| Titel: | Untersuchungen über die Fabrication von caustischem Baryt; von A. Rosenstiehl. | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XIV., S. 64 | 
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                        XIV.
                        Untersuchungen über die Fabrication von
                           								caustischem Baryt; von A.
                              									Rosenstiehl.
                        Nach dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 										Mulhouse, t. XL p. 127, Februar und März 1870; aus dem polytechnischen
                                 										Centralblatt, 1870 S. 1184.
                        Rosenstiehl, über die Fabrication von Aetzbaryt.
                        
                     
                        
                           Im Jahre 1862 gelang es Rosenstiehl, einen mangansauren
                              									Baryt darzustellen, welcher sich durch eine schöne smaragdgrüne Farbe
                              										auszeichnet.Diese Verbindung, welche aus 3 Aeq. Baryt und 2 Aeq. Mangansäure besteht, ist
                                    											im polytechn. Journal, 1865, Bd. CLXXVII S. 409 beschrieben. Er
                              									hoffte, daß diese Verbindung als Farbstoff Anwendung finden könne; dieß setzte aber
                              									die wohlfeile Darstellung von caustischem Baryt voraus, da die neue Farbe mit dem
                              										Guignet'schen Grün concurriren und durch niedrigen
                              									Preis die größere Aechtheit desselben ausgleichen mußte. Rosenstiehl unternahm daher Versuche zur Auffindung eines geeigneten
                              									Verfahrens zur fabrikmäßigen Darstellung von Barythydrat aus Schwerspath. Diese
                              									Versuche wurden in den Jahren 1864 und 1865 ausgeführt, und die hauptsächlichsten
                              									derselben wurden in den Jahren 1866 und 1867 in der Fabrik von C. Kestner in Thann im Großen wiederholt. Die erlangten
                              									Resultate waren vollkommen befriedigend; nur bestand noch die Schwierigkeit, das
                              									Schwefelbaryum wohlfeil zu beschaffen. Inzwischen hatte aber die Erzeugung des
                              									Anilingrüns sich rasch entwickelt, und in Folge dessen bot die Darstellung des
                              									mangansauren Baryts kaum noch ein Interesse dar. Unter diesen Umständen, und da der
                              									Baryt auch sonst zur Zeit keine erhebliche technische Verwendung findet, beschloß
                              										Kestner, die Versuche über die fabrikmäßige
                              									Darstellung des Schwefelbaryums vor der Hand nicht weiter fortzusetzen.
                           Rosenstiehl hat die Ergebnisse seiner Versuche in einer
                              									der Industrie-Gesellschaft zu Mülhausen überreichten Abhandlung
                              									veröffentlicht. Die
                              									Veranlassung dazu war der Umstand, daß der Apotheker Nicklès in Villé ebenfalls ein
                              									Verfahren zur Baryt Fabrication beschrieben hat, welches dem Rosenstiehl'schen ähnlich ist. Die Abhandlung von Nicklès, welche ebenfalls der Mülhausener Gesellschaft überreicht
                              									wurde, ist bereits im polytechn. Journal Bd. CXCV
                                 										S. 143 (zweites Januarheft 1870) mitgetheilt worden. Daselbst sind auf S.
                              									147 und 148 auch die Versuche von Rosenstiehl erwähnt,
                              									und in unserer Quelle ist ausdrücklich bemerkt, daß diesem die Priorität der
                              									Entdeckung des Verfahrens zukomme. Wir theilen nachstehend das Wichtigste aus der
                              									Abhandlung Rosenstiehl's mit.
                           Rosenstiehl prüfte zunächst folgende Körper in Bezug auf
                              									die Frage, ob sie zur Fabrication von Baryt, indem man sie auf Schwefelbaryum wirken
                              									läßt, geeignet sind: Kalthydrat, Manganoxydulhydrat, Eisenoxydhydrat,
