder zwei in der Feuerbüchse angezündete Ströme des Oeldampfes selbst
                              erhitzt. Die Temperatur des Kreosotöldampfes ist aber dreimal so hoch als die des
                              Wasserdampfes von demselben Druck, und zur möglichsten Vermeidung von Wärmeverlust
                              durch Strahlung wird der Generator mit einem Eisenblechmantel umgeben und der Raum
                              zwischen diesem Mantel und dem Generator mit Sand oder feuerfestem Thon ausgefüllt.
                              Der im Generator erzeugte Oeldampf wird mittelst Röhren dem zu heizenden Ofen
                              zugeführt und in demselben in Form von dünnen Strömen (Strahlen) verbrannt. Die
                              Anordnung der letzteren,
                              sowie der Canäle zum Speisen derselben mit Luft (um Argand'sche Brenner zu
                              erzielen), ist den Umständen entsprechend zu modificiren.
                           Die beiden Oefen in Chatham, bei denen das Dorsett-Blyth'sche System angewendet wurde, sind von der zum Wärmen
                              von Platten gewöhnlich angewendeten Art; wenn mit Kohlen
                              geheizt wird, so hat jeder von diesen Oefen drei Feuerungen, und zwar ist die eine
                              an dem der Thür, durch welche die Platten eingesetzt und herausgenommen werden,
                              entgegengesetzten Ende angebracht, während die beiden anderen sich an den Seiten
                              einander gegenüber befinden. Die Flammen dieser drei Feuerungen durchstreichen den
                              Ofen in seiner Längenrichtung und treten dann in abwärts gehende, unmittelbar an der
                              vorhin erwähnten Thür angebrachte Züge.
                           Die Einrichtung zum Betriebe dieser Oefen mit flüssigem
                                 Brennstoffe machte nur geringe Abänderungen erforderlich. In jedem Ofen
                              wurde die mit einer der Seitenfeuerungen communicirende Oeffnung ganz verschlossen;
                              die der anderen Seitenfeuerung entsprechende Mündung wurde bis auf eine Oeffnung von
                              beiläufig 24 Quadratzoll Fläche zugemauert; an der Stelle der bisherigen Endfeuerung
                              wurde eine Kammer, von dem Ofenkörper durch eine aus feuerfesten Steinen construirte
                              durchbrochene Brücke getrennt, hergestellt, indem man den Rost überwölbte und dabei
                              Oeffnungen für den Zutritt von Luft aussparte. In diese Kammer treten vier
                              Oeldampfstrahlen von wenigstens 1/8 Zoll Durchmesser, nachdem sie vorher die
                              durchbrochene Brücke umspült haben, so daß diese erhitzt wird und an die durch sie
                              in den Ofenkörper eindringende Luft einen Antheil ihrer Wärme abgibt. An der einen
                              Seite des Ofens, in der vorhin erwähnten Oeffnung, sind ebenfalls zwei Brenner in
                              ähnlicher Weise angebracht, zu dem Zwecke, in der ganzen Längenausdehnung des Ofens
                              die Hitze gleichmäßig zu machen, wenn lange Platten erhitzt werden sollen.
                           Der eine von den Chathamer Oefen wird regelmäßig zum Erhitzen von gewöhnlichen
                              Schiffsplatten angewendet, welche gebogen werden sollen, während der andere zum
                              Wärmen von Panzerplatten dient, welche mittelst einer kräftigen hydraulischen Presse
                              gebogen werden. Beide Oefen werden durch einen zwischen ihnen angebrachten Generator
                              mit Oeldampf gespeist.
                           Am 7. Mai dieses Jahres war der Panzerplatten-Ofen binnen einer Stunde
                              – vom Anzünden des (mit einem Drucke von 30 Pfd. per Quadratzoll zugeführten) Oeldampfes an gerechnet – hinreichend
                              geheizt und dann wurde eine 7 1/2 Fuß lange, 3 3/4 Fuß breite und 6 Zoll starke
                              Panzerplatte eingesetzt. Beim Heizen mit Steinkohlen würde zum gehörigen Wärmen einer derartigen Platte
                              bei scharfem Feuer eine Zeit von mindestens fünf Stunden erforderlich gewesen seyn;
                              denn es gilt in derartigen Fällen als Regel, daß bei Panzerplatten für jeden Zoll
                              Stärke drei Viertelstunden bis eine ganze Stunde zum gehörigen Erhitzen erforderlich
                              ist; bei Anwendung des flüssigen Brennmaterials aber wurde die Platte binnen anderthalb Stunden, also binnen weniger als einem Drittel
                              der bei Anwendung von Steinkohlen erforderlichen Zeit auf eine durch und durch
                              gleichmäßige Hellrothglühhitze gebracht. Dieses Resultat war keineswegs ein
                              ausnahmsweises. In dem anderen Ofen, welcher bei dem im Beiseyn des
                              Berichterstatters abgeführten Versuche nicht ganz gleichmäßig und vollständig
                              geheizt war, wurde eine halbzöllige Platte binnen neun
                                 Minuten zur Hellrothgluth angewärmt und zum Biegen fertig gemacht; bei
                              durch und durch heißem Ofen wird dieses Resultat regelmäßig binnen sieben Minuten und selbst in noch kürzerer Zeit erreicht.
