| Titel: | Ueber den Zustand, in welchem Kohlenstoff und Silicium im Eisen und Stahl enthalten sind; von Geo. J. Snelus, Adjunct der königl. Bergschule in London. | 
| Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XI., S. 26 | 
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                        XI.
                        Ueber den Zustand, in welchem
                           								Kohlenstoff und Silicium im Eisen und Stahl enthalten sind; von
                           									Geo. J.
                              									Snelus, Adjunct der königl. Bergschule in
                           								London.
                        Vorgetragen im Iron and Steel
                                 								Institute. – Aus Engineering, September 1870,
                              									S. 191.
                        Snelus, über den Zustand des Kohlenstoffes und
                           								Siciliums im Eisen etc.
                        
                     
                        
                           1. Kohlenstoff.
                           Daß Kohlenstoff und Silicium in irgend einer Form im Eisen und
                              									Stahl zugegen sind, und daß sie einen sehr bedeutenden Einfluß
                              									auf die Natur der Metallverbindung ausüben, wird allgemein
                              									zugegeben, und wenigstens bezüglich des Kohlenstoffes
                              									wird jetzt angenommen, daß er entweder durch die Metallmasse
                              									vertheilt, als Graphit, oder in Form
                              									einer chemischen Verbindung mit dem Eisen vorhanden ist. Wir
                              									haben jedoch keine Beweise dafür, daß dieser im Metalle
                              									vertheilte Graphit (Gaarschaum oder Eisenschaum, kish der englischen Hüttenarbeiter,
                              									wenn er sich an der Oberfläche ausscheidet) reiner Kohlenstoff
                              									ist; ebenso wenig haben wir genügende Daten hinsichtlich der
                              									Natur der chemischen Verbindung von Eisen und Kohlenstoff.
                           In letzterer Hinsicht glaubte Berthier
                              									eine einfache Verbindung von einem Atom Eisen mit einem Atom
                              									Kohlenstoff, also von 28 Gewichtstheilen des ersteren mit 6 Th.
                              									des letzteren, entdeckt zu haben; Berzelius nahm die Existenz einer Verbindung von zwei
                              									Atomen Kohlenstoff mit einem Atom Eisen, sowie einer solchen von
                              									drei Atomen des ersteren mit zwei Atomen des letzteren an; nach
                              										Karsten und Rammelsberg gibt es eine Verbindung von vier Atomen
                              									des Metalles mit einem Atom des Nichtmetalles; Gurlt nimmt die Existenz noch einer
                              									anderen Verbindung von acht Atomen Eisen mit einem Atom
                              									Kohlenstoff an, und neuerlich sprach v. Mayrhöfer die Ansicht aus, daß bestimmte Verbindungen
                              									von der Zusammensetzung: Fe⁴C, Fe⁵C, Fe⁸C,
                              									Fe¹⁰C und Fe¹²C unter verschiedenen
                              									Umständen im Eisen zugegen seyn können.
                           Bezüglich des graphitischen Kohlenstoffes sagt unser
                              									ausgezeichneter Metallurg Dr. Percy in seiner Eisenhüttenkunde
                              									(englische Ausgabe S. 128; deutsche Ausgabe von Wedding, erste Abtheilung S.
                              									166):
                           
                              „Man kann die Frage aufwerfen, ob – wenn man
                                 										zugibt daß Kohlenstoff sich thatsächlich mit Eisen zu einer
                                 										chemischen Verbindung vereinige – die Thatsache, daß
                                 										Graphit unter der lösenden Einwirkung der Säuren
                                 										zurückgelassen wird, ein hinreichender Beweis ist, daß
                                 										dieser Kohlenstoff nicht im festen Metall, wenigstens in
                                 										gewissem Grade, mit dem Eisen chemisch verbunden gewesen war. Mit Rücksicht auf
                                 										entschieden ausgebildete Graphitblättchen, welche sich
                                 										trennen lassen, mag zu diesem Zweifel kein vernünftiger
                                 										Grund vorliegen, obschon nach des Verfassers eigener
                                 										Erfahrung, selbst diese noch Eisen in einer oder der anderen
                                 										Form zurückhalten, welches sich nur mit großer Schwierigkeit
                                 										daraus vollständig ausziehen läßt. Aber nicht immer wird der
                                 										Graphit in ausgebildeten Blättchen erhalten. Ja noch mehr:
                                 										wenn man den Bruch eines sehr stark graphitischen Eisens
                                 										sorgfältig in Augenschein nimmt, so bietet zuweilen jeder
                                 										Theil mehr oder weniger einen charakteristischen
                                 										graphitischen Glanz dar, und dennoch
                                    											läßt sich keine Spur von Graphit mit der Spitze eines
                                    											Federmessers lostrennen.“
                              
