| Titel: | Ueber die verbesserten Einrichtungen zur Herstellung schwerer Schmiedestücke in den Werkstätten zu Birkenhead; von Oberstlieutenant Clay. | 
| Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. CXXI., S. 515 | 
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                        CXXI.
                        Ueber die verbesserten Einrichtungen zur
                           								Herstellung schwerer Schmiedestücke in den Werkstätten zu Birkenhead; von Oberstlieutenant Clay.
                        Auszug seines Vortrages in der Versammlung der
                              									British Association zu Liverpool.
                           								– Aus Engineering, September 1870, S. 224.
                        Clay, über Verbesserungen in der Herstellung schwerer
                           								Schmiedestücke.
                        
                     
                        
                           Das Schmieden großer Stabeisenmassen ist ein Gegenstand von solcher Wichtigkeit für
                              									die heutige Maschinentechnik, daß jede Verbesserung in den Einrichtungen zur
                              									schnelleren und billigeren Herstellung großer Schmiedestücke, sowie jede
                              									Verbesserung in der Qualität derselben, für alle Techniker von großem Interesse seyn
                              									muß.
                           Die zu erwähnenden Verbesserungen lassen sich in drei Abtheilungen bringen:
                           1) verbessertes Erhitzen durch Anwendung von Siemens' Regenerativ-Gas-Oefen;
                           2) Hülfsmittel zum Herausnehmen aus dem Ofen und zum Transporte
                              									nach dem Hammer, sowie zur Regierung unter dem Hammer;
                           3) verbesserte Hämmer mit freiem, ungehindertem Fall, und mit
                              									so weiten Ständern, daß die Schmiede mit möglichster Bequemlichkeit alle nöthigen
                              									Operationen, als Schmieden, Lochen, Abhauen etc. ausführen können.
                           Es ist allgemein anerkannt, daß große Eisenmassen durch langes Erhitzen bei hoher
                              									Temperatur bedeutend verschlechtert werden, und daß hierdurch eine kristallinische
                              									Textur erzeugt wird, welche in hohem Grade der Festigkeit des Materiales Abbruch
                              									thut. Es muß deßhalb auch zugegeben werden, daß solche Oefen, welche, wie der von
                              										Siemens, die möglichst intensive Hitze in möglichst
                              									kurzer Zeit erzeugen, eine geringere Verschlechterung des bearbeiteten Materiales
                              									verursachen, als andere, welche langsamer arbeiten; ein weit größerer Vortheil ist
                              									aber, daß in Folge der leichten Regulirbarkeit des Zuflusses von Gas und Luft eine
                              									ganz neutrale Flamme erhalten werden kann, wodurch das Verbrennen und Oxydiren des
                              									Eisens vermieden wird, welches die Ursache der Bildung jener krystallinischen
                              									Structur ist, wodurch große Schmiedestücke manchmal so sehr geschwächt werden. Ein
                              									anderer Vortheil dieser Gasöfen ist, daß bei Herstellung des Stabeisens aus Roheisen
                              									in ihnen nicht die großen Mengen Asche oder unverbrannten Kohlenstaubes auf das
                              									Eisen gerathen, wie dieß in den gewöhnlichen Puddelöfen der Fall ist, weßhalb das
                              									Eisen von unganzen
                              									Stellen, Schiefern, Aschenflecken etc. frei bleibt, welche das bei großen
                              									Schmiedestücken so gewöhnliche Warmlaufen veranlassen, wodurch dem praktischen
                              									Marine-Ingenieur gewöhnlich das Leben verbittert wird.
                           Vielleicht den größten Vortheil aber bietet der Siemens'sche Ofen bei der Anfertigung von Schmiedestücken aus Puddelstahl
                              									durch die Leichtigkeit womit sich die Flamme reguliren läßt, zuerst beim Puddeln
                              									selbst, und dann beim Anwärmen der Puddelstahlmassen. In Oefen von gewöhnlicher
                              									Construction findet eine beständige Verschlechterung des Puddelstahles durch den
                              									freien Sauerstoff in der Flamme mit Nothwendigkeit statt, während im Siemens'schen Ofen eine neutrale Flamme hergestellt
                              									werden kann, wodurch die Stahlmasse ohne Nachtheil wiederholt gewärmt werden kann.
                              									Weiterhin soll die Ersparung an Brennmaterial nur kurz erwähnt werden, sowie die
                              									Abwesenheit von Rauch, ein besonders in großen Städten wichtiger Vortheil, während
                              									man bis jetzt den Rauch als nothwendiges Uebel der Eisenindustrie betrachtete.
                           Weitere Verbesserungen sind in Bezug auf Handhabung und Transport der schweren
                              									Eisenmassen vom Ofen zum Hammer und umgekehrt getroffen werden; man bedient sich
                              									hierzu hydraulischer Krahne und anderer Maschinen von hinreichender Kraft, um die
                              									gewaltigen Massen fast augenblicklich hin und her zu transportiren, zu heben und zu
                              									senken, oder ihre Entfernung vom Mittel des Krahnes zu verringern und zu vergrößern;
                              									die anerkannte Wahrheit des alten Sprichwortes „man schmiede das Eisen, so
                                 										lange es warm ist“ überhebt mich der Nothwendigkeit, die Vortheile
                              									dieses schnellen Transportes weiter aus einander zu setzen. Nachdem die Eisenstücke
                              									in der beschriebenen Weise angewärmt und zum Hammer transportirt worden sind, ist es
                              									nöthig, daß der letztere von möglichst zweckmäßiger Construction sey, um mit dem zu
                              									bearbeitenden Material in der besten und schnellsten Weise umzuspringen, und den
                              									Arbeitern den höchsten Grad von Leichtigkeit in Herstellung der bestimmten Form zu
                              									gewähren. Hierzu werden sogenannte hängende (horizontale) Hämmer verwendet;
                              									dieselben werden von 20 Fuß langen schmiedeeisernen Trägern unterstützt, was dem
                              									Schmiede so viel Arbeitsraum gewährt, und so ungehinderte Arbeit, wie selten früher
                              									zu erlangen war; hinter dem Hammer ist so viel Raum gelassen, daß Wellen von 50 bis
                              									60 Fuß Länge anstandslos rasch ausgeschmiedet werden können.