                              Bei Steinkohlenfeuer würde das Erhitzen einer solchen Platte eine Zeit von zwanzig
                              bis fünfundzwanzig Minuten beansprucht haben.
                           Der durch die Anwendung von flüssigem Brennstoff in Oefen der beschriebenen Art
                              erzielte raschere Betrieb ist eine wichtige Sache, namentlich bei dem Wärmen von
                              Panzerplatten. Bei diesen Oefen ist nämlich der zum Erhitzen starker Platten
                              erforderliche Zeitaufwand so bedeutend, daß das Biegen einer Anzahl von Platten sehr
                              langsam vor sich geht, also sehr kostspielig ist. Bei gewöhnlichen, schwachen
                              Schiffsplatten ist die Zeitersparniß, wenn auch in derselben ein großer Vortheil
                              liegt, von verhältnißmäßig geringerem Werthe, da die zum Adjustiren der Schablonen
                              an die hydraulische Presse nöthige Zeit einen bedeutenden Theil des zum Biegen einer
                              jeden Platte erforderlichen Zeitaufwandes ausmacht; und bei dem gegenwärtig üblichen
                              Verfahren wird die Platte nicht eher in den Ofen eingesetzt, als bis die Schablonen
                              hergerichtet sind. Bei Panzerplatten hingegen genügt die zum Anwärmen derselben
                              erforderliche Zeit zum Adjustiren der Schablonen an die hydraulische Presse und so
                              lange demnach die zum Erhitzen der Platte nothwendige Zeit nicht unter die zur
                              Adjustirung erforderliche herabgebracht wird, läßt sich der mit der Anwendung von
                              flüssigem Brennmaterial verknüpfte Vortheil ungeschmälert erzielen.
                           Ein anderer, durch die Benutzung von flüssigem Brennstoff bedingter Vortheil von
                              bedeutender Wichtigkeit liegt in dem außerordentlich „sauberen“
                              Zustande, in welchem die Platten aus dem Ofen kommen. Die Panzerplatte, welche der
                              Berichterstatter am 7. Mai sah, war beim Herausnehmen vollkommen frei von irgend
                              welchem Glühspan; von gleicher Beschaffenheit zeigten sich auch die gewöhnlichen
                              Schiffsplatten. Diese Erscheinung rührt unzweifelhaft von der Abwesenheit
                              ungebundenen Sauerstoffes in der Atmosphäre des Ofens her, indem sich der Zutritt
                              der Luft zu den Brennern genau reguliren läßt. Die auf diese Weise gebotene
                              Möglichkeit, Schmiedestücke in einer neutralen Flamme erhitzen und somit jede
                              Glühspanbildung verhüten zu können, dürfte in vielen Fällen von der größten
                              Wichtigkeit seyn.
                           Auch in Bezug auf den Brennmaterialaufwand wurden sehr günstige Resultate erzielt.
                              Der nach dem Dorsett-Blyth'schen System
                              eingerichtete Ofen in Woolwich war vier Monate lang zum Wärmen gewöhnlicher
                              Schiffsplatten in regelmäßigem Betriebe und der Brennstoffconsum beträgt im
                              Durchschnitte 76 Gallons Oel (welches 10 1/2 Pfd. per
                              Gallon wiegt) gegen eine Tonne der früher verwendeten Steinkohle. Die beiden jetzt
                              mit Oel geheizten Oefen in Chatham verbrauchten früher gewöhnlich zwischen 2 1/4 bis
                              2 1/2 Tonnen Steinkohlen per zwölfstündigen Arbeitstag;
                              wogegen ihr jetziger Consum 230 Gallons Oel in derselben Zeit beträgt. Bei
                              Vergleichung dieser Brennstoffconsume muß natürlich die größere Arbeit, welche die
                              mit flüssigem Brennstoffe geheizten Oefen in einer gegebenen Zeit zu leisten
                              vermögen, in Betracht gezogen werden und es stellt sich dann heraus, daß die
                              Brennmaterial-Ersparniß eine sehr bedeutende ist.