                           
                           Diese letztere Angabe veranlaßte die nachstehend mitgetheilte
                              									Untersuchung; daß diese Angabe unrichtig ist, ergab die Prüfung
                              									eines großkrystallisirten Stückes Roheisen, welches nach dem
                              									Abstechen langsam in einem Schlackenbette erkaltet war. Bei
                              									diesem Roheisen ließ sich der Graphit von den Krystallflächen
                              									ablösen, nicht bloß mit der Spitze eines Federmessers, sondern
                              									schon mit dem Fingernagel; nach der Entfernung des
                              									Graphitüberzuges war die Oberfläche metallisches Eisen. In
                              									feuchter Luft rostete das Metall unter der Graphitdecke, worauf
                              									die letztere abfiel. Ich fand dann, daß auf gleiche Weise der
                              									Graphit von den Flächen der Krystalle des Bessemerroheisens
                              									entfernt werden kann und daß selbst die kleinsten Krystalle von
                              									grauem Roheisen mit Graphit überzogen sind, welcher sich durch
                              									geeignete Mittel ablösen läßt.
                           Hiernach war es klar, daß wir bei vorsichtiger Ablösung dieser
                              									Graphitschuppen die Frage zu entscheiden vermögen, ob dieselben
                              									aus reinem Kohlenstoff oder aus einer Verbindung von Kohlenstoff
                              									mit Eisen, Silicium etc. bestehen. Ich brauche wohl kaum zu
                              									bemerken, daß die Isolirung einer zur Analyse hinreichenden
                              									Menge dieser Graphitschuppen eine langwierige Arbeit und daß es
                              									selbst bei der größten Sorgfalt fast unmöglich ist, die
                              									Verunreinigung des Materiales durch feine Eisentheilchen, Staub
                              									etc. zu vermeiden. Es gelang mir jedoch mit einiger Mühe, 0,0345
                              									Grm. dieser Schuppen von den Flächen der Krystalle eines compacten (dichten) grauen Roheisens
                              									zu entfernen. Dieselben wurden im Sauerstoffstrome verbrannt,
                              									wobei ein Rückstand von nur 0,0015 Grm. blieb, der aus
                              									mikroskopisch feinen Sandtheilchen bestand nebst schwachen
                              									Spuren von rothem Eisenoxyd, welches ohne Zweifel von der
                              									Oxydation der dem Graphit beigemengten Metalltheilchen
                              									herrührte. Die erhaltene Kohlensäure betrug 0,104 Grm.,
                              									entsprechend 0,2083 Grm. reinem Kohlenstoff, so daß, selbst wenn
                              									der unverbrennliche Rückstand gänzlich aus Eisenoxyd bestanden
                              									hätte, mindestens 126 Atome Kohlenstoff auf 1 Atom Eisen sich
                              									herausstellen würden.
                           Da sich der Graphit in der angegebenen Weise von
                              									Roheisenkrystallen leicht abtrennen läßt, so vermuthete ich daß
                              									auch andere mechanische Verfahrungsarten zu seiner Trennung
                              									benutzt werden können, und wohl auch der Magnetismus des Eisens.
                              									Ich zerstieß daher graphitisches Roheisen im Stahlmörser zu
                              									groben Theilchen, wobei dieselben die Graphitschüppchen von den
                              									Krystallflächen des Eisens abrieben. Das Eisen wurde mittelst
                              									eines Magnetstabes ausgezogen, und der Graphit blieb zurück. Bei
                              									diesem Verfahren ist aber die Beseitigung der letzten Spuren von
                              									Metall weit schwieriger. 0,1045 Grm. von diesem Graphit
                              									hinterließen, im Sauerstoff verbrannt, einen Rückstand von 0,012
                              									Grm., welcher aus 0,008 Grm. Eisenoxyd und 0,004
                              									Grm. Sand, Kieselsäure etc. bestand. Da das Fe²O³
                              									von 0,0056 Grm. Eisen und 0,0024 absorbirtem Sauerstoff gebildet
                              									wird, so muß diese letztere Gewichtsmenge dem Verluste durch
                              									Verbrennung hinzugerechnet werden, so daß die Gesammtmenge des
                              									verbrannten Graphits 0,0949 Grm. beträgt. Die erhaltene
                              									Kohlensäure wog 0,3505 Grm., entsprechend 0,0955 reinem
                              									Kohlenstoff, so daß selbst in diesem Falle siebzehnmal so viel
                              									Kohlenstoff als Eisen vorhanden war, folglich 46 Atome vom
                              									ersteren auf 1 Atom des letzteren kamen.
                           Bei einem letzten Versuche gaben 0,1415 Grm. Gaarschaum, mit
                              									Chlorwasserstoffsäure und Fluorwasserstoffsäure gereinigt, 0,518
                              									Grm. Kohlensäure, entsprechend 0,1415 Grm. reinem Kohlenstoff,
                              									und es blieb kein wägbarer Rückstand.
                           Diese Resultate dürften wohl genügen, zu beweisen daß
                              									Graphitschüppchen von diesem grauen Roheisen abgelöst werden
                              									können, und daß dieser Graphit aus reinem Kohlenstoff besteht,
                              									denn die in demselben vorhandenen Spuren von Eisen waren bloß
                              									zufällige Beimengungen, keineswegs aber mit dem Kohlenstoff
                              									chemisch verbunden.
                           Da der Graphit viel zerreiblicher ist, als metallisches Eisen, so
                              									vermuthete ich, daß derselbe durch Anwendung des Bohrers in
                              									feineres Pulver verwandelt werden würde, als das Metall. Es
                              									wurde daher graues Bessemereisen in Bohrspäne verwandelt und
                              									diese wurden durch ein sehr feines Seidensieb geschlagen. Sowohl
                              									das ursprüngliche Roheisen, als auch die gröberen Theile und der
                              									durch das Sieb gegangene feine Antheil wurden für sich
                              									analysirt, und dabei nachstehende Resultate erhalten:
                           Gesammtgehalt an
                                 										Kohlenstoff dreier verschiedenen Roheisensorten.
                           
                              
                                 
                                 UrsprünglichesRoheisen
                                 Grober Antheilder
                                    											Bohrspäne
                                 Feiner, durch das
                                    											Siebgegangener Antheilder Bohrspäne
                                 
                              
                                 1. Sorte
                                    3,008
                                    											Proc.
                                 2,552 Proc.
                                    7,605
                                    											Proc.
                                 
