| Titel: | Ueber einige Reactionen des Wasserglases; von F. A. Flückiger. | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. LIX., S. 236 | 
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                        LIX.
                        Ueber einige Reactionen des Wasserglases; von
                           									F. A.
                              								Flückiger.
                        Flückiger, über einige Reactionen des Wasserglases.
                        
                     
                        
                           Aus den von Flückiger angestellten Versuchen heben wir
                              									hier Nachfolgendes hervor. Schon Fuchs,Polytechn. Journal, 1856, Bd. CXLII S. 372. sowie Persoz
                              									Gmelin, 5. Auflage, Bd. II S. 338.
                              									fanden, daß Wasserglaslösungen durch die Chlorüre, Carbonate und Acetate der
                              									Alkalimetalle zersetzt werden, welche Beobachtungen später Ordway
                              									Will's Jahresbericht für 1863. S. 749.
                              									noch bestätigt hat. Weiterhin ermittelte Graham
                              									Annalen der Chemie, Bd. CXXI S. 38. die Ausscheidbarkeit der
                              									reinen Kieselsäure aus ihrer auf dialytischem Wege dargestellten Auflösung durch
                              									alkalische Carbonate, durch Leim und selbst durch Kohlensäure. Die Thatsache daß
                              									kohlensaures Ammoniak aus concentrirter Silicatlösung Kieselsäure abzuscheiden
                              									vermag, ist bekanntlich praktisch verwerthet worden, um die Potasche von Kieselsäure
                              									zu befreien, wie z.B. Rickher
                              									Neues Jahrbuch für Pharmacie, 1869, Bd. XVIII S. 67. empfohlen
                              									hat. Daß concentrirte Natriumsilicatlösung sogar schon beim Eindampfen Kieselsäure
                              									fallen läßt, hat Scheurer-Kestner
                              									Will's Jahresbericht für 1863, S. 748.
                              									nachgewiesen. A. Vogel
                              									Buchner's neues Repertorium für Pharmacie, 1869,
                                    											Bd. XVIII S. 613. hob unlängst die Abscheidung von Kieselsäure
                              									hervor, bei der Mischung concentrirter Lösungen von Kaliumsilicat und Kaliumborat,
                              									welche überschüssiges Aetzkali enthalten.
                           Mehrfache Versuche führen Flückiger zu dem ganz
                              									allgemeinen Satze, daß die im Wasser am reichlichsten löslichen Salze des Kaliums,
                              									Natriums, Lithiums und Ammoniums überhaupt, das Vermögen besitzen, aus concentrirter
                              									Wasserglaslösung Kieselsäure abzuscheiden. Im Einzelnen zeigen die genannten Salze
                              									manche Eigenthümlichkeiten. Die Versuche wurden mit käuflichem Natronwasserglas von
                              									1,392 spec. Gew. vorgenommen, welches so wenig überschüssiges Alkali enthielt, daß
                              									der erste Tropfen Weingeist, oder irgend eine Säurelösung, schon eine Fällung gab.
                              									Es ist kaum nöthig zu erwähnen, daß die Resultate zum Theil ganz anders ausfallen,
                              									wenn eine andere Wasserglaslösung herbeigezogen wird. Enthält eine solche z.B. auch
                              									nur einen geringen Ueberschuß an Alkali, so muß dadurch die Ausscheidung der
                              									Kieselsäure nothwendig in geringerem Maaße stattfinden, oder verhindert werden. Eine beträchtliche
                              									Verunreinigung des Silicates mit Chlorür oder Sulfat hingegen, wird umgekehrt den
                              									Austritt der Kieselsäure, sey es in Form von Hydrat, sey es als Salz mit Ueberschuß
                              									von Kieselsäure, begünstigen müssen.
                           Ammoniaksalze. – Eine Auflösung obigen Wasserglases
                              									mit 29 Theilen Wasser versetzt, kaum 2 Proc. Silicat in Lösung enthaltend, gibt mit
                              									einigen Tropfen Salmiaklösung (1 in 8 Wasser) bei
                              									gelindem Erwärmen Abscheidung von Kieselsäure. Bei einem Gehalte von nur 1/2 Proc.
                              									Silicat bewirkt Chlorammonium nach einiger Zeit kaum noch eine schwache Trübung,
                              									während Ammoniumnitratlösung, sowie auch Rhodankalium sogleich Kieselsäure ausfällen. Weit weniger
                              									empfindlich sind die Chlorhydrate des Methylamins und Aethylamins.
                           Caustisches Ammoniak (von 0,921 spec. Gew.) scheidet aus
                              									der Wasserglaslösung (von 1,392 spec. Gew.) in der Kälte Kieselsäure aus, welche
                              									sich beim Erwärmen wieder auflöst. 6–8 Theile der Wasserglaslösung mit 1 Thl.