                              									Eisenoxydulhydrat und Zinkoxydhydrat. Die Versuche ergaben, daß die vier erst
                              									genannten Körper sich aus verschiedenen Gründen, welche in der Abhandlung angegeben
                              									sind, nicht für den erwähnten Zweck eignen, daß aber das Zinkoxyd eine so glatte und
                              									vollständige Reaction auf das Schwefelbaryum zeigt, daß nicht leicht ein zur
                              									Fabrication von Baryt geeigneterer Körper dürfte gefunden werden können.
                           Fabrication von caustischem Baryt. – Das Verfahren
                              									welches Rosenstiehl vorschlägt, gründet sich daher auf
                              									die Zersetzung des Schwefelbaryums durch Zinkoxydhydrat. Er bespricht zunächst die
                              									Nebenwirkungen, welche die Hauptreaction begleiten.
                           Einfluß der fremdartigen Stoffe, secundäre Reactionen. Die
                              									Stoffe welche bei der Einwirkung von Zinkoxydhydrat auf Schwefelbaryum außer diesen
                              									beiden Körpern nothwendig oder zufällig zugegen sind, sind folgende:
                           1) Aus dem Zinkoxydyhdrat herstammend: überschüssiger Kalk, kohlensaurer Kalk,
                              									Eisenoxyd, Thonerde, kohlensaures Zinkoxyd, Zinkoxychlorid, Chlorcalcium (von
                              									unvollständiger Auswaschung des Zinkoxydhydrats herrührend), Schwefelzink und
                              									Zinkoxyd.
                           2) Aus dem rohen Schwefelbaryum herstammend: überschüssige Kohle.
                           Jeder der in Betracht kommenden Körper wurde unter denselben Umständen, wie sie bei
                              									der Einwirkung des Zinkoxydhydrats auf das Schwefelbaryum stattfinden, mit einer
                              									titrirten Lösung von Baryt oder Schwefelbaryum zusammen gebracht. Dabei wurden
                              									folgende Resultate erhalten:
                           Ein Ueberschuß von Kalk verringert die Ausbeute nicht und
                              									veranlaßt nur den
                              									Uebelstand, daß bei der Regeneration des Zinkoxydhydrats mehr Salzsäure verbraucht
                              									wird.
                           Kohlensaurer Kalk erleidet bei langem Kochen mit
                              									caustischem Baryt keine merkliche Zersetzung.
                           Eisenoxyd und Thonerde bilden
                              									mit dem Baryt unlösliche Verbindungen, deren Entstehung einen Verlust bedingt.
                           Kohlensaures Zinkoxyd zersetzt sich mit Schwefelbaryum zu
                              									Schwefelzink und kohlensaurem Baryt. Die Gegenwart desselben muß also vermieden
                              									werden.
                           Zinkoxychlorid und Chlorcalcium
                              									wirken auf den Baryt und das Schwefelbaryum, indem Chlorbaryum entsteht. Der daraus
                              									entspringende Verlust an Baryt ist der Menge des vorhandenen Chlors
                              									proportional.
                           Schwefelzink und Zinkoxydhydrat
                              									verbinden sich weder mit Baryt noch mit Schwefelbaryum und bedingen folglich keinen
                              									merklichen Verlust.
                           Kohle, welche dem Schwefelbaryum beigemengt ist, veranlaßt
                              									einen erheblichen Verlust, indem sie hartnäckig Baryt zurück hält. Ein rohes
                              									Schwefelbaryum, welches nach der alkalimetrischen Bestimmung 61,65 Proc. Baryum
                              									enthielt, lieferte z.B. beim Erschöpfen mit kochendem Wasser in der Lösung nur 46,5
                              									Proc. Baryum. In einem anderen Versuche wurden 175 Grm. gewaschene Kohle mit 500
                              									Kubikcentimetern Barytwasser, welche 11,155 Grm. Baryum enthielten, gekocht; man
                              									konnte nachher nur 8,01 Grm. Baryum durch Waschen der Kohle in der Lösung wieder