                              
                                 2.    „
                                 3,331    „
                                 –
                                 9,214    „
                                 
                              
                                 3.    „
                                 4,071    „
                                 –
                                 9,288    „
                                 
                              
                           Da ferner Graphit ein weit geringeres specifisches Gewicht
                              									besitzt, als Eisen, so versuchte ich auch diese Eigenschaft als
                              									Trennungsmittel zu benutzen. Zu diesem Versuche verwendete ich
                              									zweierlei Sorten, nämlich ein Middlesbrough'er graues
                              									Frischerei-Roheisen und gewöhnliches Bessemerroheisen.
                              									Die von jeder Sorte erhaltenen Bohrspäne wurden in zwei Theile
                              									getheilt; die eine Hälfte wurde auf angegebene Weise gesiebt,
                              									die andere hingegen mit destillirtem Wasser geschlämmt und die
                              									abgeschlämmten leichtesten Theilchen für die Analyse gesammelt.
                              									Diese verschiedenen Producte wurden einer vollständigen Analyse
                              									unterworfen, deren Resultate am Schlusse
                              									dieser Mittheilung verzeichnet sind. Der in jedem Falle
                              									gefundene Kohlenstoffgehalt war:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Im
                                    											ursprünglichenRoheisen
                                 In dem
                                    											feinenabgesiebtenAntheile
                                 In
                                    											demabgeschlämmtenleichten Theile.
                                 
                              
                                 1. Bessemerroheisen
                                 
                                    
                                    
                                 Graphitgebundener Kohlenstoff
                                    3,331
                                    											Proc.–
                                    9,11
                                    											Proc.–
                                   28,48
                                    											Proc.–
                                 
                              
                                 2. Bessemerroheisen
                                 
                                    
                                    
                                 Graphitgebundener Kohlenstoff
                                 3,190
                                    											   „0,20
                                    											     „
                                 7,79
                                    											   „0,17
                                    											   „
                                 21,274  
                                    											„–
                                 
                              
                                 3.
                                    											Frischerei-Roheisen    von
                                    											Middlesbrough
                                 
                                    
                                    
                                 Graphitgebundener Kohlenstoff
                                 2,650
                                    											   „0,35
                                    											     „
                                 7,015
                                    											  „0,30
                                    											    „
                                 41,329  
                                    											„–
                                 
                              
                           Diese Resultate zeigen klar, daß der Kohlenstoff in grauem
                              									Roheisen in zwei Zuständen enthalten ist, und daß der freie oder
                              									graphitische Kohlenstoff durch mechanische Mittel mehr oder
                              									weniger vollständig abgesondert werden kann, wohingegen der
                              									sogenannte „gebundene“ Kohlenstoff in den
                              									abgesonderten Antheilen in demselben Verhältnisse abnimmt wie
                              									das rückständige Eisen.
                           Im Spiegeleisen, gefeinten Eisen, weißen Roheisen, Stahl und
                              									Stabeisen ist fast der ganze Kohlenstoff in gebundenem Zustande
                              									zugegen, da diese Eisensorten nur sehr wenig Graphit enthalten;
                              									der Gehalt an Graphit hängt aber bekanntlich in gewissem Grade
                              									von der Art des Erkaltens des flüssigen Eisens ab. Wenn z.B.
                              									graues Bessemereisen zum Schalenguß verwendet wird, so werden
                              									die äußeren Theile des Gußstückes zu weißem Eisen (Hartguß)
                              									umgewandelt, und zum Beweise daß die äußeren Theile weniger
                              									Graphit enthalten als der grau gebliebene centrale Theil, mögen
                              									die nachstehenden Analysen eines Stückes von schlechtem
                              									Frischereiroheisen dienen; man ersieht aus denselben, daß der
                              									weiß gewordene Antheil 0,25 Proc. weniger Graphit enthält als
                              									der graue, obschon der Gesammtgehalt an Kohlenstoff in jedem
                              									Falle der gleiche war.
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Zusammensetzung
                                    											desweißen Antheiles.
                                 Zusammensetzung
                                    											desgrauen Antheiles.
                                 
                              
                                 Eisen
                                 
                                 
                                 92,240
                                 
                                 
                                 92,150
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 
                                    
                                    
                                 Graphitchemisch gebundener
                                 0,8501,723
                                 
                                    
                                    
                                 2,573
                                 1,1001,484
                                 
                                    
                                    
                                 2,584
                                 
                              
                                 Silicium
                                 
                                    
                                    
                                 erste Bestimmungzweite Bestimmung
                                 3,9783,966
                                 
                                    
                                    
                                 3,972
                                 4,0013,971
                                 
                                    
                                    
                                 3,984
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 
                                 
                                 0,355
                                 
                                 
                                 0,375
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 
                                 
                                 0,702
                                 
                                 
                                 0,731
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Mangan
                                 
                                 
                                 0,216
                                 
                                 
                                 0,234
                                 
                                 
                                 
                              
                                 andere Metalle
                                 
                                 
                                 –    
                                 
                                 
                                 –    
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 100,058
                                 
                                 
                                 100,063
                                 
                                 
                                 
                              
                           
