| Titel: | Die Anwendung comprimirter Luft zum Betriebe unterirdischer Maschinen. | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. IV., S. 18 | 
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                        IV.
                        Die Anwendung comprimirter Luft zum Betriebe
                           								unterirdischer Maschinen.
                        Ueber die Anwendung comprimirter Luft zum Betriebe unterirdischer
                           								Maschinen.
                        
                     
                        
                           Die Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen in Preußen, 1869 S.
                              									1, liefert eine von Hrn. Haßlacher zu Dudweiler verfaßte
                              									Abhandlung über den Betrieb mit comprimirter Luft auf den k. Steinkohlengruben
                              										„Sulzbach-Altenwald“ und
                              										„Gerhard-Prinz Wilhelm“ bei Saarbrück, welche
                              									schätzenswerthe Arbeit wir auszugsweise hier wiedergeben.
                           Die Anwendung comprimirter Luft zu Zwecken des Bergbaues ist noch von verhältnißmäßig
                              									sehr jungem Datum. Nachdem im Jahre 1839 der französische Ingenieur Triger zuerst das Princip der Taucherglocke mit Erfolg
                              									beim Durchteufen schwimmender Massen versucht hatte, bediente man sich vielfach in
                              										BelgienPonson, Traité de l'exploitation des mines de houille. p.
                                    											498–534. und später (seit 1856) auch in der preußischen
                              									Rheinprovinz (Grube MariaZeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in Preußen,
                                    											Bd. IV Lief. 1 und Bd. VIII Lief. 3. im Wormrevier bei Aachen und
                              									neuerdings Schacht Rheinpreußen bei Homberg am Rhein) comprimirter Luft zum
                              									Zurückdämmen der Wässer bei der Senkarbeit und bei Schachtreparaturen im
                              									schwimmenden Gebirge, ohne dabei indessen die eigentlich bewegende Kraft der
                              									gepreßten Luft auszunutzen.
                           Das Verdienst, letztere zuerst als Motor für unterirdische
                              									Maschinen eingeführt zu haben, gebührt, wie so mancher andere Fortschritt in der Bergmaschinentechnik,
                              									lediglich England, woselbst bereits im Jahre 1851 auf dem Govan-Eisenwerk bei
                              									Glasgow (Schottland) eine mit comprimirter Luft betriebene unterirdische Maschine
                              									zur Förderung und Wasserhaltung aus einem flachen Gesenke in Gang kam.Die höchst sinnreich construirte Compressionsmaschine wie auch die
                                    											unterirdische Luftmaschine ist beschrieben in der Revue universelle des mines t. I, und in der Zeitschrift für
                                    											Berg-, Hütten- und Salinenwesen Bd. IX Lief. 1.
                              									Seitdem haben derartige Maschinen in ganz England ausgedehntere Verwendung gefunden,
                              									und nach der ausgesprochenen Ueberzeugung vieler englischer IngenieureMan vergl. Cornet, Description des machines à air comprimé, Mons 1865,
                                    												p. 4. steht den Luftmaschinen für
                              									den unterirdischen Betrieb in allen Bergbaudistricten Großbritanniens eine glänzende
                              									Zukunft bevor.
                           Auf dem Kontinente erfolgte die erste Einrichtung einer Grubenförderung mit
                              									comprimirter Luft erst zu Anfang des Jahres 1865 auf der Steinkohlengrube
                              									Sars-Longchamps im Districte von Charleroi (Belgien). Es sollen auf dieser
                              									Grube gegenwärtig vier an verschiedenen Grubenpunkten aufgestellte unterirdische
                              									Maschinen zur Förderung und Wasserhaltung aus einfallenden Strecken und außerdem
                              									eine Maschine zur horizontalen Seilförderung mit comprimirter Luft betrieben werden,
                              									wobei letztere über Tage durch eine besondere Maschine beschafft und durch
                              									gußeiserne Röhren in die Grube eingeleitet wird. Im Uebrigen scheint diese Art von
                              									Luftmaschinen auf dem Continente bisher noch keine weitere Verbreitung erlangt zu
                              									haben, wenigstens nicht in Deutschland.