                              									gewinnen. Aus diesen Versuchen ergibt sich, daß die Kohle sowohl Baryt als
                              									Schwefelbaryum zurück hält. Man muß also, um diese Verluste zu vermeiden, ein
                              									Schwefelbaryum darstellen, welches so wenig als möglich überschüssige Kohle
                              									enthält.
                           Beschreibung des Verfahrens. – Das Verfahren
                              									besteht im Wesentlichen darin, daß man die Lösung des Schwefelbaryums mit
                              									Zinkoxydhydrat kocht und die Mischung nachher mit kochendem Wasser erschöpft, um den
                              									Baryt von dem Schwefelzink zu trennen. Um aus dem letzteren das Zinkoxyd zu
                              									regeneriren, löst man es in Salzsäure auf – aus dem dabei entweichenden
                              									Schwefelwasserstoff wird der Schwefel gewonnen – und fällt die so erhaltene
                              									Flüssigkeit mit Kalkmilch. Die verschiedenen Operationen werden nun nach einander
                              									betrachtet.
                           Darstellung des Schwefelbaryums aus Schwerspath. –
                              									Der hierauf sich beziehende Theil der Arbeit Rosenstiehl's ist aus dem oben angegebenen Grunde unbeendet geblieben. Der
                              									Apparat, welchen er zuletzt zur Reduction des Schwerspaths benutzte, bestand in einer Röhre, welche
                              									vertical in einem Ofen so aufgestellt war, daß sie ihrer ganzen Länge nach glühend
                              									gemacht werden konnte. Die Röhre war unten mit einem Register versehen, durch
                              									welches man das fertige Schwefelbaryum in ein Gefäß fallen ließ, in welchem es bei
                              									Abschluß der Luft erkaltete. Die Röhre wurde dann von oben auf's Neue beschickt. Da
                              									bei der Einwirkung der Kohle (Steinkohle) auf den Schwerspath beständig Kohlensäure
                              									entweicht, und dadurch die Luft genügend abgehalten wird, so braucht die Röhre nicht
                              									gasdicht zu seyn. Die Mischung von Schwerspath und Kohle ist ein schlechter
                              									Wärmeleiter; deßhalb darf die Röhre bei cylindrischem Querschnitt nicht über 15
                              									Centimeter weit seyn.
                           Darstellung des Zinkoxydes. – Man vermischt eine
                              									Lösung von Chlorzink mit Kalkmilch in geringem Ueberschuß, am besten bei Siedhitze.
                              									Wird zur Fällung nicht genug Kalk angewendet, so entsteht ein unlösliches
                              									Oxychlorid, welches sich dem Zinkoxydhydrat beimischt. Der Niederschlag wird durch
                              									Decantiren vollständig ausgewaschen, was leicht von statten geht.
                           Darstellung des Baryts. – Man erhitzt die Mischung
                              									von Zinkoxyd und Wasser zum Kochen, bringt das rohe Schwefelbaryum in äquivalenter
                              									Menge nach und nach dazu, und setzt das Kochen bis zur vollständigen Entschwefelung
                              									des Baryums (ca. 1 1/2 Stunden lang) fort. Die Wirkung
                              									erfolgt um so rascher, je feiner zertheilt das Zinkoxyd ist. Um die Beendigung der
                              									Reaction zu erkennen, wendet man das von Mohr in seiner
                              										„Titrirmethode“ S. 377 angegebene Verfahren an. Nach der
                              									Entschwefelung läßt man absetzen; die decantirte erste Lauge ist krystallisirbar;
                              									der Absatz wird mit gekochtem, heißem Wasser durch Decantiren ausgewaschen. Bei
                              									einer regelmäßigen Fabrication muß dieß continuirlich (in ähnlicher Weise wie beim
                              									Auslaugen der rohen Soda) geschehen, da man sonst zu viel Zeit und Wasser
                              									braucht.
                           