                           Am reichsten an graphitischem
                              									Kohlenstoff ist graues
                                 										Bessemerroheisen, am reichsten an gebundenem Kohlenstoff dagegen Spiegeleisen, indem diese Legirung von Eisen und
                              									Mangan die Eigenschaft besitzt, eine größere Menge Kohlenstoff
                              									in „gebundenem“ Zustande zurückzuhalten,
                              									als Eisen allein. Nach einigen veröffentlichten älteren Analysen
                              									soll der gesammte Kohlenstoffgehalt bei verschiedenen
                              									Eisensorten bis zu 6 Procent betragen; bei mehreren hundert
                              									Analysen von Eisen der verschiedensten Art, welche ich
                              									ausgeführt habe, fand ich aber in keinem einzigen Falle, daß der
                              									Gesammtgehalt an Kohlenstoff 5 Proc. erreichte und dieß wird
                              									wohl von Jedem, der mit Benutzung der uns jetzt zu Gebot
                              									stehenden verbesserten Methoden Eisenanalysen ausgeführt hat,
                              									bestätigt werden.
                           Nach den von J. L. Bell abgeführten
                              									Versuchen würde ein Theil dieses Kohlenstoffes vom Erze während
                              									des Reductionsprocesses aufgenommen; nach der gewöhnlichen
                              									Annahme wird aber der größte Theil erst nach vollständig
                              									erfolgter Reduction aufgenommen und ist die Hauptursache eines
                              									hohen Kohlenstoffgehaltes des Roheisens die lange Berührung des
                              									flüssigen Metalles mit dem Kohlenstoff bei hoher Temperatur. Die
                              									Beschaffenheit der Schlacke übt gleichfalls einen wichtigen
                              									Einfluß auf den Kohlenstoffgehalt aus, welcher sein Maximum
                              									erreicht, wenn der Gebläsewind zur höchsten Temperatur erhitzt
                              									ist, die Schlacke die basischeste Beschaffenheit hat, die Erze
                              									das Minimum von Kieselsäure enthalten und die Gichten leicht
                              									sind.
                           Zur Entscheidung der Frage, ob eine bestimmte chemische
                              									Verbindung von Eisen mit Kohlenstoff, oder nach Percy's Annahme, von Eisen, Mangan
                              									und Kohlenstoff existirt, fehlt es uns an Anhaltspunkten; nach
                              									den wenigen in dieser Richtung abgeführten Versuchen zu
                              									urtheilen, bin ich aber geneigt anzunehmen daß die Absorption
                              									des Kohlenstoffes durch Eisen ein Fall jenes schwachen Grades
                              									chemischer Wirkung ist, welcher als Lösung bezeichnet wird, und
                              										daß eine bestimmte chemische
                                 										Verbindung beider Elemente nicht existirt. Es stellt
                              									sich als wahrscheinlicher heraus, daß das Eisen per se Kohlenstoff auflöst und beim
                              									Erstarren von demselben mehr oder weniger zurückhält, je nach
                              									der ursprünglich aufgenommenen Menge, sowie der Menge des
                              									vorhandenen Mangans, dem langsameren oder rascheren Erkalten und
                              									dem Gehalte an anderen Substanzen, wie Silicium, Schwefel,
                              									Phosphor etc. Im Allgemeinen gilt die Regel, daß von einem
                              									starren Körper um so mehr in Lösung geht, je höher die den
                              									Proceß vermittelnde Temperatur ist, und dieß gilt offenbar auch
                              									für die Lösung des Kohlenstoffes durch das flüssige Eisen. Daß
                              									der nach seiner Lösung im Eisen zurückgebliebene Kohlenstoff die
                              									Natur des Metalles in so auffallender Weise beeinflußt, kann uns
                              									nicht wundern; denn die Eigenschaften jedes Lösungsmittels
                              									werden durch die Aufnahme verschiedener Substanzen in ihm mehr
                              									oder weniger verändert. So löst z.B. Wasser verschiedene, seiner
                              									jedesmaligen Temperatur entsprechende Mengen von gewöhnlichem
                              									Kochsalz auf, und obgleich es eine bestimmte Gewichtsmenge von
                              									demselben aufzunehmen vermag, ohne daß sich sein Volum ändert,
                              									so nimmt doch sein specifisches Gewicht zu, sein Gefrierpunkt
                              									sinkt und es zeigt in vielen Beziehungen ein von dem des reinen
                              									Wassers verschiedenes Verhalten. Ferner vermag eine solche
                              									Kochsalzlösung, nachdem sie gesättigt ist, noch andere Körper
                              									aufzulösen, z.B. Alaun. Eine solche Vereinigung von Wasser,
                              									Kochsalz und Alaun wird aber von Niemand als eine bestimmte
                              									chemische Verbindung angesehen. Weßhalb sollte nun die
                              									Vereinigung von Kohlenstoff mit Eisen nicht als ein analoger
                              									Fall von Lösung betrachtet werden können? Die Thatsache, daß die
                              									Vereinigung nach dem Erstarren bestehen bleibt, hat ihr Analogon
                              									im Quecksilber, welches Zinn in verschiedenen Verhältnissen zu
                              									lösen vermag und nach dem Erstarren mit demselben vereinigt
                              									bleibt.
                           
