| Titel: | Apparate zur Ueberhitzung des Dampfes von Petitpierre und Reid. | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. III., S. 14 | 
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                        III.
                        Apparate zur Ueberhitzung des Dampfes von
                           									Petitpierre und
                           									Reid.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Apparate zur Ueberhitzung des Dampfes von Petitpierre und
                           								Reid.
                        
                     
                        
                           I. Petitpierre's
                                 										Dampfüberhitzungsapparat.
                           Nach einem Berichte von Victor Bois im Bulletin de la Société d'Encouragement,
                              									1869 S. 456, besteht der Apparat von Petitpierre (rue Dulong, 41, Batignolles-Paris) aus einem Ueberhitzungsrohr, welches durch den
                              									Feuerraum des Kessels, dann durch den unteren Theil der Feuerzüge hindurchgeht und
                              									indem es die Siederöhren des Kessels umgibt, wieder gegen den Feuerraum
                              									zurückkehrt.
                           Durch dieses Rohr streicht nun der feuchte Dampf vom Kesseldom zum Maschinencylinder;
                              									ein Ventil in der Röhre öffnet sich behufs Dampfabführung unter dem Einfluß der
                              									Kesselspannung und schließt sich durch sein eigenes Gewicht, wenn der in das
                              									Trockenrohr geleitete Dampf durch die Ueberhitzung eine höhere Spannung erlangt als
                              									die im Kessel herrschende. Durch die Ventilstellungen ergibt sich eine allmähliche
                              									Ueberhitzung des in aufeinanderfolgenden Zeiträumen in das Rohr zugelassenen
                              									Dampfes.
                           Theoretisch betrachtet besitzt der Trockenapparat von Petitpierre – welchen derselbe als multiplicateur inexplosible bezeichnet – gewisse Vortheile, weil
                              									das von dem Dampf aus dem Kessel mitgerissene Wasser unter dem Einfluß der
                              									Feuerungsgase verdampfen und der Dampf selbst eine höhere Temperatur annehmen wird.
                              									Man erhält nicht bloß trockenen, sondern überhitzten Dampf.
                           Es mußten aber die Vortheile dieses Systemes erst durch praktische Versuche
                              									sichergestellt werden, da bekanntlich zu stark überhitzter Dampf die Gleitflächen
                              									des Schiebers und des Kolbens anfrißt.
                           Die mit diesen Versuchen betraute Commission der Société d'Encouragement legte die Resultate derselben vor,
                              									und sind einige derselben nachstehend angeführt.
                           Die ersten Versuche wurden am 22. Mai 1868 in Petitpierre's Etablissement an einer kleinen horizontalen, schnellgehenden
                              									Volldruckmaschine angestellt. Diese Maschine hatte einen Kolben von 0,16 Meter
                              									Durchmesser und 0,1 Meter Hub. Der Dampfkessel besaß 3,20 Quadratmeter
                              									Heizfläche.
                           Zunächst ließ man die Maschine laufen, ohne den Trockenapparat zu benutzen, indem man
                              									den Verbindungshahn zur Maschine abstellte. Während der nächsten Versuchsreihe wurde
                              									der in den Cylinder geführte Dampf durch das Ueberhitzungsrohr geleitet.
                           Nach einem fünfstündigen Gang enthielt der Cylinder kein Wasser, während nach den
                              									ersten Versuchen ohne Trockenapparat viel Wasser mitgerissen worden war, von welchem
                              									der Cylinder gereinigt wurde, ehe man zur Einschaltung des Ueberhitzungsrohres
                              									schritt.
                           Dieses Ergebniß beweist also deutlich die Wirkungsfähigkeit dieses Trockenapparates.
                              									Indessen war es wegen der hohen Geschwindigkeit (88 bis 117 Umdrehungen pro Minute) nicht möglich zu constatiren ob die Maschine
                              									durch den Zutritt des so hoch erhitzten Dampfes nicht gelitten hatte, um so mehr als
                              									sie auch nicht in vollkommenster Ordnung sich befand.
                           Unter diesen für den zu prüfenden Trockenapparat sehr günstigen Umständen ergab sich
                              									an Speisewasser eine Ersparniß von 41, an Brennmaterial von 43 Procent, ein Resultat
                              									welches bei einer zweckmäßigeren Maschinenanlage – weniger rascher Gang und
                              									mit Expansion – sicher nicht erreicht wird, denn es müßte alsdann der Dampf
                              									länger im Trockenrohre verbleiben und eine zu starke Ueberhitzung würde auf
                              									Packungen und Reibungsflächen im Cylinder schädlich einwirken.
                           Weiters wurden im Conservatoire des arts et
                                 										métiers zu Paris neue entscheidende Versuche angestellt, wobei man
                              									das Ueberhitzungsrohr an einem mit seitlichen Siederöhren versehenen Kessel
                              									anbrachte. Das Rohr besaß 75 Millimeter äußeren und 55 Millimeter inneren
                              									Durchmesser, und war aus drei durch Muffe mit einander verbundenen Theilen
                              									zusammengesetzt. Die Länge betrug 5 Meter, die Heizfläche per laufenden Meter 0,255, im Ganzen also 1,275 Quadratmeter.
                           Die Versuchsmaschine war eine Farcot'sche mit variabler
                              									Expansion und der Abstand vom Dampfkessel ein
                                 									geringer.
                           Das von Tresca verfaßte und in den Annales du Conservatoire (t. VIII p. 267)
                              									veröffentlichte Versuchsprotokoll weist nach, daß die am 2. Juli 1868 ausgeführten
                              									Versuche ungünstige Resultate ergaben, da der Dampf zu sehr überhitzt war, Kolben
                              									und Schieber mit übermäßiger Reibung arbeiteten und sich einfraßen.
                           Die Maschine wurde bald eingestellt und neuerdings geschmiert. Das Trockenrohr wurde
                              									verkürzt, um dem Dampf weniger Wärme zuzuführen, was jedoch ohne Erfolg blieb.
                           Nach Tresca's Vorschlag wurde mit demselben Kessel eine
                              										weiter abliegende Fairbairn'sche Dampfmaschine mit fester Expansion angetrieben.
                           Diese Maschine arbeitete am 16., 17. und 18. Juli, ohne jede Schwierigkeit und ohne
                              									besondere Schmierung zu erfordern, mit überhitztem Dampf. Am 23. und 27. Juli wurde
                              									diese Maschine behufs Vergleichung aus demselben Kessel aber ohne Trockenrohr
                              									gespeist.
                           Nachstehend die aus den Versuchen vom 18. und 27. Juli sich ergebenden
                              									Mittelwerthe:
                           