                        
                           Versuche über die Regeneration des Zinkoxydes und die
                              									Gewinnung des Schwefels aus dem Schwefelzink.
                           In dieser Hinsicht wurde Dreierlei probirt, nämlich 1) Rösten des Schwefelzinkes, 2)
                              									Auflösen des Schwefelzinkes in Salzsäure und 3) Auflösen einer Mischung von
                              									Schwefelzink und unterschwefligsaurem Zinkoxyd in Salzsäure.
                           1) Rösten des Schwefelzinkes. Hierüber hat Rosenstiehl gemeinschaftlich mit Scheurer-Kestner einen Versuch ausgeführt, und zwar unter
                              									vollständig technischen Verhältnissen. Getrocknetes Schwefelzink wurde auf einer
                              									schwach concaven thönernen Platte in einen zum Verbrennen von Schwefelkies dienenden, in voller
                              									Thätigkeit befindlichen Ofen gebracht, so daß es bei starker Hitze der Einwirkung
                              									der Luft ausgesetzt war. Der Rückstand ergab bei der Analyse folgende
                              									Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Zinkoxyd
                                 61,65
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 31,51
                                 
                              
                                 schwefelsaurer Baryt
                                 6,54
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,70
                                 
                              
                           Man sieht hieraus, daß der Schwefel, statt vollständig in Form von schwefliger Säure
                              									zu entweichen, eine bedeutende Menge Schwefelsäure bildet, welche sich mit dem
                              									Zinkoxyd verbindet. Die obigen Zahlen entsprechen nahezu dem Verhältniß von 2 Atomen
                              									Zinkoxyd und 1 Atom Schwefelsäure. Die Schwefelsäure bildet also mit dem Zinkoxyd
                              									ein basisches Salz von der Formel 2ZnO, SO³. Die Masse ist nämlich ganz
                              									unlöslich in Wasser, woraus hervorgeht, daß sie nicht ein Gemenge von Oxyd und
                              									neutralem Sulfat ist. Dieses basische Salz wird auch von Salzsäure in der Kälte fast
                              									gar nicht angegriffen; nur von einem großen Ueberschuß heißer Salzsäure wird es
                              									aufgelöst. Das Rösten ist hiernach zur Regeneration des Zinkoxydes nicht
                              									anwendbar.
                           2) Auflösen des Schwefelzinkes in Salzsäure. Durch
                              									Behandlung mit Salzsäure läßt sich das Schwefelzink leicht in Chlorzink überführen,
                              									aus welchem das Zinkoxyd regenerirt werden kann. Dabei entsteht aber
                              									Schwefelwasserstoff, welcher jedenfalls zerstört und dessen Schwefel in nutzbarer
                              									Form gewonnen werden muß. Dieß ist eine schwierige Aufgabe. Die directe Verbrennung
                              									des Schwefelwasserstoffes, theoretisch eine so leichte Sache, ist praktisch nicht
                              									ausführbar. Eine lange und kostspielige Erfahrung hat die Praktiker, welche die
                              									Lösung des Problemes auf diese Weise zu erreichen suchten, gelehrt, daß das
                              									Schwefelwasserstoffgas, obschon anscheinend so leicht verbrennlich, doch zu einer
                              									regelmäßigen Production von schwefliger Säure, wie z.B. der normale Betrieb der
                              									Bleikammern sie erfordert, ganz ungeeignet ist. Man hat daher die directe
                              									Verarbeitung des Schwefelwasserstoffes auf Schwefelsäure vorläufig aufgegeben.
                           Es bleibt also nur übrig, daß man den Schwefel als solchen aus dem
                              									Schwefelwasserstoff zu gewinnen sucht. Dazu kann man die Reaction von schwefliger
                              									Säure auf Schwefelwasserstoff benutzen. 2HS und SO² geben, indem sie auf
                              									einander wirken, 2HO und 3S. In Folge einer secundären Reaction entsteht außerdem