                        
                           2. Silicium.
                           Dieses Element ist im Roheisen stets vorhanden, und es ist mir
                              									noch niemals ein Fall vorgekommen, wo selbst Stahl oder
                              									Stabeisen gänzlich frei von Silicium gewesen wäre, obgleich
                              									dasselbe in gutem Bessemer- und Werkzeugstahl nur selten
                              									über 2 bis 3 Zehntausendtel beträgt. Bei einem Siliciumgehalte
                              									von etwa einem Zehntelprocent oder von 1 Th. in 1000 Th. zeigt
                              									sich Bessemerstahl spröde und kaltbrüchig. Die Gegenwart des
                              									Siliciums im Eisen rührt von der im Hohofen stattfindenden
                              									Reduction von Kieselsäure her; die Umstände, welche den
                              									Uebergang desselben in das Metall begünstigen, sind: hohe
                              									Temperatur, leichte Gichten, Gegenwart freier Kieselsäure in der
                              									Beschickung, und Mangel an Kalkerde, Thonerde und anderen Basen
                              									in der Schlacke. Mehrfach wird behauptet, daß die Menge des in
                              									das Eisen übergehenden Siliciums auch von der Windpressung
                              									abhänge, was sich aber offenbar in eine Frage der Temperatur
                              									auflöst, da der Verbrennungsproceß um so intensiver seyn wird,
                              									je stärker innerhalb gewisser Grenzen die Pressung des
                              									Gebläsewindes ist.
                           Der Siliciumgehalt des gewöhnlichen Bessemerroheisens schwankt
                              									von 1 bis 4 Procent; weißes Roheisen dagegen enthält nur Spuren
                              									von Silicium, und Spiegeleisen selten über einige
                              									Zehntelprocent. Die Beseitigung dieses Elementes ist für den
                              									Puddler eine sehr mühsame Aufgabe, welche
                              									zugleich bedeutenden Abbrand verursacht; es ist daher von großem
                              									Vortheil, möglichst siliciumfreies Frischereiroheisen zu haben.
                              									Beim Bessemerprocesse hingegen dient das Silicium zu einem sehr
                              									nützlichen Zwecke, insofern es während des Blasens oxydirt
                              									(verbrannt) wird und dabei eine bedeutende Wärmemenge
                              									entwickelt. Da beim Puddeln das Silicium, wie erwähnt, einen
                              									bedeutenden Eisenverlust verursacht, so ist, vorausgesetzt daß
                              									im Ofen eine genügend hohe Temperatur erzielt werden kann, ein
                              									möglichst siliciumfreies Roheisen das beste Material; der
                              									Kohlenstoff ist jedoch niemals in hinreichender Quantität
                              									zugegen, um die für den Proceß erforderliche Gesammtwärme
                              									erzeugen zu können, daher der Siliciumgehalt nur bei stark
                              									manganhaltigem Roheisen weniger als 2 Procent betragen darf.
                           Beim Auflösen von Eisen und Stahl in Mineralsäuren wird das
                              									Silicium oxydirt und als Kieselsäure in gelatinösem Zustande mit
                              									dem Graphit ausgeschieden, was zu der allgemeinen Annahme
                              									führte, daß es mit dem Eisen chemisch verbunden war. Dieses
                              									Element ist jedoch in vielen Beziehungen dem Kohlenstoff
                              									ähnlich. Der Kohlenstoff existirt bekanntlich in mindestens drei
                              									verschiedenen Zuständen: nämlich krystallisirt als Diamant,
                              									krystallinisch als Graphit und in amorphem Zustande als
                              									Holzkohle, Ruß u.s.w. Das Silicium wurde ebenfalls sowohl in
                              									amorphem oder pulverförmigem Zustande, als auch in
                              									graphitartiger Form und krystallisirt, als diamantartiges
                              									Silicium erhalten. Man könnte nun natürlich erwarten, daß dieses
                              									Element im Eisen in demselben Zustande zugegen ist, wie der
                              									Kohlenstoff und dieß ist auch die allgemein verbreitete Ansicht;
                              									eine sorgfältige Untersuchung der Beweise für sein Vorkommen im
                              									Eisen in graphitartigem oder freiem Zustande, vermochte mich
                              									aber keineswegs zu überzeugen, daß die Sache sich wirklich so
                              									verhält.
                           Da das Silicium, gleich dem Graphit, nicht magnetisch ist und ein
                              									niedriges specifisches Gewicht hat (= 2,49), so müßte offenbar,
                              									wenn es im Eisen im freien Zustande zugegen wäre, die zur
                              									(mechanischen) Abscheidung des Graphits mit Erfolg angewendete
                              									Methode auch zur Abscheidung des Siliciums benutzt werden
                              									können.
                           Die nachstehenden Analysen, unter denen einige von sehr
                              									siliciumreichen Roheisensorten, zeigen daß sich das Silicium auf
                              									diesem Wege nicht abscheiden läßt.
                           
                           
                              Procentgehalt an
                                 										Silicium in
                              
                           
                              
                                 
                                 
                                 dem
                                    											ursprünglichenRoheisen
                                 den grobenTheilen
                                 den abgesiebtenfeinen
                                    											Theilen
                                 den abgeschlämmtenleichtesten
                                    											Theilen
                                 
                              
                                 
                                 
                                 1)
                                 2)
                                 3)
                                 4)
                                 
                              
                                 West-CumberlandBessemerroheisen
                                 
                                    
                                    
                                 2,419
                                 2,447
                                 2,380
                                 –
                                 
                              
                                 Dowlais B. Roheisen
                                 3,770
                                 –
                                 3,433
                                 2,930
                                 
                              
                                       „      „        
                                    											„
                                 3,849
                                 –
                                 3,639
                                 3,158
                                 
                              
                                 Middlesbro' Roheisen
                                 1,815
                                 –
                                 1,610
                                 1,219
                                 
