| Titel: | Maschinelle Vorrichtung um kleine Gußstücke unter Druck herzustellen. | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XLIX., S. 201 | 
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                        XLIX.
                        Maschinelle Vorrichtung um kleine Gußstücke unter
                           								Druck herzustellen.
                        Nach Engineering Februar 1870, S. 83; aus dem Berggeist
                              									Nr. 78.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									IV.
                        Maschine zur Herstellung kleiner Gußstücke unter Druck.
                        
                     
                        
                           Die Figuren
                                 										7–10 stellen eine für John J. C. Smith in Somerville und Jesse A. Locke in Boston, Vereinigte Staaten, patentirte Maschine
                              									dar, welche zur Anfertigung von Messing-,
                                 									Rothguß- und anderen Gegenständen gebraucht werden kann, und sich wesentlich auf die folgenden
                              									Grundsätze und Erfahrungen zurückführen läßt.
                           Kleinere Gegenstände lassen sich am besten in stählernen oder anderen Metallformen
                              									abgießen, weil eine solche Form sehr dauerhaft ist und eine sehr große Menge von
                              									Abgüssen gestattet. Dabei tritt indeß leicht der Umstand ein, daß jede irgendwie
                              									leicht abschreckbare Legirung rasch abkühlt und erstarrt, ehe die Form angefüllt
                              									ist, wenn man nicht die Vorsicht gebraucht, letztere bis zu einem gewissen Grade
                              									anzuwärmen. Die rasche Abkühlung gestattet es dabei kaum, einen nennenswerthen Druck
                              									auszuüben, wenn dieser nicht durch einen augenblicklich wirksamen Apparat wie der zu
                              									beschreibende herbeigeführt wird.
                           Selbst bei der Anwendung eines solchen bildet sich sehr leicht eine
                              									unzusammenhängende, ungleichförmige Gußhaut von rauher und poröser Beschaffenheit,
                              									welche das Aussehen des Gusses beeinträchtigt. Auch wenn die Metallformen so stark
                              									erhitzt werden, daß bis zu einem gewissen Grade die rasche Abkühlung vermieden wird,
                              									ist ein Anbacken des Metalles an die Wände der Form schwer zu vermeiden, und es ist
                              									dieses vorzugsweise mit den Legirungen aus Kupfer und Zinn der Fall. Endlich sey noch erwähnt, daß die
                              									bedeutende Ausgabe, welche mit der Anschaffung von Metallformen verbunden ist, sich
                              									nur bei einer äußerst begrenzten Zahl von Gegenständen rechtfertigen läßt, wo eine
                              									große Anzahl Stücke derselben Form verlangt wird.
                           Um allen diesen Umständen abzuhelfen, haben sich Smith und
                              									Locke dahin geeinigt, zur Anfertigung der Formen des unter besonderen
                              									Vorsichtsmaßregeln zubereiteten gebrannten Thones sich zu
                              									bedienen, dessen Haupteigenschaften seyn müssen:
                           1) Nichtleiten der Wärme;
                           2) genügende Festigkeit, Dichtigkeit und Härte, um dem Guß zu widerstehen;
                           3) ausreichende Porosität, um den Giesgasen Auswege zu gestatten.
                           Solche Formen werden, nach mehrfachen Versuchen, aus feinem feuerfesten Thon
                              									dargestellt, welcher mehrmals geschlämmt, getrocknet und gerieben, im Zustand eines
                              									feuchten Pulvers angewandt und in einer besonderen Presse auf die Modelle gepreßt
                              									wird, um nach einander zwei Kastenhälften darzustellen. Die gewöhnlich aus Metall
                              									bestehenden Modelle werden mit feinem Oel, am besten Paraffinöl, überzogen und dann
                              									mit einem Schlicker aus demselben Thonstaub, wie er zu den Formen bestimmt ist,
                              									bestrichen, der seine Feuchtigkeit an den Thonstaub vollständig abgibt.