                           Dagegen hat sich auf dem Continente zuerst eine andere wichtige Verwendung der
                              									comprimirten Luft geltend gemacht zum Betriebe der in neuerer Zeit construirten
                              									Maschinen für die eigentlichen bergmännischen Gewinnungsarbeiten, nämlich der
                              									Bohrmaschinen und Schrämmaschinen. Schon im Jahre 1855 begann der italienische
                              									Ingenieur Sommeiller Versuche mit einer von ihm
                              									erfundenen Gesteinsbohrmaschine,Devillez, Des
                                       												travaux de percement du tunnel sous les alpes et de l'emploi des
                                       												machines dans l'intérieur des mines. Paris, 1863.
                              									welche seitdem unter Anwendung comprimirter Luft zu so ausgezeichneten, selbst die
                              									kühnsten Erwartungen übertreffenden Resultaten bei Durchbohrung des 12,000 Meter
                              									langen Mont Cenis-Tunnel geführt haben.Man s. die Beschreibung von Sommeiller's neuer Luftcompressionsmaschine im
                                    											polytechn. Journal, 1863, Bd. CLXX S. 86. Es unterliegt wohl
                              									keinem Zweifel, daß ohne Zuhülfenahme der comprimirten Luft diese großartigste
                              									Unternehmung unseres Jahrhunderts nicht in der doppelten und dreifachen Zeit, ja
                              									vielleicht überhaupt nie zur Vollendung kommen würde.
                           
                           Seit den ersten Versuchen Sommeiller's sind in England,
                              									Amerika und Deutschland eine ganze Reihe Gesteinsbohr- und
                              									Schräm-(Kohlenhau-) Maschinen zur Ausführung gekommen, welche mehr
                              									oder minder ausschließlich für den Betrieb mit comprimirter Luft construirt sind. In
                              									Deutschland waren es vorzugsweise die Schwartzkopff'sche,Beschrieben in der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, Bd. III S.
                                    											183.
                              									Schumann'sche und die durch erhebliche Vereinfachungen
                              									aus letzterer hervorgegangene Sachs'sche Bohrmaschine,
                              									welche im Großen beim Bergbau versucht wurden. Die mit der zuletzt genannten Sachs'schen Maschine auf der Grube Altenberg bei
                              										AachenEbendaselbst Bd. XI S. 703. erreichten höchst günstigen Resultate
                              									veranlaßten im Jahre 1867 auch ihre Einführung auf den Steinkohlengruben bei
                              									Saarbrück.
                           Weniger Anwendung haben in Deutschland bisher die Schrämmaschinen gefunden, von denen
                              									als die wichtigsten diejenigen der Engländer Jones und
                              										Levik und Carrett und
                              									Marshal genannt werden müssen.Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, Bd. XIV Lief.
                                    											3. – Die Schrämmaschine von Firth ist
                                    											beschrieben im polytechn. Journal Bd.
                                       												CLXXIII S. 189, die von Jones und Ridley daselbst S. 191; Carrett's hydraulische Schrämmaschine in Bd. CLXXIX S.
                                    										11. Auch mit ihnen sind gegenwärtig auf den Saarbrücker Gruben unter
                              									Anwendung von comprimirter Luft als Motor die Versuche begonnen, und werden
                              									dieselben voraussichtlich zu einer dauernden vortheilhaften Benutzung der Maschinen
                              									beim dortigen Steinkohlenbergbau führen.
                           Es ist von vornherein klar, daß die Luftmaschinen im Allgemeinen beim Bergbau für den
                              									oberirdischen Betrieb, wo es sich zudem meist um Leistung einer großen Kraft
                              									handelt, gegenüber den billiger arbeitenden Dampfmaschinen wohl zurückstehen werden.
                              									Bei dem unterirdischen Maschinenbetriebe dagegen machen
                              									sich bekannter Weise so viele Umstände geltend, welche gegen die Anwendung von
                              									Dampfmaschinen sprechen, daß für ihn die Luftmaschinen in den weitaus meisten
                              									Fällen, namentlich in größerer Teufe und weiter Entfernung von den Hauptschächten
                              									und wohl immer bei Vorkommen schlagender Wetter, entschieden den Vorzug verdienen.
