| Titel: | Notizen über FerdinandSteinmann's Kalkofen mit Gasfeuerung; mitgetheilt von Dr. Ottokar Čech, Docent am Polytechnicum zu Prag. | 
| Autor: | Carl Otokar Cech [GND] | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. CXVII., S. 501 | 
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                        CXVII.
                        Notizen über FerdinandSteinmann's Kalkofen mit
                           								Gasfeuerung; mitgetheilt von Dr. Ottokar Čech, Docent am Polytechnicum zu Prag.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. VIII.
                        Cech, über Steinmann's Kalkofen.
                        
                     
                        
                           Herr Ferdinand Steinmann,
                              									Civilingenieur in Dresden, ließ sich einen Kalkofen mit Gasfeuerung patentiren,
                              									welcher in Böhmen, Mähren und Oesterreich immer größere Verbreitung erlangt.
                           Der Erfinder hat sich auch mit dem Vereine ostböhmischer Zuckerfabrikanten in's
                              									Einvernehmen gesetzt, der Vereinscassa von jedem im Rayon bestellten Ofen eine Quote
                              									zu entrichten und auf diese Weise hat er denselben nicht nur den Kalkproducenten, sondern auch der Zuckerfabrication zugänglich gemacht.
                           Ich habe diesen Ofen in den Kalksteinbrüchen um Prag und Beraun zur größten
                              									Zufriedenheit der Besitzer manipuliren gesehen, auch aus der Zuckerfabrik Zdic,
                              									welche denselben bereits im Vorjahre in Gang setzte, nur Lobenswerthes über
                              									denselben zu berichten und hoffe daß sich der bisherige Ruf desselben in der
                              									heurigen Campagne bei jenen Zuckerfabriken Ostböhmens bewähren wird, wo er
                              									eingeführt wurde.
                           Jedenfalls gehört „Steinmann's Ofen“
                              									hinsichtlich der Baumaterialien-Fabrication mit „Hoffmann's Ringofen“ zu den
                              									erfreulichsten, rasch sich ausbreitenden Errungenschaften der Praxis in der neuesten
                              									Zeit.
                           Steinmann's Ofen ist ein Gaserzeugungsofen, zu dessen
                              									Heilung keine Kohks erforderlich sind, sondern welcher mit jeder nicht backenden
                              									Kohle beschickt werden kann, wobei man im Vergleiche mit den Kohkskalköfen den
                              									Centner Kalk um 30 bis 40 Proc. billiger herstellen kann. Die hierbei gewonnene
                              									Kohlensäure ist für die Zwecke der Zuckerfabrication
                              									hinreichend rein; die Bedienung des Ofens ist eine leichte.
                           Der in Fig. 14
                              									dargestellte Ofen besteht aus: 1) den Gaserzeugern (Generatoren; 2) der Gicht und 3)
                              									dem Aufsatze.
                           