                              									eine gewisse Menge Pentathionsäure; dieselbe ist um so geringer, je trockener die
                              									Gase sind. Wenn die
                              									Reaction einmal begonnen hat, so ist das entstandene Wasser zur Fortdauer derselben
                              									hinreichend. Eine zweite zu beobachtende Bedingung ist, daß man das
                              									Schwefelwasserstoffgas in geringem Ueberschuß erhält. Unter diesen Umständen wird
                              									die Menge der Pentathionsäure auf ihr Minimum reducirt.
                           Dieses Verfahren erfordert nun die Darstellung von schwefliger Säure. Der Versuch hat
                              									gelehrt, daß die durch Verbrennen von Schwefel oder Schwefelkies an der Luft
                              									erhaltene schweflige Säure für den vorliegenden Zweck nicht geeignet ist, sowohl
                              									weil wegen der Vertheilung des Gases zwischen viel Stickstoff- und
                              									Sauerstoffgas die Wirkung zu langsam erfolgt, als auch weil der abgeschiedene
                              									Schwefel sehr fein zertheilt ist, und deßhalb sich nur sehr langsam absetzt und zum
                              									großen Theil von dem Gasstrom fortgeführt wird. Man muß also reine, nicht mit
                              									anderen Gasen vermischte schweflige Säure anwenden. Mit solcher geht der Proceß sehr
                              									gut von statten; die Reaction erfolgt augenblicklich, die Temperatur erhöht sich,
                              									und der Schwefel setzt sich in Form einer adhäsiven, elastischen Masse von schöner
                              									gelber Farbe ab. Die einzige Schwierigkeit besteht in der wohlfeilen Erzeugung der
                              									schwefligen Säure. Davon wird weiter unten die Rede seyn.
                           3) Einwirkung von Salzsäure auf ein Gemenge von Schwefelzink
                                 										und unterschwefligsaurem Zinkoxyd. Um sich ein Gemenge von Schwefelzink und
                              									unterschwefligsaurem Zinkoxyd zu verschaffen, verfuhr Rosenstiehl auf folgende Weise: Schwefelzink wurde in Wasser vertheilt und
                              									der Einwirkung der aus einem Schwefelkies-Ofen kommenden Gase ausgesetzt. Die
                              									Mischung befand sich in einem liegenden Fasse, welches mit einem Rührer versehen
                              									war. Die Absorption der schwefligen Säure ging leicht von statten. Die Operation
                              									wurde so lange fortgesetzt, bis eine Probe der Mischung, mit Salzsäure zusammen
                              									gebracht, keinen Schwefelwasserstoff mehr entwickelte, sondern sich ohne
                              									Gasentwickelung auflöste. Das Schwefelzink und das unterschwefligsaure Zinkoxyd
                              									waren dann in einem solchen Mengenverhältniß vorhanden, daß der Schwefelwasserstoff,
                              									welcher beim Zusammenbringen mit Salzsäure aus dem Schwefelzink, und die schweflige
                              									Säure welche dabei aus dem unterschwefligsauren Zinkoxyd frei wurde, sich unter
                              									Bildung von Wasser und Abscheidung von Schwefel gegenseitig zerstörten.
                           Dieses Verfahren scheint den Anforderungen der Praxis vollständig zu entsprechen; es
                              									liefert Chlorzink und Schwefel, welche beide unmittelbar benutzt werden können. Es
                              									wurde daher auch in der Kestner'schen Fabrik im Großen
                              									probirt; dabei stellte sich aber ein Uebelstand heraus, wegen dessen es aufgegeben werden mußte. Es zeigte
                              									sich nämlich, daß zur gleichzeitigen Zersetzung des Schwefelzinkes und des
                              									unter-schwefligsauren Zinkoxydes die theoretische Quantität von Salzsäure
                              									nicht ausreichend ist, sondern daß man, damit die Reaction stattfinde, einen solchen
                              									Ueberschuß von Salzsäure anwenden muß, daß dadurch der Vortheil der Regeneration des
                              									Schwefels gänzlich verloren geht.
                           
