| Titel: | Quantitative Bestimmung der Salpetersäure; von A. Wagner. | 
| Autor: | A. Wagner | 
| Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XXXV., S. 120 | 
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                        XXXV.
                        Quantitative Bestimmung der
                           								Salpetersäure; von A.
                              									Wagner.
                        Wagner, über Bestimmung der
                           								Salpetersäure.
                        
                     
                        
                           Zur Untersuchung von Salpetersorten bediene ich mich einer
                              									Methode, welche auch für andere salpetersaure Salze anwendbar
                              									ist.
                           Von den üblichen Methoden zur Salpetersäure-Bestimmung
                              									sind die von Schlösing und die von
                              										Harcourt etwas umständlich; die
                              									Methode von Pelouze ist
                              									unzuverlässig, mit der Modification von Fresenius zwar genau, erfordert aber dafür sehr
                              									sorgfältige Ausführung.
                           Ich hoffe, meine hier zu beschreibende Methode hat für technische
                              									Zwecke den Vortheil, daß nach derselben selbst von weniger
                              									geübten Händen völlige Genauigkeit erzielt werden kann.
                           Diese meine Methode basirt auf Folgendem:
                           Erhitzt man Salpeter (oder ein anderes salpetersaures Salz) mit
                              									überschüssigem Chromoxyd und kohlensaurem Natron bei Ausschluß der Luft, so oxydirt die Salpetersäure das Chromoxyd nach
                              									der Gleichung
                           Cr² + O³ + NO⁵ = 2
                              									CrO³ + NO².
                           Es werden hiernach 76,4 Gewichtstheile Chromoxyd durch 54
                              									Gewichtstheile Salpetersäure zu Chromsäure oxydirt; oder 1
                              									Chromoxyd durch 0,7068 Salpetersäure.
                           Zur Ausführung meiner Bestimmungen bediente ich mich einer circa 10 Centimeter langen Röhre von
                              									Kaliglas, wie solche für den Apparat von Marsh üblich sind, von etwa 7 Millimeter Durchmesser
                              									im Lichten. Auf der einen Seite wurde diese Röhre
                              									etwas ausgezogen, um einen Gummischlauch befestigen zu können;
                              									die andere Seite war glatt abgeschnitten, um eine enge
                              									rechtwinkelig gebogene Glasröhre mittelst durchbohrten Korkes
                              									einstecken zu können. Nachdem obige Röhre mit dem innigen
                              									Gemenge der genau abgewogenen Salpeterprobe (0,3 bis 0,4 Grm.)
                              									mit circa 3 Grm. Chromoxyd und circa 1 Grm. kohlensaurem Natron
                              									gefüllt war, wurde die ausgezogene Seite derselben mit einem
                              									kleinen Apparat zur Entwickelung von Kohlensäure verbunden; das
                              									abwärts gebogene Glasröhrchen der anderen Seite wurde befestigt
                              									und – des Verschlusses wegen gegen die äußere Luft
                              									– einige Linien tief in Wasser getaucht. Nachdem durch
                              									Entwickelung von Kohlensäure die atmosphärische Luft aus dem
                              									Apparat vollständig verdrängt war, wurde die Röhre mit der
                              									Substanz 8 bis 10 Minuten lang erhitzt, entweder durch einige
                              									untergestellte Gasflammen, oder durch etliche herumgelegte
                              									glühende Kohlen; ein langsamer Strom von Kohlensäure passirte
                              									währenddem beständig die Röhre. Mit der entwickelten Kohlensäure
                              									entwich nun das gebildete Stickoxydgas, leicht erkennbar
                              									dadurch, daß das über Wasser aufgefangene farblose Gasgemisch
                              									sich rothgelb färbte, sobald man atmosphärische Luft dazu treten
                              									ließ.) Das Feuer wurde nun entfernt; die Röhre ließ man unter
                              									beständigem Durchleiten von Kohlensäure erkalten. Nach dem
                              									völligen Erkalten wurde der Inhalt der Röhre in warmes Wasser
                              									gegeben, in welchem sich das gebildete chromsaure Alkali, nebst
                              									einer geringen Menge von Chromoxyd in Folge des überschüssigen
                              									kohlensauren Natrons auflöste.
                           Die Lösung wurde abfiltrirt, und die Chromsäure hierin nach der
                              									trefflichen Methode von Rose
                              									bestimmt. Hierzu wurde die erhaltene alkalische Lösung mit
                              									Salpetersäure äußerst schwach
                              									angesäuert, gelinde erwärmt und mit salpetersaurem
                              									Quecksilberoxydul gefällt. Nach dem Absitzen des Niederschlages
                              									wurde das erhaltene chromsaure Quecksilberoxydul auf einem
                              									Filter gesammelt, mit verdünnter Quecksilberlösung ausgewaschen,
                              									getrocknet, zuerst vorsichtig im bedeckten Tiegel bei langsam
                              									vergrößerter Flamme erhitzt, wobei Quecksilberdämpfe und
                              									Sauerstoff entweichen und schließlich heftig geglüht, und als Chromoxyd gewogen. Ein
                              									Gewichtstheil Chromoxyd entspricht, wie bereits erwähnt: 0,7068
                              									Gewichtstheilen Salpetersäure. Bemerken will ich noch, daß das
                              									verwendete Chromoxyd geglühtes war, und daß ich auf 3 Theile
                              									Chromoxyd nie mehr als höchstens 1 Theil kohlensauren Natrons
                              									anwendete, damit kein Schmelzen, der Masse eintreten konnte;
                              									ferner daß die Gegenwart größerer Mengen von organischen
                              									Substanzen die Genauigkeit der Methode sehr beeinträchtigt.
                           