                              									Ammoniak versetzt und auf 30° C. erwärmt, bilden eine klare Flüssigkeit, die
                              									sich schließlich bei gewöhnlicher Temperatur in zwei klare Schichten theilt. Von
                              									diesen enthält die obere leichtere Schicht reichlich Salzsäure und Schwefelsäure und
                              									gibt das Ammoniak leicht ab, die untere schwere Schicht ist von Sulfaten und
                              									Chlorüren fast ganz frei. Beim Eindampfen hinterläßt letztere das reinste farblose
                              									Glas, welches mit Kali gekocht, Ammoniak entwickelt, offenbar von einem
                              									Ammoniumsilicat herrührend, dessen Existenz (NH⁴O, SiO²) von Pribram
                              									Wittstein, Vierteljahresschrift für Pharmacie,
                                    											1867, Bd. XV S. 39. dargethan wurde. – Auch Propylamin
                              									zersetzt das Wasserglas, dem Coniin und Nicotin geht diese Eigenschaft ab.
                           Bromkalium oder Chlorkalium.
                              									– Kalt gesättigte Lösungen bewirken in der Wärme, dagegen nicht in der Kälte
                              									Zersetzungen.
                           Glaubersalz wirkt auch in der Wärme nicht, wenn man eine
                              									kalt gesättigte Lösung desselben anwendet; wendet man aber eine warmhergestellte
                              									Lösung an, so daß auf 1 Theil wasserfreies Sulfat 2 Theile Wasser kommen, so erfolgt
                              									eine Fällung.
                           Natronsalpeter in 1 Theil Wasser gelöst fällt sogleich die
                              									Wasserglaslösung. Natriumnitrat in 2 Theilen Wasser gelöst und gleiche Theile dieser
                              									Lösung und Wasserglaslösung mit einander gemischt, geben in der Kälte keinen
                              									Niederschlag, dagegen bei 54° C. Ausscheidung von Kieselsäure (so daß das
                              									Gemenge fast ganz erstarrt), welche sich beim Erkalten wieder löst. Die Wiederauflösung der Kieselsäure
                              									wird durch größeren Zusatz von Natronsalpeter verzögert und endlich ganz
                              									verhindert.
                           Weiter findet Ausscheidung von Kieselsäure statt durch einen Tropfen Brom, eine Blase
                              										Chlorgas, einen Tropfen Buchenholz-Kreosot oder Carbolsäure
                              									(gelöst in Glycerin), verdünnte Eiweißlösung,
                                 									Leimlösung.
                           Vom arabischen Gummi ist längst bekannt, daß es die
                              									Zersetzung von Wasserglaslösung herbeiführt, während manche andere Schleime oder
                              									Gummiarten sich damit klar mischen. Der durch jenes bewirkte Niederschlag enthält
                              									kein Gummi, sondern besteht wesentlich nur aus Kieselsäure und ist seine Bildung
                              									durch den Salzgehalt des Gummis bedingt. Wird eine mit verdünnter Salzsäure
                              									versetzte Gummilösung in einen Dialysator gebracht, das destillirte Wasser in dem
                              									äußeren Gefäße des letzteren so lange erneuert, bis es sich frei von Kalk und
                              									beinahe frei von Salzsäure erweist und dieselbe hierauf mit Ammoniak genau
                              									neutralisirt, so bewirkt sie in Wasserglas keine Fällung mehr.
                           Zucker, Dextrin, Glycerin, Harnstoff und verschiedene
                              									andere leicht lösliche Substanzen zersetzen das Wasserglas nicht.
                           Die angeführten Beobachtungen fordern zu Erörterungen auf dem Gebiete der Technik und
                              									der Geologie auf. Manche der praktischen Anwendungen des Wasserglases beruhen
                              									hauptsächlich auf der Ausscheidung der Kieselsäure und würden ohne Zweifel
                              									vollkommener ausfallen, wenn gleichzeitig eines der oben genannten Salze
                              									herbeigezogen würde. Als das billigste steht das Chlornatrium in erster Linie,
                              									obwohl Chlorammonium weit wirksamer ist. Ich vermuthe, daß z.B. Flächen, welche man
                              									verkieseln will, härter und gleichmäßiger ausfallen müßten, wenn man sie abwechselnd
                              									mit Wasserglas und Kochsalzlösung behandeln würde.
                           Möglicherweise dürften manche Ablagerungen von Kieselsäure, welche in der Natur
                              									vorkommen, durch das Zusammentreffen von aufgelösten Silicaten mit Kochsalz oder
                              									Salmiak entstanden sehn. Jedenfalls werden Silicatlösungen durch diese Salze
                              									vollständiger zersetzt, als durch die Kohlensäure. (Im Auszuge aus Buchner's neuem Repertorium
                                    											für Pharmacie, Bd. XIX S. 257.)