                           Der Berichterstatter ist der Ansicht, daß Dorsett und Blyth durch Anwendung ihres Systemes auf die zum Erhitzen
                              von Schmiedestücken, Panzerplatten etc. dienenden Oefen der Benutzung des flüssigen
                              Brennmateriales ein wichtiges Feld erschlossen haben.
                           Daß flüssiges Brennmaterial in gewissen speciellen Fällen aus örtlichen oder anderen
                              Gründen allerdings mit Vortheil angewendet werden kann, bezweifelt der
                              Berichterstatter durchaus nicht; namentlich wird sich die Benutzung von solchem
                              Brennstoff seiner Ansicht nach bei manchen hüttenmännischen Processen als höchst
                              wichtig erweisen. Durch Anwendung von gepreßter Gebläseluft in Verbindung mit dem
                              vom Generator gelieferten Oeldampfstrome erhielt Blyth
                              eine Flamme, mit welcher er im Stande war, eine aus feuerfesten Ziegelsteinen
                              aufgebaute kleine Pyramide, über deren Spitze mehrere schmiedeeiserne Stäbe gelegt
                              waren, zu einer einzigen Masse zusammenzuschmelzen – ein bündiger Beweis der
                              auf diese Weise erzielten intensiven Hitze.
                           Die Erfinder beabsichtigen bezüglich der Anwendung ihrer mit gepreßter Gebläseluft
                              gespeisten Oeldampfströme, sowie bezüglich der Verwerthung eines Theiles der aus dem
                              Ofen entweichenden Ueberhitze zum Erwärmen dieser Gebläseluft, noch weitere Versuche
                              abzuführen.
                           
                           Sowohl die Chathamer, als die Woolwicher Oefen sind jetzt den Beamten der Regierung
                              übergeben worden; einer der Oefen in Chatham soll demnächst zum Erhitzen der
                              zehnzölligen, für das englische Kriegsschiff „Sultan“
                              bestimmten Panzerplatten benutzt werden.
                           
                        
                           Nachtrag.
                           Im Mechanics' Magazine vom 4. Juni 1869 sind die
                              Resultate mehrerer Versuche mitgetheilt, welche im amtlichen Auftrage im Chathamer
                              Dockyard zur Vergleichung des Dorsett-Blyth'schen
                              Systemes mit der gewöhnlichen Methode des Erhitzens von Panzerplatten am 26. Mai d.
                              J. abgeführt wurden. Wir theilen daraus folgenden vergleichenden Versuch mit:
                           Oelofen. – Derselbe war 27 Fuß lang, 5 Fuß breit
                              und 2 Fuß hoch. Der einzige Rost hatte 7 Löcher von 1/8 Zoll Durchmesser. Die
                              Panzerplatte, welche 7,3 Fuß lang, 3,6 Fuß breit und 6 Zoll dick war, wurde um 8 Uhr
                              30 Minuten Vormittags in kaltem Zustande in den kalten Ofen eingesetzt und um 10 Uhr
                              30 Minuten aus dem Ofen entfernt; die zum Erhitzen der Platte verwendete Zeit betrug
                              also 2 Stunden. Die Platte war beim Herausnehmen aus dem Ofen weißglühend, wärmer
                              als zum Biegen nothwendig, und sehr gleichmäßig erhitzt. Zum Erhitzen der Platte
                              wurden 67 Gallons Kreosotöl verwendet, welche 705 Pfd. wogen. Zum Heizen des den
                              Kreosotöl-Dampf liefernden Generators wurde 1 Centner Steinkohle
                              verbraucht.
                           Steinkohlenofen. – Derselbe war 21 Fuß lang, 5 Fuß
                              breit und 2 3/5 Fuß hoch; er hatte zwei Roste von 16 Quadratfuß Fläche. Die
                              Panzerplatte (von denselben Dimensionen wie die im Oelofen behandelte) wurde um 8
                              Uhr Vormittags in kaltem Zustande in den kalten Ofen eingesetzt und um 12 Uhr 50
                              Minuten aus dem Ofen entfernt; die zum Erhitzen der Platte verwendete Zeit betrug
                              also 4 Stunden 50 Minuten. Als Brennstoff wurden 19 Centner Hartley
                              Main-Kohle verbraucht. Ungefähr zwei Drittel dieser Platte waren beim
                              Herausnehmen aus dem Ofen schweißwarm; nur der Theil derselben, welcher sich
                              zunächst dem Roste befand, war zum Biegen hinlänglich warm.