                           Als Belege für die Genauigkeit meiner Methode führe ich folgende
                              									Resultate an, die ich mit der reinsten Salpetersorte des Handels
                              									erhielt:
                           I. Versuch.– Es wurden genau
                              									abgewogen 0,400 Grm. Salpeter; derselbe wurde nach angegebenem
                              									Verfahren behandelt; die gebildete Chromsäure wurde nach der Rose'schen Methode bestimmt und als
                              									Chromoxyd gewogen. Ich erhielt: 0,301 Grm. Chromoxyd. Da 1
                              									Chromoxyd: 0,7068 Salpetersäure angibt, so geben 0,301
                              									Chromoxyd: 0,2127 Salpetersäure an.
                           Da 0,400 Grm. chemisch reiner Salpeter: 0,2138 Salpetersäure
                              									enthalten sollen, so differirt die gefundene Zahl von der
                              									berechneten nur um 1 Milligrm.
                           II. Versuch. – Es wurden genau
                              									abgewogen 0,300 Grm. Salpeter, und ebenso behandelt. Ich erhielt
                              									nach der Rose'schen Methode 0,225
                              									Grm. Chromoxyd, entsprechend: 0,1590 Salpetersäure.
                           Da die Rechnung für 0,300 Grm. chemisch reinen Salpeter: 0,1604
                              									Salpetersäure verlangt, so differirt die gefundene Zahl von der
                              									berechneten um 1 4/10 Milligrm.
                           Selbstverständlich kann man auch, anstatt obige Röhre mit einem
                              									Kohlensäure-Entwickelungsapparat zu verbinden, den Zweck
                              									ebenso erfüllen, wenn man in eine hinten rund zugeschmolzene
                              									Röhre zuerst eine etliche Centimeter lange Schicht
                              									doppelt-kohlensauren Natrons, und dann erst das Gemenge
                              									von salpetersaurem Salz, Chromoxyd und kohlensaurem Natron gibt,
                              									und durch geeignetes Erhitzen des doppelt-kohlensauren
                              									Natrons zuerst die Luft aus dem Apparat verdrängt, dann aber für
                              									beständige Entwickelung von Kohlensäure während des Erhitzens
                              									und Erkaltens der Substanz gehörig sorgt.
                           Für solche technische Zwecke, bei denen es auf große Genauigkeit
                              									nicht ankommt, kann man sich hierzu auch eines kleinen
                              									Glühtiegels bedienen. Der Boden desselben wird mit
                              									doppelt-kohlensaurem Natron bedeckt, hernach gibt man das
                              									zu untersuchende salpetersaure Salz, gemengt mit Chromoxyd und
                              									doppelt-kohlensaurem Natron darauf, und füllt den Tiegel
                              									mit doppelt-kohlensaurem Natron voll an. Schließlich wird
                              									ein mit Lehm oder Thon gut verstrichener Deckel so auf den
                              									Tiegel aufgesetzt, daß nur eine ganz feine Oeffnung zum
                              									Entweichen der Gase bleibt. Der Tiegel wird nun zuerst durch
                              									eine kleine Flamme von unten erhitzt, zur Zersetzung der am
                              									Boden befindlichen Schicht doppelt-kohlensauren Natrons.
                              									Hierauf gibt man 5 bis 8 Minuten lang stärkere Flamme. Während
                              									des Erkaltens wird dann die erwähnte Oeffnung mit Lehm
                              									verstopft. Das Resultat fällt nach letzterer Art leicht etwas zu
                              									hoch aus.
                           München, im April 1871.