| Titel: | Hills' Verfahren zur ökonomischen Reinigung des Steinkohlenleuchtgases; Bericht von Alfred Upward. | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XCVIII., S. 392 | 
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                        XCVIII.
                        Hills' Verfahren zur
                           								ökonomischen Reinigung des Steinkohlenleuchtgases; Bericht von Alfred Upward.
                        Vorgetragen in der Versammlung der British Association zu Liverpool. –
                           								Aus Engineering, Juli
                              									1870, S. 18.
                        Hill's Verfahren zur Reinigung des
                           								Steinkohlenleuchtgases.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich sahen sich vor vielen Jahren die Gasgesellschaften in großen Städten
                              									genöthigt, die Reinigung des Steinkohlengases mit Kalkmilch aufzugeben, und zwar wegen der
                              									großen Schwierigkeit, den sich anhäufenden Schlamm (blue
                                 										billy, wie dieser lästige Rückstand von den englischen Gasarbeitern genannt
                              									wurde) zu beseitigen; man begann daher, die Reinigung mit trockenem Kalkhydrat zu
                              									bewirken, aber nach Verlauf weniger Jahre wurden von den Bewohnern der Häuser in der
                              									Umgebung der Gasanstalten so dringende Klagen erhoben, daß die Directoren dieser
                              									Etablissements sich nach einem anderen Reinigungsmaterial umsehen mußten, worauf
                              									sehr bald die Reinigung mit Eisenoxyd eingeführt wurde. Dieses Verfahren gibt keine
                              									Veranlassung zu Klagen, ist aber theurer als das frühere mit Anwendung von
                              									Kalkmilch; auch wird mittelst desselben, wenn man nur das Oxyd benutzt, das Gas
                              									nicht von Kohlensäure gereinigt. Durch einen Gehalt an Kohlensäure wird aber die
                              									Leuchtkraft des Gases nicht unbedeutend vermindert; somit würde durch Einführung
                              									eines Verfahrens, bei welchem die Kosten der Reinigungsmethode mit trockenem
                              									Kalkhydrat sowie derjenigen mit Eisenoxyd vermieden oder bedeutend herabgedrückt und
                              									gleichzeitig das Leuchtgas frei von Schwefelwasserstoff und Kohlensäure erhalten
                              									würde, für diesen Zweig der chemischen Technik viel gewonnen seyn.
                           Dieß veranlaßt mich, im Folgenden über ein kürzlich von F. C. Hills zu Deptfort erfundenes Verfahren zu berichten. Es ist längst bekannt,
                              									daß das Steinkohlengas sich durch Aetzammoniak reinigen
                              									läßt; man kannte aber bisher kein Verfahren zur Darstellung flüssigen Ammoniaks von
                              									einer für diesen Zweck genügenden Reinheit und zu hinlänglich billigem Preise; ein
                              									solches hat nun Hills gefunden. Die von ihm befolgte
                              									Methode besteht darin, das in den Gasanstalten erzeugte Ammoniakwasser hinreichend
                              									zu reinigen, daß es als ein wohlfeiles und wirksames Mittel zur Abscheidung des in
                              									dem Leuchtgase enthaltenen Schwefelwasserstoff- und Kohlensäuregases benutzt
                              									werden kann. Nachdem dasselbe auf die im Folgenden beschriebene Weise gereinigt
                              									worden, läßt man es durch den gewöhnlichen Scrubber laufen und das Gas (in üblicher
                              									Weise) durch den Scrubber hinaufziehen. Das Gas kommt also mit gereinigter
                              									Ammoniakflüssigkeit in Berührung und wird durch dieselbe von seinen Unreinigkeiten
                              									befreit; auf diese Weise wird der angestrebte Zweck erreicht und die Kosten für
                              									viele Arbeit hören auf.
                           Zur Reinigung des Gaswassers wendet Hills eine Reihe von Retorten oder Gefäßen an,
                              									von denen eines über dem anderen angebracht ist; dieselben werden mit dem zu
                              									reinigenden Gaswasser theilweise gefüllt. Letzteres läuft durch diese Gefäße
                              									mittelst Verbindungsröhren von oben zum Boden hinab. In dem untersten Gefäße wird
                              									das Gaswasser zum Kochen
                              									gebracht; dadurch wird ein bedeutender Theil der Kohlensäure und des
                              									Schwefelwasserstoffes welche es enthält, nebst etwas Ammoniak verflüchtigt; diese
                              									Producte werden in das zunächst darüberstehende Gefäß geleitet, wodurch die
                              									Ammoniakdämpfe zum größten Theile absorbirt werden, nicht aber die Kohlensäure und
                              									der Schwefelwasserstoff, und indem man diese Producte in gleicher Weise durch die
                              									ganze Reihe der Gefäße passiren läßt, wird der durch das Kochen des Gaswassers aus
                              									diesem entwickelte Ammoniakdampf in den höher stehenden Gefäßen vom Gaswasser
                              									absorbirt, wogegen Kohlensäure und Schwefelwasserstoff in freiem Zustande in
                              									beliebiger Weise abgeleitet werden können. Das heiße gereinigte Gaswasser wärmt beim
                              									Auslaufen das zu reinigende kalte vor, indem ersteres in entgegengesetzten
                              									Richtungen durch eine Reihe von Röhren läuft, daher zum Reinigen des Gaswassers nur
                              									eine sehr geringe Wärmemenge erforderlich ist.
                           Nöthigenfalls kann sämmtliches Gas der Anstalt durch das Gaswasser vollständig
                              									gereinigt werden; da aber die hierzu erforderliche Quantität des letzteren bedeutend
                              									seyn würde, so dürfte es am besten seyn, das Gas zu etwa zwei Dritttheilen nach der
                              									beschriebenen Methode zu reinigen und dann die Reinigung mittelst Eisenoxyd zu
                              									vollenden.
                           Wenn die Reinigung des Gases mittelst Flüssigkeit in Scrubbern ausgeführt wird, so
                              									ist es von großer Wichtigkeit, die Flüssigkeit über die Oberfläche der im Scrubber
                              									enthaltenen Media gehörig zu verbreiten. Zu diesem Zwecke hat Hills einen Verbreiter (spreader) construirt,
                              									mittelst dessen die anzuwendende Flüssigkeit ganz gleichmäßig und genau in dem
                              									erforderlichen Verhältniß über alle Theile der Oberfläche des Scrubberinhaltes
                              									vertheilt werden kann. Auf diese Weise läßt sich mit einem Minimum von Flüssigkeit
                              									ein Maximum von Leistung erzielen.
                           Aus dem Mitgetheilten ergibt sich, daß dieses Verfahren alle Vortheile der alten
                              									Reinigungsmethode auf nassem Wege besitzt, während gleichzeitig die mit demselben
                              									erzielten Producte von Werth sind, ihre Abscheidung bezahlt machen und den
                              									Gasanstalten einen Gewinn abwerfen. Das Verfahren ist einfach in seiner Ausführung
                              									und der Gasfabrikant hat das erforderliche Reinigungsmittel stets zu seiner
                              									Verfügung, da er es selbst producirt.
                           Hr. George Livesey, der
                              									Erfinder eines dem beschriebenen etwas ähnlichen Verfahrens, experimentirt
                              									gegenwärtig in London (South Metropolitan Gasworks) mit
                              										Hills' Methode.