| Titel: | Ueber die Wärme-Capacitäten der Gase. | 
| Autor: | Gustav Schmidt | 
| Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. VIII., S. 20 | 
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                        VIII.
                        Ueber die
                           								Wärme-Capacitäten der Gase.
                        Ueber die Wärme-Capacitäten der
                           								Gase.
                        
                     
                        
                           Im ersten Februarheft 1871 dieses Journals (Bd. CXCIX S. 229)
                              									wird von Herrn Ritter von Schwind der
                              									Begriff der Wärmecapacität bei constantem Druck = c' für überflüssig erklärt, und
                              									irrthümlich gesagt, daß derselbe nur für Einen Barometerstand
                              									(760 Millimet.) richtig sey, folglich an sich keinen
                              									selbstständigen wissenschaftlichen Werth besitze. Da unmittelbar
                              									daran mein Name geknüpft wird, so sehe ich mich zu der Erklärung
                              									verpflichtet, daß ich zu jenem Irrthum, auf welchen indessen
                              									mittlerweile der Herr Verfasser selbst schon gekommen ist, durch
                              									die citirte Schrift „Ein Beitrag zur Mechanik der
                                 										Gase“
                              									Separatabdruck aus Bd. XXXIX S. 41 des Jahrganges 1860
                                    											der Sitzungsberichte der mathem. naturw. Classe der
                                    											kais. Akademie der Wissenschaften. Wien 1860. keine Veranlassung geboten habe, indem darin Seite 15
                              									ausdrücklich gesagt ist: „Die hier gegebene Ableitung lehrt, daß die Konstante des Gay-Lussac-Mariotte'schen Gesetzes
                                 										die Bedeutung einer Arbeit habe, nämlich derjenigen äußeren
                                 										Arbeit, welche ein Kilogramm Gas verrichtet, wenn es unter
                                 										einem beliebigen constanten Druck
                                 											p pro Quadrat-Meter
                                 										um 1° Cels. erwärmt wird.“
                              								
                           Ich lege allerdings der Wärmecapacität c bei constantem Volumen, oder der
                              										„rationellen“ Wärmecapacität die
                              									größere wissenschaftliche Bedeutung bei, indem ich diese auch
                              									bei coerciblen Gasen als constant
                              									betrachte, während bei diesen c' von
                              										p und v abhängt, allein insofern bei permanenten Gasen das
                              										Gay-Lussac-Mariotte'sche Gesetz pv = BT gilt, ist bei diesen auch
                              										c' constant, d.h. unabhängig vom
                              									Zustand p₁v₁T₁.
                           Für trockene Dämpfe (coercible Gase) fand ich die
                              										ZustandsgleichungZuerst publicirt im April-Maiheft der Zeitschrift
                                    											des österreichischen Ingenieur- und
                                    											Architekten-Vereines von 1867 S. 78, und in den
                                    											Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der
                                    											Wissenschaften Folge VI, Bd. I (Prag 1867). Gleichzeitig
                                    											fand G. A. Hirn dieselbe
                                    											Zustandsgleichung (Maiheft der Annales de Chimie et de Physique von
                                    											1867).
                           BT = pv + C/vx
                                 										– 1
                           und damit im Zusammenhang
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 200, S. 20
                              
                           Hierbei ist x = 1 + AB/c und
                              										A = 1/423 das
                              									Wärme-Aequivalent der Arbeitseinheit.
                           Für permanente Gase ist C annähernd =
                              									0, c' = xc = Constans, genauer für
                              									atmosphärische Luft C = 1,55 und
                              									B = 0,0043924 wenn p in Atmosphären gemessen wird.
                           Für coercible Gase hat C einen
                              									höheren Werth, und ist c' >
                              									xc, letzteres aber ist der
                              									Grenzwerth von c' für unendlich hohe
                              									Temperatur, d. i. für unendlich großes specifisches Volumen v.
                           Die Hirn'sche Größe
                           R = C/v
                              									x
                              								
                           mittelst welcher die Zustandsgleichung der
                              									trockenen Dämpfe in der Form
                           (p + R) v =
                              										BT
                           
                           geschrieben werden kann, und welche Größe
                              										Hirn
                              									„die innere Pressung“ nennt, hat genau
                              									dieselbe Bedeutung wie der
                              										„Elasticitäts-Modul“ fester
                              									Körper, und bedeutet die Molecular-Anziehung der inneren
                              									Theile auf einen Quadrat-Meter der Oberfläche.
                           Prag, 29. März 1871.
                           Gustav Schmidt,         o.
                              									Professor des Maschinenbaues.