                              
                           Man ersieht hieraus, daß die Menge des Siliciums in den feineren
                              									und leichteren Roheisentheilchen keineswegs größer wird, wie es
                              									beim Graphit der Fall ist, sondern das Gegentheil stattfindet.
                              									Das Silicium nimmt in der That in demselben Verhältnisse ab, als
                              									der Kohlenstoff zunimmt, und es bleibt mit dem metallischen
                              									Eisen gerade so wie der „gebundene“
                              									Kohlenstoff zurück, so daß der gröbere Antheil nach Beseitigung
                              									von etwas vorhandenem Graphit ein größeres Verhältniß von Eisen
                              									und Silicium enthält, während der feinere Antheil einen
                              									geringeren Procentgehalt an diesen Elementen zeigt. Daraus
                              									ergibt sich, daß das Silicium mit dem Eisen verbunden oder in
                              									demselben gelöst gewesen seyn muß, und daß es mindestens als
                              									Ausnahme zu betrachten ist, wenn es in freiem Zustande gefunden
                              									wird.
                           Ich will nun die Fälle, in denen freies Silicium gefunden wurde,
                              									näher in's Auge fassen. Am wichtigsten ist wohl die Beobachtung
                              									von Richter in Leoben, welcher
                              									deutliche Krystalle von Silicium in Roheisen gefunden zu haben
                              									behauptete; Crookes und Röhrig sprechen aber in ihrer
                              									(englischen) Bearbeitung von Kerl's
                              									Metallurgie die Vermuthung aus, daß diese Krystalle aus einer
                              									Verbindung von Silicium und Eisen bestanden, da in denselben
                              									eine geringe Menge Eisen gefunden wurde. Percy bemerkt, daß Henry
                              									krystallisirtes Silicium in den aus Roheisen erhaltenen
                              									Graphitschüppchen entdeckt zu haben glaubte, und daß nach seiner
                              									eigenen Ansicht die Entwickelung von Wasserstoffgas, welche
                              									stattfand als er einige (aus einem der Hohöfen zu Dowlais als
                              									Gaarschaum erhaltene) Graphitschuppen in geschmolzenes Kali
                              									brachte, der Gegenwart von freiem Silicium zuzuschreiben seyn
                              									dürfte. Die bisherigen Beobachtungen sprechen somit überwiegend
                              									zu Gunsten der Theorie, nach welcher das Silicium im Eisen
                              									aufgelöst oder (um einen Ausdruck zu gebrauchen, welcher
                              									vielleicht mehr den Zustand chemischen Gebundenseyns bezeichnet)
                              									von demselben „occludirt“ (verschluckt)
                              									ist, in derselben Weise wie der Kohlenstoff, während das
                              									Lösungsvermögen des Metalles für das Silicium um so viel
                              									bedeutender ist, als für Kohlenstoff, daß eine Ausscheidung von
                              									freiem Silicium aus dem Eisen nur sehr selten, wenn überhaupt
                              									jemals, vorkommt.
                           Das stärkere Lösungsvermögen des Eisens für Silicium findet volle
                              									Bestätigung in der Thatsache, daß der Kohlenstoffgehalt des
                              									Roheisens fünf Proc. niemals übersteigt, wogegen in schottischem
                              									Roheisen bis acht Proc. Silicium gefunden wurden; es gelang Dr. Percy
                              									sogar, durch Erhitzen eines quarzigen Rotheisensteines mit
                              									Holzkohle ein Siliciumeisen mit 13,78 Proc. SiliciumPercy's Eisenhüttenkunde,
                                    											bearbeitet von Wedding, erste
                                    											Abtheilung S. 118 u. 119. und durch Reduction von Schwefeleisen mit Sand und
                              									Holzkohle ein geschmolzenes metallisches Product mit einem
                              									Siliciumgehalte von 18,77 Proc. darzustellen. Es scheint
                              									überhaupt leicht zu seyn, Verbindungen des Eisens mit 10, 12 und
                              									15 Procent Silicium zu erhalten. Ich hatte bis jetzt noch nicht
                              									Gelegenheit, die Methoden der mechanischen Trennung bei
                              									Producten dieser Art anzuwenden, hoffe aber daß es bald der Fall
                              									seyn wird.
                           Im Allgemeinen wird angenommen, daß die Absorption von viel
                              									Silicium das Freiwerden von graphitischem Kohlenstoff veranlaßt.
                              									Siliciumreiches Roheisen ist leichtflüssig, zeigt nur geringe
                              									Festigkeit und bricht leicht (ist faulbrüchig); in Folge
                              									vielfacher Beobachtungen bin ich in der That im Stande zu
                              									beurtheilen, ob ein Bessemerroheisen einen hohen oder niedrigen
                              									Siliciumgehalt hat, je nach der größeren oder geringeren
                              									Leichtigkeit mit welcher die Arbeiter die Gänze oder Zaine durch
                              									Fallenlassen auf das ⋀ Eisen zerbrechen.
                           Bezüglich der absoluten Festigkeit von Roheisensorten, welche bei
                              									einem constanten Gehalte an anderen Elementen wechselnde Mengen
                              									von Silicium enthalten, sind directe Versuche noch nicht
                              									abgeführt worden; Fairbairn und
                              									einige Andere haben jedoch die Festigkeit besonderer
                              									Roheisensorten nach mehrfachem successiven Umschmelzen bestimmt
                              									und gefunden, daß im Allgemeinen die Festigkeit des Metalles bis
                              									zu einem gewissen Punkte zunimmt, dann aber seine
                              									Widerstandsfähigkeit gegen Zerreißen mit jeder folgenden
                              									Schmelzung geringer wird. Ich glaube den Grund dieser
                              									Erscheinung darin zu finden, daß bei jedem successiven
                              									Umschmelzen der Siliciumgehalt des Eisens, in geringem Maaße
                              									vielleicht auch sein Kohlenstoffgehalt, abnimmt; allmählich
                              									nimmt aber das Eisen aus dem Brennmaterial Schwefel und Phosphor
                              									auf, und die durch diese Elemente bewirkte Verschlechterung der
                              									Qualität wiegt die durch die Verminderung des Silicium-
                              									und Kohlenstoffgehaltes bewirkte Vermehrung der
                              									Festigkeit mehr als auf. Diese Theorie scheint in der Thatsache
                              									eine Stütze zu finden, daß das specifische
                                 										Gewicht des Metalles durchweg eine stufenweise Erhöhung
                                 										zeigt.
                           Nach Price und Nicholson, Calvert und Johnson, und nach Lan wird
                              									beim Puddelproceß fast alles Silicium entfernt, bevor der
                              									Kohlenstoff angegriffen wird; daraus daß das Silicium leicht
                              									oxydirt wird, folgt aber keineswegs, daß es nicht zur
                              									Verzögerung des Processes beiträgt, ich habe sogar positive
                              									Beweise daß das Gegentheil der Fall ist.
                           Bei dem Waleser Feinungsprocesse, und auch bei dem Heaton'schen Frischprocesse findet
                              									dieselbe rasche Beseitigung des Siliciums statt, wie sich aus
                              									den nachstehenden Analysen ergibt.
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Weißes Roheisen.
                                      
                                 Aus
                                    											demselbendargestelltes Feineisen.
                                 
                              
                                 Eisen
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 94,006
                                 
                                 
                                 
                                 96,485
                                 
                              
                                 Kohlenstoff 
                                 
                                    
                                    
                                 Graphitgebundener
                                 0,8001,797
                                 
                                    
                                    
                                 2,567
                                 
                                 
                                 
                                 2,482
                                 
                              
                                 Silicium 
                                 
                                    
                                    
                                 1. Probe2. Probe
                                 1,9181,899
                                 
                                    
                                    
                                 1,908
                                 
                                 0,1260,130
                                 
                                    
                                    
                                 0,128
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 0,553
                                 
                                 
                                 
                                 0,144
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 0,886
                                 
                                 
                                 
                                 0,815
                                 
                              
                                 Mangan
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 0,050
                                 
                                 
                                 
                                 Spur
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 100,000
                                 
                                 
                                 
