| Titel: | Universalkuppelung von Melville Clemens in Boston (Amerika). | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. LXIII., S. 265 | 
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                        LXIII.
                        Universalkuppelung von Melville Clemens in Boston
                           								(Amerika).
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									V.
                        Clemens, Universalkuppelung.
                        
                     
                        
                           Das Problem, zwei unter variablem Winkel in einer Ebene liegende Wellen derart zu
                              									kuppeln, daß die getriebene Welle demselben
                              									Bewegungsgesetze folge wie die treibende, hat neuerdings durch den Amerikaner
                              									Melville Clemens in Boston eine recht einfache Lösung
                              									gefunden.
                           Nachstehend folgt nach Engineering, September 1870, S. 179 eine Beschreibung dieser
                              									Universalkuppelung, welche in Fig. 1 bis 4 abgebildet ist; außerdem
                              									schließt Ref. eine kurze theoretische Betrachtung über die Richtigkeit der Lösung
                              									der gestellten Aufgabe an.
                           Die beiden zu kuppelnden Wellen a und b, welche sich in Figur 1 im Punkte d' unter einem Winkel von 90 Grad schneiden, tragen an
                              									den einander zugewendeten Enden die Hülsen c und e, mit welchen sie sich in den Lagern d und f drehen. Diese Lager
                              									sind auf einer Platte g befestigt, von welcher am Schluß
                              									des Artikels noch einmal die Rede ist.
                           i und h sind zwei gleichlange
                              									Gelenkarme, welche durch den Bolzen j mit der Hülse c verbunden sind; auf ähnliche Weise werden die
                              									gleichlangen Arme l und k
                              									durch den Bolzen q mit der Hülse e in Verbindung gebracht.
                           Der Arm i der Welle a ist mit
                              									dem Arm l der Welle d durch
                              									das Kugelgelenk t, ebenso wie die Arme h und k durch das Gelenk s verbunden.
                           Es können demnach die bezeichneten Arme h, i, k und l ihrer Länge und Lage nach durch die Linien js und jt sowie
                              									durch qs und qt
                              									dargestellt werden.
                           Bei der Rotation der Wellen a und b bleiben die Schnittpunkte ihrer Achsen a'
                              									d'' und c'
                              									b' mit den Mittellinien ihrer zugehörigen Zapfen j und q fix, während die
                              									Mittelpunkte der Kugelgelenke s und t sich in einem gemeinschaftlichen Kreise bewegen,
                              									welcher in Fig.
                                 										1 senkrecht auf der Linie jq steht, dieselbe halbirt und als
                              									Gerade st projicirt erscheint.
                           Die für die Arme h und i in
                              									Betracht zu ziehenden Linien js und jt beschreiben bei der Rotation die Fläche eines
                              									geraden Kreiskegels mit dem Scheitel inj.
                              									Aehnliches gilt von dem Arm k und l, richtiger gesagt von den Linien qs
                              									und qt, indem diese einen congruenten Kegel,
                              									jedoch mit dem Scheitel in q beschreiben.
                           Beide Kegel haben eine gemeinschaftliche Grundfläche, welche von den Wellenachsen im
                              									Punkte d' geschnitten wird und den Winkel (a'd'c') der letzteren halbirt.
                           Die Gelenkarme h, i, k und l
                              									bewegen sich um die Achsen ihrer zugehörigen Wellen mit der gleichen
                              									Winkelgeschwindigkeit wie diese selbst.
                           Es dreht sich demnach die durch die Wellenachse a'd'' und durch die Linien js und jt bestimmte Ebene, welche der
                              									Kürze halber mit A bezeichnet sey, mit derselben
                              									Geschwindigkeit, nach dem gleichen Gesetz wie die Welle a. Ganz dasselbe gilt von der durch die Mittellinie b'c' der Welle b und
                              									die Linien qs und qt gelegten Ebene – kurz mit B
                              									bezeichnet – deren Winkelgeschwindigkeit übereinstimmt mit jener der Welle
                              										b.
                           Nach dem Vorausgegangenen genügt es daher, die Rotation der Ebenen A und B zu betrachten, um
                              									von dieser auf die Drehbewegung der Wellen a und b zurück zu schließen.
                           Es wird nun zur Durchführung des Beweises, daß die getriebene Welle genau demselben
                              									Bewegungsgesetze folge wie die treibende, hinreichen, zwei Stellungen α und α' der
                              									Ebene A anzunehmen und zu zeigen, daß der dabei
                              									zurückgelegte Winkel ebenso groß ist als jener, welcher durch die zwei
                              									correspondirenden Stellungen β und β' der Ebene B
                              									eingeschlossen wird.
                           In der Bildebene der Figur 1 fallen die Ebenen A und B zusammen; deren Anfangsstellung α resp. β ist somit gegeben.
                           Als zweite, beliebig gewählte Stellung α' der
                              									Ebene A gelte jene, für welche der Punkt t nach t* (Figur 1) gelangt. Dieser
                              									Punkt t* gehört als Mittelpunkt des Kugelgelenkes t auch der Ebene B in der
                              									Stellung β' an.
                           Ohne Rücksicht auf den Winkel, welchen beide Wellen a und
                              										b unter sich einschließen (in der Abbildung ist
                              									derselbe, wie erinnerlich, mit 90 Grad angenommen), kann der Beweis, daß beide
                              									Ebenen α und β' mit den Ebenen α und β, gleichbedeutend mit der Bildebene in Fig. 1, den gleichen Winkel einschließen, nachfolgend geliefert
                              									werden.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 198, S. 267
                              