                              									Die leichte Zuführung der über Tage comprimirten Luft zu jedem erforderlichen
                              									Arbeitspunkte innerhalb der Grube, der gänzliche Ausschluß jeglicher Erhitzung von
                              									Leitung und Maschine und in Folge dessen die gute Conservirung beider, ganz
                              									besonders aber die durch die verbrauchte comprimirte Luft am Arbeitspunkte und mit
                              									leichter Mühe auch an anderen entfernteren Grubenpunkten zu erzielende
                              									ausgezeichnete Ventilation sind Momente zu Gunsten der Luftmaschinen, welche gegenüber den in der
                              									Grube zu manchen Unzuträglichkeiten führenden Wirkungen des Dampfes schwer in's
                              									Gewicht fallen und namentlich für Steinkohlengruben sehr hoch angeschlagen werden
                              									müssen.
                           Dazu kommt, daß es sich beim unterirdischen Maschinenbetriebe durchgehends weniger um
                              										eine große Maschinenanlage, als vielmehr um
                              									Vertheilung geringer Maschinenkräfte auf verschiedene Stellen und zugleich um
                              									leichte Verlegung der Arbeitspunkte von einer Stelle zur anderen handelt. Treten
                              									namentlich zu den Fördermaschinen noch die kleinen Bohr- und Schrämmaschinen
                              									hinzu, bei denen eine tägliche, fast permanente Verschiebung des Arbeitspunktes
                              									stattzufinden hat, so sind wohl nur Luftmaschinen allein anwendbar.
                           Bei dem Saarbrücker Steinkohlenbergbau verursachten von jeher besonders die
                              									Vorrichtungsarbeiten der im Flötzfallen getriebenen einfallenden Strecken sehr große
                              									Kosten und Schwierigkeiten. In den oberen Sohlen hat man sich durch Aufstellung von
                              									Dampflocomobilen geholfen, an einzelnen Stellen auch die Bremsschachtförderung einer
                              									oberen Sohle durch besondere Vorrichtungen für die einfallende Strecke der unteren
                              									Sohle nutzbar gemacht; auf Grube „Gerhard“ hat man sogar zu dem
                              									Zwecke sehr große Kosten auf kleine Turbinen und Wassersäulenförderung verwandt,
                              									doch ist man schließlich wieder stets auf die ursprüngliche kostspielige Förderung
                              									mit Pferden zurückgekommen, und wo bei einem steileren Flötzfallen die
                              									Pferdeförderung nicht möglich ist, mußte man das Princip der einfallenden Strecken
                              									ganz aufgeben und schwebende Strecken von unten nach oben aufhauen, wobei dann
                              									wieder als anderer Uebelstand die stete Gefahr des Ansammelns schlagender Wetter
                              									vorhanden ist, durch welche die Arbeit meist nicht wenig beeinträchtigt wird.
                           Alle diese Schwierigkeiten werden durch Verwendung comprimirter Luft völlig
                              									beseitigt. Die Luftfördermaschinen ermöglichen es nicht nur, mit verhältnißmäßig
                              									geringen Kosten und nicht unbeträchtlicher Zeitersparniß einfallende Strecken bei
                              									jedem Flötzfallen, in jeder Teufe und Entfernung vom Hauptschachte niederzubringen,
                              									sondern sie gestatten auch noch, von den einfallenden Strecken aus die tieferen
                              									Sohlen zu fassen und erhebliche Längen der erforderlichen Lösungsquerschläge fertig
                              									zu stellen, bevor noch die Hauptschächte bis zu der betreffenden neuen Sohle
                              									abgesunken sind, und von ihnen aus die Lösung begonnen werden kann.
                           Wenn nun schon einerseits durch die Luftfördermaschinen in Folge der durch sie zu
                              									betreibenden einfallenden Strecken eine kräftige Beschleunigung der
                              									Vorrichtungsarbeiten bewirkt werden kann, so wird andererseits für diese Arbeiten
                              									noch ein weiterer Zeit- und Arbeitsgewinn erzielt durch Einführung von
                              									Luftbohrmaschinen zum Betriebe der Gesteinsarbeiten. Durch die auf Grube Altenberg
                              									bei Aachen in den letzten Jahren angestellten vergleichenden Versuche ist dargethan,
                              									daß bei hartem, höchst ungünstigem Gestein in der gleichen Zeit mit
                              									Luftbohrmaschinen mehr als das Doppelte geleistet wird, wie bei gewöhnlicher
                              									Handbohrarbeit.
