| Titel: | Methoden der Wasseranalyse mittelst des Hydrotimeters; von Dr. Alexander Müller. | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XCVII., S. 389 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XCVII.
                        Methoden der Wasseranalyse mittelst des
                           								Hydrotimeters; von Dr. Alexander
                              									Müller.Man sehe die frühere Mittheilung des Verfassers „neue Methoden der
                                    											Genußwasser-Analyse“ in diesem
                                 										Bande des polytechn. Journals S. 161 (zweites Octoberheft 1870).
                           							
                        Aus den Berichten der deutschen chemischen
                                 											Gesellschaft zu Berlin, 1870, Nr. 14.
                        Müller, Methoden der Wasseranalyse.
                        
                     
                        
                           Das Hydrotimeter und den Gehalt der hydrotimetrischen Reagentien ziehe ich vor, auf
                              									50 Kubikcentimeter statt 40 K. C. zu analysirendes Wasser zu stellen. Mit
                              									Zugrundelegung eines Litergehaltes von 0,010 Grm. = 0,2 Milliatom Kalkcarbonat für
                              									1 hydrotimetrischen Grad, repräsentirt der Zusatz von 1 K. C. irgend welcher Zehntel
                              									Normallösung 10 Grade und jede gute Kubikcentimeter-Bürette ist ein
                              									geeignetes Hydrotimeter, wenn sie nur gestattet Bruchtheile eines Zehntel
                              									Kubikcentimeters, d. i. eines hydrotimetrischen Grades abzulesen.
                           Ueber den großen Werth der auf dem Clark'schen Princip in
                              									England, Deutschland und Frankreich aufgebauten HydrotimetrieMan sehe: Wilson, Modification des Clark'schen Verfahrens zur Bestimmung der Härte
                                    											des Wassers, im polytechn. Journal Bd.
                                       												CLXIII S. 370; Fleck, über ein verbessertes Verfahren um die Härte
                                    											des Wassers zu bestimmen, in Bd. CLXXXV S. 226. kann unter
                              									Unbefangenen kein Zweifel seyn und hat sich Hr. Dr. H.
                              										Trommsdorff ein großes Verdienst erworben, dadurch,
                              									daß er auf's Neue zu allgemeinerer Benutzung derselben mit Wärme angeregt und selbst
                              									zu deren Vervollkommnung rüstig Hand angelegt hat.„Die Statistik des Wassers und der Gewässer u.s.w.“ bei
                                    											Hugo Neumann in Erfurt, 1869.
                           Die Anwendung einer so concentrirten Seifenlösung,Aus reiner Kaliseife bereitet, welche von H. Trommsdorff in Erfurt vorzüglich gut zu beziehen ist.
                              									daß 0,1 K. C. einem Grad entspricht, ist als ein wesentlicher Fortschritt zu
                              									begrüßen. Gleichwohl möge man von der Seifentitrirung nicht mehr erwarten, als sie
                              									wirklich leisten kann. Sie wie fast alle jetzt angewendeten hydrotimetrischen
                              									Methoden, ist ein chemischer Hinterlader, dessen Treffsicherheit keineswegs mit der
                              									Gebrauchsschnelligkeit Schritt hält und der in der Hand eines heißblütigen Schützen
                              									bei Lösung wissenschaftlicher Fragen mehr Schaden als Nutzen stiftet.
                           Ich beschränke mich hier auf die Discussion der hydrotimetrischen Bestimmung von Schwefelsäure und Chlor.
                           Die Bestimmung eines jeden dieser Bestandtheile gründet sich auf den
                              									Härte-Unterschied, den ein gekochtes Wasser vor und nach Fällung mit einer
                              									gewissen überschüssigen Menge Chlorbaryum (oder Baryumnitrat), beziehentlich
                              									Silbernitrat zeigt.
                           Wenn in dem zu prüfenden Wasser mit geringem Magnesiagehalt der fragliche
                              									elektronegative Bestandtheil dem vorhandenen Kalk einfach oder multipel äquivalent
                              									und der Ueberschuß des Fällungsmittels gering ist, fällt das Resultat bei gehöriger
                              									Fällungsdauer, geschickter Ausführung und Anbringung der nöthigen Correctionen für
                              									stattfindende Verdünnungen recht befriedigend aus; einen je kleineren Bruchtheil er
                              									aber von dem Gehalt an Kalk und besonders an Magnesia, sowie von dem zugesetzten Fällungsmittel
                              									ausmacht, um so mehr fällt seine Bestimmung innerhalb der unvermeidlichen
                              									Fehlergrenze und wird bei sehr vielen Wässern völlig trügerisch; man gelangt sogar
                              									bisweilen zu negativen Werthen. Eine auxiliäre Verminderung aber der bleibenden
                              									Härte oder der durch den Ueberschuß des Fällungsmittels künstlich erzeugten, ist
                              									nicht immer möglich und jedenfalls umständlich.
                           Mit Recht empfiehlt darum auch H. Trommsdorff, den Chlorgehalt lieber durch directe Titration mittelst
                              									Silberlösung bei Gegenwart von Chromsäure zu bestimmen, als auf Umwegen mittelst
                              									Seife.
                           Die erwähnte directe Titration läßt bei einiger Aufmerksamkeit den Chlorgehalt bis
                              									herunter zu 10 Milliontel annähernd finden.
                           Ich möchte jedoch, wo es sich um Statistik handelt, rathen, schon bei weniger
                              									niedrigem Chlorgehalt für die Titrirung eine größere Menge Wasser, welche wenigstens
                              									0,1 Milliatom oder 3,55 Milligrm. Chlor enthält, durch Verdampfung passend zu
                              									concentriren.
                           Wo eine noch größere Genauigkeit angestrebt wird, verfahre ich folgendermaßen.
                           Eine genügende Wassermenge wird, nach gehöriger Concentrirung, mit Salpetersäure
                              									angesäuert und heiß mit so viel Silberlösung gefällt, als die vorausgegangene
                              									Titrirung fordert (oder auch wird die titrirte Wasserportion selbst mit etwas
                              									Salpetersäure und einer äquivalenten Menge Salzsäure einige Zeit erwärmt). Nach
                              									völliger Klärung versetzt man einen kleinen Theil der Lösung mit (z.B. 0,25 oder 0,5
                              									u.s.w. Zehntel-Kubikcentimeter) Silberlösung, einen anderen mit äquivalenter
                              									Salzsäuremenge, und beobachtet die Richtung und den Grad der Fällung.
                           Bei vorhandener Präponderanz gießt man die geprüften Theile zurück und halbirt das
                              									Ganze genau. Die eine Häfte wird alsdann mit so viel desjenigen Reagens, welches
                              									(die stärkere) Trübung hervorgerufen hatte, versetzt, daß von ihm ein (geringer)
                              									Ueberschuß verbleibt. Darauf mischt man beide Hälften in verschiedenem Verhältniß,
                              									so daß die Mischungen in einer regelmäßigen Stufenleiter die beiderseitigen Extreme
                              									mit ihren Ueberschüssen vermitteln. Aus 100 K. C. Gesammtlösung erhält man z.B. 2
                              									Hälften à 50 K. C. Nr. I und Nr. V; indem man von
                              									jeder 20 K. C. in ein auf 20 und 40 K. C. graduirtes Probirröhrchen zusammengießt,
                              									entsteht die Scalennummer III, und indem man je 10 K. C. dieser Nummer mit 10 K C.
                              									einerseits von Nr. I, anderseits von Nr. V in einem auf 10 und 20 K. C. graduirten
                              									Probirröhrchen mischt, entstehen Nr. II und IV mit je 20 K. C. Lösung, gleichwie die
                              									anderen Nummern.
                           