                                 100,000
                                 
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 200, S. 35
                              Zusammensetzung
                                 										von Producten des Heaton'schen Frischprocesses mit Anwendung
                                 										von Natronsalpeter; Verpuddeltes gemengtes Roheisen (mixed
                                 										pig); Aus dem Roheisen dargestelltes rohes gefrischtes Eisen
                                 										(crude converted metal); Hartes Stück; Weiches Stück; Eisen;
                                 										Kohlenstoff; Silicium; Schwefel; Phosphor; Mangan
                              
                           
                           Früher wurde angenommen, daß beim Bessemerprocesse der ganze
                              									Siliciumgehalt entfernt werde, bevor der Kohlenstoff angegriffen
                              									wird; aus verschiedenen von mir abgeführten Versuchen ergab sich
                              									aber, daß dieß nicht der Fall ist. Beide Elemente werden schon
                              									vom Beginne des Blasens an rasch oxydirt, das Silicium
                              									verschwindet aber, da es leichter angegriffen wird, schneller
                              									als der Kohlenstoff. Enthält jedoch das Roheisen einen
                              									Ueberschuß von Silicium und nur wenig Kohlenstoff, so kann
                              									letzterer vollständig wegbrennen und der Flammenkörper
                              									verschwinden, so daß die Arbeiter auf die Vermuthung kommen, das
                              									Metall sey fertig verblasen, während es noch immer so viel
                              									Silicium enthält, daß der Stahl sehr mürbe (faulbrüchig)
                              									ausfällt. Daß ein solcher Fall zuweilen vorkommt, wird durch die
                              									nachstehenden Analysen von „unterblasenem“
                              									(d.h. nicht vollständig verblasenem, unvollständig gefrischtem)
                              									Stahle bewiesen. Allerdings sind dieß die einzigen derartigen
                              									Beispiele, welche ich während meiner ausgedehnten Erfahrung auf
                              									den Dowlais-Werken beobachtete. Wie mir jedoch von
                              									anderen Metallurgen mitgetheilt wurde, sind ihnen derartige
                              									Fälle zuweilen vorgekommen. Die Analyse von
                              										„Eisenschale“ (iron skull) aus einem Bessemer'schen Schmelzflammofen zeigt dieselbe
                              									Erscheinung.
                           Damit man nicht etwa glaube, die Mürbheit (Faulbrüchigkeit) des
                              									hier erwähnten Stahles sey durch die Gegenwart anderer
                              									fremdartiger Elemente in dem Metalle veranlaßt, führe ich noch
                              									die Resultate der Analyse von gewöhnlichem guten
                              									Dowlais-Stangenstahl auf, welcher bekanntlich durch den
                              									Schlag des von 20 bis 30 Fuß Höhe herabfallenden Rammbäres von
                              									20 Ctr. Gewicht nur selten zerbrochen wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 200, S. 36
                              Unterblasener,
                                 										stark siliciumhaltiger Stahl; Mürber (faulbrüchiger) Stahl,
                                 										mit hohem Siliciumgehalte; Guter Stahl; Kohlenstoff; Eisen;
                                 										Silicium; Eisenschale (iron skull) aus einem
                                 										Schmelzflammofen: Schwefel; Phosphor; Mangan
                              
                           
                           Häufig trifft man Stabeisen, welches durchaus nicht faulbrüchig
                              									ist und doch einen Siliciumgehalt besitzt, welcher bei Stahl
                              									entschieden Kaltbrüchigkeit erzeugt haben würde. Ich bin der
                              									Ansicht, daß diese anscheinende Indifferenz des Siliciums
                              									wenigstens theilweise dadurch bedingt ist, daß in einem
                              									geschmolzen gewesenen Producte, wie Stahl, der gesammte
                              									Siliciumgehalt in gebundenem oder
                              										„occludirtem“ (verschlucktem) Zustande
                              									zugegen seyn muß, wogegen im Stabeisen, welches sich nur in
                              									einem teigigen Zustande befand, ein großer Theil des durch die
                              									Analyse nachgewiesenen Siliciums wirklich als Kieselsäure
                              									vorhanden ist (in der fein eingemengten Schlacke), welche die
                              									Festigkeit des Metalles nicht wesentlich beeinträchtigt, aber
                              									veranlaßt daß es der Abnutzung ohne Vergleich weniger widersteht
                              									als Stahl. Ich erhielt kürzlich eine Probe von Stabeisen welche
                              									einen großen Procentgehalt dieser zwischengelagerten Schlacke
                              									besaß und fand bei der Analyse:
                           
                              
                                 SiliciumPhosphorEisen
                                 0,1550,1890,231
                                 
                                    
                                    
                                 in 1,069 Schlacke;
                                 
                              
                           auf den Zustand berechnet, in welchem
                              									diese Substanzen in der Schlacke wahrscheinlich zugegen waren,
                              									würde dieß geben:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 0,333
                                 entsprechend
                                 31,250 Proc.
                                 
                              
                                 Phosphorsäure          
                                 0,433
                                           „
                                 40,505    „
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 0,297
                                           „
                                 27,843    „
                                 