                           Für die Saarbrücker Steinkohlengruben, bei denen sich die an die Productionsfähigkeit
                              									der einzelnen Werke gestellten Anforderungen von Jahr zu Jahr in einer Weise
                              									steigern, daß kaum noch die Vorrichtungsarbeiten vor dem Abbau den zur Wahrung einer
                              									nachhaltigen Förderung nöthigen Vorsprung inne zu halten vermögen, muß natürlich
                              									eine erhebliche Beschleunigung der Vorrichtungsarbeiten von der größten Wichtigkeit
                              									und jedes Mittel erwünscht seyn, welches eine solche Beschleunigung gestattet, ohne
                              									die Förderung einzuschränken. So entschloß man sich denn seitens der königl.
                              									Verwaltung der dortigen Werke bereits im Jahre 1865, Luftmaschinen aller Art,
                              									namentlich aber solche zum Gesteinsbohren in Schächten und Querschlägen sowie zur
                              									Förderung in einfallenden Strecken, im Großen zu versuchen und bei bewiesener
                              									Brauchbarkeit sie dauernd einzuführen.
                           Da übrigens die Anwendung comprimirter Luft für unterirdische Maschinen die Anlage
                              									einer kostspieligen Luftcompressionsmaschine über Tage bedingt, so mußte für die
                              									Saarbrücker Gruben Bedacht genommen werden, zu diesen Versuchen solche
                              									Betriebspunkte auszuwählen, wo einmal die Vorrichtung einer neuen Tiefbausohle den
                              									gleichzeitigen Betrieb mehrerer Luftförder- und Bohrmaschinen wünschenswerth
                              									machte und wo außerdem über Tage größere Kessel- oder Maschinenanlagen
                              									vorhanden waren, an welche man dann die neue Anlage zweckmäßig anschließen
                              									konnte.
                           Es kamen hierbei vorzugsweise die beiden Gruben Sulzbach-Altenwald und
                              									Gerhard-Prinz Wilhelm in Betracht, auf denen in den Grubenabtheilungen
                              									Altenwald und bezüglich Albertschacht Betriebspunkte gegeben waren, welche nicht nur
                              									den Voraussetzungen zu einer ökonomisch vortheilhaften Verwendung comprimirter Luft
                              									entsprachen, sondern bei denen auch gerade eine kräftige Beschleunigung der
                              									Vorrichtungsarbeiten am dringendsten geboten schien.
                           An beiden Punkten sind im Laufe des Jahres 1867 die nöthigen Einrichtungen über und
                              									unter Tage, theilweise nach verschiedenen Systemen für beide Gruben, getroffen und
                              									die Luftmaschinen zu den mannichfachsten Zwecken in Anwendung gekommen. Obwohl die
                              									Versuche mit allen diesen Maschinen zur Zeit noch nicht als abgeschlossen zu
                              									betrachten sind, so steht doch schon jetzt so viel fest, daß die Anwendung
                              									comprimirter Luft zum
                              									Betriebe unterirdischer Maschinen aller Art beim Saarbrücker Steinkohlenbergbau sich
                              									auf's beste bewährt und daß mit Benutzung von Luftmaschinen in den meisten Fällen
                              									ein beträchtlicher Gewinn an Zeit und menschlicher Arbeitskraft gegenüber den sonst
                              									gebräuchlichen Betriebsweisen verbunden ist, während sich gleichzeitig auch die
                              									finanziellen Resultate ganz günstig gestalten.
                           Die nun folgenden ausführlichen Beschreibungen der ganzen Anlagen, der
                              									Luftcompressionspumpen, der Luftleitungen, der Verwendung der comprimirten Luft zu
                              									Gesteinsbohrmaschinen, zu Schrämmaschinen, zu Lufthaspeln, zu Luftdruckpumpen zum
                              									Wasserheben und zur Ventilation sind mit Situationsplänen und Maschinenzeichnungen
                              									begleitet. Nicht weniger beachtenswerth sind die Kraftberechnungen und der Vergleich
                              									der Kosten der Maschinen gegenüber der Handarbeit. R. W. (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
                                 										1870, Bd. XIV S. 459.)