| Titel: | Verfahren um in rohen Edelsteinen die kleinsten Risse und Sprünge zu entdecken, und über ein in seiner Mutterlauge unsichtbares Salz; von C. Tomlinson. | 
| Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XIV., S. 48 | 
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                        XIV.
                        Verfahren um in rohen
                           								Edelsteinen die kleinsten Risse und Sprünge zu entdecken, und über
                           								ein in seiner Mutterlauge unsichtbares Salz; von C.
                              								Tomlinson.
                        Tomlinson, über ein in seiner Mutterlauge
                           								unsichtbares Salz.
                        
                     
                        
                           Vor vielen Jahren erfand Sir David Brewster eine einfache und genaue Methode zur
                              									Bestimmung des Brechungsvermögens solider Bruchstücke, ohne sie
                              									zu schleifen und zu poliren. Zu dem Ende wurde ein solides
                              									Bruchstück so unregelmäßig, daß nichts hindurch zu sehen war, in
                              									eine Flüssigkeit von gleichem Brechungsvermögen gethan; da dann
                              									die Strahlen beim Uebergang aus der Flüssigkeit in das
                              									Bruchstück und von diesem in jene keine Brechung erlitten, so
                              									waren Gegenstände durch das Bruchstück hin ganz deutlich zu
                              									sehen. So wurde ein Stück Kronglas von so unregelmäßiger
                              									Gestalt, daß es fast opak erschien, beinahe unsichtbar, wenn es
                              									in Canadabalsam gelegt wurde, und ließ dahinter gehaltene
                              									Druckschrift deutlich lesen. Mischt man Flüssigkeiten von
                              									verschiedenem Brechungsvermögen miteinander, so ist es leicht
                              									ein Gemisch zu erhalten, welches gleiches Brechungsvermögen mit
                              									dem Bruchstück hat, das man zu untersuchen wünscht. Eine
                              									Mischung von Cassiaöl und Olivenöl in verschiedenen
                              									Verhältnissen kann gebraucht werden, um die Brechungsvermögen
                              									aller starren Körper von 5,077 (dem des Cassiaöles) bis zu 3,113
                              									(dem des Olivenöles) zu untersuchen.
                           Es ist mir nicht bekannt, ob Personen die sich mit dem Verkauf
                              									oder dem Schleifen von Edelsteinen beschäftigen, je von dieser
                              									werthvollen Idee Gebrauch gemacht haben. Wenn ein roher Topas
                              									oder ein anderer roher Edelstein in Canadabalsam, Sassafrasöl
                              									oder eine andere Flüssigkeit von nahe gleichem Brechungsvermögen
                              									gelegt, und darin so herumgedreht wird, daß das Licht fast in
                              									jeder Richtung hindurchgehen kann, so sind die kleinsten Risse
                              									und Sprünge zu entdecken. Selbst wenn das Brechungsvermögen des
                              									Steines das der Flüssigkeit übertrifft, wie es beim Diamant,
                              									Jaspis, Spinell, Rubin und einigen anderen Edelsteinen der Fall
                              									ist, kommen doch bei Eintauchung in Cassiaöl oder Antimonchlorid
                              									Sprünge und andere Unvollkommenheiten zum Vorschein, die man
                              									zuvor nicht sah oder vermuthete. Selbst bei Untersuchung in
                              									Wasser sind Sprünge sichtbarer als in Luft. Durch diese Methode
                              									können auch Edelsteine von Pasten unterschieden werden.
                           Ich entsinne mich nicht, daß Chemiker einen Fall angegeben
                              									hätten, wo ein Salz dasselbe Brechungsvermögen
                              									wie die Flüssigkeit, in der es gebildet worden, besäße und
                              									folglich unsichtbar in derselben wäre. Ein solcher Fall
                              									begegnete mir im letzten Winter, als ich die Wirkung niedriger
                              									Temperaturen auf übersättigte Lösungen hauptsächlich von
                              									Doppelsalzen untersuchte. Sulphate von Zink und Natron wurden in
                              									atomistischen Verhältnissen mit einander gemischt und in einer
                              									kleinen Menge Wasser gelöst, die eben hinreichte, das
                              									Niederfallen des wasserfreien Salzes beim Sieden zu verhindern.
                              									Die siedende Lösung wurde in saubere Proberöhren filtrirt,
                              									welche man hernach zur Abhaltung von Staubtheilchen durch
                              									Baumwollpfropfen verschloß. Nach dem Erkalten wurden die Röhren
                              									in eine Frostmischung von 10° Fahr., und darauf in eine
                              									von 0° F. gestellt, anscheinend ohne irgend einen Effect.
                              									Nun wurden die Röhren, verstopft durch die Baumwolle, bei Seite
                              									gestellt und eine Woche lang stehen gelassen. Bei nunmehriger
                              									Untersuchung wurden die Baumwollpfropfen entfernt, allein es
                              									zeigte sich keine Krystallisation; als indeß eine der Röhren mit
                              									dem Daumen verschlossen und umgekehrt wurde, ward eine große
                              									Krystallmasse sichtbar, indem sie aus der Mutterlauge, jetzt nur
                              									eine gesättigte Lösung, hervorragte. In einige der Höhlungen der
                              									Krystalle war Luft eingedrungen, und als man nun die Röhren
                              									wieder aufrecht stellte, die Mutterlauge also wieder die
                              									Krystalle umhüllte, traten die mit Luft gefüllten Höhlungen in
                              									vollster Deutlichkeit auf, während die Krystalle selbst wiederum
                              									unsichtbar waren. Dieser Versuch überzeugte mich wieder von dem
                              									großen Werth des Brewster'schen
                              									Verfahrens; ich kann einem intelligenten Steinschleifer kein
                              									besseres Mittel als dieses empfehlen, um in Edelsteinen, bevor
                              									er ihren Werth abschätzt oder sie zu schneiden und zu poliren
                              									beginnt, etwaige Sprünge und Höhlungen zu entdecken.
                           Bei Wiederholung des Versuches mit dem Doppelsalz fand ich, daß
                              									die Lösung bei etwa 0° F. erstarrte, aber so
                              									durchsichtig, daß kein zufälliger Beobachter sie für starr
                              									halten würde. Eine der Röhren, die zu mehr als zwei Dritteln
                              									gefüllt war, zeigte an der Oberfläche ein Paar vereinzelte
                              									Nadeln, zum Beweise daß eine Krystallisation begonnen hatte. Als
                              									ein Platinspatel hineingesteckt war, erwies die Flüssigkeit sich
                              									breiig, so daß die Röhre umgekehrt werden konnte, ohne daß etwas
                              									ausfloß. Beim Stehenlassen der breiigen Masse wurde das Salz
                              									krystallinisch und die Mutterlauge von gleichem
                              									Brechungsvermögen sonderte sich ab.
                           Dieses schwefelsaure Zinkoxyd-Natron, erhalten durch
                              									Abdampfen der Lösung in einer offenen Schale, enthält nur vier
                              									Aequivalente Wasser. In einer verschlossenen Röhre einige Wochen
                              									stehen gelassen, nimmt es einen anderen Wässerungszustand an,
                              									und sowie dieß geschieht, erlangt es einen
                              									anderen Brechungsindex, verglichen mit dem der Mutterlauge, und
                              									wird sichtbar, (Philosophical
                                    										Magazine, November 1870, S. 328; Poggendorff's Annalen Bd. CXLI S. 626.)