                           Die Presse besteht in einem starken vierseitigen Kasten von Eisen oder Metall, in dem sich ein
                              									möglichst dicht schließender Stempel bewegt, der den feuchten Thonstaub
                              									zusammenpreßt. Ist das Modellstück auf den Boden gelegt, so füllt man den Kasten mit
                              									dem Staub und setzt den Stempel auf, welcher mit 300 bis 400 Pfund auf den
                              									Quadratzoll niedergedrückt werden muß.
                           Man läßt die Form einige Minuten unter dem Druck verweilen, um die Vertheilung der
                              									Feuchtigkeit zu erleichtern und nimmt dann den Stempel, wie auch den Boden fort, um
                              									die dargestellte massive Formhälfte zu entfernen. Theilungsflächen versieht man
                              									hierbei mit einem leichten Firnißüberzug, um das Anbacken zu verhindern und läßt
                              									nunmehr die Formen in trockener Luft, dann in Darrkammern und schließlich in
                              									Töpferöfen übergehen, wo sie zu harter Masse gebrannt werden. Sind sie vorsichtig
                              									abgekühlt, so kann man sie sofort in Gebrauch nehmen; gut ist es, um das Schwinden
                              									und Reißen zu vermeiden, etwas gebrannten Thon oder besser alte Formscherben unter
                              									den frischen Thon zu bringen, also eine Art Chamottemasse herzustellen.
                           Fig. 7 stellt
                              									eine Verticalansicht des Gießapparates dar, auf welcher das drehbare Rad mit den
                              									Formen zum Theil im Durchschnitt, zum Theil in der äußeren Ansicht, zum Theil
                              									weggelassen gedacht ist. Fig. 8 gibt einen
                              									Horizontalschnitt des Apparates, der die sich selbst öffnenden und schließenden
                              									Gießformen im deutlichen Durchschnitt zeigt, und Fig. 9 ist ein
                              									Verticalquerschnitt, in welchem die beweglichen Theile nach der Linie y, y (Fig. 7) und die festen
                              									Theile nach der Linie x, x (Fig. 7) durchschnitten
                              									sind. Fig. 10
                              									stellt endlich eine Modification des ganzen Apparates dar, bei welcher die Luft und
                              									die Gase der Form durch die hohle Welle abgezogen werden können, um eine
                              									vollkommenere Ausfüllung der zartesten Theile zu ermöglichen.
                           In allen Figuren stellt A, A einen mit Sohlplatte
                              									versehenen fest aufgeschraubten Ständer dar; B ist eine
                              									massive Scheibe, die sich auf der Welle C mittelst der
                              									Zahnränder D, E zwischen beiden Ständern umdrehen läßt.
                              									An dieser Scheibe B sind die Formhälften so befestigt,
                              									daß sie sich genau zur vollständigen Form auf einander legen, welche Function
                              									dadurch hervorgebracht wird, daß Frictionsrollen G, G
                              									sich gegen die Bahnen H anlegen und nur an einer Stelle
                              									in Vertiefungen h, h fallen, deren Boden in geneigter
                              									Fläche in die Bahnfläche von H übergeht.
                           Die Stifte f, f werden durch das Auseinanderweichen der
                              									Kastenhälften in deren Inneres getrieben und werfen die fertigen Abgüsse aus der
                              									Form.
                           Das Reservoir für das geschmolzene Metall besteht in einem Cylinder J mit einem Kolben K, der
                              									durch eine Schraube oder einen Hebel bewegt wird, um das Metall aus der abnehmbaren Nase oder
                              									Gußspitze L hervorzutreiben. Der Trichter j wird angewandt, um das Reservoir in horizontaler Lage
                              									zu füllen, während er bei verticaler Stellung entbehrlich seyn würde.
                           Eine Art Hülse M verschließt die Eingüsse der Formen und
                              									wird nur durch die Mündung des Reservoirs zugänglich; um besser zu schließen und
                              									vollkommen festzustehen, ist diese Hülse mit dem Bett N
                              									des Reservoirs, resp. mit dem Ständer A fest verbunden.
                              									Das ganze Bett N kann durch eine Feder P und eine Schraube O gegen
                              									das Gießrad gedrückt werden.