                           Es bezeichnet im vorstehenden Holzschnitt b'd'd'' die
                              									Bildebene resp. die Anfangsstellung α und β der beiden Ebenen A
                              									und B.
                           t'' ist die orthogonale Projection des Punktes t* in der Bildebene.
                           Die Winkel t* t₁, t'' und t* t₂ t'' stellen die
                              									Neigungswinkel der Ebenen αα' resp. ββ' dar und deren Gleichheit läßt
                              									sich aus der Congruenz folgender Dreiecke nachweisen.
                           Es ist
                           d' t'' = d'
                                 										t''
                           < d' t₁ t'' = < d' t₂
                              										t'' = 90°
                           und als Halbirungswinkel sind
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 198, S. 267
                              
                           Hieraus ergibt sich aber
                           t₁ t'' = t₂ t''
                           Ferner ist
                           < t₁ t'' t*, = < t₂
                              										t'' t* = 90°
                           und
                           t'' t* = t''
                                 										t*
                           somit
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 198, S. 267
                              
                           und deßhalb
                           < t* t₁ t'' = < t* t₂
                              										t''
                           oder mit Worten: Die Winkel der Ebenen αα' und ββ' sind einander gleich, d.h. die Drehung der einen Welle
                              									bewirkt die Drehung der anderen um denselben, gleich großen Winkel.
                           Während die Wellen a und b
                              									gleichförmig rotiren, drehen sich die vier Gelenkarme mit ungleichförmiger
                              									Geschwindigkeit um die Verbindungslinie der Zapfenmittelpunkte j und q. Innerhalb einer
                              									ganzen Umdrehung traten zwei Maxima und zwei Minima der Geschwindigkeit eines jeden Armes ein. Diese
                              									Ungleichförmigkeit in der Drehung der Gelenkarme zieht Erschütterungen und deßhalb
                              									eine erhöhte Abnutzung der Zapfen und Gelenke nach sich, deren Größe von der Form
                              									und den Massen der Arme abhängt.
                           Um diesen Uebelstand so viel als möglich zu verringern, schlägt Clemens verschiedene Mittel vor.
                           Nach dem einen soll jeder Arm für sich ausbalancirt werden, indem man denselben so
                              									weit nach rückwärts, über die Welle hinaus verlängert, daß sein Schwerpunkt in die
                              									Mittellinie seines Zapfens fällt.
                           Eine andere Abhülfe gegen die schädlichen Erschütterungen bestände darin, daß je
                              									zwei, zu derselben Welle gehörige Arme gegenseitig ausbalancirt werden. Dieß
                              									erreicht man durch Anbringung von durch Schrauben stellbaren Gewichten m, n, o und p (Figur 1) an den
                              									Armen h, i, k und l, wodurch
                              									die Schwerpunkte der letzteren nach q', r', s' und t' verrückt
                              									würden. Dabei ist die Lage dieser Schwerpunkte so auszumitteln, daß die
                              									Verbindungslinie q'
                              									r' durch das Zapfenmittel j,
                              									ebenso wie s't' durch q geht.
                           Figur 4 zeigt
                              									eine Gelenkconstruction, bei welcher die Schwerpunkte der Arme durch deren
                              									eigenthümliche Form in eine ähnliche Lage wie in Figur 1 durch die
                              									Anbringung der Gewichte gebracht wurden.Die angeführten Mittel zur Ausgleichung der Stöße scheinen aus dem Grunde
                                    											ungenügend, weil die Mittelpunkte der Massen mit den Schwerpunkten nicht
                                    											zusammenfallen. Die Erfahrung muß daher zeigen, ob es nicht zweckmäßiger ist
                                    											– mit Hinweglassung aller die Arme wohl ausbalancirenden, aber die
                                    											ungleichförmig schwingenden Massen nur vermehrenden Gewichte –, die
                                    											Erschütterungen durch möglichst leichte Anordnung der Arme so viel als
                                    											thunlich unschädlich zu machen. J.
                                       									Z.
                           Bei der Construction der beschriebenen Universalkuppelung hat Clemens die Winkel welche die Gelenkarme in der durch Figur 1 dargestellten Lage
                              									mit den zugehörigen Wellenachsen einschließen, gleich 22 1/2 Grad gemacht, wohl nur
                              									aus dem Grunde, um den Armen bei ihrer Bewegung nach allen Richtungen gleichviel
                              									Spielraum zu lassen und um eine möglichst große Aenderung des von den Wellen a und b eingeschlossenen
                              									Winkels zu gestatten.
                           Eine solche Aenderung ist deßhalb zulässig, weil die gemeinschaftliche Lagerplatte
                              										g mit Schlitzen i'' und
                              										k'' versehen ist, um den Lagern d und f als Führung zu
                              									dienen. Die Schlitze sind kreisförmig und liegt der Mittelpunkt in j, beziehungsweise in q.
                           
                              J. Z.
                              
                           
                        
                     
                  
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