                           
                              
                                 
                                 MitUeberhitzer.
                                 OhneUeberhitzer.
                                 
                              
                                 Mittlerer Manometerdruck
                                         5,67
                                     5,77 Atm.
                                 
                              
                                 mittlere Ordinate der Diagramme
                                       50,36
                                   20,47 Millim.
                                 
                              
                                 indicirte Arbeit per
                                    											Umdrehung
                                     596,46
                                 599,94 Kilogr.-Met.
                                 
                              
                                 mittlere Umdrehungszahl per
                                    											Minute
                                       42,00
                                   40,67
                                 
                              
                                 Leistung per Secunde
                                     411,76
                                 397,66 Kilogr.-Met.
                                 
                              
                                       „      in
                                    											Pferdestärken
                                         5,49
                                     5,30
                                 
                              
                                 Verbrauch an Brennmaterial per
                                    											Stunde
                                       28,70
                                   37,10 Kilogr.
                                 
                              
                                         „        
                                    											„
                                    											 Speisewasser    „      „
                                     156,40
                                 191,62     „
                                 
                              
                                         „        
                                    											„  Brennmaterial per Stunde u.
                                    											Pferdekraft
                                         5,23
                                     7,00    
                                    											„
                                 
                              
                                         „        
                                    											„
                                    											 Speisewasser    „      „      „        
                                    											„
                                       28,48
                                   34,26
                                 
                              
                                 verhältnißmäßiger Verbrauch an Brennmaterial
                                         0,747
                                     1,00
                                 
                              
                                           
                                    											„                    
                                    											„            
                                    											„  Speisewasser
                                         0,801
                                     1,00
                                 
                              
                           Diese Resultate erwiesen demnach ein Ersparniß an Brennmaterial von 25, an
                              									Speisewasser von 20 Procent.
                           Je weniger günstig die Maschinenanlage, desto größer wird der Erfolg des
                              									Ueberhitzungsrohres. Außerdem stellte es sich heraus, daß eine erfolgreiche
                              									Thätigkeit des Petitpierre'schen Apparates mit dem genügenden Abstand des Dampfkessels von der Maschine
                              									zusammenhängt.
                           So ergab sich bei einer Dampfmaschine mit fester Expansion und ohne Cylindermantel,
                              									welche 34 Meter vom Kessel entfernt lag, mit dem Ueberhitzer eine 25procentige
                              									Brennmaterialersparniß, ohne daß irgend welche Uebelstände in dem Gang der Maschine
                              									beobachtet wurden.
                           
                        
                           II. Reid's
                                 									Dampftrockenapparat.
                           Der Ingenieur Wyatt Reid hat in Amerika mit Erfolg den in
                              										Figur 19
                              									nach den Annales du Génie civil, Juni 1870, S.
                              									419 skizzirten Dampfüberhitzer zur Anwendung gebracht.
                           Es bezeichnet A den Dampfkessel irgend welcher
                              									Construction, B den Mittelwasserstand in demselben, C die Feuerzüge und endlich D die Esse.
                           Am unteren Theil der Esse befindet sich an geeigneter Stelle ein Röhrenkessel E, um und durch welchen die abziehenden Feuergase
                              									streichen.
                           Dieser Röhrenkessel bildet den Dampftrocknungsapparat, welcher einerseits durch das
                              									unten mündende Rohr F Dampf aus dem Kessel erhält und
                              									andererseits den überhitzten Dampf oben durch das Rohr G
                              									weiter leitet. Dieses Rohr G kehrt wieder in den
                              									Dampfkessel zurück, zieht sich unter dem Wasserspiegel in genügender Länge hin und
                              									verläßt bei I den Kessel und führt den getrockneten
                              									Dampf zum Maschinencylinder.
                           Die Wirkungsweise dieses Trockenapparates ist also folgende: Der nasse Dampf tritt
                              									aus dem Kessel in den Ueberhitzer durch das untere Rohr F; hier getrocknet und selbst in sonst bedenklichem Maaße überhitzt, kehrt
                              									der Dampf durch das obere Rohr G in den Kesselraum
                              									zurück und liefert den Wärmeüberschuß an den Kesseldampf sowie an das Kesselwasser,
                              									begünstigt also die Verdampfung des letzteren; endlich gelangt dieser getrocknete
                              									Dampf mit einer Temperatur entsprechend der Kesselspannung in den Dampfcylinder.
                           Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, daß man den überhitzten Dampf statt durch den
                              									Kessel durch einen besonderen Vorwärmapparat führen kann; immer wird der Dampf mit
                              									keiner zu hohen Temperatur, doch mit dem erwünschten Grade der Trockenheit in den
                              									Cylinder geführt werden können.
                           
                              J. Z.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