                           Die Eingüsse F₁, F₁ der Formen sind gewöhnlich hermetisch verschlossen, um jedes
                              									Austreten des Metalles vor dem Festwerden zu vermeiden, und nur wenn zu befürchten
                              									ist, daß trotz aller Vorsicht etwas Metall zwischen die Flächen von M und die Formen getreten ist, muß der Verschluß
                              									lockerer gehalten werden. Um jeden solchen Zwischenfall thunlichst zu vermeiden,
                              									sind die Theile der Form zwischen den Eingüssen keilartig zugeschärft und der
                              									Metallstrom erfährt beim Uebergang von einem Einguß zum nächsten fast keinerlei
                              									Unterbrechung. Der Betrieb erfolgt in der Art, daß nach erfolgtem Ausschlichten des
                              									Reservoirs J und seiner Theile, dasselbe mit Metall
                              									gefüllt wird, wobei ein dünner Lehmpfropf die Mündung verschließt. Bei dem ersten
                              									Druck auf den Stempel K fliegt der Pfropf in die
                              									zunächst liegende Form und der erste Abguß wird Ausschuß, worauf dann die weiteren
                              									Producte fehlerfrei ausfallen müssen.
                           Die Formen öffnen sich, sobald sie an den unteren Theil des Apparates gelangen, durch
                              									die Wirkung der Federn I von selbst, und theils durch
                              									die damit verbundene Erschütterung, theils in Folge des Vorrückens der Stifte f, f werden die fertigen Güsse herausgeworfen. Beim
                              									Weitergehen schließen sich die Formen wieder, weil die Gleitrollen G auf die Bahnen H treten
                              									und passiren später von Neuem den Gießtrichter.
                           Wenn die Stücke über 1/4 Pfund schwer sind, empfiehlt es sich keine continuirliche,
                              									sondern eine intermittirende Bewegung anzuwenden, z.B. mittelst eines mit Lücken
                              									versehenen Zahnrades.
                           Die in Fig. 10
                              									dargestellte Abänderung des Apparates, für sehr dichte Güsse erwünscht, erläutert
                              									sich von selbst. Das Gießreservoir ist vertical angebracht und mündet ebenfalls
                              									innerhalb einer Verschlußhülse den Eingüssen gegenüber. Hierbei ist es aber
                              									erforderlich den Verschluß der Formen nicht durch die Rollen G und Bahnen H allein zu bewirken, weil der
                              									Druck zu groß ist.
                           Man wendet zusammengeschraubte Gießkästen an und wechselt sie nach jeder vollen Umdrehung des
                              									Apparates lieber aus, als daß man unvollendete Güsse riskirte. Die Entfernung von
                              									Luft und Gasen aus der Form erfolgt durch das Rohr V,
                              									welches in eine die Form umschließende luftdichte Hülle U führt. Eine starke Luftpumpe oder ein Exhaustor zieht durch die hohle
                              									Achse des Apparates die Luft aus, befördert die Schnelligkeit des Gusses und
                              									indirect sein Gelingen. Für kleine Eisen- und Stahlgüsse wendet man wohl am
                              									besten eiserne Formen an, welche aber, um das Abschrecken thunlichst zu vermeiden,
                              									innen ausgeschlichtet oder überrostet seyn müssen.
                           Einen wirklichen Werth haben derartige Gießapparate aber doch nur für Messing- und Metallguß,
                              									dessen Temperatur weniger hoch liegt und dessen Fabrication massenhaft betrieben
                              									werden muß.
                           Die Hauptpunkte bei der Einführung des Verfahrens sind:
                           1) Wahl des geeigneten Formmateriales;
                           2) Wahl der geeigneten Umdrehungsgeschwindigkeit – beim Guß
                              									selbst.
                           Für Schrauben, Ringe und andere in die Classe der Quincaillerie gehörigen Dinge ist ein solcher Zeit und Arbeit sparender
                              									Apparat ein gut angelegtes Capital, sobald man im ausreichenden Besitz der
                              									geeigneten Formmassen sich befindet und eine begrenzte Suite von Artikeln einfacher
                              									Form nach Hunderttausenden herzustellen hat.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