                        
                           Technische Darstellung reiner
                                 										schwefliger Säure.
                           Rosenstiehl probirte für diesen Zweck folgende
                              									Methoden:
                           1) Glühen von Schwefelkies mit
                                 										basisch-schwefel-saurem Eisenoxyd. – 15 Grm.
                              									Schwefelkies, wie er in der Kestner'schen Fabrik zur
                              									Schwefelsäure-Fabrication verwendet wird (46,8 Proc. Schwefel enthaltend),
                              									und 80 Grm. basisch schwefelsaures Eisenoxyd, durch Erhitzen von Eisenvitriol an der
                              									Luft erhalten (19 Proc. Schwefel enthaltend), wurden zusammen in einer thönernen
                              									Retorte geglüht, indem man die sich entwickelnden Gase in Natronlauge leitete. Die
                              									Producte der Reaction wurden analysirt. Es ergab sich, daß dieselbe in folgender Art
                              									verlaufen war:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 AngewendeteSubstanz
                                 
                                 Rückstandin der Retorte
                                 VerflüchtigteStoffe
                                 
                              
                                 Eisen
                                 34,6
                                 
                                 34,6
                                 
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 37,1
                                 
                                 13,2
                                 23,9
                                 
                              
                                 Schwefel,herstammend
                                 
                                    
                                    
                                 aus dem Schwefelkiesaus dem
                                    											basisch-schwefelsaurenEisenoxyd
                                   7,015,2
                                 
                                    
                                    
                                   1,2
                                 21,0
                                 
                              
                                 Quarz (aus dem Schwefelkies)
                                   1,0
                                 
                                   1,0
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 94,9
                                 
                                 50,0
                                 44,9
                                 
                              
                           Das Eisen und der Sauerstoff stehen im Rückstande im Verhältniß der Formel
                              									Fe³O⁴. Als Hauptproducte waren hiernach Eisenoxydoxydul und schweflige
                              									Säure entstanden. Der Rückstand enthielt außerdem etwas Schwefeleisen. Die
                              									Natronlauge hatte 34,6 Grm. schweflige Säure und außerdem Schwefelsäure aufgenommen,
                              									deren Menge 44,9 – 34,6 = 10,3 Grm. betragen haben muß. Das Vorhandenseyn der
                              									Schwefelsäure zeigt, daß man der Mischung mehr Schwefelkies hätte zusetzen können.
                              									Dieses Verfahren dürfte praktisch anwendbar seyn; man könnte das bei der
                              									freiwilligen Oxydation der Kiese entstehende basisch-schwefelsaure Eisenoxyd
                              									anwenden.
                           2) Glühen von Schwefelkies mit Eisenoxyd. – 45 Grm.
                              									Schwefelkies wurden in gleicher Weise, wie zuvor, mit 80 Grm. Eisenoxyd (Rückstand
                              									vom Rösten des Schwefelkieses) geglüht. Dabei entwickelte sich schweflige Säure; der
                              									Rückstand bestand aus Eisenoxydoxydul und Anderthalb-Schwefeleisen. Hätte man im
                              									Verhältniß zum Schwefelkies genug Eisenoxyd (das 21- bis 22fache, abgesehen
                              									vom Quarz) angewendet, so wäre ohne Zweifel eine der Gleichung 48Fe²O³
                              									+ 3FeS² = 33FeO⁴ + 6SO² entsprechende Reaction eingetreten. Man
                              									müßte aber, wenn man diese Reaction bloß zur Erzeugung von schwefliger Säure benutzen wollte, eine im Verhältniß zur Menge der
                              									erzeugten schwefligen Säure sehr große Masse erhitzen, und dieß würde zu viel
                              									Brennmaterial erfordern.
                           3) Darstellung der schwefligen Säure aus einer wässerigen
                                 										Lösung derselben. – Wenn man Schwefel an der Luft verbrennt und den
                              									Gasstrom in einem Scrubber auf Wasser wirken läßt, so absorbirt dasselbe die
                              									schweflige Säure fast vollständig, so daß die Gase ziemlich geruchlos entweichen.
                              									Man kann auf diese Weise allerdings nur eine schwache Lösung von schwefliger Säure
                              									bekommen, und zwar hat sich aus den in der Kestner'schen
                              									Fabrik angestellten Versuchen ergeben, daß die so erhaltene Flüssigkeit per Liter etwa 6 Grm. Schwefel enthält. Für 100 Kilogr.
                              									Schwefel würde man hiernach etwa 17000 Kilogr. Wasser nöthig haben. Durch Erhitzen
                              									der Lösung wird alle schweflige Säure ausgetrieben; das Erhitzen muß aber zuletzt
                              									bis zum Kochen getrieben werden. Die dabei aufzuwendende Wärme besteht aus zwei
                              									Theilen, nämlich dem Theile welcher zum Erhitzen der Flüssigkeit auf 100° C.
                              									erforderlich ist, und dem Theile welcher durch die Erzeugung von Wasserdampf
                              									absorbirt wird. Den letzteren Theil müßte man durch eine geeignete Construction des
                              									Destillirapparates, indem man denselben nämlich aus mehreren, mit einander
                              									verbundenen Kesseln bestehen und die gashaltigen Dämpfe in demselben in
                              									entgegengesetzter Richtung wie die zu erhitzende Flüssigkeit sich bewegen ließe
                              									(ähnlich wie in den Destillirapparaten der Brennereien), möglichst zu ersparen
                              									suchen. Das zuletzt zurück bleibende, siedend heiße Wasser könnte überdieß zum
                              									Vorwärmen einer neuen Portion der Lösung dienen. Auf diese Weise könnte der
                              									Brennmaterial-Aufwand sehr gering gemacht und das Schwefligsäuregas sehr
                              									wohlfeil erlangt werden. Rosenstiehl ist überzeugt, daß,
                              									wenn man jemals dieses Gas im reinen Zustande für einen technischen Zweck nöthig
                              									haben wird, das hier angegebene Verfahren vorzugsweise in Betracht kommen wird.
                           