                           Der Raum a dient zum Abziehen des Gases, so lange ohne
                              									Pumpe gearbeitet wird.
                           Durch die Oeffnung b wird der Ofen mit Kalkstein
                              									beschickt; bei c mündet das Rohr der Saturationspumpe in
                              									den Ofenkörper; d, d ist der Hohlraum des Ofens zur
                              									Aufnahme des Kalksteines; e, e ist die Rast; f, f sind die Gaseinströmungsdüsen; g, g ist der Ringcanal für die Generatorgase, welche
                              									unmittelbar mit den Gaseinströmungsdüsen communiciren.
                           h, h, sind die Gasabsperrklappen;
                           i, i ist der Verbindungscanal zu den Generatoren;
                           k, k u. l, l sind die
                              									hermetisch geschlossenen Schuttverschlüsse für die Generatoren;
                           m und m die zweiseitigen
                              									Kalkabzüge;
                           n und n die
                              									Durchgangspassagen;
                           o und o die Theerabflüsse,
                              									welche in den Kalkgang münden;
                           p und p die
                              									Reinigungsverschlüsse.
                           Der Proceß ist folgender: Wenn der Schacht frisch mit Kalkstein angefüllt ist, wird
                              									in den Kalkabzügen m und m
                              									ein Holzfeuer angemacht und so lange unterhalten, bis der auf der Rast e liegende Kalkstein rothglühend geworden ist; hierauf
                              									stellt man dieses Feuer ein, schließt die Fallthüren und entzündet die inzwischen
                              									vorbereiteten Generatoren k und k.
                           Die Kohlengase nehmen sofort ihren Weg durch ii,
                              										hh, gg, und
                              									dringen durch die Düsen f, f in den Schacht des Ofens,
                              									wo sie sich am glühenden Kalkstein und durch den Zutritt der atmosphärischen Luft
                              									bei m, m sogleich entzünden.
                           Die Hitze steigt dann mit außerordentlicher Geschwindigkeit derart, daß in der Regel
                              									binnen 2–3 Stunden schon die Hellrothgluth erreicht ist, worauf das Abziehen
                              									des Kalkes alle zwei Stunden continuirlich bis zum Schlusse der Campagne
                              									erfolgt.
                           Die Verbrennungsluft des Gases, welche bei m, m
                              									eindringt, muß also zunächst den in der Rast e
                              									stehenden, glühenden und bereits fertig gebrannten Kalk
                              									passiren, nimmt daher nicht allein dessen Temperatur an, sondern kühlt ihn auch
                              									gleichzeitig ab, weßhalb der Kalk beim Abziehen beinahe mit bloßer Hand angefaßt
                              									werden kann. Die Temperatur der Luft, sowie ihre vielfache Zertheilung innerhalb der
                              									Kalkmasse bewirkt eine schnelle und vollständige Kohlensäurebildung. Daher kommt es,
                              									daß man stets eine reine (18- bis 24procentige) Kohlensäure erhält. Wann die Füllung der Generatoren mit frischer Kohle
                              									vorgenommen Werden soll,
                              									erfährt man anfangs am besten durch bloßes Befeuchten der Schüttverschlüsse;
                              									entsteht ein rasches Verdampfen, so ist es Zeit zur neuen Beschickung. Bevor man die
                              									Schüttverschlüsse öffnet, wird der Gascanal mittelst der Gasabsperrplatte gesperrt,
                              										um beim Oeffnen des Schüttverschlusses jeder Detonation
                                 										vorzubeugen. Ist die Klappe an der einen Seite abgesperrt, so öffnet man an
                              									derselben den Schüttverschluß, ohne daß der Betrieb aufgehalten würde, füllt den
                              									Generator mit demselben Gewichtsquantum Kohle wie zuvor und sperrt denselben
                              									hermetisch ab; ist der Verschluß angebracht, so öffnet man die Klappe wie früher und
                              									geht auf ähnliche Weise zur Füllung des zweiten Generators über.
                           Ein Ofen zur täglichen Erzeugung von 80 Ctr. Kalk kostet ca.:
                           
                              
                                 für Grundaushebung
                                 20
                                 fl.
                                 
                              
                                 40000 rothe Ziegel
                                 800
                                  „
                                 
                              
                                 3000 Chamotteziegel
                                 240
                                  „
                                 
                              
                                 Kalkmörtel
                                 120
                                  „
                                 
                              
                                 Chamottemörtel
                                 120
                                  „
                                 
                              
                                 Armatur
                                 800
                                  „
                                 
                              
                                 Arbeitslöhne
                                 400
                                  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 2500
                                 fl. östr. Währ.
                                 
                              
                           Das Patenthonorar beträgt 200–300 fl., je nach der Größe des Ofens. Da sich
                              									aber die Construction von k, k stets nach der
                              									anzuwendenden Kohlengattung richtet, so ist bei Bestellung eines solchen Ofens
                              									dieselbe anzugeben.
                           Da bereits circa 20 Zuckerfabriken Oesterreichs und etwa
                              									20 Zuckerfabriken Ostböhmens Steinmann's Kalkofen
                              									besitzen, welche durchschnittlich 100 Pfund gut gebrannten reinen Kalk mit 40 Pfd.
                              									Brennstoff erzielen, so ist dieser Ofen besonders jenen Fabriken zu empfehlen,
                              									welche an der Bahn situirt sind und sich billige Braunkohle verschaffen können.
                           Um die Einführung dieser Oefen in Ostböhmen haben sich die
                              									Zuckerfabriks-Directoren Groß und Friedrich Napravil besondere Verdienste erworben, da sie in einer
                              									der Plenarversammlungen des Zuckerfabriksvereines die Vorzüge des Ofens einer
                              									Discussion unterwarfen und Hrn. Ingenieur Steinmann nach Böhmen beschieden, um persönlich seine Oefen
                              									einführen zu können.
                           Bisher haben in Böhmen die Zuckerfabriken Louny, Lobosice, Modrany, Velim, Zdice
                              									u.s.w. die befriedigendsten Resultate aufzuweisen. Was den Gestehungspreis des
                              									Kalkes anbelangt, so betragen für einen Centner im Kohksofen erzeugten Kalkes die
                              									Kosten der Brennkohlen 50 kr.; im Steinmann'schen Ofen
                              									calculiren sich die Brennkosten per Centr. Kalk auf
                              									20–24 kr.
                           Prag, im August 1870.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