                              
                           Diese (fein) zwischengelagerte Schlacke ist die Ursache, daß
                              										„packetirte“ Schienen beim Gebrauche
                              									leicht brechen, weil sie ein vollkommenes Zusammenschweißen der
                              									Eisenkrystalle verhindert.
                           In gleicher Weise zeigt Stabeisen von sehr guter Qualität oft
                              									einen Gehalt an Schwefel und Phosphor, welcher bei Stahl von
                              									sehr nachtheiligem Einflusse seyn würde; wahrscheinlich läßt
                              									sich auch hier die oben gegebene Erklärung anwenden.
                           Es besteht jedoch offenbar ein Unterschied im Modus des
                              									Vorkommens von Schwefel und Phosphor im Roheisen; denn ich wurde
                              									bei der Vervollständigung der Analyse der auf oben angegebene
                              									Weise durch mechanische Trennung erhaltenen Producte durch die
                              									auffallende Thatsache überrascht, daß die feineren, den meisten
                              									Graphit enthaltenden Theile auch einen vermehrten Gehalt an
                              									Schwefel zeigten, während der Phosphorgehalt in beiläufig
                              									demselben Verhältnisse abnahm, wie die Menge des Eisens. Auch
                              									die Menge des Mangans nimmt mit der des Schwefels (innerhalb
                              									gewisser Grenzen) zu.
                           Die beobachtete Differenz ist zu groß, als daß sie von Fehlern
                              									bei der Analyse herrühren könnte; überdieß brauche ich wohl kaum
                              									zu versichern, daß meinerseits jede mögliche Vorsichtsmaßregel
                              									zur Vermeidung von Fehlern beobachtet wurde. Jede Untersuchung
                              									wurde mindestens zweimal, häufig auch dreimal ausgeführt, und
                              									zwar, wenn möglich, nach zwei verschiedenen Methoden; die
                              									Reagentien wurden sorgfältig auf ihre Reinheit geprüft etc.
                           Ueber diesen Theil des Gegenstandes hoffe ich demnächst die
                              									Resultate weiterer Untersuchungen mittheilen zu können, mit
                              									denen ich jetzt beschäftigt bin. Die von mir adoptirten Methoden
                              									der mechanischen Trennung, welche ich zu den Untersuchungen über
                              									den Zustand, in welchem Kohlenstoff und Silicium im Eisen und
                              									Stahl zugegen sind, angewendet habe, werden sich ohne Zweifel
                              									als sehr werthvolle Hülfsmittel für die Analyse des Eisens und
                              									als eine sehr schätzbare Ergänzung zu den gewöhnlichen
                              									Untersuchungsmethoden erweisen.
                           Im Nachstehenden theile ich die vollständige Analyse
                              									verschiedener Roheisenproben, nach vorangegangener mechanischen
                              									Trennung ihrer Bestandtheile, mit.
                           Die allmähliche, von Anfang an gleichzeitig mit der des Siliciums stattfindende
                              									Oxydation des Kohlenstoffes wird durch die folgenden Analysen
                              									von mehreren in verschiedenen Perioden des Blasens gezogenen
                              									Proben nachgewiesen. Meine Angaben bezüglich der Entfernung des
                              									Kohlenstoffes und Zurückhaltung des Siliciums sind inzwischen
                              									durch Professor Tunner, sowie durch
                              									einen ausgezeichneten schwedischen Metallurgen bestätigt
                              									worden.
                           
                           Analyse von während des
                                 											„Blasens“ gezogenen Proben
                                 										verfrischten Bessemermetalles und des aus demselben
                                 										erzeugten Stahles.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 200, S. 39
                              Eingesetztes
                                 										Roheisen; Probe Nr. 1, am Ende des ersten Stadiums, sechs
                                 										Minuten nach dem beginne des Processes, gezogen; Probe Nr.
                                 										2, neun Minuten nach dem Beginne gezogen; Probe Nr. 3, am
                                 										Ende des Blasens, vor dem Zusatze von Spiegeleisen, dreizehn
                                 										Minuten nach dem beginne gezogen; Bohrspäne von einem
                                 										Stahlgusse; Bohrspäne von abgeschnittenen
                                 										Stahlschienenenden; Eisen; Kohlenstoff; Silicium; Schwefel;
                                 										Phosphor; Mangan Kupfer; Graphit gebundener.
                              
                             * Der Gesammtgehalt an Kohlenstoff wurde durch
                              									directe Verbrennung, die Menge des Graphites und die des
                              									gebundenen Kohlenstoffes durch besondere Versuche bestimmt.
                           ** Sämmtlich chemisch gebunden.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 200, S. 40
                              Graues
                                 										Frischerei-Roheisen von Middlesbrough; Das
                                 										ursprüngliche Roheisen; Der feine durch ein Seidensieb, etwa
                                 										Nr. 130, geschlagene Antheil; Leichte, durch Waschen und
                                 										Schlämmen abgeschiedene Antheile; Eisen; Kohlenstoff;
                                 										Silicium; Schwefel; Phosphor; Mangan; Calcium; Graphit;
                                 										gebundener; direct best.; durch HFl best.; durch
                                 										Salpetersäure best.; durch HCl und chlor. Kali best.;
                                 										Bessemerroheisen von Dowlais, auf gleiche Weise
                                 										behandelt
                              
                           
                           Grober, nach der
                                 										Abscheidung von C und D zurückbleibender Antheil
                                 										der Bohrspäne. –
                                 										Middlesbrough-Roheisen.
                           
                              
                                 Eisen
                                 94,000
                                 
                              
                                 Graphit
                                 1,884
                                 
                              
                                 Silicium
                                 1,885
                                 
                              
                                 Schwefel          
                                 0,060
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 1,773
                                 
                              
                                 Mangan
                                 0,490
                                 
                              
                           Bessemerroheisen von
                                 										Dowlais.
                           
                              
                                 Eisen
                                 93,708
                                 
                              
                                 Graphit
                                 2,072
                                 
                              
                                 Silicium
                                 3,880
                                 
                              
                                 Schwefel          
                                 0,011
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,790
                                 
                              
                                 Mangan
                                 0,040
                                 
                              
                           Ich muß erwähnen, daß von 712,8 Grm. feiner Bohrspäne des
                              									Middlesbrough-Roheisens 68,8 Grm. oder 9,65 Procent durch
                              									das Sieb gingen und den in der obigen Tabelle mit B bezeichneten Theil ausmachten. Von
                              									2551 Grm. Dowlais-Roheisen wurden 194 Grm. durch das Sieb
                              									geschlagen. Die leichtesten, von den zurückgebliebenen Antheilen
                              									der Bohrspäne durch Schlämmen abgesonderten Theile bildeten nur
                              									einen sehr geringen Bruchtheil des Ganzen, dessen Bestimmung
                              									unterblieb.