                        
                           Gehalt der wässerigen
                                 									Barytlösung.
                           Rosenstiehl theilt zuletzt folgende Tabelle über die
                              									Löslichkeit des Baryts in Wasser bei verschiedenen Temperaturen mit. Dieselbe beruht
                              									auf Versuchen, welche sein Schüler Rühlmann unter seiner
                              										Leitung ausgeführt
                              									hat. Die Tabelle erstreckt sich auf die Temperaturen von 0 bis 78,5° C. Bei
                              									78,5° schmilzt das krystallisirte Barythydrat in seinem Krystallwasser. Die
                              									Krystalle enthalten dann 45,97 Proc. oder auf 100 Th. Wasser 85 Th. Baryt.
                           
                              
                                 Temperaturen
                                 Wasserfreier Barytin 100 Th. Wasser
                                 
                              
                                           0
                                 1,5
                                 
                              
                                           6
                                 5,8
                                 
                              
                                           6,5
                                 1,9
                                 
                              
                                         12
                                 2,4
                                 
                              
                                 15,5
                                 2,9
                                 
                              
                                         16
                                 3   
                                 
                              
                                         21
                                 3,6
                                 
                              
                                         22
                                 3,7
                                 
                              
                                         30
                                 5   
                                 
                              
                                         36
                                 6,4
                                 
                              
                                         41
                                 7,6
                                 
                              
                                         46
                                 9,5
                                 
                              
                                         54
                                 14   
                                 
                              
                                 58,5
                                 17,2
                                 
                              
                                         59
                                 17,5
                                 
                              
                                         64
                                 23,8
                                 
                              
                                 68,5
                                 27,7
                                 
                              
                                         69
                                 31,6
                                 
                              
                                         70
                                 31,9
                                 
                              
                                         73
                                 44,9
                                 
                              
                                 77,2
                                 70   
                                 
                              
                                 78,5
                                 85