                           Je nach der verfügbaren Flüssigkeitsmenge kann man selbstverständlich von irgend
                              									welcher Kubikcentimeterzahl ausgehen, z.B. auch von 25 K. C. Gesammtlösung mit 5 K.
                              									C. als Scalenmenge.
                           Nach vollständiger Klärung prüft man einen abgehobenen
                              									Theil zuvörderst von Nr. I und V auf ihren Reagensüberschuß und schreitet von da
                              									nach der entgegengesetzten Seite. Nach der Intensität der stattfindenden Reaction
                              									ist es leicht, die Nummer anzugeben, zwischen welche die neutrale Grenze fällt.
                           Daß die fragliche Methode genaue Resultate liefern muß, liegt auf der Hand. Sie
                              									scheint etwas umständlich, allein abgesehen davon, daß sie bei zahlreichen,
                              									gleichzeitig auszuführenden Analysen eine große Anzahl nummerirter Probirgläschen
                              									verlangt, sind die Handgriffe und Reactionen so einfach, daß irgend welche
                              									zuverlässige Person weit leichter darauf eingeübt werden kann, als auf eine
                              									befriedigende Gewichtsermittelung difficiler Niederschläge.
                           Ganz ähnlich verfährt man, mutatis mutandis, bei der Schwefelsäurebestimmung.
                           Bei schließlicher Prüfung der Lösungsscale hat man Gelegenheit zu beobachten, daß es
                              									auch für Schwefelsäure und Baryt ein neutrales Grenzgebiet
                                 										gibt, innerhalb dessen die Lösung durch einen Ueberschuß von sowohl Baryt als
                                 										Schwefelsäure getrübt wird.
                           Leider hat man für geringe Schwefelsäuremengen (ca. 10
                              									Milligrm.) zur Zeit noch keine so bequeme Methode, wie die der Chlorsilbertitrirung,
                              									welche den Gehalt annähernd finden läßt, doch hoffe ich vermittelst Chromsäure,
                              									welche aus neutraler oder schwach ammoniakalischer Lösung den Baryt fast so
                              									vollständig als Schwefelsäure fällt, das gewünschte Ziel zu erreichen.